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Leistungen der liechtensteinischen und der schweizerischen beruflichen Vorsorge (2. Säule) – Beitragspflicht in der KV gem § 73a ASVG

WERNERPLETZENAUER (WIEN)
  1. § 73a Abs 1 ASVG bezieht alle vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht erfassten Leistungen in die Beitragspflicht ein, ohne die ausländische Leistung an einem Katalog der nach nationaler Systematik der Beitragspflicht in der KV unterliegenden österreichischen Pensionen zu messen. Nicht erfasst werden Leistungen, die nicht den VO 1408/71 oder VO 883/2004 bzw den in diesen Verordnungen angesprochenen Rechtsvorschriften unterliegen.

  2. Zwei Leistungen bei Alter können nicht allein deshalb als gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004 angesehen werden, weil sie beide in den Geltungsbereich dieser VO fallen. Der Begriff „gleichartige Leistungen“ iSd Art 5 lit a der VO 883/2004 ist dahin auszulegen, dass er sich im Wesentlichen auf zwei Leistungen bei Alter bezieht, die unter Berücksichtigung auf das durch diese Leistungen und die sie einführenden Regelungen verfolgte Ziel vergleichbar sind.

  3. Die von der liechtensteinischen und der schweizerischen beruflichen Vorsorge („2. Säule“) und die vom österreichischen gesetzlichen Pensionssystem bezogenen Leistungen bei Alter verfolgen dasselbe Ziel, ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand entspricht. Die genannten Leistungen bei Alter sind gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004.

  4. Eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gewährte Rentenleistung ist zur Gänze entweder einer entsprechenden Leistung gleichartig oder dieser nicht gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004. Eine differenzierende Beurteilung einheitlicher Leistungen aus einem Rentensystem (zB nach den Kriterien von „vorobligatorischen“, „obligatorischen“, „überobligatorischen“ oder „freiwilligen“ Beiträgen, mit denen ein konkretes „Alterskapital“ aufgebaut worden ist) ist ausgeschlossen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmanns von Vorarlberg wurde der Zweitrevisionswerber verpflichtet, gem § 73a Abs 1 ASVG für Oktober bis Dezember 2011 € 20,55, für 2012 € 19,13 und ab 1.1.2013 € 19,41 an monatlichen Krankenversicherungsbeiträgen für die ihm von der H Pensionskasse in der Schweiz monatlich gezahlten Pensionsleistungen zu entrichten. Zusätzlich habe er für das Jahr 2012 auf Grund der von der genannten Pensionskasse bezogenen Sonderzahlungen Beiträge in der Höhe von insgesamt € 33,02 zu entrichten.

Der Zweitrevisionswerber hat seinen ständigen Wohnsitz in R/Vorarlberg. Er ist in Österreich krankenversichert. Er bezieht von der H Pensionskasse eine jährliche Altersrente von CHF 59.450,40 (monatlich CHF 4.954,20) und Sonderzahlungen von jährlich CHF 9.678,–. Er bezieht weiters von der Schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung seit 1.4.2010 eine monatliche Altersrente von € 311,– und von der Liechtensteinischen Altersund Hinterlassenenversicherung seit 1.1.2009 eine monatliche Altersrente von € 1.369,–.

Bei den Zahlungen der H Pensionskasse handle es sich um Leistungen aus der zweiten Säule des Liechtensteinischen Pensionssystems. Das zum Zeitpunkt der Pensionierung des Zweitrevisionswerbers vorhandene „Alterskapital“ habe zu 20,64 % aus „vorobligatorischen“ und zu 8,38 % aus „freiwilligen“ Beiträgen bestanden. Ausgehend von den Ausführungen im Schreiben der H Pensionskasse vom 9.1.2013 „bestehen 9,29 % (des Alterskapitals) aus obligatorischen Beiträgen aus der Schweiz, 17,53 % aus überobligatorischen Beiträgen aus der Schweiz und 44,16 % aus überobligatorischen Beiträgen aus Liechtenstein“.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, gem § 73a Abs 1 ASVG sei auch von einer ausländischen Rente ein Krankenversicherungsbeitrag zu entrichten, wenn die ausländische Rente vom Geltungsbereich der VO 883/2004, der VO 1408/71, oder von Regelungen über die KV beinhaltenden bilateralen Abkommen über soziale Sicherheit erfasst sei und wenn ein Anspruch des Beziehers der ausländischen Rente auf Leistungen der KV bestehe.

