Vereinbarte Elternteilzeit/Lageänderung: Verfahren, Fristen und Kündigungsschutz

BIANCASCHRITTWIESER
Nach dem Mutterschutz- und Väter-Karenzgesetz (MSchG/VKG) haben Mütter und Väter unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Reduktion ihrer Arbeitszeit (Elternteilzeit) sowie auf eine Verschiebung der Lage (§§ 15h, 15p MSchG/§§ 8, 8h VKG). Diese Rechte bestehen bis maximal zum Ablauf des siebten Lebensjahres des Kindes oder einem späteren Schuleintritt,
  • wenn sie zum Zeitpunkt des Antritts in einem Betrieb* mit mehr als 20 AN beschäftigt sind,

  • wenn das Arbeitsverhältnis ununterbrochen drei Jahre gedauert hat,

  • wenn sie mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben oder die Obsorge nach den §§ 177 Abs 4 oder 179 ABGB gegeben ist,

  • wenn sich der andere Elternteil nicht gleichzeitig für dasselbe Kind in Karenz befindet und

  • für Geburten ab 1.1.2016 gilt: Bei der Elternteilzeit muss die individuelle Normalarbeitszeit um mindestens 20 % reduziert werden und eine Mindestarbeitszeit von zwölf Stunden pro Woche darf nicht unterschritten werden (Bandbreite bei der Elternteilzeit).

Ist ein/e AN in einem kleineren Betrieb als 21 Beschäftigte tätig oder hat das Arbeitsverhältnis noch keine drei Jahre gedauert, dann kann eine Elternteilzeit/Verschiebung der Lage nur mit dem AG vereinbart werden (§§ 15i, 15p MSchG/§§ 8a, 8h VKG). Der Unterschied zum Rechtsanspruch ist: Sie kann längstens bis zum Ablauf des310vierten Lebensjahres des Kindes dauern. Und: Kommt keine Einigung mit dem/der AG über eine (Ausgestaltung der) Elternteilzeit oder einer Lageverschiebung zu Stande, dann wird – im Unterschied zum Rechtsanspruch – die Klagslast der/dem AN auferlegt. Er/sie muss auf Einwilligung in die Elternteilzeit/Lageänderung beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht klagen.Während Verfahren, Fristen und der Kündigungsschutz beim Anspruch auf Elternteilzeit/Lageverschiebung nach §§ 15h, 15p MSchG/§§ 8, 8h VKG klar geregelt sind, ergeben sich bei der vereinbarten Elternteilzeit/Lageverschiebung nach §§ 15i, 15p MSchG/§§ 8a, 8h VKG in der betrieblichen Praxis immer wieder Fragen: So etwa zu den Klagsfristen und der Dauer des Kündigungsschutzes während des Verfahrens zur Durchsetzung der Elternteilzeit/Lageverschiebung.
1.
Vereinbarte Elternteilzeit/Lageverschiebung: Ausgestaltung des Verfahrens und Fristen
1.1.
Verfahren zur Durchsetzung

Das Verfahren zur Durchsetzung der vereinbarten Elternteilzeit/Lageverschiebung unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom Rechtsanspruch: Beim Rechtsanspruch nach §§ 15h, 15k MSchG/§§ 8, 8c VKG muss der/die AG nämlich innerhalb bestimmter Fristen aktiv werden, wenn er/sie mit der von der/dem AN gewünschten Arbeitszeit nicht einverstanden ist. Er muss einen Gegenvorschlag unterbreiten und kann einen gerichtlichen Vergleich anstreben (prätorischer Vergleich) bzw eine Klage auf Einwilligung in die von ihm/ihr vorgeschlagene Ausgestaltung erheben (§ 15k MSchG und § 8c VKG). Es besteht aber keine Möglichkeit, die Elternteilzeit/Lageverschiebung generell abzulehnen. Das Gericht entscheidet nach einer Interessenabwägung letztendlich zwischen dem Vorschlag des/der AG oder des/der AN. Erhebt der AG nicht fristgerecht Klage, dann kann die/der AN die Teilzeit/Lageverschiebung wie gewünscht antreten.

Anders bei der vereinbarten Elternteilzeit/Lageänderung: Beginn, Ausmaß, Dauer sowie die konkrete Lage der Arbeitszeit sind auch hier mit dem/der AG zu vereinbaren. Und AN müssen ebenso Meldefristen beachten: Die Absicht, eine Elternteilzeit/Änderung der Lage der Arbeitszeit in Anspruch zu nehmen, hat der/die AN dem/der AG schriftlich bekannt zu geben: Innerhalb der Schutzfrist nach der Geburt, wenn die Teilzeit/Änderung der Lage der Arbeitszeit gleich nach der Schutzfrist beginnen soll;* ansonsten spätestens drei Monate vor dem beabsichtigten Beginn.* Der/die AG muss dann – anders als beim Rechtsanspruch – aber keinen Gegenvorschlag unterbreiten. Kommt dann binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung/Lageänderung keine Einigung zwischen AG und AN zu Stande, dann muss der/die AN auf Einwilligung in die Teilzeitbeschäftigung beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht klagen. Erhebt der/die AN keine Klage, dann kann die Teilzeitbeschäftigung/Lageänderung auch nicht angetreten werden.

