46Anfall von Rehabilitationsgeld
Anfall von Rehabilitationsgeld
Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld wurde systematisch – als Leistung aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder der geminderten Arbeitsfähigkeit – der KV zugeordnet.
Sowohl in Bezug auf den Zweck der Leistung als auch die Leistungszuständigkeit wählte der Gesetzgeber eine Mischkonstruktion zwischen KV und PV.
Das Rehabilitationsgeld fällt bereits mit dem Eintritt der Invalidität bzw Berufsunfähigkeit an und nicht erst an dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag.
Der am *1966 geborene Kl [...] war von 24.4. bis 31.10.2014 vorübergehend arbeitsunfähig. Im Rechtsmittelverfahren ist allein die Frage strittig, ab welchem Zeitpunkt dem Kl Rehabilitationsgeld zusteht, entweder ab 24.4.2014 (Standpunkt des Kl und des Erstgerichts) oder erst ab 1.5.2014 (Standpunkt der Bekl und des Berufungsgerichts). [...] Soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung, stellte das Erstgericht beim Kl im Zeitraum von 24.4. bis 31.10.2014 „vorübergehende Invalidität“ fest, erachtete Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation für nicht zweckmäßig und bejahte den Anspruch des Kl auf Rehabilitationsgeld für die Zeit von 24.4. bis 31.10.2014. [...] Bei vorübergehender Berufsunfähigkeit bestehe nach den Ausführungen des Erstgerichts im Fall des Fehlens eines Berufsschutzes nur Anspruch auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation gegen den Pensionsversicherungsträger und auf Rehabilitationsgeld nach § 143a ASVG gegen den Krankenversicherungsträger. Dass im vorliegenden Fall Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation nicht zweckmäßig seien, ergebe sich aus der kurzen Dauer der Berufsunfähigkeit. Daher bestehe Anspruch auf Rehabilitationsgeld gegen den Krankenversicherungsträger für die Zeit von 24.4. bis 31.10.2014.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl dahin Folge, dass es aussprach, dass beim Kl im Zeitraum von 24.4. bis 31.10.2014 vorübergehende Berufsunfähigkeit bestehe, dass Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation als nicht zweckmäßig erachtet werden und der Anspruch des Kl auf Rehabilitationsgeld aus der KV von 1.5. bis 31.10.2014 zu Recht bestehe.
Auch wenn Rehabilitationsgeld gem § 117 Z 3 ASVG eine Leistung der KV sei, habe die Leistung gem § 143a Abs 1 ASVG doch das Vorliegen vorübergehender Invalidität (Berufsunfähigkeit) zur Voraussetzung, über welches der Pensionsversicherungsträger nach den Bestimmungen der §§ 255b, 254 Abs 1 Z 2 bis 4, 236 Abs 1 und 223 Abs 2 ASVG nach dem 4. Teil des ASVG mit Bescheid gem § 367 Abs 4 ASVG zu entscheiden habe. Nach der Neufassung des § 223 Abs 2 ASVG durch die 55. Novelle zum ASVG habe die Feststellung, ob ein Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eingetreten sei, ausschließlich zu dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag zu erfolgen. Ungeachtet des § 223 Abs 1 Z 2 ASVG, wonach der Versicherungsfall mit Eintritt der Invalidität, wenn dieser Zeitpunkt feststellbar sei, als eingetreten gelte, könne daher die Frage, ob der Versicherungsfall eingetreten sei, gem § 223 Abs 2 ASVG nur zum Stichtag geprüft werden.
Gem § 361 Abs 1 Z 1 ASVG gelte sowohl in der KV als auch in der PV das Antragsprinzip. In der PV sei der Leistungsantrag jedoch nicht nur eine formelle Leistungsvoraussetzung, sondern auch Voraussetzung für die Bestimmung des Stichtags und damit für die Prüfung sämtlicher materieller Leistungsvoraussetzungen und bejahendenfalls für das Entstehen des Leistungsanspruchs. Aus dem Antrags- und Stichtagsprinzip in der PV resultiere, dass die429 Voraussetzungen für das Vorliegen vorübergehender Invalidität bzw Berufsunfähigkeit stets zum Monatsersten nach Eintritt des Versicherungsfalls bzw mit dem Monatsersten, wenn der Versicherungsfall auf diesen Tag falle, zu prüfen seien. Daher könne sich ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld gem § 143a ASVG auch nur am Stichtag gem § 223 Abs 2 ASVG orientieren.
