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Rückersatz von Fortbildungskosten

MICHAELHAIDER (WIEN)
§ 94 NÖ LBG; § 48a NÖ SÄG 1992; § 2d AVRAG
  1. Während eine Ausbildung die Grundbefähigung zB eines Arztes vermittelt, dient die Fortbildung der Erhaltung, dh Aktualisierung der im Zuge der Ausbildung oder Weiterbildung erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse zur Berufsausübung lege artis. Demgegenüber zielt die Weiterbildung auf die Erweiterung der bereits in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ab.

  2. (§ 48a NÖ SÄG 1992 in Verbindung mit) § 94 NÖ LBG sieht nur eine Rückzahlungsverpflichtung für Aus- und Weiterbildungskosten, nicht aber auch für bloße Fortbildungskosten vor.

  3. Nach der Lehre zu § 2d AVRAG kann die bloße Fortbildung nicht mit einer Rückersatzklausel versehen werden, weil sie sich lediglich damit begnügt, die bereits vorhandene Ausbildung des AN auf einem aktuellen Stand zu halten.

Der Bekl war in einer Krankenanstalt der Kl bis 29.2.2012 als Oberarzt nach dem NÖ Spitalsärztegesetz 1992 (NÖ SÄG 1992) beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde durch DN-Kündigung beendet. In der Zeit zwischen 30.11.2007 und 6.5.2011 absolvierte der Bekl mehrere berufliche Fortbildungen, für die ihm von der Kl jeweils Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge gewährt wurde.

Die Kl begehrt zufolge Beendigung des Dienstverhältnisses durch DN-Kündigung das dem Bekl während der Fortbildungen geleistete Entgelt aliquot zurück. Sie stützt sich dabei auf § 48a NÖ SÄG 1992 in Verbindung mit § 94 NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG).

Der Bekl bestritt das Klagebegehren dem Grunde nach und wandte [...] ein, dass die von ihm im Rahmen der ärztlichen Fortbildungsverpflichtung absolvierten Fortbildungen dazu gedient hätten, sich über den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu informieren. Fortbildungskosten könnten von der Kl daher nicht rückgefordert werden.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Die Rückforderung von Aus- und Weiterbildungskosten sei in § 48a NÖ SÄG 1992, dessen Abs 1 auf § 94 NÖ LBG verweise, ausdrücklich normiert. Ob der AN arbeitsvertraglich verpflichtet sei, sich der Ausbildung zu unterziehen, sei nicht entscheidend.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Bekl. [...]

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

1. [...] § 48a NÖ SÄG 1992, auf den sich die Kl stützt, enthält Regelungen betreffend Aus- und Weiterbildungskosten. Nach dessen Abs 1 gilt hinsichtlich der Aus- und Weiterbildungskosten § 94 NÖ LBG sinngemäß.

2. § 94 NÖ LBG („Aus- und Weiterbildungskosten“) lautet in seinen hier wesentlichen Teilen wie folgt:

„(1) Im Fall des Endens des Dienstverhältnisses haben
  1. Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis durch einverständliche Lösung, Kündigung oder vorzeitige Auflösung

  2. ...

endet, dem Land NÖ die bis zum Beendigungszeitpunkt aufgewendeten Aus- und Weiterbildungskosten zu ersetzen, wenn diese den Betrag von € 2.500,– übersteigen. Der Ersatz der Aus- und Weiterbildungskosten reduziert sich pro vollendetem Kalendermonat des Dienstverhältnisses nach dem jeweiligen Monat der Beendigung der Ausbildung um ein Sechzigstel. Besteht die Ausbildung aus mehreren in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehenden Teilen, reduzieren sich die Aus- und Weiterbildungskosten mit Enden des letzten Teiles. [...](4) Die zu ersetzenden Aus- und Weiterbildungskosten setzen sich zusammen aus:
  1. dem Bruttobezug einschließlich Sonderzahlungen, ohne Dienstgeberbeiträge in jenem Ausmaß, in dem die Aus- und Weiterbildung durch Freistellung von der Dienstleistung unter Fortzahlung der Bezüge ermöglicht wurde, [...]“

3. Zwischen den Parteien ist nun strittig, ob unter dem Begriff Aus- und Weiterbildungskosten nach § 48a NÖ SÄG 1992 in Verbindung mit § 94 NÖ LBG auch Fortbildungskosten zu verstehen sind.

