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Arbeiterkammerpension: Vertragsergänzung bei Teilzeitbeschäftigten

HARUNPAČIĆ (WIEN)
§§ 70, 70a DBPO; §§ 914, 915 ABGB
  1. Teilzeitbeschäftigung fällt nach dem Wortlaut nicht in den Anwendungsbereich der Dienst-, Bezugs- und Pensions-Ordnung (DBPO). Dementsprechend beziehen sich darin Begriffe wie „Monatsbezüge“ oder „Monatsgehalt“ auf ein Dienstverhältnis mit Vollzeitbeschäftigung.

  2. Auf Basis der ergänzenden Vertragsauslegung findet eine Teilzeitbeschäftigung bei der Bemessung des Ruhegenusses jedoch im Rahmen der Parallelrechnung nach § 70a Abs 2 DBPO Berücksichtigung. Schließt der Pensionsantritt bei Zusammentreffen von Teilzeit- und Vollzeitarbeit an eine Teilzeitphase an, ist überdies bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 70 Abs 2 DBPO fiktiv vom letzten Monatsbezug für eine Vollzeitbeschäftigung auszugehen.

  3. Eine (abweichende) betriebliche Übung kommt mit Blick auf das Berechnungsmodell für den Ruhegenuss (hier) nicht in Frage.

Die Kl war vom 1.12.1982 bis 31.8.2013 bei der Bekl [...] beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis sind die Bestimmungen der Dienst-, Bezugs- und Pensions-Ordnung für die Bediensteten der Kammern für Arbeiter und Angestellte Österreichs in der ab 17.6.1998 gültigen Fassung (DBPO) anzuwenden. Mit 1.9.2013 trat die Kl in den Ruhestand.

Bis 26.2.1995 war die Kl 40 Stunden wöchentlich beschäftigt. Im Zeitraum vom 27.2.1995 bis 20.6.1999 war sie 24 Stunden pro Woche und vom 21.6.1999 bis 30.11.1999 wiederum 40 Stunden pro Woche beschäftigt. Vom 1.12.1999 bis 31.10.2009 war sie sodann nur zehn Stunden wöchentlich beschäftigt, weil sie in dieser Zeit ein politisches Amt bekleidete. Im Zeitraum ab 1.11.2009 bis 31.8.2013 war sie wiederum 40 Stunden pro Woche beschäftigt. Insgesamt weist die Kl 420 Monate Arbeiterkammer-(AK-)Dienstzeit auf.

Seit 1.9.2014 beläuft sich die [...] AK-Pension der Kl auf monatlich 1.248 € brutto. Als Bemessungsgrundlage wurde der Letztbezug von 7.176,67 € brutto herangezogen. Dieser Betrag wurde allerdings um den von der Bekl herangezogenen Teilzeitkoeffizienten reduziert, sodass von einer Berechnungsbasis von 5.053,09 € ausgegangen wurde. Bei Zugrundelegung eines monatlichen Letztbezugs von 7.176,67 € errechnet sich die AK-Pension mit monatlich 2.722,93 € brutto. Nach dem Berechnungsmodell der Bekl wird zunächst der Teilzeitkoeffizient als prozentuelle Relation zwischen Teil- und Vollbeschäftigungszeiten eines DN ermittelt. In weiterer Folge wird dieser Prozentsatz auf den Letztbezug auf Basis einer fiktiven Vollzeitbeschäftigung umgelegt und als Berechnungsbasis herangezogen.