Das Eintreten von Arbeitsunfähigkeit des Kl am 24.4.2014 während des erstinstanzlichen Verfahrens löse entsprechend seiner Klagsführung den 1.5.2014 als dem Eintritt des Versicherungsfalls der Invalidität folgenden Monatsersten als Stichtag aus. Somit bestehe der Anspruch des Kl auf Rehabilitationsgeld erst ab dem 1.5.2014. [...]
Rechtliche Beurteilung [...]
1. Mit dem Sozialrechts Änderungsgesetz 2012 (SRÄG 2012, BGBl I 2013/3) wurde die befristete Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension für Versicherte, die am 1.1.2014 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, abgeschafft. Für diese Personengruppe wurden ein Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation bei vorübergehender Invalidität/Berufsunfähigkeit sowie die neuen Leistungen des Rehabilitations- und des Umschulungsgeldes eingeführt.
2. Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld wurde systematisch der KV zugeordnet (§ 143a ASVG; Pfeil, Nach einem Jahr der Neuregelungen bei geminderter Arbeitsfähigkeit ..., ÖZPR 2015, 4 [5]), und zwar als Leistung „aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder der geminderten Arbeitsfähigkeit“ (§ 117 Z 3 ASVG).
2.1. Voraussetzungen für den Leistungsanspruch sind im Wesentlichen, dass vorübergehende Invalidität bzw Berufsunfähigkeit im Ausmaß von zumindest sechs Monaten vorliegt und berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht zweckmäßig oder nicht zumutbar sind (ErläutRV 2000 BlgNR 24. GP 20; Beck, Rehabilitationsgeld – Koordinierung im Einklang mit Unionsrecht, SozSi 2014, 262 [263]).
2.2. Ein eigenständiger Antrag auf Zuerkennung des Rehabilitationsgeldes ist im ASVG nicht vorgesehen, doch gilt nach § 361 Abs 1 Satz 2 ASVG ein Antrag auf Gewährung einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit vorrangig als Antrag auf Leistung der medizinischen Rehabilitation und von Rehabilitationsgeld.
2.3. Wird eine beantragte Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit abgelehnt, weil dauernde Invalidität oder dauernde Berufsunfähigkeit nicht anzunehmen ist, so hat der (Pensions-)Versicherungsträger nach § 367 Abs 4 ASVG von Amts wegen festzustellen,
- „1
ob Invalidität (Berufsunfähigkeit) im Sinne des § 255 Abs 1 und 2 (§ 273 Abs 1) oder im Sinne des § 255 Abs 3 (§ 273 Abs 2) vorliegt und wann sie eingetreten ist (§ 223 Abs 1 Z 2 lit a);
- 2
ob die Invalidität (Berufsunfähigkeit) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird;
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ob berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig (§ 303 Abs 3) und zumutbar (§ 303 Abs 4) sind und für welches Berufsfeld die versicherte Person durch diese Maßnahmen qualifiziert werden kann;
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ob Anspruch auf Rehabilitationsgeld (§ 255b, § 273b, § 280b) besteht oder nicht.“
Diese Bestimmung gilt auch für das Sozialgericht, weshalb diese in § 367 Abs 4 ASVG vorgegebenen Feststellungen gegebenenfalls auch in einem sozialgerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu treffen sind (vgl Sonntag, Vorübergehende Invalidität nach dem SRÄG 2012 [2015] Rz 171).