3.1. Einen Hinweis zur Beantwortung dieser Frage bietet der NÖ Landesgesetzgeber zunächst im Motivenbericht vom 14.3.2006 (LAD2-GV-259/1-2005), der der Gesetzwerdung des § 94 NÖ LBG zugrunde liegt. Danach soll die Verpflichtung zur Rückerstattung der vom Land NÖ als DG getragenen Aus- und Weiterbildungskosten, die oftmals zu einer höheren Qualifikation des Bediensteten führen, verhindern, dass das Land NÖ die Aus- und Weiterbildungen der Bediensteten finanziert und diese dann nach Absolvierung der Ausbildung das Dienstverhältnis auflösen, um das erworbene Wissen einem anderen DG anzubieten. Um sicherzustellen, dass Investitionen in eine höhere Qualifikation der Bediensteten auch wieder dem Land NÖ – zumindest für eine bestimmte Zeit (fünf Jahre) – zu Gute kommen, wird eine Rückerstattungsverpflichtung der gesamten Aus- und Weiterbildungskosten vorgesehen, wenn das Dienstverhältnis durch den Bediensteten oder aus diesem zurechenbaren Gründen aufgelöst wird.

Der NÖ Landesgesetzgeber geht somit davon aus, dass Ausbildungen und Weiterbildungen grundsätzlich zu einer höheren Qualifikation des Bediensteten führen und die Investition des DG in die höhere Qualifikation des DN dem DG zumindest für fünf Jahre zukommen soll.

Für Ärzte, die im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang eine Ausbildung nach den Bestimmungen der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006, BGBl II 2006/286, absolvieren, sieht § 48a Abs 2 Z 2 NÖ SÄG 1992 den Entfall des Ersatzes der Aus- und Weiterbildungskosten vor.

3.2. Dass der NÖ Landesgesetzgeber – neben den Begriffen Ausbildung und Weiterbildung – den421 Begriff Fortbildung als eigenständigen Begriff kennt und zumindest zwischen Ausbildung nach der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006, BGBl II 2006/286, sowie Fortbildung und (davon) dem Erwerb einer Zusatzausbildung unterscheidet, zeigt die Bestimmung des § 37 NÖ SÄG 1992, die den Sonderurlaub wie folgt regelt [...]:

„(1) Dem Arzt darf ein Sonderurlaub gegeben werden
  1. zur Ausbildung in den in der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006, BGBl. II Nr. 286/2006, vorgeschriebenen Teilgebieten, wenn entsprechende Fachabteilungen in der Krankenanstalt nicht vorhanden sind; in diesem Fall erhält der Arzt das Monatsentgelt gemäß § 24 Abs 1. [...]

  2. aus anderen wichtigen Gründen, insbesondere zur wissenschaftlichen Fortbildung. In diesem Fall erhält der Arzt das Entgelt gemäß § 24 Abs 1; [...]

  3. zur Fortbildung oder zum Erwerb einer Zusatzausbildung.

(2) Für einen Sonderurlaub nach Abs 1 gilt § 49 Abs 1 und 2 NÖ LBG, LGBl. 2100, sinngemäß.(3) Privatrechtliche Vereinbarungen über die Bezahlung der Ausbildungskosten in anderen Krankenanstalten und die hiefür maßgebenden Bedingungen werden durch die vorstehenden Regelungen nicht berührt.“

§ 49 Abs 1 NÖ LBG lautet: „Sofern nicht wesentliche dienstliche Interessen entgegenstehen, kann auf Antrag ein Sonderurlaub unter Entfall der Bezüge gewährt werden. Liegt die Gewährung des Sonderurlaubes überdies im Interesse des Landes oder liegen berücksichtigungswürdige Gründe vor, kann ein Sonderurlaub auch unter Fortzahlung der Bezüge jedoch längstens für die Dauer eines Jahres gewährt werden. Für einen im dienstlichen Interesse gelegenen Sonderurlaub zur Fortbildung oder zum Erwerb einer Zusatzausbildung können die hiefür nachgewiesenen Kosten ganz oder teilweise ersetzt werden.

