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Vereinbarung eines gleitenden Pensionsübergangs – Auswirkungen eines späteren Pensionsstichtags aufgrund nachträglicher Gesetzesänderung

MARTINACHLESTIL

Die bekl AG traf mit dem bei ihr seit 1.6.1985 beschäftigten AN eine Vereinbarung, um ihm einen „gleitenden Pensionsübergang“ zu ermöglichen. In der Vereinbarung heißt es ua: „Es wird vereinbart, dass Ihre Arbeitszeit ab 1. Oktober 2010 einvernehmlich herabgesetzt wird. Das Dienstverhältnis dauert bis zu dem Tag vor Ihrem frühestmöglichen Pensionsstichtag, längstens jedoch bis zum 30. September 2015, und gilt, sofern es nicht bereits vorher endet, mit diesem Tag als im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst. Das Recht beider Vertragsparteien, das Dienstverhältnis vor Ablauf des oben erwähnten Endigungszeitpunkts durch Kündigung zu beenden, bleibt unberührt. Sollte sich während der Laufzeit dieser Vereinbarung ein früherer als der angenommene Pensionsstichtag ergeben (wie zB durch Nachkauf von Schul und Studienzeiten, zusätzliche Anrechnung ausländischer Versicherungszeiten), sind Sie verpflichtet, uns dies umgehend mitzuteilen.“ Der in der Vereinbarung genannte Beendigungszeitpunkt 30.9.2015 war der dem kl AN von der PV bekanntgegebene frühestmögliche Pensionsstichtag. Mit Schreiben vom 28.11.2013 teilte die Pensionsversicherungsanstalt dem kl AN jedoch mit, dass die Voraussetzungen für seine Alterspension (aufgrund einer Gesetzesänderung) nunmehr frühestens am 1.4.2018 erfüllt sind.

Der kl AN begehrt mit der vorliegenden Klage die Feststellung, dass die bekl AG ihm gegenüber verpflichtet sei, auch über den 30.9.2015 hinaus das Bruttogehalt gemäß der Vereinbarung über die Teilzeitbeschäftigung bis zum tatsächlichen, für ihn frühestmöglichen Pensionsstichtag zu leisten.

Während das Erstgericht dem Klagebegehren (unter Verweis auf eine vergleichbare OGH-E 7.2.2008, 9 ObA 40/07h) stattgab, weil eine Vertragslücke vorliege, die durch ergänzende Auslegung zu schließen sei, wies das Berufungsgericht das Klagebegehren nach erfolgter Berufung durch die bekl AG ab. Der OGH erachtete die oben angeführte Revision des kl AN für zulässig und auch für berechtigt. Er hielt Folgendes fest:

Für den Fall eines Hinausschiebens des Pensionsstichtages enthält die Vereinbarung keine explizite Regelung. Ob das Arbeitsverhältnis über den 30.9.2015 andauert, kann daher nur durch (allenfalls ergänzende) Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung nach §§ 914 f ABGB geklärt werden. Es ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Zweck der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung war es, wie sich bereits aus ihrer Bezeichnung ergibt, dem kl AN einen „gleitenden Pensionsübergang“ zu ermöglichen. Der in der Vereinbarung genannte Termin wurde nicht zufällig gewählt und war nicht das Ergebnis von Verhandlungen, sondern der dem kl AN von der PV bekanntgegebene frühestmögliche Pensionsstichtag. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die bekl AG davon ausgehen konnte oder ausgegangen ist, dass der kl AN einer Vereinbarung zustimmen würde, die nicht einen nahtlosen Übergang vom Beschäftigungsverhältnis in die Pension beinhaltet. Im vorliegenden Fall ist daher von der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses bis zu dem nach der Gesetzesänderung frühestmöglichen Pensionstermin und einem entsprechenden Weiterbestehen des Entgeltanspruchs des AN auszugehen.261