Die anzuwendende DBPO enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

„§ 3 (1) [...] (2) Von der Anwendung der Dienst-, Bezugs- und Pensions-Ordnung ist das Dienstverhältnis von Personen ausgenommen, a) [...] b) die nur vorübergehend oder stundenweise beschäftigt werden; [...]§ 58 Bezüge (1) [...] (2) Die Kammerbediensteten, deren Dienstverhältnis durch die Dienstordnung geregelt ist, enthalten ein Monatsgehalt entsprechend der durch Beschluss des Vorstands (Personalkommission) erfolgten Einreihung in das Bezugsschema.§ 66 LeistungszusageKammerbedienstete, die der Dienst- und Bezugsordnung unterstellt sind, [...] haben nach Maßgabe der erfolgenden Bestimmungen Anspruch auf Leistungen der Arbeiterkammer.§ 70 Bemessung des Ruhegenusses(1) Der Ruhegenuss beträgt für die ersten zehn anrechenbaren Dienstjahre 40 v.H. der Bemessungsgrundlage und erhöht sich für jedes weitere Dienstjahr um 1,82 v.H. bis zum Höchstausmaß von 80 v.H. der Bemessungsgrundlage nach 32 anrechenbaren Dienstjahren.(2) Bemessungsgrundlage iSd Abs 1 ist der zuletzt gebührende Monatsbezug (das ist der Monatsgehalt gemäß Einstufung in das Bezugsschema samt dauernd gewährten Verwendungszulagen, jedoch ohne Kinderzulage – § 58 Abs 3). [...]§ 70a Berechnung der AK-Pensionsleistung Für die Berechnung der AK-Pensionsleistung sind folgende Einzelberechnungen vorzunehmen: (1) Es wird die AK-Pensionsleistung unter Anwendung der §§ 70 und 89 ermittelt.(2) Parallel zur Pensionsberechnung gemäß Abs 1 ist eine weitere Berechnung nach folgenden Bestimmungen anzustellen: Für jeden Monat der AK-Dienstzeit ist eine Bemessungsgrundlage nach § 70 Abs 2 DBPO (alte Regelung Stand 1.4.1986) zu ermitteln. Bemessungsgrundlagen aus den dem Jahr des Pensionsantritts vorangegangenen Jahren sind mit den Aufwertungsfaktoren gem den §§ 108 Abs 4 und 108c des ASVG aufzuwerten.Bei einem Pensionsantritt ab 1.1.2020 gilt Folgendes: Liegen mindestens 216 Monate effektive AK-Dienstzeit vor, so ist die Grundlage für die Berechnung der AK-Pensionsleistung die Summe der 216 höchsten Bemessungsgrundlagen, geteilt durch 216 (Durchrechnung). [...]Liegen weniger zu berücksichtigende Monate AK-Dienstzeit vor, so ist die Grundlage für die Berechnung der AK-Pensionsleistung die Summe aller Bemessungsgrundlagen, geteilt durch die Anzahl der Monate der AK-Dienstzeit.Für die Pensionierungsjahre 2003-2019 gilt folgende Übergangsregelung:Anstelle von 216 Monaten gilt bei Pensionsantritt im Jahr 2003 ein Durchrechnungszeitraum im obigen Sinn von 12 Monaten, dieser verlängert sich bei einem Pensionsantritt in einem folgenden Kalenderjahr für jedes Kalenderjahr um weitere 12 Monate. In dem Zeitraum von 2003 bis 2019 gilt bei Pensionsantritt nach dem Anfallsalter der vorzeitigen Alterspension eine Einschleifregelung439 iSd § 62e Abs 4 Pensionsgesetz 1965 idF des BGBl I Nr 138/1997.[...] Für Pensionsantritte in den Jahren 2003 bis 2019 wird der Verlust gegenüber der AK-Pensionsleistung nach den Bestimmungen der DBPO Stand 1.4.1986 [...] begrenzt. [...](3) Die gemäß Abs 1 errechnete AK-Pensionsleistung wird der gemäß Abs 2 ermittelten AK-Pensionsleistung (Pensionswert I) gegenübergestellt. Der niedrigere Wert kommt zur Auszahlung, wobei sich darauf eine Kürzung von höchstens 18 % gegenüber AK-Pensionsleistung nach den Bestimmungen der DBPO Stand 1.3.1986 (Pensionswert II) ergeben darf. [...].“

Die Kl begehrte die nach ihrer Berechnung offenen monatlichen Pensionsleistungen für den Zeitraum 1.9.2014 bis 1.6.2015. [...]

Die Bekl entgegnete, dass die Kl über mehrere Zeiträume nur teilzeitbeschäftigt gewesen sei. [...] In Bezug auf eine Teilzeitbeschäftigung weise die DBPO eine Regelungslücke auf, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen sei. Außerdem bestehe eine betriebliche Übung dahin, dass am Ende des Dienstverhältnisses die tatsächliche Dienstzeit der Vollbeschäftigung gegenübergestellt und die Pension aliquot berechnet werde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. [...] Das Berufungsgericht bestätigte diese E. [...] Gegen diese E richtet sich die außerordentliche Revision der Bekl, mit der sie eine Abweisung des Klagebegehrens anstrebt. [...]