3.3. Der Landesgesetzgeber spricht aber auch im NÖ Krankenanstaltengesetz (NÖ KAG) ausdrücklich von Fortbildung: So legt dessen § 19b fest, dass der Rechtsträger der Krankenanstalt für die ständige Fortbildung der in der Krankenanstalt beschäftigten Ärzte Vorsorge zu treffen hat oder, soweit keine Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Betriebes der Krankenanstalt zu befürchten ist, ihnen die Inanspruchnahme solcher Bildungseinrichtungen zu ermöglichen. Die Fortbildung ist für jedes Jahr zeitlich und inhaltlich zu planen; vom Abteilungsleiter soll im Einvernehmen mit dem Ärztlichen Direktor ein Fortbildungsplan erstellt werden.

Dieses Ausführungsgesetz des Landes NÖ hat seine Grundlage im KAKuG. Danach muss der ärztliche bzw zahnärztliche Dienst so eingerichtet sein, dass sich die in der Krankenanstalt tätigen Ärzte und Zahnärzte im erforderlichen Ausmaß fortbilden können (§ 8 Abs 1 Z 9 KAKuG).

3.4. Eine ausdrückliche Fortbildungspflicht für Ärzte wurde mit der 2. ÄrzteG-Novelle (BGBl I 2001/110) eingeführt. Seither sieht § 49 Abs 1 Satz 2 ÄrzteG 1998 vor, dass sich ein Arzt laufend im Rahmen anerkannter Fortbildungsprogramme der Ärztekammern in den Bundesländern oder der Österreichischen Ärztekammer oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden [...] hat. Seit dem Gesundheitsreformgesetz 2013, BGBl I 2013/81, besteht überdies die Verpflichtung, die absolvierte Fortbildung alle drei Jahre gegenüber der Österreichischen Ärztekammer glaubhaft zu machen (§ 49 Abs 2c ÄrzteG 1998). Die Fortbildungsverpflichtung gilt auch für angestellte Ärzte (Wallner, Handbuch Ärztliches Berufsrecht 124; Emberger in Emberger/Wallner, Ärztegesetz mit Kommentar2, 179).

3.5. Die Lehre unterscheidet ebenfalls zwischen Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung. Soll die Ausbildung die Grundbefähigung eines Arztes vermitteln, dient die Fortbildung der Erhaltung der Fähigkeit zur Berufsausübung lege artis, also der Aktualisierung der im Zuge der Ausbildung oder Weiterbildung erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse. Demgegenüber zielt die Weiterbildung auf die Erweiterung der bereits in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ab. Unter Weiterbildung wird der Erwerb zusätzlicher Qualifikationen im Rahmen des Tätigkeitsbereichs, für den der Arzt zugelassen ist, und im Sinne einer Vertiefung einzelner Schwerpunkte verstanden (Wallner in

Resch/Wallner
, Handbuch Medizinrecht2 Rz 229; Emberger in
Emberger/Wallner
, Ärztegesetz mit Kommentar2, 179; Wallner, Handbuch Ärztliches Berufsrecht 124; Risak/Wolf, Die Fort- und Weiterbildung im GuKG, RdM 1999, 3 [6]).

3.6. Arbeitsrechtliche Folge dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen ist dann aber die Verpflichtung des Krankenanstaltenträgers, dem angestellten Spitalsarzt die Teilnahme an auch im dienstlichen Interesse liegenden Fortbildungsveranstaltungen unter Entgeltfortzahlung zu ermöglichen (Stadler, Rechtliche Rahmenbedingungen für die berufliche Fortbildung von angestellten Spitalsärzten, RdM 2011/84, 114 f). Wenn der NÖ Landesgesetzgeber daher unter diesen Prämissen seinen Ärzten Sonderurlaub zur wissenschaftlichen Fortbildung unter Fortzahlung des Entgelts gewährt (§ 37 Abs 1 Z 2 NÖ SÄG 1992), dann ist es nur konsequent, wenn der NÖ Landesgesetzgeber in § 94 NÖ LBG nur eine Rückzahlungsverpflichtung für Aus- und Weiterbildungskosten, nicht aber auch für bloße Fortbildungskosten vorsieht. Für Letztere besteht auch nicht das im unter Pkt 3.1. genannten Motivenbericht angesprochene Schutzbedürfnis des DG in Bezug auf besondere Investitionen in eine nähere Qualifikation des Bediensteten. Dies steht im Übrigen auch in Einklang mit der Lehre zur allgemeinen Bestimmung über den Ausbildungskostenrückersatz nach § 2d AVRAG, wonach die bloße Fortbildung nicht mit einer Rückersatzklausel versehen werden kann, weil sie sich damit begnügt, die bereits vorhandene Ausbildung des DN auf dem aktuellen Stand zu halten (Binder, AVRAG2 § 2d Rz 16).

