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Kein Schadenersatz wegen Diskriminierung bei bloßer Scheinbewerbung

THOMASKALLAB
RL 2000/78/EG; RL 2006/54/EG
EuGH 28.7.2016, C 423/15, Kratzer

Das Bundesarbeitsgericht (Deutschland) richtete ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art 267 AEUV an den EuGH. Nach dem Ausgangsverfahren musste der EuGH davon ausgehen, dass Herr Kratzer seine Bewerbung um eine Trainee-Stelle nicht eingereicht hat, um diese Stelle zu erhalten, sondern nur, um den formalen Status als Bewerber zu erlangen, und zwar mit dem alleinigen Ziel, auf der Grundlage der Richtlinien 2000/78/EG und 2006/54/EG eine Entschädigung wegen diskriminierender Ablehnung (hier Geschlecht und Alter) geltend zu machen.

Der EuGH stellte klar, dass sich in einem solchen Fall niemand auf den durch die Richtlinien 2000/78/EG und 2006/54/EG gewährten Schutz berufen kann. Eine andere Auslegung wäre unvereinbar mit dem von diesen Richtlinien verfolgten Ziel. Nach stRsp des Gerichtshofs darf sich niemand in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise auf die Rechtsvorschriften der EU berufen. Neben den objektiven ist auf die subjektiven Tatbestandsmerkmale zu achten. Um feststellen zu können, ob eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Rechtsvorschriften vorliegt, muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass wesentlicher Zweck der fraglichen Handlungen die Erlangung eines ungerechtfertigten Vorteils ist. Wenn die fraglichen Handlungen aber eine andere Erklärung haben können als nur die Erlangung eines Vorteils einer finanziellen Entschädigung, liegt kein verbotener Missbrauch vor. Zum Beweis für das Vorliegen einer missbräuchlichen Vorgangsweise, die auf die Absicht der Handelnden abstellt, kann ua der rein künstliche Charakter der fraglichen Handlungen (Scheinbewerbung als offensichtlich Ungeeigneter) berücksichtigt werden.