1.2.
Wie entscheidet das Gericht?

In der Klage muss der/die AN Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Arbeitszeit darlegen und begründen. Das Arbeits- und Sozialgericht hat der Klage dann stattzugeben, wenn der/die AG die Elternteilzeit/Lageverschiebung aus unsachlichen Gründen ablehnt.*

Beispielsweise kann der/die AG nicht geltend machen, dass es dem/der AN zumutbar wäre, die Betreuung durch Dritte sicherzustellen.

Entscheidungsrelevant sind nur Gründe auf Seiten des/der AG. Dabei ist der/die AG zu zumutbaren Organisationsänderungen verpflichtet.* Ein sachlicher Grund liegt beispielsweise dann vor, wenn der Arbeitsplatz nicht teilbar ist.* Liegen beweisbare sachliche Gründe vor, dann hat das Gericht die Klage abzuweisen. Der/die AN kann in einem solchen Fall – sofern das Kind das zweite Lebensjahr noch nicht vollendet hat – nur eine Ersatzkarenz in Anspruch nehmen311 (§ 15m MSchG/§ 8e VKG) oder die Arbeitszeit wie bisher anzutreten. Eine Ersatzkarenz ist binnen einer Woche nach Zustellung des Urteils beim AG bekanntzugeben.

1.3.
Vereinbarte Elternteilzeit: Vereinbarungen innerhalb und außerhalb der Bandbreite

Neuerungen gibt es für Geburten ab 1.1.2016 auch bei der vereinbarten Elternteilzeit. Es ist eine Bandbreite bei der Arbeitszeit zu beachten: Die individuelle Normalarbeitszeit muss um mindestens 20 % reduziert werden und eine Mindestarbeitszeit von zwölf Stunden pro Woche darf nicht unterschritten werden. Bei einer 40 Stunden-Woche ist damit die Arbeitszeit auf 12 bis 32 Stunden eingeschränkt. Der/die AN muss daher die Elternteilzeit innerhalb dieser Bandbreite beim/bei der AG bekanntgeben.

Kommt keine Einigung zwischen AG und AN über die Ausgestaltung der Teilzeit zustande, dann kann der/die AN eine Klage auf Einwilligung auch nur innerhalb der Bandbreite einbringen.

Möglich sind aber auch Elternteilzeitvereinbarungen außerhalb der Bandbreite (zB Elternteilzeit 35 Stunden pro Woche). Dazu braucht es eine Einigung mit dem/der AG. Sie kann gerichtlich aber nicht erzwungen werden. Falls der/die AG aber zustimmt, gelten die (Schutz-)Bestimmungen über die Elternteilzeit. Dh es besteht ein besonderer Bestandschutz.

2.
Kündigungs- und Entlassungsschutz bei der vereinbarten Elternteilzeit/Lageänderung und Klagsfrist
2.1.
Kündigungs- und Entlassungsschutz

Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz beginnt bei einer vereinbarten Elternteilzeit grundsätzlich mit der Bekanntgabe (des Wunsches) der Teilzeitbeschäftigung/Lageverschiebung, frühestens jedoch vier Monate vor dem beabsichtigten Antritt. Er beginnt jedoch nicht vor der Geburt des Kindes. Der Schutz dauert bis vier Wochen nach dem Ende der Elternteilzeit/Lageverschiebung, längstens jedoch bis vier Wochen nach Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes.

Der Schutz gilt aber auch während des innerund außerbetrieblichen Verfahrens auf Einwilligung in die Elternteilzeit/Lageverschiebung (§§ 15k, 15l MSchG, §§ 8c, 8d VKG). In diesem Zusammenhang ist mittlerweile auch die Frage geklärt, wann dieser Kündigungs- und Entlassungsschutz endet: Laut OGH* endet der Bestandschutz bei der vereinbarten Elternteilzeit/Lageverschiebung spätestens vier Wochen nach dem Ergehen eines Urteils. Das Ende kann aber auch schon vorher eintreten, wenn bei Nichteinigung über die Bedingungen der Elternteilzeit/Lageverschiebung keine Klage eingebracht wird. Tritt ein Kündigungs- und Entlassungsschutz nicht (zB durch einen Wechsel in die Ersatzkarenz) ein, so läuft der Kündigungs- und Entlassungsschutz vier Wochen nach dem Ende des Verfahrens ab, also vier Wochen nach Beendigung des außergerichtlichen Verfahrens.*

Sollte nach Ablauf der vier Wochen eine Kündigung oder Entlassung wegen der beabsichtigten Inanspruchnahme einer Elternteilzeit/Lageverschiebung ausgesprochen werden, dann kann aber nach dem GlBG angefochten werden. Achtung: Hier ist eine kurze Frist von 14 Tagen ab Zugang der Kündigung/Entlassung zu beachten.