3.7. Aus der E 8 ObA 2/13x ist für den Standpunkt der Kl nichts zu gewinnen, weil dem dort erfolgreichen Rückersatzbegehren des Landes nach § 94422 NÖ LBG die absolvierte Sonderausbildung eines diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegers zugrunde lag, der für eine weitere Verwendung in einem bestimmten Einsatzbereich des Spitals eine Zusatzqualifikation erlangen musste. Eine Sonderausbildung zum Erwerb einer Zusatzqualifikation stellt aber nach den vorstehenden Ausführungen gerade keine bloße Fortbildung dar.

3.8. Das Begehren der Kl auf aliquoten Rückersatz des dem Bekl während der Fortbildungen geleisteten Entgelts findet somit keine Stütze in den von ihr geltend gemachten Bestimmungen über den Rückersatz von Aus- und Weiterbildungskosten nach § 48a NÖ SÄG 1992 in Verbindung mit § 94 NÖ LBG. [...]

ANMERKUNG

Der OGH hat in der vorliegenden E, der im Ergebnis vollinhaltlich zuzustimmen ist, die in der Lehre (zB Risak/Wolf, Die Fort- und Weiterbildung im GuKG, RdM 1999, 3 [6]) und Gesetzgebung (ErläutRV 709 BlgNR 20. GP 75) zum Bereich der Gesundheitsberufe bestehende Unterscheidung und Definition der Begriffe Aus-, Weiter- und Fortbildung aufgegriffen. Bei allgemeiner Verwendung dieser Begrifflichkeiten ist jedoch Vorsicht geboten (1.). Neben der Frage der Kostentragung von Fortbildungsmaßnahmen (2.) ist insb zu prüfen, wie sich diese Begriffsdefinitionen auf den Bereich des Kostenrückersatzes auswirken (3.).

1.
Aus-, Weiter- und Fortbildung
1.1.
Begriffsdefinition

Eine Fortbildung soll die Berufsausübung lege artis gewährleisten und somit eine Erhaltung bzw Aktualisierung bereits erworbener Fähigkeiten und Kenntnisse zum Inhalt haben (zB Seminare zur aktuellen Judikatur, zu Gesetzesänderungen bei Lohnverrechnern; vgl hierzu § 2 Abs 2 MMHmG; siehe auch Eypeltauer, Offene Fragen des Ausbildungskostenrückersatzes – eine Trilogie, ecolex 2007, 196 [197]).

Weiterbildungen bestehen im Gegensatz dazu im Erwerb zusätzlicher Qualifikationen, Kenntnisse und/oder Fähigkeiten (von Spezialwissen) im Rahmen desselben Tätigkeitsbereichs, so zB in der Setzung eines Schwerpunkts als Jurist im Bereich Arbeitsrecht, der Vertiefung von Kenntnissen in einem Spezialbereich der Pflege (zB Weiterbildung zur Haushaltspflege; ErläutRV 709 BlgNR 20. GP 75) oder die Einschulung auf eine neue Flugzeugtype (sogenanntes Type-Rating; vgl OGH 28.4.2005, 8 ObA 1/05p). Dabei geht es um eine Erweiterung bereits in der Ausbildung erworbener (Grund-)Kenntnisse (hierzu zB Risak/Wolf, RdM 1999, 6; Emberger in

Emberger/Wallner
[Hrsg], Ärztegesetz mit Kommentar2 [2007] § 49 Anm 2; Weiss/Lust, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz7 [2014] § 64 Anm 7). Dementsprechend qualifiziert der Gerichtshof die in OGH 4.3.2013, 8 ObA 2/13x, relevante Sonderausbildung eines diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegers nicht als Fort-, sondern als Weiterbildung, da es sich dabei um den Erwerb einer Zusatzqualifikation handelte.