2.4. Sowohl in Bezug auf den Zweck der Leistung als auch die Leistungszuständigkeit wählte der Gesetzgeber eine Mischkonstruktion zwischen KV und PV (Sonntag, Unionsrechtliche Koordinierung und Höhe des Rehabilitationsgeldes, ASoK 2014, 346). Die Leistung wird von der PV finanziert, deren Träger auch über Gewährung und Entziehung zu entscheiden haben (siehe dazu auch die mit dem SVAG 2014, BGBl I 2015/2, eingefügten §§ 255b, 273b, 280b sowie § 367 Abs 4 Z 4 ASVG). Die nach § 143a Abs 2 ASVG an das Krankengeld angelehnte Berechnung und die Auszahlung des Rehabilitationsgeldes erfolgen allerdings durch die Träger der gesetzlichen KV. Das weitere Vorliegen der vorübergehenden Invalidität (Berufsunfähigkeit) ist vom Krankenversicherungsträger jeweils bei Bedarf, jedenfalls aber nach Ablauf eines Jahres nach der Zuerkennung des Rehabilitationsgeldes oder der letzten Begutachtung, im Rahmen des Case Managements (§ 143b ASVG) unter Inanspruchnahme des Kompetenzzentrums Begutachtung (§ 307g ASVG) zu überprüfen (Pletzenauer, Die Einordnung von Umschulungsgeld gem § 39b AlVG, Rehabilitationsgeld gem § 143a ASVG in den Leistungskatalog des Art 3 der VO [EG] 883/2004, DRdA 2014, 150 [151]).
3. Anspruch auf Rehabilitationsgeld besteht nach § 143a Abs 1 ASVG „ab Vorliegen der vorübergehenden Invalidität (Berufsunfähigkeit) für deren Dauer“.
3.1. Die Gesetzesmaterialien (ErläutRV 2000 BlgNR 24. GP 21) erläutern den Beginn des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld folgendermaßen:
„Es gebührt ab dem Vorliegen der vorübergehenden (mindestens sechsmonatigen) Invalidität (Berufsunfähigkeit), das heißt ab deren Eintritt bzw. ab der Antragstellung beim Pensionsversicherungsträger (wenn der Zeitpunkt des Eintrittes nicht feststellbar ist, vgl. § 223 Abs 1 Z 2 lit a ASVG in Verbindung mit § 367 Abs 4 Z 1 ASVG).“
3.2. Pfeil (Systemfragen der geminderten Arbeitsfähigkeit, DRdA 2013, 363 [370]) weist auf den Umstand hin, dass das Gesetz keine spezielle zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld vorsieht; die Leistung gebühre vielmehr „ab Vorliegen“ der geminderten Arbeitsfähigkeit und „für deren Dauer“. Die erste Formulierung lege eine gegebenenfalls auch rückwirkende Zuerkennung nahe. Eine solche sei im Hinblick darauf geboten, dass in § 117 Z 3 ASVG eine Gleichsetzung des Versicherungsfalls der geminderten Arbeitsfähigkeit mit jenem der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit im Rahmen der KV vorgesehen sei, wohingegen es keine Festlegung des Eintritts des Versicherungsfalls wie bei der Arbeitsunfä-430higkeit infolge Krankheit gebe. Pfeil sieht darin eine planwidrige Lücke, die er durch eine analoge Anwendung des § 120 Z 2 ASVG schließt. Daraus folge ein Beginn des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld bereits mit dem Eintritt der geminderten Arbeitsfähigkeit. Dies decke sich auch mit der allgemeinen Regelung in § 85 Abs 1 ASVG, nach der Leistungsansprüche grundsätzlich mit der Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen entstehen und die Leistungen in Ermangelung einer Sonderregelung mit dem Entstehen des Anspruchs anfallen (§ 86 Abs 2 ASVG).
3.3. Nach Födermayr (in SV-Komm [142. Lfg] § 143a ASVG Rz 18) gebührt das Rehabilitationsgeld ab Eintritt der vorübergehenden zumindest sechsmonatigen geminderten Arbeitsfähigkeit; dieser Zeitpunkt sei gem § 367 Abs 4 ASVG von Amts wegen festzustellen. Könne der Eintritt nicht festgestellt werden, so sei iSd Gesetzesmaterialien der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich.