Rechtliche Beurteilung

[...] 1.1 In der Rsp des OGH wurde bereits ausgesprochen, dass die DBPO der bekl AK den Charakter einer Vertragsschablone hat (8 ObA 2312/96z; 9 ObA 49/02z; vgl auch 8 ObA 6/14m). Die Geltung für den einzelnen AN ergibt sich daraus, dass die DBPO von den Arbeiterkammern, und zwar verpflichtend, als Vertragsschablone den einzelnen Arbeitsverträgen zugrunde gelegt wird (9 ObA 49/02z). [...]

2.1 [...] Nach § 3 Abs 3 lit b DBPO ist das Dienstverhältnis von Personen, die nur vorübergehend oder stundenweise beschäftigt werden, von der Anwendung der DBPO ausgenommen. Aus § 3 Abs 3 Satz 2 DBPO lässt sich nach dem Wortsinn unter Berücksichtigung des Sachzusammenhangs ableiten, dass auch eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Ausmaß einer bestimmten Stundenanzahl (zB von acht Stunden) unter den Begriff der „stundenweisen Beschäftigung“ fällt. Davon ausgehend erweist sich im Ansatz die Ansicht der Bekl als zutreffend, dass eine Teilzeitbeschäftigung nach dem Wortlaut nicht in den Anwendungsbereich der DBPO fällt. Dementsprechend beziehen sich die Begriffe „Monatsgehalt“ (§ 58 Abs 2 DBPO) und „Monatsbezüge“ (§ 61 Abs 2 und 4 DBPO) auf ein Dienstverhältnis mit Vollzeitbeschäftigung.

Nach § 70 Abs 2 DBPO ist die Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuss der zuletzt gebührende Monatsbezug. Dieser wird als Monatsgehalt gem Einstufung in das Bezugsschema [...] definiert. Die Einstufung laut Bezugsschema bezieht sich auf das Monatsgehalt für eine Vollzeitbeschäftigung. Entgegen der Ansicht der Bekl ist der „zuletzt gebührende Monatsbezug“ iSd § 70 Abs 2 DBPO somit nicht das – im Fall einer Teilzeitbeschäftigung – tatsächlich zuletzt bezogene Entgelt.

2.2 § 70a Abs 2 DBPO sieht eine Parallelrechnung iS einer Durchrechnung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach Maßgabe der AK-Dienstzeit-Monate vor. [...] Die Parallelrechnung ist [...] lediglich als betragsmäßiger Vergleich zur Berechnung des Ruhegenusses nach § 70 Abs 2 DBPO gedacht. Beiden Berechnungsarten liegen nach der Intention der DBPO jeweils die Monatsbezüge für eine Vollzeitbeschäftigung zugrunde. [...]

3.1 [...] Die Parteien sind sich allerdings einig, dass jedenfalls bei Zusammentreffen von Voll- und Teilbeschäftigungszeiten ein Anspruch auf Ruhegenuss auf Basis der DBPO gebührt. Sie gehen somit offenkundig vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten aus, der in der RL über Teilzeitarbeit (RL 97/81/EG in der durch die RL 98/23/EG geänderten Fassung) auf unionsrechtlicher Ebene normiert wurde.

Da eine einfache Vertragsauslegung zu keinem Ergebnis führt, ist auf eine ergänzende Vertragsauslegung als weitere Auslegungsregel des § 914 ABGB zurückzugreifen. [...]

3.2 [...] In diesem Sinn ist vernünftigen Parteien der hypothetische Wille zu unterstellen, dass sie auf die einschlägigen rechtlichen Rahmenbedingungen Bedacht nehmen wollen. [...]

Aufgrund des Gebots der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten [...] gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz. [...] Der Prorata-temporis-Grundsatz besagt, dass eine Leistung des AG für eine Person in Teilzeitbeschäftigung nach dem Ausmaß der Arbeitszeit berechnet wird (EuGHC-395/08, Bruno, Rn 65).

