PetricBetriebspension – Der Wechsel von einer leistungsorientierten Direktzusage auf ein beitragsorientiertes Pensionskassensystem
Manz Verlag, Wien 2016, XXXVI, 172 Seiten, broschiert, € 42,–
PetricBetriebspension – Der Wechsel von einer leistungsorientierten Direktzusage auf ein beitragsorientiertes Pensionskassensystem
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Dissertation, die am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien verfasst wurde. Sie beschäftigt sich mit dem Wechsel von direkten Leistungszusagen auf Pensionskassenzusagen, wobei gleichzeitig von einem leistungs- auf ein beitragsorientiertes System umgestellt wird. Dieser Wechsel wurde durch die Neuregelung des Betriebspensionsrechts im Jahr 1990 ermöglicht und dann vor allem Ende der 1990er-Jahre durchgeführt, wenn auch – aus heutiger Sicht – mit oft stark überzogenen Ertragserwartungen. Die kurz darauf einsetzende Kapitalmarktkrise in den Jahren 2000 bis 2002 führte bei vielen Leistungsberechtigten zu nicht unerheblichen Pensionskürzungen und deshalb zu zahlreichen Prozessen. Der Aufarbeitung dieser Rsp, insb in Bezug159 auf die damit verbundenen haftungsrechtlichen Fragen bei Verletzung allfälliger Aufklärungspflichten (die Leitentscheidung stammt bereits aus dem Jahr 2003), aber auch der dazu erschienenen Literatur, ist die vorliegende Arbeit gewidmet. Nicht behandelt werden hingegen der Wechsel auf ein Versicherungsmodell, insb auch nicht auf das anlässlich der Kapitalmarktkrise neu eingeführte Modell der betrieblichen Kollektivversicherung, das dem Pensionskassen-Modell weitgehend nachgebildet wurde, den AN aber gewisse zusätzliche Sicherheiten (Garantien) bietet.
Nach einer kurzen Einleitung beschäftigt sich Elisabeth Petric zunächst mit den direkten Leistungszusagen im Vergleich zu Pensionskassenzusagen und prüft, auf welcher Rechtsgrundlage diese eingeführt werden können (zB Einzelvertrag, KollV, BV). Etwas knapp ausgefallen ist in diesem Zusammenhang die Aussage, dass „AN und AG ... in jedem Stadium eines Arbeitsverhältnisses eine Betriebspensionsvereinbarung abschließen“ können (S 19). Das ist zwar richtig. Bei nachträglichen Pensionszusagen ist aber zu beachten, dass dies nur für zusätzliche – zum bereits bestehenden Entgeltanspruch – gewährte Pensionszusagen gilt. Wollen die Vertragsparteien hingegen Teile des bereits zugesagten Entgelts der betrieblichen Altersvorsorge zuführen, insb in Pensionskassenbeiträge umwandeln, bestehen ganz erhebliche Schranken, insb wenn für die fraglichen AN keine entsprechende kollektivvertragliche Ermächtigung besteht. Im Zusammenhang mit § 3 Abs 1a BPG ist die in letzter Zeit vermehrt diskutierte Frage offen geblieben, ob ein KollV auch nach dem 1.1.1997 erstmals Regelungen über eine Pensionskassenregelung treffen darf, wenn der Pensionskassenbeitritt selbst der BV vorbehalten bleibt (S 24). Leider völlig falsch hat die Autorin meine in „Drs, Handbuch Betriebspensionsrecht Rz 3.13“ geäußerte Ansicht zur einzelvertraglichen Vereinbarung einer Pensionskassenzusage nach einem Vertragsmuster wiedergegeben (S 26): Petric behauptet, dass manche AutorInnen und so auch ich „eine im Betrieb bestehende PK-Betriebsvereinbarung als konkludentes Angebot des AG an leitende Angestellte deuten“. Ich vertrete zwar die Ansicht, dass einzelvertragliche Vereinbarungen (auch solche, die gem § 3 Abs 2 BPG eines Vertragsmusters bedürfen) konkludent zustande kommen können und dass auch eine im Betrieb geltende BV als solches Vertragsmuster herangezogen werden kann. Dh aber noch nicht, dass eine im Betrieb bestehende Pensionskassen-BV automatisch als konkludentes Angebot des AG an seine leitenden Angestellten zu deuten ist. Das ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen.
