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Keine Ruhepause gewährt – Entlassung nach Weigerung zur Weiterarbeit unberechtigt

MANFREDTINHOF

Am letzten Tag des Dienstverhältnisses eines als Kraftfahrer beschäftigten AN begann dessen Tagesarbeitszeit um 5:03 Uhr mit der Abfahrt vom Lieferanten und endete um 16:14 Uhr am Ausgangsort. Während dieses Zeitraums hatte der AN keine Ruhepause, in der er sich vom Fahrzeug entfernen hätte können.

Nach seiner Rückkehr wurde ihm aufgetragen, ein anderes Lastfahrzeug zur Waschstraße zu fahren und zu reinigen, wofür er ungefähr eine Stunde benötigt hätte. Als er sich weigerte, wurde er vom Geschäftsführer entlassen. In seinem Dienstvertrag hatte sich der AN verpflichtet, angeordnete Überstunden „im Rahmen der Bestimmungen des AZG“ zu leisten. Mit der Einsatzzeit des AN am Entlassungstag war die tägliche Normalarbeitszeit bereits überschritten worden. Der weitere Auftrag zur Fahrzeugreinigung bedeutete demnach die Anordnung einer (zusätzlichen) Überstunde.

Das Erstgericht gab dem auf entlassungsabhängige Beendigungsansprüche gerichteten Klagebegehrens des AN statt, das Berufungsgericht hingegen wies die Klage ab.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts habe der Kl am Entlassungstag die danach äußerstmögliche Tagesarbeitszeit von 15 Stunden noch nicht erreicht und hätte sie auch bei Erledigung des zusätzlichen Auftrags nicht überschritten. Der OGH erachtete die Revision des Kl als berechtigt.

Die zeitliche Lage der Ruhepause bestimmt das Gesetz nicht näher, doch ist aus Wortlaut und Zweck der Ruhepause abzuleiten, dass sie nicht am Beginn oder Ende der Arbeitszeit liegen darf, sondern dem Erholungsbedarf gerecht werden muss. Sie ist jedenfalls spätestens nach einer sechsstündigen Arbeitszeit zu gewähren (§ 11 Abs 1 AZG).

Im vorliegenden Fall bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass eine durchgehende Arbeitszeit von mehr als elf Stunden ohne Ruhepause einen eklatanten Verstoß gegen diese Gesetzesbestimmung darstellt. Die Kriterien für die Anerkennung einer Arbeitsunterbrechung als Ruhepause iSd § 11 Abs 1 AZG, insb Vorhersehbar- keit und Erholungsfunktion, waren zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht mehr erfüllbar. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass in dieser Situation die Anordnung einer weiteren Überstunde zulässig war, ist daher abzulehnen.

Die Festlegung der Ruhepausen ist grundsätzlich vom AG zu gewährleisten. Der AN ist weder verpflichtet, den AG zur Einhaltung des AZG eigens aufzufordern (wie das Berufungsgericht meinte),272 noch müsste er eine entgegen § 11 Abs 1 AZG zur Unzeit angebotene Pause akzeptieren, nur um dem gesetzwidrig handelnden AG die Anordnung von weiteren Überstunden zu ermöglichen.

Da der Kl seine Arbeit nicht unbefugt iSd § 82 lit f GewO 1859 verlassen hat, war die Entlassung nicht berechtigt.

ANMERKUNG DES BEARBEITERS:
Die Anordnung weiterer Überstunden war im vorliegenden Fall wohl auch mangels Rechtzeitigkeit der Anordnung bei offensichtlich nicht vorhandener zwingender betrieblicher Notwendigkeit unzulässig. Hätte der Kl dies thematisiert, wäre ihm die Ausschöpfung des Instanzenzuges eventuell erspart geblieben.