Grundsätzlich seien die Systeme der finanziellen Absicherung in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein sehr ähnlich aufgebaut. Sie würden auf einem 3-Säulen-Prinzip basieren: Die staatliche Vorsorge als erste Säule, die betriebliche Vorsorge als zweite Säule und die private Vorsorge als dritte Säule.

In Liechtenstein lege die liechtensteinische Verfassung in Art 26 ua fest, dass der Staat ua das Kranken-, Alters-, Invaliden- und Brandschadenversicherungswesen unterstütze und fördere. Im Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) werde die erste Säule der Vorsorge geregelt. Das Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge (BPVG) normiere die zweite Säule. Grundsätzlich werde sowohl in der Schweiz als auch im Fürstentum Liechtenstein zwischen einem vorobligatorischen, einem obligatorischen und einem überobligatorischen Teil der Beträge unterschieden.

In der Schweiz lege Art 111 der schweizerischen Bundesverfassung das 3-Säulen-Modell als Grundlage der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge fest. Die erste Säule nach dem BG über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) diene der finanziellen Existenzabsicherung. Darüber hinaus sorge der Anspruch auf Grund des Gesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), SR 831.40, im Rahmen der zweiten Säule für die Sicherstellung der Fort-102setzung einer angemessenen Lebenshaltung. Die dritte Säule diene der individuellen Ergänzung der finanziellen Mittel.

Zusammengefasst vertrat der Landeshauptmann von Vorarlberg die Auffassung, dass die auf Grundlage einer gesetzlichen Verpflichtung geleisteten obligatorischen Rentenanteile aus dem schweizerischen und dem liechtensteinischen Versorgungssystem aufgrund ihrer (überwiegend) öffentlichrechtlichen Natur in den Anwendungsbereich der VO 883/2001 fallen und daher beitragspflichtig gem § 73a ASVG seien.

Bezüglich des überobligatorischen (freiwilligen) Rentenanteils vertrat er die Auffassung, dass das Rechtsverhältnis im überobligatorischen Bereich überwiegend privatrechtlicher Natur und dieser daher nicht von der VO 883/2004 umfasst sei.

Zum vorobligatorischen Rentenanteil wurde ausgeführt, dass es sich auch bei diesem mangels eines damals in Geltung stehenden Gesetzes, dass den Sachverhalt geregelt hätte, nicht um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch handle, weshalb er rechtlich wie der überobligatorische Teil zu behandeln sei.

Die gegen diesen Bescheid erhobenen Revisionen der Erstrevisionswerberin (Vorarlberger Gebietskrankenkasse [GKK]) und des Zweitrevisionswerbers wurden vom VwGH zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der VwGH hat [...] erwogen:

1.1. Die Erstrevisionswerberin bringt vor, die Gesetze über die betriebliche Pensionsvorsorge in der Schweiz (BVG) und in Liechtenstein (BPVG) würden in weiten Teilen sowohl für das sogenannte „Überobligatorium“ als auch für das sogenannte „Vorobligatorium“ gelten. Das Fürstentum Liechtenstein habe das BPVG ohne Vorbehalt als unter den Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 fallend notifiziert, sodass schon deshalb § 73a ASVG auch für das Überobligatorium bzw das Vorobligatorium zur Anwendung komme. Die bislang nicht erfolgte entsprechende Notifizierung des BVG durch die Schweiz sei noch kein Hinweis darauf, dass das Überobligatorium bzw das Vorobligatorium nicht in den Anwendungsbereich der VO 883/2004 falle.

Aus der Sicht des AN sei beim Vertragsabschluss weder beim Überobligatorium noch beim Vorobligatorium von einer Abschluss- und Inhaltsfreiheit (Privatautonomie) auszugehen. Die von der belangten Behörde angenommene Qualifikation als „freiwilliger rechtlicher Vertrag“ treffe nicht zu. Die zum Überobligatorium bzw Vorobligatorium gehörenden Beiträge würden in der Schweiz und in Liechtenstein steuerlich gleich behandelt wie das Obligatorium. Auch der Unabhängige Finanzsenat Feldkirch würde überobligatorische und vorobligatorische Beiträge als Pflichtbeiträge iSd § 16 Abs 1 Z 4 lit h EStG 1988 werten. Eine unterschiedliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung der daraus erwachsenden Pensionen wäre nicht schlüssig.

Bei der Auszahlung der Pensionen durch die Pensionsvorsorgekasse werde nicht danach unterschieden, ob es sich bei den seinerzeitigen Beitragsleistungen um obligatorische, vorobligatorische und überobligatorische Beiträge gehandelt habe. Ein „Herausrechnen“ des vorobligatorischen und überobligatorischen Anteils einer Pensionsleistung stoße in der Praxis auf große Schwierigkeiten.