Unter Ausbildungen sind hingegen Maßnahmen zu verstehen, die zu einer Erweiterung des Tätigkeitsbereichs iSd Erwerbs neuer Grundbefähigungen führen. Dabei wird neues Wissen in einem neuen als dem bisherigen (vereinbarten) Tätigkeitsbereich vermittelt (vgl Risak/Wolf, RdM 1999, 6).

1.2.
Gesetzgeberische Verwendung

Zwar erscheinen diese – primär hinsichtlich der Gesundheitsberufe erarbeiteten – Definitionen allgemein umleg- und verwertbar. Eine genaue Gesetzesanalyse zeigt jedoch, dass bei Verwendung dieser Begriffe Vorsicht geboten ist. Während sich insb in Berufsrechten Verweise auf Fortbildungen nach obigem Verständnis finden (zB § 37 HebG, § 4 Abs 2, § 63 GuKG, § 2 Abs 2 MMHmG, § 19b GütbefG) und dies im Hinblick auf Weiterbildungen auch für § 64 GuKG gilt (ErläutRV 709 BlgNR 20. GP 75), erscheint die Verwendung des Ausbildungsbegriffs – insb bei Beachtung der Regelungen zum Ausbildungskostenrückersatz – von obigem Verständnis oftmals abzuweichen:

Spricht § 94 NÖ LBG noch von „Aus- und Weiterbildungskosten“, enthalten andere zentrale Rückersatzregelungen lediglich den Begriff „Ausbildung“ im Allgemeinen (zB § 2d AVRAG, § 20 Abs 4-7 BDG, § 30 Abs 5-7 VBG, § 76 Abs 5-7 Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz). Beachtet man die hinter § 2d AVRAG stehenden Grundwertungen, also die mögliche Beschränkung der (wirtschaftlichen) Kündigungsfreiheit aufgrund der Verschaffung eines zusätzlichen Äquivalents, dh Mehrwerts für den AN durch die Ausbildung (IA 605 BlgNR 22. GP 4), ergibt sich, dass der verwendete Ausbildungsbegriff als Überbegriff über sämtliche Bildungsmaßnahmen verstanden werden muss (ähnlich Reissner, Rückzahlung von Ausbildungskosten, in

Resch
[Hrsg], Arbeitsvertrag und betriebliche sowie außerbetriebliche Fortbildung [2015] 71 [81]). Es würde dem Zweck der Regelung widersprechen, iSd § 2d Abs 2 in Verbindung mit Abs 1 AVRAG lediglich Kosten für Ausbildungen iS obiger Definition, nicht aber für Weiterbildungen rückfordern zu können. Auch letztere Maßnahmen können idR einen derartigen zusätzlichen Mehrwert vermitteln. Auch aus den Materialien (IA 605 BlgNR 22. GP 1 ff) bzw der Systematik des Gesetzes kann eine derartige Einschränkung nicht entnommen werden.

Analoge Überlegungen ergeben sich hinsichtlich der Normen des öffentlichen Dienstrechts. Zwar können die Grundwertungen des § 20 BDG bzw § 30 VBG nicht mit § 2d AVRAG verglichen werden, da das öffentliche Dienstrecht (nahezu) ausschließlich den Investitionsschutz der öffentlichen Hand im Auge hat (vgl 3.1.), jedoch ist aus den Materialien mE abzuleiten, dass lediglich Investitionen in höhere Qualifikationen geschützt werden sollen, wodurch vom verwendeten Ausbildungsbegriff jedenfalls auch Weiterbildungen erfasst werden müssen.423

1.3.
Verwendung im Vertragsrecht

Im Bereich der vertraglichen Vereinbarung, zB bei arbeitsvertraglicher Verpflichtung der AN zur Aus-, Weiter- oder Fortbildung, ist gem §§ 914 f ABGB anhand des Parteiwillens und auf Basis der intendierten Inhalte der Maßnahmen zu prüfen, welche Art der Bildung vorliegt. Auch in diesen Fällen kann somit nicht starr an obigen Begrifflichkeiten festgehalten werden, sondern bedarf es einer Betrachtung des gewollten Inhalts im Einzelfall. Lediglich im Rahmen der subsidiär vorzunehmenden Auslegung anhand der Verkehrssitte (vgl F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 [1991] 465 ff) könnte auf obige Definitionen zurückgegriffen werden.

