Pfeil (Hrsg)Der AlV-Komm – Das Arbeitslosenversicherungs gesetz

Gesamtwerk 1.-30. ErgLfg, Manz Verlag, Wien 2016, 968 Seiten, € 198,–

NORAMELZER-AZODANLOO (GRAZ)

In Österreich waren im Jahresdurchschnitt 2016 357.313 Menschen als arbeitslos gemeldet; im Vorjahr waren es um 2.981 Personen weniger. „Die Bedeutung der Arbeitslosenversicherung ist in den letzten Jahren – leider auch in Österreich – erheblich gestiegen.“ Mit dieser Feststellung beginnt daher zu Recht auch der im Mai 2016 erschienene „AlV-Komm“.

Der von Karl Dirschmied im Jahre 1980 begründete und 2003 von Walter J. Pfeil fortgesetzte AlVG-Kommentar ist unter der Herausgeberschaft von Pfeil durch ein Team aus AutorInnen neu bearbeitet worden. Ganz iSd erklärten Ziels dieses Kommentars, „eine umfassende, dogmatisch fundierte und dennoch aktuelle Bearbeitung des gesamten Arbeitslosenversicherungsrechts“ zu liefern, „die den Bedürfnissen der Praxis und wissenschaftlichen Standards gleichermaßen Rechnung zu tragen versucht“ (siehe Vorwort), werden nunmehr die §§ 1, 2, 4, 5, 55-65a, 74 und 75 AlVG von R. Müller, die §§ 3, 11-15, 33-36c, 38 und 48 AlVG (sowie die Anhänge) von Pfeil, die §§ 6, 44-47, 51-54, 76 und 76a AlVG von Leitner/Urschler, die §§ 7, 20-21a AlVG und §§ 1-13 ÜHG von Schörghofer, die §§ 8, 22, 23, 39b, 66 und 66a AlVG und §§ 1-19 SUG von Schrattbauer, die §§ 9, 10, 24, 25, 49 und 50 AlVG von Julcher, die §§ 16-19, 37, 40-43a und 67-73 AlVG von Auer-Mayer sowie die §§ 26-32, 39, 39a, 77-84 AlVG und §§ 1-19 AMPFG von Sauer/Furtlehner kommentiert – einem AutorInnenteam, das all jene juristischen Tätigkeitsfelder widerspiegelt, die mit der AlV zu tun haben.

Gesonderte und umfangreiche Kommentierungen finden sich zur wesentlichen Rechtsgrundlage der AlV, dem AlVG, sowie zu SUG (SonderunterstützungsG), ÜHG (ÜberbrückungshilfenG) und AMPFG (Arbeitsmarktpolitik-FinanzierungsG). Die in Anhang 1, 2 (AMSG [ArbeitsmarktserviceG], AMFG [ArbeitsmarktförderungsG]), Anhang 3-11 (VO zum AlVG und AMSG) und Anhang 12-16 (Bundesrichtlinien zur AlV) angefügten Rechtsgrundlagen haben zwar keine eigene Kommentierung erfahren, sie werden jedoch in den Kommentierungen zu den vier Hauptgesetzen ausreichend berücksichtigt. Zudem finden sich auch in den Anhängen zumindest Kurzanmerkungen und Verweisungen. Die dargestellte und kommentierte Rechtslage ist auf dem Stand vom 1.4.2016; geplant sind jährliche Ergänzungs- oder Austauschlieferungen.

Dem eigentlichen Kommentarteil ist eine umfangreiche Titelei vorangestellt, wobei zum Überblick über die kommentierten Bestimmungen einschließlich der Angabe des/der jeweiligen AutorIn auffällt, dass den Bestimmungen ohne gesetzlich angeordnete Überschrift eine solche vom AutorInnenteam gegeben worden ist. Dies trägt erheblich zu einer besseren Orientierung im Gesetz und seinem Kommentar bei. Um (auch) den weniger versierten RechtsanwenderInnen die gezielte Beschäftigung mit ausgewählten Bereichen der Materie oder die schnellere Abklärung etwaiger Spezialfragen noch weiter zu erleichtern, wäre allerdings die zusätzliche Aufnahme eines Stichwortverzeichnisses wünschenswert.

Der Gesetzestext ist mit dem Hinweis auf den Stand der Fassung stets den Kommentierungen der jeweiligen Bestimmungen vorangestellt. Im Anschluss daran finden sich jeweils eine Auflistung der einschlägigen Literatur sowie eine Übersicht über den Kommentierungstext unter Bezugnahme auf die entsprechende Randzahl. Die Kommentierungen selbst orientieren sich in ihrem Aufbau nicht immer an Wortlaut oder Abfolgen in der Gesetzesbestimmung. Sie beheben vielmehr regelmäßig die dem Gesetz teilweise innewohnende Zersplitterung und fehlende Systematik und erreichen dadurch eine sehr gute Verständlichkeit und Darstellung der Materie sowie ihrer Problembereiche. Fragen der AlV, die zugleich auch Fragen der KV sind, werden laut eigener Selbstbeschränkung der AutorInnen nicht doppelt thematisiert. Stattdessen wird zum Krankenversicherungsrecht im Allgemeinen als auch etwa zu europarechtlichen Bereichen mit Verweisungen und präzisen Zusammenfassungen gearbeitet, sodass tatsächlich die AlV und ihre Fragestellungen den Schwerpunkt des Kommentars bilden.

In den Kommentierungen werden aber nicht nur die aktuelle Rechtslage oder einhellige Auffassungen praxisnah und eingehend dargestellt. Deutlich gekennzeichnet haben auch (voneinander) abweichende Meinungen den entsprechenden Platz in den Ausführungen gefunden und werden diskutiert; ebenso wird vermehrt auf eventuelle Spannungen im Verhältnis zu verfassungs- oder europarechtlichen Vorschriften hingewiesen. Nicht zuletzt auf Grund solcher Ausführungen bildet der Kommentar eine exzellente Grundlage für die Weiterentwicklung der Materie sowohl in der Verwaltungspraxis als auch in der Rsp und bietet – neben der Lösung aktueller Fragestellungen – auch eine solide Grundlage für mögliche Antworten auf kommende gesetzgeberische Herausforderungen. Dieser weitsichtigen Ausrichtung des Kommentars entspricht im Übrigen auch das angemessene „Gendern“ durch das AutorInnenteam, das gewissermaßen nebenbei aufzeigt, wie der Anspruch auf geschlechtergerechte Sprache sogar in den Rechtswissenschaften ausgezeichnet erfüllt werden kann.

Das im Vorwort zum AlV-Komm ausgedrückte Ziel ist aus Sicht der Rezensentin jedenfalls vollkommen erfüllt; die in der Einleitung zum Kommentar ausgedrückte Hoffnung aller an der Entstehung Beteiligten auf eine gute Aufnahme desselben durch die RechtsanwenderInnen ist bei diesem gelungenen und wegweisenden Werk mehr als berechtigt.