3.3 Unter Zugrundelegung der Regelungen der DBPO ist Anknüpfungspunkt für die Berücksichtigung des Ausmaßes der Arbeitszeit die Bemessungsgrundlage nach § 70 Abs 2 und § 70a Abs 2 DBPO. Dies führt zum Ergebnis, dass dann, wenn für die Berechnung des Ruhegenusses ein bestimmter Zeitraum und damit mehrere Monatsbezüge zu berücksichtigen sind, grundsätzlich auch Monate mit Teilzeitentgelt einzubeziehen sind. Konkret bedeutet dies Folgendes: Liegen nach § 70a Abs 2 DBPO nicht 216 Vollzeitbeschäftigungs-Monate vor, so sind die dafür fehlenden Monate mit Teilzeitbeschäftigungs-Monaten (jeweils nach der höchsten Bemessungsgrundlage) aufzufüllen. Daraus folgt, dass Teilzeitbeschäftigungs-Monate und damit eine Teilzeitbeschäftigung nach Maßgabe der DBPO nur im Rahmen der Parallelrechnung nach § 70a Abs 2 DBPO Berücksichtigung finden.

3.4 Bei Zusammentreffen von Voll- und Teilbeschäftigungszeiten stellt sich dann kein Problem, wenn sich der Pensionsantritt an eine Vollbeschäftigungszeit anschließt. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich entsprechend der Anordnung in § 70 Abs 2 DBPO (Normalrechnung) nach dem zuletzt gebührenden Monatsbezug für die Vollzeitbeschäftigung.

Anderes gilt, wenn sich der Pensionsantritt an eine Teilzeitbeschäftigung anschließt. In diesem Fall würde sich die Bemessungsgrundlage nach dem440 Wortlaut des § 70 Abs 2 DBPO nach dem letzten Teilzeitentgelt bemessen. Die Vollbeschäftigungszeiten blieben zur Gänze unberücksichtigt. Dieses Ergebnis widerspricht dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten und dem Auslegungsergebnis, dass Teilbeschäftigungszeiten nach der DBPO nur im Rahmen der Parallelrechnung nach § 70a Abs 2 DBPO, nicht aber für die Normalrechnung nach § 70 Abs 2 DBPO eine Rolle spielen. Um diesen Vorgaben zu entsprechen, ist daher dann, wenn der Anspruch auf Ruhegenuss im Anschluss an eine Teilzeitbeschäftigung entsteht, fiktiv vom letzten Monatsbezug für eine Vollzeitbeschäftigung auszugehen. [...]

3.5 [...] Das von der Bekl angewandte Berechnungsmodell des Teilzeitkoeffizienten stellt einen Versuch zur Berücksichtigung von Teilbeschäftigungszeiten bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuss dar. In der DBPO sowie in den im Rahmen der Auslegung zugrunde zu legenden unionsrechtlichen Normen findet dieses Modell jedoch keine Deckung. [...]

4. Auch auf eine betriebliche Übung kann sich die Bekl hinsichtlich ihres Berechnungsmodells nicht berufen. [...] Eine betriebliche Übung setzt im gegebenen Zusammenhang voraus, dass der DG der Belegschaft eine freiwillige bzw zusätzliche Leistung gewährt und dadurch einen zusätzlichen Anspruch schafft. Wenn aber – wie hier – der DG nur die vertraglich zustehenden Ansprüche zuerkennen will und in dieser Hinsicht von einer bestimmten Berechnungsmethode ausgeht, die für einen Teil der Belegschaft sogar nachteilige Auswirkungen hat, kann sich der DG nicht auf eine betriebliche Übung berufen.

5. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass beide Parteien von Berechnungsmodellen ausgegangen sind, die nicht der DBPO entsprechen. Da für die Berechnung der Pensionsleistung der Kl nach dem nunmehr geklärten Modell die Grundlagen fehlen, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen in Stattgebung der Revision aufzuheben. [...]

ANMERKUNG

Die Rechtsfrage, die der OGH hier zu klären hatte, lautet: Inwiefern wirkt sich Teilzeitbeschäftigung auf die Höhe des Ruhegenusses nach der DBPO aus? Zunächst klärte das Höchstgericht, dass der Geltungsgrund der DBPO im Hinblick auf die AN der AK ihre Arbeitsverträge seien, (wenn und) weil sie diesen als Vertragsschablone zugrunde liege. Sodann hielt es fest, dass sie als Vertragsbestandteil nach den Regeln der §§ 914 f ABGB auszulegen seien.

1.
Allgemeines

Enthält ein Rechtstext spezifische Vorschriften zur Auslegung, sind diese (nur) von rechtlicher Relevanz, wenn sie sich auf niedere Normen beziehen, sofern und soweit sie (im Rahmen einer sogenannten einfachen Auslegung) Zurechnungsbedingungen vorsehen oder (im Rahmen einer sogenannten ergänzenden Auslegung) Ermächtigungen zur Ergänzung (des auszulegenden Textes) enthalten.