Kapitel III ist der Übertragung von Leistungszusagen gewidmet. Dabei geht es wieder um die Frage der zulässigen Rechtsgrundlagen einer Übertragung, aber auch um die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Übertragungsvereinbarung (wegen unzulässiger Rechtsform, unvollständigem Inhalts und inhaltlichen Verstoßes gegen zwingendes Recht). Einen wesentlichen Teil der Arbeit nehmen dann vor allem die Aufklärungspflichten des AG und der PK gegenüber AN und BetriebspensionistInnen, aber auch gegenüber dem BR sowie die schadenersatzrechtlichen Folgen einer Aufklärungspflichtverletzung (also die Haftung des AG, der PK, aber auch die des BR) ein. Am Ende folgt noch eine ausführliche Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
Während sich die Autorin in der ersten Hälfte des Buches zumeist noch damit begnügt, die hM zu den angesprochenen Fragen zusammenzufassen, ergänzt sie ihre Ausführungen in der 2. Hälfte durch interessante eigene Ansichten, insb bei den schadenersatzrechtlichen Folgen einer Aufklärungspflichtverletzung. Sie geht dabei vor allem auf die Frage ein, ob den geschädigten AN ein Geldersatz oder eine Naturalrestitution zusteht. Bei der 1. Variante stellt sich vor allem das Problem einer nachträglichen Verringerung bzw eines Wegfalls des Schadens (zB Reduktion der Leistungen aufgrund der direkten Leistungszusage wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten bis hin zur Insolvenz des AG oder wegen steigender Pensionskassenleistungen aufgrund guter Veranlagungsergebnisse in den Folgejahren). Bei der 2. Variante ist zu beachten, dass von der Wiederherstellung der direkten Leistungszusage nicht nur AG und AN betroffen sind, sondern auch die PK. Mit dieser Frage hat sich vor Petric noch kaum jemand genauer beschäftigt. Die Autorin hat hier interessante Lösungsvarianten insb in Bezug auf das Verhältnis zwischen AG und PK erarbeitet: Erfüllungsübernahme durch die PK, Zession der AN-Ansprüche gegen die PK an den AG, „Beseitigung“ des Pensionskassenvertrags durch Nichtigerklärung durch die Finanzmarktaufsicht oder durch Wegfall der Geschäftsgrundlage des Pensionskassenvertrags. Petric spricht sich für die Naturalrestitution im Wege der Erfüllungsübernahme durch die PK aus: Dem AN steht dabei ein Anspruch aus der wiederhergestellten direkten Leistungszusage des AG zu, muss sich aber die Pensionskassenleistungen anrechnen lassen; allfällige Überschüsse hat die PK an den AG zu zahlen; der AG muss nur die fehlende Differenz zur Direktzusage leisten. Als Begründung führt sie an, dass damit die Auszahlung von Mehrleistungen an den AN verhindert, bereicherungsrechtliche Rückforderungen durch den AG hinfällig werden, aber auch eine komplizierte Rückabwicklung vermieden wird.
Abschließend ist hervorzuheben, dass das Buch einen überaus interessanten und informativen Überblick über die mit einem Wechsel von einer leistungsorientierten Direktzusage auf ein beitragsorientiertes Pensionskassensystem auftretenden Fragen bietet, vor allem auch über die schadenersatzrechtlichen Folgen allfälliger Aufklärungspflichtverletzung anlässlich des Systemwechsels. Das Buch kann daher allen mit dem Fragenkreis befassten Personen nur aufs Wärmste empfohlen werden.160