4. Der Standpunkt der Bekl und des Berufungsgerichts läuft darauf hinaus, dass der Anspruch auf Rehabilitationsgeld grundlegend vom Vorliegen vorübergehender Invalidität bzw Berufsunfähigkeit (im Ausmaß von zumindest sechs Monaten) abhängt, weshalb in erster Linie die diesbezüglichen Voraussetzungen, beurteilt zum Stichtag, maßgeblich sein sollen. In diesem Licht sei auch der seinerzeitige Antrag des Kl auf Weitergewährung der ihm zuerkannten Berufsunfähigkeitspension zu werten, wobei iSd Rsp auf eine mögliche Stichtagsverschiebung Bedacht zu nehmen sei (RIS Justiz RS0085973 [T2]).
Ihren Standpunkt sieht die Bekl durch das SVAG, BGBl I 2015/2, bekräftigt (siehe unten 5.3.).
5. Gem § 367 Abs 4 Z 1 ASVG hat das Gericht als erstes festzustellen, ob Invalidität bzw Berufsunfähigkeit vorliegt und „wann sie eingetreten ist“. Diesbezüglich wird auf § 223 Abs 1 Z 2 lit a ASVG verwiesen. Demnach gilt der Versicherungsfall bei Leistungen aus den Versicherungsfällen geminderter Arbeitsfähigkeit mit dem Eintritt der Invalidität bzw Berufsunfähigkeit eingetreten (wenn dieser Zeitpunkt nicht feststellbar ist, mit der Antragstellung). Auch in der KV gilt der Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit „mit dem Beginn der ... Arbeitsunfähigkeit“ als eingetreten (§ 120 Z 2 ASVG).
5.1. § 367 Abs 4 Z 1 ASVG verweist nicht auf das in § 223 Abs 2 ASVG normierte Stichtagsprinzip, wonach bei den Versicherungsfällen der PV (§ 222 ASVG: Alter, geminderte Arbeitsfähigkeit und Tod) die Anspruchsvoraussetzungen jeweils zu einem (näher definierten) Monatsersten zu prüfen sind. Der Grund für das Stichtagsprinzip liegt im Wesentlichen in der Verwaltungsvereinfachung (Panhölzl in SV Komm [116. ErgLfg] § 223 ASVG Rz 22).
Das Stichtagsprinzip ändert aber nichts daran, dass der Versicherungsfall bereits vor dem Stichtag eingetreten sein kann; vielmehr dient der Stichtag der Prüfung, ob der Versicherungsfall (schon) eingetreten ist und auch die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.
5.2. § 143a Abs 1 ASVG legt fest, dass der Anspruch auf Rehabilitationsgeld „ab Vorliegen der vorübergehenden Invalidität (Berufsunfähigkeit)“ gebührt, ohne dass hier auf das in der PV geltende Stichtagsprinzip Bezug genommen würde. Insoweit ähnelt die Regelung dem § 138 Abs 1 ASVG, in dem für den Anspruch auf Krankengeld ebenfalls auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgestellt wird: Anspruch auf Krankengeld besteht vom vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit an. Die Parallelität liegt auch sachlich nahe, weil es sich beim Rehabilitationsgeld um eine Leistung aus der KV handelt (§ 117 Z 3 ASVG); die Leistung soll nach ihrer Zweckrichtung nur vorübergehend gebühren, bis die Minderung der Arbeitsfähigkeit durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation wieder beseitigt ist. Von diesem Ziel aus betrachtet sollen die Bemühungen um die Beseitigung des Zustands vom ersten Tag der Minderung der Arbeitsfähigkeit an eingreifen, ohne dass der folgende Monatserste abgewartet werden müsste. Insofern ist im Fehlen eines Verweises auf § 223 Abs 2 ASVG in § 367 Abs 4 Z 1 ASVG keine planwidrige Lücke zu erkennen.