Enthält das Recht Regelungen zur Vertragsauslegung, beschränkt es zunächst einmal bloß das Feld dessen, was von den Parteien als mit dem zum Ausdruck Gebrachten gemeint angenommen werden könnte. Gehen die Regelungen jedoch darüber hinaus, indem sie Verkehrssitten zu berücksichtigen gebieten, dann handelt es sich dabei funktional betrachtet um keine Auslegungsregel mehr, sondern um dispositives Recht: die Parteien können explizit von den Verkehrssitten abgehen; tun sie das nicht, können sich daraus ergänzende Pflichten ergeben, die nach dem Gesetz als Inhalt des Vertrages gelten und wie sonstige Vertragspflichten zu behandeln sind.

2.
Einfache Vertragsauslegung

Der OGH beginnt seine Suche nach (Rechts-)Erkenntnis mit der einfachen Auslegung, bei der die (wahre) Absicht der Parteien zu ermitteln gesucht wird, ohne am Buchstaben zu haften. Entscheidend ist dabei der erkennbar erklärte Parteiwille, zu dessen Verständnis das gesamte Verhalten der Vertragspartner beitragen kann, das sich in Äußerungen in Wort und Schrift sowie in sonstigem Tun oder Unterlassen widerspiegeln kann.

Das Höchstgericht stellt fest, dass die DBPO idgF unstrittig zur Anwendung gelangt, weil die Parteien wollen, dass sie zur Anwendung gelangt. Die DBPO sei jedoch ihrem Wortlaut nach nicht auf Teilzeitbeschäftigung zugeschnitten, weil neben der vorübergehenden (kurzfristigen) auch die stundenweise Beschäftigung nach § 3 Abs 2 lit a DBPO ausgenommen sei; dies ist eine korrekte Interpretation, weil es keine Anhaltspunkte für eine (gewollte) Differenzierung nach dem Ausmaß der „stundenweisen“ Beschäftigung gibt.

Vor diesem Hintergrund und mit Blick darauf, dass sich die Einstufung nach dem Bezugsschema auf das Monatsgehalt für die Vollzeitbeschäftigung bezieht, stellte der OGH fest, dass sich die Begriffe „Monatsgehalt“ und „Monatsbezüge“ in der DBPO nur auf Dienstverhältnisse mit Vollzeitbeschäftigung beziehen. Der „zuletzt gebührende Monatsbezug“, der nach § 70 Abs 2 DBPO Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuss ist, könne daher im Falle einer Teilzeitbeschäftigung nicht das zuletzt bezogene Entgelt sein.

Dies ist (nur dann) überzeugend, wenn man die Rechtsansicht teilt, dass sich die Ausnahme zu Lasten der „stundenweisen“ Beschäftigung auf jegliche Form von Teilzeitarbeit bezieht. Es ist zumindest denkbar, dass das nicht so gemeint war, denn damit könnte bezogen auf die Zeit eine Beschäftigung in nur geringem Ausmaß oder bezogen auf das Entgelt eine solche unter der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze erwogen worden sein. Im Zweifel ist eine undeutliche Äußerung zwar nach § 915 ABGB zu Lasten desjenigen auszulegen, der sich ihrer bedient hat, doch liefe das im gegebenen Fall nur darauf hinaus, dass die Kl in den Genuss des Ruhegenusses kommt, was ohnedies unstrittig ist.441

Der OGH bekräftigt seine Ansicht, dass die DBPO den Ruhegenuss bei Teilzeitbeschäftigung nicht regle (noch) dadurch, dass die Durchrechnung im Zuge der Parallelrechnung nach § 70a Abs 2 DBPO gleichfalls nicht auf die teilzeitbeschäftigten AN ausgerichtet sei. Vielmehr solle dadurch auf die unterschiedliche Höhe des Entgelts bei Vollzeitbeschäftigung iS eines Durchschnitts Bedacht genommen werden. Für diese Auffassung spricht Abs 3 leg cit, wo es heißt, dass der niedrigere Wert bei einem Vergleich der Pension nach § 70a Abs 1 DBPO, die auf die Berechnung nach § 70 DBPO und damit auf den letzten Monatsbezug abstellt, und § 70a Abs 2 DBPO, der eine Durchrechnung einer bestimmten Anzahl der höchsten monatlichen Bemessungsgrundlagen vorsieht, zur Auszahlung gelangt; ist hier von Vollzeitarbeit die Rede, muss auch dort von Vollzeitarbeit die Rede sein, widrigenfalls ein Vergleich sinnwidrig wäre.

