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Abfertigung – Einbeziehung von ursprünglich als Zeitausgleich vorgesehenen Überstunden

MANFREDTINHOF

Wegen einer Änderung der IT-Infrastruktur im Unternehmen musste die Kl in den Jahren 2011 bis 2013 Überstunden leisten. Ein Abbau des Guthabens durch Zeitausgleich war vereinbart, konnte aber nicht erreicht werden. Die Kl hat im Jahr 2011 insgesamt 304 Überstunden geleistet, 2012 waren es 257,75 und 2013 noch weitere 101,75 Stunden. Im Hinblick auf die bevorstehende Pensionierung der Kl wurden ihr von der Bekl ab Ende März 2013 (Stand des Überstundenguthabens: 437) bis Juli 2013 monatlich je 40 Überstunden abgerechnet und bezahlt. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30.9.2013 konsumierte die Kl noch weitere 159 Zeitausgleichsstunden, das restliche Überstundenguthaben wurde ausbezahlt. Die gesetzliche Abfertigung wurde ohne Berücksichtigung von Überstunden berechnet.

Das Klagebegehren richtete sich auf Zahlung jener Abfertigungsdifferenz, die sich unter Einbeziehung des Durchschnittsentgelts für die im letzten vollen Beschäftigungsjahr (1.10.2012 bis 30.9.2013) geleisteten 171,75 Überstunden in die Bemessungsgrundlage ergibt.

Während das Erstgericht das Klagebegehren abwies und das Berufungsgericht diese E bestätigte, gab der OGH der Revision der Kl Folge.

Bestand die Vereinbarung, dass ein AN die durchschnittlich im Monat geleisteten Überstunden durch Zeitausgleich ausgleicht, kann aber ein Teil davon nicht mehr vor Beendigung des Dienstverhältnisses ausgeglichen werden, so ist der dafür bezahlte Geldersatz in die Bemessungsgrundlage263 für die Abfertigung nicht einzubeziehen, weil es bei dieser bloß einmaligen Zahlung an den Minimalvoraussetzungen für die Annahme eines regelmäßigen Charakters dieses Bezugs mangelt.

Anderes hat aber dann zu gelten, wenn eine Übereinkunft dahin besteht, vom Ausgleich eines Zeitguthabens durch Zeitausgleich abzugehen und dem AN die Gutstunden regelmäßig als Überstunden zu entlohnen. Der vorliegende Sachverhalt weist wesentliche Elemente auf, die ein schlüssiges Abgehen der Streitteile von der grundsätzlichen Zeitausgleichsvereinbarung begründen: Der zwischen den Streitteilen vereinbarte Abbau dieser Überstunden durch Zeitausgleich gelangte praktisch von Beginn an nicht zur Verwirklichung. Das Überstundenguthaben der Kl wurde nicht ausgeglichen, sondern stieg stetig an. Spätestens mit ihrer im März 2013 getroffenen Vereinbarung, den überwiegenden Teil des Überstundenguthabens trotz der theoretischen Möglichkeit des Naturalausgleichs auszubezahlen, sind die Streitteile daher einvernehmlich von der ursprünglichen Zeitausgleichsvereinbarung abgegangen.

Das Klagebegehren bezieht sich richtigerweise nicht auf das gesamte im Jahr 2013 ausbezahlte Überstundenentgelt, sondern nur auf jenen Teil, den die Kl im Zeitraum ab 1.10.2012 verdient hat. Dieser Anteil ist als regelmäßiger Verdienst in die Abfertigungsbemessungsgrundlage einzurechnen.