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Neuerliche Probezeit beim selben Arbeitgeber zulässig

MANFREDTINHOF
KollV für Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung

Das erste Dienstverhältnis einer Reinigungskraft mit der bekl AG war auf die Dauer von zirka 3,5 Monaten befristet. Die AN war in der eher kleinen Küche einer Neuen Mittelschule eingesetzt.

Nach einer Unterbrechung von ungefähr neun Wochen begann das zweite Arbeitsverhältnis zur selben AG, das ursprünglich auf annähernd zehn Monate befristet war, jedoch innerhalb der Probezeit von der AG gelöst wurde. In diesem Dienstverhältnis war die AN in der Großküche einer Volks- und Sonderschule tätig, wobei besonderes Augenmerk auf eine die teilweise behinderten Schüler nicht gefährdende Reinigungsmethode zu legen war.

Die AN begehrte die Feststellung des aufrechten Bestandes des zweiten Dienstverhältnisses, weil sie im Auflösungszeitpunkt schwanger war und eine Kündigung während der Schwangerschaft sowie auch die Vereinbarung einer neuerlichen Probezeit rechtsunwirksam seien. Nach § 4 Abs 2 des hier anzuwendenden KollV für Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung gelten die ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses als Probezeit.

Der OGH wies die außerordentliche Revision der AN zurück und erachtete somit die Entscheidung der Vorinstanzen, dass im vorliegenden Fall die Lösung in der Probezeit zulässig war, für vertretbar.

Es steht den Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich frei, auch im Rahmen eines neuen (zweiten) Dienstverhältnisses wiederum eine Probezeit zu vereinbaren, sofern nicht unter den gegebenen Umständen eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu befürchten ist. Dem steht hier auch der anzuwendende KollV nicht entgegen, der ausdrücklich die Anwendung einer Probezeit forciert, sofern nicht eine gegenteilige Vereinbarung vorliegt.

Aufgrund der Änderungen der sachlichen Gegebenheiten zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen bestanden hinreichende Gründe, auch für das neue Arbeitsverhältnis an der Geltung einer vierwöchigen Probezeit festzuhalten.

ERLÄUTERUNG

Strittig war im gegenständlichen Verfahren, ob die Vereinbarung einer Probezeit von vier Wochen zu Beginn des zweiten Dienstverhältnisses rechtswirksam erfolgt ist oder nicht. Der OGH hatte sich schon früher des Öfteren mit ähnlich gelagerten Fällen zu beschäftigen.

Zusammengefasst anhand einiger Beispiele sind die Kriterien für die Zulässigkeit der Vereinbarung einer weiteren Probezeit im Anschluss an ein früheres Dienstverhältnis zum selben AG folgende: Wenn der Gegenstand der Probedienstleistung ein anderer als die frühere Tätigkeit des AN ist bzw dieser in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt wird (OGH 8.9.2005, 8 ObA 42/05t); wenn es darum geht, nach der Beendigung eines Dienstverhältnisses durch AG-Kündigung die Ernstlichkeit des Entschlusses des AN zu einem Neuanfang zu überprüfen (OGH 30.7.1963, 4 Ob 59/63); wenn die Unterbrechung auf Wunsch des AN erfolgt ist (OGH 22.8.2012, 9 ObA 68/12h; OGH 25.1.2011, 8 ObA 3/11s; OGH 8.9.2005, 8 ObA 42/05t); wenn die Unterbrechung zwischen den beiden Dienstverhältnissen länger andauert (fünf bis sechs Monate: 9 ObA 68/12h, 8 ObA 3/11s). Das (vermehrte) Vorliegen solcher Kriterien spricht dafür, dass der Zweck der Vereinbarung der zweiten Probezeit nicht in der Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften gelegen ist, wobei natürlich jeder einzelne Fall einer gesonderten Beurteilung bedarf.

Für die Zulässigkeit einer neuerlichen Probezeit sprach im vorliegenden Fall vor allem, dass die beiden zu reinigenden Objekte nicht vollständig vergleichbar waren und die Unterbrechung zwischen den beiden Dienstverhältnissen doch knapp neun Wochen betrug.279