5.3. Dem Argument der Bekl, § 143a Abs 1 ASVG verweise direkt auf § 273b ASVG und dadurch indirekt auf § 271 Abs 1 Z 3 und 4 ASVG, steht entgegen, dass die von der Bekl angesprochene Fassung des § 143a Abs 1 ASVG aus dem SVAG, BGBl I 2015/2, stammt; die Bestimmung wurde in der geänderten Form mit 1.1.2015 in Kraft gesetzt (§ 688 Abs 1 Z 1 ASVG).
Billigt man § 273b ASVG nur klarstellenden Charakter zu (vgl ErläutRV 321 BlgNR 25. GP 7), ist zu betonen, dass die Prüfung der Erfüllung einer Wartezeit in der KV nicht zwingend einen Monatsersten als Stichtag voraussetzt, wie § 124 ASVG augenscheinlich zeigt. Gleiches gilt für die Beurteilung der Frage, ob bereits ein Anspruch auf Alterspension besteht. Aus der Verweiskette kann jedenfalls nicht zwingend abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber den Beginn des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld an einen Monatsersten binden wollte. [...]
Der OGH hatte sich in dieser E mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das Rehabilitationsgeld schon mit Eintritt des Versicherungsfalles oder erst zum Stichtag anfällt.
Mit dem SRÄG 2012 wurde die befristete Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension für Versicherte, die am 1.1.2014 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, abgeschafft. Bei vorübergehender geminderter Arbeitsfähigkeit besteht nunmehr ein Anspruch auf berufliche Rehabilitation (§ 303 ASVG) und Umschulungsgeld (§ 39b AlVG) oder auf Rehabilitationsgeld (vgl zB Sonntag, Vorübergehende Invalidität nach dem SRÄG 2012 [2015] Rz 3). Gem §§ 255b bzw 273b ASVG hat ein Versicherter Anspruch auf Rehabilitationsgeld, wenn vorübergehende Invalidität voraussichtlich für zumindest431 sechs Monate vorliegt und berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht zweckmäßig oder nicht zumutbar sind (§§ 254 Abs 1 Z 2 bzw 271 Abs 1 Z 2 ASVG), die Wartezeit erfüllt ist (§§ 254 Abs 1 Z 3 bzw 271 Abs 1 Z 3 ASVG) und kein Anspruch auf Alterspension besteht (§§ 254 Abs 1 Z 4 bzw 271 Abs 1 Z 4 ASVG). Personen, für die auf Antrag bescheidmäßig festgestellt wurde, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 255b bzw 273b ASVG erfüllt sind, „haben ab Vorliegen der vorübergehenden Invalidität (Berufsunfähigkeit) für deren Dauer Anspruch auf Rehabilitationsgeld“ (§ 143a ASVG).
Der Anspruch auf Leistungen aus der SV entsteht grundsätzlich, sobald alle materiellen Leistungsvoraussetzungen (vgl Schramm in
Während für die Versicherungsfälle der Krankheit bzw der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit in § 120 Z 1 und Z 2 ausdrücklich normiert ist, dass der Versicherungsfall mit dem Beginn der Krankheit bzw mit dem Beginn der durch die Krankheit herbeigeführten Arbeitsunfähigkeit als eingetreten gilt, fehlt eine solche Bestimmung für den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit (Pfeil, Systemfragen der geminderten Arbeitsfähigkeit, DRdA 2013, 363 [370]). Für Pfeil (DRdA 2013, 363 [370]) stellt dies eine planwidrige Lücke dar, die er durch eine Analogie zu § 120 Z 2 ASVG schließen möchte, „was zum Beginn des Anspruchs auf Rehabilitationsgeld bereits mit dem (freilich zu objektivierenden) Eintritt der geminderten Arbeitsfähigkeit führt“. Die Bestimmung des § 120 ASVG scheint deshalb für eine Analogie gut geeignet zu sein, weil § 117 ASVG die geminderte Arbeitsfähigkeit in der gleichen Ziffer als Versicherungsfall der KV ausweist wie auch die Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit (vgl auch Felten in