Nach alledem zeigt sich dem OGH, dass die Vorgehensweise für die Berechnung der Höhe des Ruhegenusses im Falle von Teilzeitbeschäftigungszeiten nicht geregelt ist. Der Vertrag weist in dieser Hinsicht – wie man sagt – eine Lücke auf.

3.
Ergänzende Vertragsauslegung

Da ihn die einfache Auslegung zu keinem Ergebnis führte, ging der OGH zur ergänzenden Auslegung über. § 914 ABGB sieht (hierfür) vor, dass der Vertrag so zu verstehen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Nimmt man auf den Sprachgebrauch zum Erlasszeitpunkt bedacht und die Nähe zum Römischen Recht, so gewinnt man den Eindruck, dass der Einschub „redlich“ in „redlicher Verkehr“ ein unmittelbarer Nachhall der „bona fides“ aus dem römischen Recht und damit auch gleichbedeutend ist; man pflegt nunmehr eher von „Treu und Glauben“ zu sprechen. Es wäre demnach nicht nur die Vertragserfüllung nach Treu und Glauben ohne Abkehr vom Sinngehalt der bona fides geboten und damit übrigens eine Basis für die Rechtsansicht gegeben, dass Gestaltungsrechte nach Treu und Glauben (oder wie man auch zu sagen pflegt: nach billigem Ermessen) auszuüben sind, sondern auch das Fundament für eine dogmatisch saubere Einordnung der Treuepflicht der AN sowie der Fürsorgepflicht der AG gelegt. Eine weitgefasste Abbedingung solcher Pflichten käme einer gravierenden Abkehr vom gesetzlichen Richtwert gleich, den man als sittenwidrig iSd § 879 ABGB beurteilen kann.

Der OGH zieht bei der ergänzenden Auslegung jedenfalls den hypothetischen Parteiwillen und mitunter auch den Grundsatz von Treu und Glauben als Mittel heran, wobei im Lichte seiner Judikatur keine Rangfolge erkennbar ist. Der hypothetische Parteiwille ist aber genau genommen kein Auslegungsargument, sondern das Ziel der ergänzenden Auslegung (besser: Vertragsergänzung), während das, was sich aus Treu und Glauben ergibt, beim „Fortdenken des tatsächlichen Parteiwillens“ mit zu berücksichtigen ist und den redlichen Verkehrssitten (ohnedies) innewohnt (Heiss in

Kletečka/Schauer
, ABGB-ON1.00 § 914 Rz 79, 84).

Der hypothetische Parteiwille hat sich zwar innerhalb der Schranken des tatsächlich feststellbaren Willens der Parteien zu bewegen, wenn auch nicht davon auszugehen ist, dass sich die Parteien auf eine einseitig belastende Regelung geeinigt hätten. Um ihn zu ergründen, bedarf es der Erhebung der Interessen und Bewertungen, von denen sich die Parteien bei Vertragsschluss leiten ließen; der hypothetische Parteiwille ist das Ergebnis objektiver Ermittlung des Parteiwillens unter Zugrundelegung der Grundwertungen der Rechtsordnung (Pačić, Methoden der Rechtsfindung im Arbeitsrecht [2013] 356).

Der OGH führte aus, dass vernünftigen Parteien der hypothetische Wille zu unterstellen sei, dass sie auf die einschlägigen rechtlichen Rahmenbedingungen Bedacht nehmen wollen, insb auf unionsrechtliche Grundsätze, namentlich auf das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten und damit auf den vom EuGH bekräftigten Pro-rata-temporis-Grundsatz (vgl EuGH16.7.2009, C-537/07, Gomez, Rn 59, 65). Die Ausführungen hierzu sind jedoch entbehrlich, denn zum einen gibt der OGH selbst zu erkennen, dass die Parteien die Teilzeitbeschäftigung nicht als Ausschlussgrund für Ruhegenussleistungen sehen (einfache Auslegung), und stützt sich zum anderen bei seiner weiteren Argumentation nicht tragend auf den Pro-rata-temporis-Grundsatz. Stattdessen führt er aus, dass Teilzeitbeschäftigungsmonate bloß im Rahmen der Parallelrechnung nach § 70a Abs 2 DBPO Berücksichtigung finden (können), weil hier auf einen bestimmten Zeitraum abgestellt werde, sodass eventuell fehlende Monate mit Teilzeitbeschäftigungsmonaten aufzufüllen seien.