Das Ziel der Sicherung der gewohnten Lebenshaltung, welches in Österreich allein durch die staatliche Pensionsvorsorge gewährleistet werde, könne in der Schweiz und in Liechtenstein nur dadurch verwirklicht werden, dass neben der staatlichen Pensionsvorsorge („Säule 1“) und dem Obligatorium („Säule 2a“) auch das Überobligatorium bzw Vorobligatorium („Säule 2b“) mitberücksichtigt werde.

Mit der VO 883/2004 bzw mit dem durch das 2. SVÄG 2010 eingeführten § 73a ASVG habe das Ziel verwirklicht werden sollen, AN, welche ausschließlich im Inland beschäftigt gewesen seien, mit AN, welche einem Teil ihrer Beschäftigung im Ausland nachgegangen seien („Grenzgänger“), gleich zu behandeln. Diesen Zielen könne man nur gerecht werden, wenn man hinsichtlich der betrieblichen Pensionsvorsorge in der Schweiz und in Liechtenstein auch das Vorobligatorium und das Überobligatorium mitberücksichtige. [...]

1.2. Der Zweitrevisionswerber wendet sich gegen die Einbeziehung der „Rentenleistungen aus dem obligatorischen Teil“ der schweizerischen bzw liechtensteinischen H-Pensionskasse in die Bemessungsgrundlage des österreichischen Krankenversicherungsbeitrags durch die belangte Behörde. Das Obligatorium nach schweizerischem BVG weise massive strukturelle Unterschiede und Besonderheiten im Vergleich zum österreichischen System auf. Es falle nicht in den Anwendungsbereich der VO 883/2004. Zwar habe Liechtenstein eine solche Anwendbarkeit notifiziert, jedoch wäre es eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, wenn das österreichische Krankenversicherungsrecht liechtensteinische Renten anders behandeln würde als schweizerische. § 73a ASVG sei auf Betriebspensionen nicht anzuwenden. Die obligatorische berufliche Vorsorge sei dem Privatrecht zuzuordnen und funktioniere nach dem Kapitaldeckungsverfahren. Wesentlich sei die Unterscheidung zwischen den unter die genannte VO fallenden gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit und den unter die RL 98/49 fallenden ergänzenden Renten, die die gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit ergänzen oder ersetzen. Ein ergänzendes Rentensystem könne nie gleichzeitig ein gesetzliches System der sozialen Sicherheit sein. Ergänzende Rentensysteme beruhten typischerweise auf freiwilligem Vertrag, seien im Kapitaldeckungsverfahren finanziert, stünden nur einer besonderen Gruppe von Erwerbstätigen offen und verfügten über Solidaritätsmerkmale, die auch in Gruppen- Lebensversicherungen vorkommen würden. Sie würden zur zweiten Säule der Pensionsvorsorge zählen. Hingegen seien gesetzliche Systeme der sozialen Sicherheit im Umlageverfahren finanziert, würden erhebliche Solidaritätsmerkmale aufweisen und für die gesamte Bevölkerung gelten. Sie würden zur ersten Säule der Pensionsvorsorge zählen. Auf Grund dieser Unterscheidungskriterien103 sei davon auszugehen, dass selbst das Obligatorium nicht vom Anwendungsbereich des § 73a ASVG erfasst ist. Dies zeige auch ein Vergleich mit der „Abfertigung neu“ nach dem österreichischen Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG). Zur „Fortführung des bisherigen Lebensstandards“ werde ausgeführt, dass bei einer Leistung aus der Alters- und Hinterlassenenversicherung iHv € 1.680,–, die der durchschnittlichen Pensionshöhe entspreche, der „Lebenssicherungsgedanke“ für (die weit höheren) Zahlungen aus der zweiten Säule verfehlt sei.