2.
Kostentragung bei Fortbildungen

Dem OGH ist darin zuzustimmen, dass die Krankenanstaltenträger unter den gegebenen gesetzlichen Voraussetzungen verpflichtet sind, dem angestellten Spitalsarzt die Teilnahme an auch im dienstlichen Interesse liegenden Fortbildungsveranstaltungen unter Entgeltfortzahlung zu ermöglichen (vgl Stadler, Rechtliche Rahmenbedingungen für die berufliche Fortbildung von angestellten Spitalsärzten, RdM 2011/84, 114 f).

Darüber hinaus trifft den AG bei Fortbildungen iS obiger Ausführungen mE gem § 1014 ABGB analog eine Verpflichtung zur Übernahme auch der sonstigen (Kurs-)Kosten. Dabei ist zu beachten, dass AN idR – unabhängig von einer konkret vereinbarten Verpflichtung – arbeitsvertraglich zur Absolvierung von solchen Fortbildungen verpflichtet sind, die es diesem (theoretisch) ermöglichen, seine Arbeitsleistung nach den Regeln der Kunst zu erbringen (vgl OGH4 Ob 24/78ZAS 1979/17, 142 [zust Schön]); der AN schuldet allerdings weiterhin nur die Leistung durchschnittlich sorgfältiger Dienste (Rebhahn/Kietaibl in

Neumayr/Reissner
[Hrsg], Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht2 [2011] § 1153 ABGB Rz 32). Auch berufsrechtliche Fortbildungsverpflichtungen sind somit dann, wenn sich die betroffenen Personen in einem Arbeitsverhältnis befinden, als arbeitsvertragliche Verpflichtungen anzusehen. Dabei ist beachten, dass AG ihren Vertragspartnern gegenüber eine ordnungsgemäße Erbringung ihrer Dienste schulden, wobei dies nur möglich ist, wenn AN (theoretisch) über Kenntnisse lege artis verfügen. Eine Sicherstellung derartiger Fortbildungen ist aber wohl nur dann möglich, wenn diese Fortbildungsverpflichtung unter das Direktionsrecht des AG fällt, sohin arbeitsvertraglich verpflichtend ist.

Daraus resultiert eine Kostentragungspflicht des AG für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit (auch berufsrechtlich vorgesehenen) Fortbildungen stehen (ähnlich auch Stärker, Ersatz von Ausbildungskosten, Anrechnung fiktiven Entgeltes, ZAS 2003/47, 277 [280; EAnm]; Stadler, RdM 2011, 111). Gerade derartige Fortbildungen liegen bei unselbständig Beschäftigten deutlich im betrieblichen Interesse des AG (vgl zu ähnlichen Wertungen im Sozialversicherungsrecht Müller in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm [Loseblatt] § 49 ASVG Rz 197).

Zu beachten ist schlussendlich, dass die Verpflichtung zur Kostentragung nach § 1014 ABGB analog mE in keinem Zusammenhang mit einer theoretischen Kostenrückersatzpflicht im Falle der Beendigung (zB nach § 2d AVRAG) steht, dieser jedenfalls nicht entgegensteht (vgl OGH8 ObA 70/09sDRdA 2012/11, 208 [Radner] = ZAS 2011/45, 279 [Födermayr]; Reissner in

Resch
[Hrsg], Arbeitsvertrag und betriebliche sowie außerbetriebliche Fortbildung 76, 78; aA Mosing, Alternativen zum Ausbildungskostenrückersatz: Kostentragung durch den AN – vorvertragliche Ausbildung – Vorschuss/Darlehen, ZAS 2013, 310 [313 f]).

3.
Rückforderbarkeit von Fortbildungskosten

Fraglich ist, ob die Ansicht des OGH, § 94 NÖ LBG umfasse keine Fortbildungskosten, auch auf andere Regelungen des öffentlichen Dienstes bzw § 2d AVRAG übertragbar ist.