Dagegen ist nichts einzuwenden, wenngleich es doch interessant gewesen wäre zu erfahren, wieso der OGH bei einer (Normal-)Berechnung nach § 70 Abs 2 DBPO die Dienstjahre nach § 70 Abs 1 DBPO nicht derart wertet, dass er zB zwei Halbzeitdienstjahre einem Vollzeitdienstjahr gleich hält, zumal es hier um den Steigerungsbetrag bei der Berechnung der Pensionshöhe vom letzten Monatsbezug geht, den der OGH bei Zusammentreffen von Voll- und Teilzeitbeschäftigungszeiten dann fiktiv von einem Monatsbezug auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung berechnet wissen will, wenn der Pensionsantritt an die Phase der Teilzeitbeschäftigung anschließt.

Es wird der Eindruck erweckt, als käme bei einer durchgehenden Teilzeitbeschäftigung keine Normal-, sondern nur die Durchrechnung in Frage. Falls der OGH auf diesem Standpunkt steht, hätte er das näher begründen müssen, denn dies wäre doch etwas anderes als die bloße Bedachtnahme oder Nicht-Bedachtnahme auf Monate der Teilzeitbeschäftigung oder auf das Entgelt auf Teilzeitbasis. Das Problem wird aber dadurch entschärft, dass nach Abs 3 des § 70a DBPO der niedrigere Wert zur Auszahlung kommt, was regelmäßig der nach Abs 2 DBPO ermittelte sein wird.

4.
Betriebliche Übung

Zuletzt bemerkte der OGH, dass sich die Bekl bei der Berechnung des Ruhegenusses nicht auf eine442 abweichende betriebliche Übung stützen könne. Diese beziehe sich auf eine regelmäßige vorbehaltlose Gewährung von Leistungen an die Gesamtheit der DN, sofern sie schlüssig den Willen des DG zum Ausdruck bringe, sich für die Zukunft binden zu wollen (§ 863 ABGB). Wenn der DG jedoch nur die vertraglich zustehenden Ansprüche gewähren und in dieser Hinsicht von einer bestimmten Berechnungsmethode ausgehen wolle, die für einen Teil der Belegschaft nachteilig sein könne, könne er sich nicht auf eine betriebliche Übung berufen. Dies ist leider nur eine Behauptung, der keine Begründung folgt, denn die betriebliche Übung ist nur dann und deswegen rechtlich relevant, wenn und weil man davon ausgehen kann und darf, dass sie Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge geworden ist. Wieso es sich dabei nur um Leis tungen des DG handeln darf, die noch dazu stets für DN vorteilhaft oder doch nicht nachteilig sein dürfen, bleibt schleierhaft, kann doch auch eine Berechnungsmethode in den Arbeitsvertrag auf konkludentem Wege einfließen. Die Frage ist nur, ob hier von einer solchen konkludenten Vertragsergänzung ausgegangen werden kann, was wohl eher nicht der Fall sein wird, weil die Belegschaft idR kaum mitbekommen wird, wie die Pension für ausgeschiedene DN berechnet wird; es könnte jedoch auch sein, dass im Betrieb doch bekannt war, wie der DG hier vorging und er dies der Belegschaft auch zu erkennen gegeben hat.

5.
Fazit

Die Antwort auf die Frage, was Arbeitsvertragsparteien vereinbart haben, hängt maßgeblich vom vorgegebenen rechtlichen Deutungsschema ab. Der OGH hat hier die relevanten Regelungen der DBPO, die als Vertragsschablone Eingang in den Arbeitsvertrag zwischen der Kl und der Bekl gefunden hat, (zu Recht) nach § 914 ABGB interpretiert. Seine Ausführungen weisen Argumentationslücken auf, doch ist sein Ergebnis vertretbar. Die knapp formulierte Rechtsansicht zum Fehlen einer rechtserheblichen betrieblichen Übung hat im gegebenen Fall hingegen keinen Begründungswert.