2. Das Vorbringen der Erstrevisionswerberin ist berechtigt, das des Zweitrevisionswerbers ist nicht berechtigt.

2.1. § 73a ASVG idF des 2. SozialversicherungsÄnderungsgesetz 2010 – 2. SVÄG 2010, BGBl I 102/2010, lautet:

„§ 73a. (1) Wird eine ausländische Rente bezogen, die vom Geltungsbereich
  • der VO 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO 883/2004 oder

  • der VO 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern und 574/72 über die Durchführung der VO 1408/71 [...]

erfasst ist, so ist, wenn ein Anspruch des Beziehers/der Bezieherin der ausländischen Rente auf Leistungen der KV besteht, auch von dieser ausländischen Rente ein Krankenversicherungsbeitrag nach § 73 Abs 1 und 1a zu entrichten. Dieser Beitrag ist in dem Zeitpunkt fällig, in dem die ausländische Rente ausgezahlt wird. [...]“

Die Erläuterungen zur RV 937 BlgNR 24. GP zum 2. SVÄG 2010 führen zu diesen Bestimmungen und zu den Krankenversicherungsbeiträgen von Personen mit Teilpensionen aus dem EU-Raum, aus dem EWR-Raum und aus Staaten mit zwischenstaatlichen Abkommen Folgendes aus:

„Durch die vorgeschlagene Neuregelung sollen die Rechtsgrundlagen für die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auch von ausländischen Pensionen/Renten präzisiert und im Hinblick auf die Belastung der Versicherten mit Krankenversicherungsbeiträgen eine ‚Gleichstellung‘ von Auslands- und Inlandspensionen/-renten herbeigeführt werden. Wie vom Vorarlberger Grenzgängerverband und der Vorarlberger GKK aufgezeigt, resultiert aus dem Umstand, dass Krankenversicherungsbeiträge bislang zwar von inländischen Pensionen, nicht jedoch auch von vergleichbaren ausländischen Leistungen zu entrichten waren, insofern eine Ungleichbehandlung von Pensionisten mit rein ‚inländischem‘ Pensionsbezug und Pensionisten/Rentnern mit niedrigem Inlandsund hohem Auslandsbezug, als Erstere die Beiträge von der gesamten Pension, Zweitere hingegen nur vom niedrigen inländischen Pensionsanteil zu entrichten hatten. Pensionisten mit niedriger Inlands-, jedoch hoher Auslandspension/-rente stand somit der volle Krankenversicherungsschutz (einschließlich Angehörigenschutz) um nur wenige Euro monatlich zur Verfügung, während Pensionisten mit ausschließlichem Inlandspensionsbezug für denselben Schutzumfang wesentlich höhere Beiträge zu entrichten hatten.Diese Ungleichbehandlung soll aus Anlass der sich durch das Inkrafttreten der VO 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit und der VO 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO 883/2004 bietenden Gelegenheit, die ab 1.5.2010 die VO 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und die VO 574/72 über die Durchführung der VO 1408/71 im Verhältnis zu den EU-Mitgliedsstaaten ablöst (Art 5 der VO 883 enthält eine ausdrückliche Gleichstellungsbestimmung) nunmehr beseitigt werden. Solange die VO 883/2004 im Verhältnis zu den EWR-Staaten Liechtenstein, Island und Norwegen sowie für die Schweiz noch nicht für anwendbar erklärt wurde, bleiben die VO 1408/71 und 574/72 für diese Staaten auch über den 1.5.2010 hinaus anwendbar.Nach den VO 1408/71 und 572/72 und nach den VO 883/2004 und 987/2009 kann von den Mitgliedsstaaten autonom geregelt werden, ob von einer Pension oder Rente Beiträge für den Krankenversicherungsschutz der Pensionisten oder Rentner eingehoben werden. Werden Beiträge eingehoben, sind die Mitgliedsstaaten auch dazu berechtigt, für die Beitragsbemessung Pensions- oder Rentenleistungen zu berücksichtigen, die von anderen Mitgliedsstaaten bezahlt werden. [...]“

Gem § 73a Abs 1 ASVG ist von ausländischen Renten, die dem Geltungsbereich der VO 883/2004 und 987/2009 oder der VO 1408/71 und 574/72 [...], ein Krankenversicherungsbeitrag nach § 73 Abs 1 und 1a ASVG zu entrichten, sofern ein Anspruch des Beziehers der ausländischen Rente auf Leistungen der KV besteht. Nach der Bestimmung des § 657 Abs 3 ASVG iVm der VO zur Feststellung der Verfügbarkeit der technischen Mittel für den Einbehalt von Beiträgen zur KV, BGBl II 295/2011, ist § 73a ASVG seit dem 1.10.2010 anwendbar.