Der Umstand, dass in gegenständlicher E lediglich das fortgezahlte Entgelt rückgefordert wurde, ist dabei nicht relevant; die folgenden Ausführungen können auch auf die sonstigen Fortbildungskosten (zB Kurskosten) erstreckt werden. Für das NÖ LBG ergibt sich dies aus § 94 Abs 4 Z 1 leg cit, worin das fortgezahlte Entgelt als Teil der rückforderbaren „Aus- und Weiterbildungskosten“ angeführt wird (so auch in § 20 BDG, § 30 VBG; vgl 3.1.). Bei § 2d AVRAG erfordert ein Rückforderungsanspruch des fortgezahlten Entgelts gem Abs 2 Satz 2 leg cit das Vorliegen von „Ausbildungskosten nach Abs 1“ leg cit (3.2.), weswegen die Rückforderung von Ausbildungskosten nach § 2d Abs 1 sowie des fortgezahlten Entgelts gleich zu behandeln ist (auch wenn zu Recht davon ausgegangen wird, dass das fortgezahlte Entgelt kein Teil der „Ausbildungskosten nach Abs 1“ ist; vgl OLG Innsbruck 25.11.2014, 15 Ra 112/14d; hierzu 3.2.).

3.1.
Öffentliches Dienstrecht

Während § 2d AVRAG zentral auf das Merkmal der Verwertbarkeit, dh auf ein zusätzliches Äquivalent, abstellt, welches der AN durch die Ausbildung am Arbeitsmarkt erhält (IA 605 BlgNR 22. GP 1 ff), liegt der Fokus der Bestimmungen des öffentlichen Dienstrechts alleine auf dem Investitionsschutz der öffentlichen Hand (zu § 94 NÖ LBG: LAD2-GV-259/1-2005; zu § 20 BDG bzw § 30 VBG: ErläutRV 553 BlgNR 17. GP 10; ausführlich Radner, Der Entgeltrückersatz bei Ausbildungskosten-Rückerstattungsvereinbarungen, in FS Binder [2010] 361 [364 f]).

In der vorliegenden E kommt der OGH zu § 94 NÖ LBG insb auf Grund einer historischen sowie systematischen Interpretation im Hinblick auf ärztliche DN betreffende Regelungen (zB NÖ SÄG, NÖ KAG, KAKuG) zum (zutreffenden) Schluss, dass unter „Aus- und Weiterbildung“ iSd § 94 NÖ LBG keine Fortbildungen im obigen Sinne zu verstehen sind. Fraglich ist, ob das vorliegende Ergebnis, wonach gem § 94 NÖ LBG Kosten von Fortbildungen nicht424 rückforderbar sind, auch auf jene Bestimmungen des öffentlichen Dienstes umgelegt werden kann, die nur von „Ausbildungen“ im Allgemeinen sprechen (also zB § 20 BDG, § 30 VBG).

Während der Wortlaut des § 20 Abs 4-7 BDG bzw § 30 Abs 5-7 VBG darüber keine Auskunft gibt, erscheint eine Erweiterung des Rückforderungsausschlusses für Fortbildungskosten auf genannte Regelungen bei Beachtung der Gesetzesmaterialien (zB ErläutRV 553 BlgNR 17. GP 10) sowie des Zwecks der Regelung zulässig. Wie bereits zu § 94 NÖ LBG ausgeführt, geht es auch im VBG bzw BDG darum, Investitionen des Bundes bei der Finanzierung höherer Qualifizierungen der DN zu schützen. Ein Umlegen der vom OGH in der vorliegenden E aus dem Ärzterecht herangezogenen systematischen Argumente auf die Regelungen des BDG und VBG erscheint hingegen fraglich. Dabei ist bereits zu § 94 NÖ LBG zu beachten, dass das NÖ LBG nach dessen § 1 Abs 1 nicht nur auf Ärzte bzw DN in Gesundheitsberufen zur Anwendung gelangt, sondern auf alle privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse – ausgenommen jene nach Abs 2 leg cit – zum Land NÖ, so zB auch auf Verwaltungsbedienstete, Juristen usw, auf welche jedoch die in die systematischen Interpretation des OGH zu § 94 NÖ LBG einbezogenen Normen des NÖ SÄG, NÖ KAG, KAKuG nicht anwendbar sind. Dennoch ist § 94 NÖ LBG iS einer einheitlichen Auslegung auch für diese Bereiche entsprechend der E des OGH anzuwenden. Ebendiese Problematik ergibt sich für § 20 BDG sowie § 30 VBG.