Um zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, bräuchte es eine speziellere Norm, welche die Anwendbarkeit der §§ 85 Abs 1 und 86 Abs 1 ASVG ausschließt bzw eine zu schließende Lücke verhindert. Hier könnte man § 223 ASVG ins Treffen führen. Dieser normiert, dass der Versicherungsfall bei Leistungen aus den Versicherungsfällen geminderter Arbeitsfähigkeit im Falle der Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit mit deren Eintritt, wenn aber dieser Zeitpunkt nicht feststellbar ist, mit der Antragstellung als eingetreten gilt. Abs 2 sieht für die Beurteilung das Stichtagsprinzip vor. Weder wird das Rehabilitationsgeld in diesem Zusammenhang erwähnt noch verweisen die Bestimmungen iZm dem Rehabilitationsgeld auf dieses Stichtagsprinzip. Einzig in § 254 Abs 1 Z 4 ASVG, der einen Anspruch auf Rehabilitationsgeld ausschließt, wenn am Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) die Voraussetzungen für eine Alterspension erfüllt sind, verweist auf das Stichtagsprinzip. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Stichtag aber wohl eher auf die Alterspension (für deren Beurteilung der Stichtag wesentlich ist) als auf das Rehabilitationsgeld. Die Anwendung des § 223 Abs 2 ASVG wäre auch systemwidrig, findet er sich doch im vierten Teil des ASVG (PV), während es sich beim Rehabilitationsgeld um eine Leistung der KV handelt (§ 117 Z 3 ASVG). Ein weiteres gewichtiges Argument gegen die Anwendung des Stichtagsprinzips ist auch die Ähnlichkeit des Rehabilitationsgeldes zum Krankengeld. Das Rehabilitationsgeld gebührt zB grundsätzlich in der Höhe des Krankengeldes (Födermayr in
§ 143a ASVG selbst normiert, dass Personen, für die auf Antrag bescheidmäßig festgestellt wurde, dass die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ab Vorliegen der vorübergehenden Invalidität (Berufsunfähigkeit) für deren Dauer Anspruch auf Rehabilitationsgeld haben. Die Formulierung ist ähnlich wie jene des § 138 ASVG, der den Anfall des Krankengeldes regelt. § 143a ASVG scheint daher den Anfall auf den Beginn der Invalidität (Berufsunfähigkeit) und damit auf den Eintritt des Versicherungsfalles zu legen. Selbst wenn man diese Formulierung aber nur als Regelung der Anspruchsentstehung und nicht des Leistungsanfalls verstehen wollte, würde § 86 Abs 1 ASVG zum gleichen Ergebnis führen. Da es die Grundregeln der §§ 85f ASVG gibt und von diesen nicht abgewichen wird, gibt es in diesem Zusammenhang auch keine Lücke, die man durch analoge Anwendung von §§ 86 Abs 3 und 223 Abs 2 ASVG schließen könnte. Einzig eine analoge Anwendung des § 120 Z 2 ASVG für den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bietet sich an, so man eine solche überhaupt für nötig hält. Das Rehabilitationsgeld ist gegebenenfalls auch rückwirkend zu gewähren (Pfeil, DRdA 2013, 363 [370]). Dem OGH ist somit zuzustimmen.
Auch verfahrensrechtlich ergeben sich aus der hier vertretenen Auffassung keine Probleme. Gem § 367 Abs 4 Z 1 ASVG hat der Pensionsversicherungsträger von Amts wegen festzustellen, wann die geminderte Arbeitsfähigkeit eingetreten ist. Diese Verpflichtung gilt auch für das Sozialgericht (Sonntag, Vorübergehende Invalidität Rz 171). Lässt sich dieser Zeitpunkt nicht feststellen, gebührt es ab der Antragstellung beim Pensionsversicherungsträger (vgl § 223 Abs 1 Z 2 lit a ASVG iVm § 367 Abs 4 Z 1 ASVG; ErläutRV 2000 BlgNR 24. GP 21).