2.2.
Bis wann muss eine Klage eingebracht werden?

Da der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz spätestens vier Wochen nach Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen endet, bestehen in der Praxis immer wieder Unsicherheiten, bis wann eine Klage auf Einwilligung in die Elternteilzeit/Lageänderung bei Gericht eingebracht werden muss. Dies auch deshalb, weil das Gesetz keine diesbezügliche Frist enthält. Es sieht lediglich eine Wartefrist von zwei Wochen ab Bekanntgabe der Elternteilzeit/Lageänderung vor. Diese Zeit soll dazu genutzt werden, eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen. Wird nach Ablauf dieser Zeit kein Kompromiss erzielt, dann kann der/die AN Klage erheben.

Mit der Frist für die Einbringung einer Klage haben sich – soweit ersichtlich – ASG und OLG Wien beschäftigt*(es gibt allerdings noch keine höchstgerichtliche Judikatur dazu). Den Vorinstanzen* erschien dabei eine analoge312 Anwendung der einwöchigen Frist des § 15m MSchG/§ 8e Abs 1 VKG bzw § 15l Abs 3/§ 8d Abs 3 VKG naheliegend: Demnach müssten AN innerhalb einer Woche ab Beendigung der außergerichtlichen Verhandlungen über die Teilzeit/Lageverschiebung Klage erheben.

Auch das Schrifttum hat sich mit der Klagsfrist bei der vereinbarten Elternteilzeit beschäftigt: Ercher/Stech/Langer* empfehlen eine rasche Klagseinbringung, insb in Hinblick auf das Ende des besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutzes. Bettina Schrittwieser* rät ebenfalls zu einer raschen Klagseinbringung: Einerseits zur Beweissicherung, anderseits zur Unterstreichung des Interesses des/der AN an der Elternteilzeit. Wolfsgruber* geht von einer analogen Anwendung der Frist des § 15l Abs 3 MSchG aus, somit von einer Klagsfrist von einer Woche nach der innerbetrieblichen Nichteinigung.

Unter Berücksichtigung der aktuellen E des OGH zum Bestandschutz bei einer vereinbarten Elternteilzeit empfehlen Leitner/Grundtner* zur Sicherheit innerhalb von vier Wochen zu klagen.

2.2.1.
Fazit

MSchG und VKG enthalten jedenfalls keine Fristen für die Einbringung einer Klage auf Einwilligung in die vereinbarte Elternteilzeit. Eine Frist ist – jeweils in derselben Bestimmung – nur für den Fall vorgesehen, dass der/die AN eine Änderung bzw vorzeitige Beendigung der Elternteilzeit wünscht (§ 15l Abs 3 MSchG/§ 8d Abs 3 VKG). Von einer planwidrigen Lücke kann daher mE nicht gesprochen werden.

Der Gesetzgeber hat offensichtlich bewusst keine Frist für die Einbringung einer Klage vorgesehen. Zu beachten ist allerdings der Verlust des besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutzes vier Wochen nach Scheitern der außergerichtlichen Gespräche, wenn keine Klage erhoben wird und der Kündigungs- und Entlassungsschutz nicht aufgrund anderer Bestimmungen eintritt (zB Elternkarenz oder Ersatzkarenz). Zudem muss der/die AN bei Nichteinigung die Arbeitszeit zu den ursprünglichen Bedingungen antreten. Dies wird in der Regel aufgrund der Kinderbetreuung nur schwer bis gar nicht möglich sein. Aus diesen Gründen wird es im Interesse des/der AN liegen, nach Beendigung des erfolglosen innerbetrieblichen Verfahrens jedenfalls innerhalb des Bestandschutzes eine Klage zu erheben.

Eine höchstgerichtliche Entscheidung zur Frage der Klagsfrist bei der vereinbarten Elternteilzeit bleibt allerdings abzuwarten.

3.
Zusammenfassung

Für Mütter und Väter, die in Kleinbetrieben beschäftigt bzw noch nicht lange genug im Betrieb tätig sind, gibt es die Möglichkeit, eine Elternteilzeit oder eine Änderung der Lage der Arbeitszeit (ohne Stundenreduktion) zu vereinbaren.

Der Unterschied zum Rechtsanspruch auf Elternteilzeit/Lageverschiebung: Kommt keine Einigung mit dem/der AG zustande, dann müssen AN selbst aktiv werden und „rasch“ Klage erheben, um ihre Rechte durchsetzen zu können. Für Geburten ab 1.1.2016 muss bei der Elternteilzeit eine Bandbreite beachtet werden. Vereinbarte Elternteilzeit kann nur mehr innerhalb einer Bandbreite bei der Arbeitszeit klagsweise geltend gemacht werden.313