Dennoch erscheint eine Erweiterung der Judikatur des OGH zu § 94 NÖ LBG auf sämtliche Regelungen des öffentlichen Dienstrechts, auch wenn diese lediglich allgemein „Ausbildungskosten“ sprechen, iSd historischen und objektiv-teleologischen Argumente zulässig, wodurch Kosten für Fortbildungen nicht rückersatzfähig sind.

3.2.

Schlussendlich hält der OGH fest, dass nach der vorliegenden Lehre eine Kostenrückforderung bei Fortbildungen auch im Anwendungsbereich des § 2d AVRAG ausgeschlossen sei. Unter Beachtung der bisherigen Judikatur, wonach Rückschlüsse zwischen § 2d AVRAG und den Regelungen des öffentlichen Dienstrechts auf Grund unterschiedlicher Wertungen nicht anzunehmen sind (zB OGH9 ObA 136/95ARD 4735/12/96), wollte der OGH damit wohl nicht zum Ausdruck bringen, dass im öffentlichen Dienstrecht nunmehr das Merkmal der Verwertbarkeit zu beachten wäre; vielmehr handelt es sich wohl um ein obiter dictum.

Bereits Eypeltauer (ecolex 2007, 197; zust Binder, AVRAG2 § 2d Rz 16; Schindler in

Mazal/Risak
[Hrsg], Das Arbeitsrecht – System und Praxiskommentar [Loseblatt] XX Rz 173; aA Oberhofer, Ausbildungskostenrückersatz und Konkurrenzklausel Neu, ZAS 2006, 152 [154]) wies darauf hin, dass Fortbildungen nicht als Ausbildungen iSd § 2d Abs 1 AVRAG anzusehen und somit nicht rückforderbar seien. Neben Einschulungen wären somit auch noch Fortbildungen vom Ausbildungsbegriff zu unterscheiden. Auch wenn § 2d AVRAG mE eine derartige begriffliche Unterscheidung nicht kennt, ist Eypeltauer im Ergebnis in aller Regel zuzustimmen.

Anzusetzen ist jedoch nicht am Begriff der Fortbildung, sondern vielmehr am für § 2d AVRAG zentralen Begriff der Verwertbarkeit iSd Abs 1 leg cit. Als „auch bei anderen AG verwertbar“ gelten Spezialkenntnisse dann, wenn durch diese der Marktwert des AN am Arbeitsmarkt wesentlich erhöht wird, somit seine Berufschancen steigen. Der Begriff der Steigerung der Berufschancen ist dabei weit zu verstehen; dazu zählen zB die Eröffnung anderer Berufsbilder, mehr Entscheidungskompetenz, bessere Karrieremöglichkeiten, verbesserte Verdienstmöglichkeiten usw (OGH9 ObA 53/09yArb 12.856; so auch

Neumayr/Reissner
[Hrsg] in ZellKomm2 § 2d AVRAG Rz 11; enger wohl Radner in
Neumayr/Reissner
[Hrsg], Zeller Handbuch Arbeitsvertrags-Klauseln [2010] Rz 34.26). Auf eine zwingend erforderliche Steigerung der Verdienstmöglichkeiten ist mE nicht mehr abzustellen (aA zB Neubauer/Rath, Nochmals zu den Neuerungen bei der Konkurrenzklausel und beim Ausbildungskostenrückersatz, ASoK 2007, 46 [52 f]).

Gerade eine derartige Steigerung des Marktwerts wird durch Fortbildungen, die lediglich einer Wissensaktualisierung, somit einer Beibehaltung des Marktwerts dienen, nicht erreicht. Vielmehr erhält der AN dadurch lediglich seine Berufschancen bzw seinen „Wert“.

Ausgehend davon erfasst der Verwertbarkeitsbegriff des § 2d AVRAG keine Fälle der Erhaltung, sondern erfordert eine Erhöhung der Kenntnisse bzw Qualifikation des AN. Nur darin kann auch das dem AN zukommende zusätzliche Äquivalent gesehen werden, welches es rechtfertigt, die Kündigungsfreiheit des AN wirtschaftlich zu beschränken.

Der Rückforderungsausschluss gilt dementsprechend auch für Schulungen zur Erhaltung der Qualifikation, so zB für periodisch zu erneuernde Flugberechtigungen bei Piloten. Auch derartige Maßnahmen sind nicht geeignet, den Marktwert der AN zu steigern (hierzu auch Binder, AVRAG2 § 2d Rz 16).425