§ 73a ASVG stellt eine Präzisierung der ua in der VO 883/2004, deren Art 5 lit a eine allgemeine Sachverhaltsgleichstellung vornimmt, sowie in der VO 1408/71 [...] enthaltenen Rechtsgrundlagen zur Möglichkeit der Einbehaltung von Krankenversicherungsbeiträgen von Rentenleistungen eines anderen Mitgliedstaates dar [...]. Speziell für die Einbehaltung von Krankenversicherungsbeiträgen gilt, dass nur jener Mitgliedstaat dazu berechtigt ist, der auch für die Tragung der Kosten im Versicherungsfall der Krankheit zuständig ist (vgl Art 30 Abs 1 VO 883/2004). Als Grenze für die von Auslandsrenten einzuhebenden Beiträge setzt Art 30 VO 987/2009 jenen Betrag fest, der einzuheben wäre, würde es sich um eine Inlandsrente handeln. Nach der VO 1408/71, die im Verhältnis zu Liechtenstein bis zum 31.5.2012 und im Verhältnis zur Schweiz bis zum 31.3.2012 anzuwenden war, ist der von den Auslandsrenten einzuhebende Betrag mit der Höhe der Inlandsrente begrenzt (vgl Art 33 Abs 1 VO 1408/71 und § 73a Abs 4 ASVG).104

§ 73a Abs 1 ASVG bezieht alle vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht erfassten Leistungen in die Beitragspflicht ein, ohne die ausländische Leistung an einem Katalog der nach nationaler Systematik der Beitragspflicht in der KV unterliegenden österreichischen Pensionen zu messen. Nicht erfasst werden Leistungen, die nicht den VO 1408/71 oder VO 883/2004 bzw den in diesen Verordnungen angesprochenen Rechtsvorschriften unterliegen (vgl Spiegel in

Mosler/Müller/Pfeil
, Rz 6, 8 und 13/1 zu § 73a ASVG).

2.2. Von den von § 73a Abs 1 ASVG erfassten Leistungen aus gesetzlichen Rentensystemen, auf die sich das Koordinierungssystem der VO 1408/71 bzw der VO 883/2004 bezieht oder in Bezug auf die ein Mitgliedstaat eine Erklärung nach Art 5 der VO 1408/71 bzw Art 9 der VO 883/2004 abgegeben hat, sind die „ergänzenden Rentensysteme“ iSd RL 98/49/EG des Rates zur Wahrung ergänzender Rentenansprüche von AN und Selbständigen, die innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu- und abwandern, zu unterscheiden. Dem dritten Erwägungsgrund dieser RL zu Folge bezieht sich die VO 1408/71 (und gem Art 90 Abs 2 der VO 883/2004 auch diese) nur auf die dem Koordinierungssystem unterworfenen gesetzlichen Rentensysteme. Dem fünften Erwägungsgrund der genannten RL zu Folge darf keine Rente oder Leistung sowohl den Bestimmungen dieser RL als auch den Bestimmungen der VO 1408/71 und 574/72 bzw der VO 883/2004 unterworfen sein.

Gem Art 3 der RL 98/49/EG bezeichnet der Ausdruck

„a) ‚ergänzende Rentenleistungen‘ die Altersversorgung [...], durch die die in denselben Versicherungsfällen von den gesetzlichen Sozialversicherungssystemen gewährten Leistungen ergänzt oder ersetzt werden;b) ‚ergänzendes Rentensystem‘ ein nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten eingerichtetes betriebliches Rentensystem, beispielsweise ein Gruppenversicherungsvertrag oder ein branchenweit oder sektoral vereinbartes System nach dem Umlageverfahren, ein Deckungssystem oder Rentenversprechen auf der Grundlage von Pensionsrückstellungen der Unternehmen, oder eine tarifliche oder sonstige vergleichbare Regelung, die ergänzende Rentenleistungen für Arbeitnehmer oder Selbständige bieten soll [...]“.

2.3. In der Schweiz galten die VO 1408/71 und 574/72 mit Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens vom 21.6.1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits am 1.6.2002 (Beschluss 2002/309/EG, Euratom des Rates und der Kommission vom 4.4.2002, ABl L 2002/114, 1).

Liechtenstein ist den VO 1408/71 und 574/72 durch den Abschluss des Abkommens zum Europäischen Wirtschaftsraum beigetreten, das für Liechtenstein am 1.6.1995 in Kraft getreten ist [...].

Die VO 883/2004/EG über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gilt seit dem Inkrafttreten ihrer Durchführungsverordnung (DVO) 987/2009/EG am 1.5.2010 in den EU-Mitgliedstaaten und hat die bisher gültigen VO 1408/71 und 574/72 – bis auf wenige Ausnahmen (vgl Art 90 VO 883/2004) – ersetzt.

Seit dem 1.6.2012 gelten die VO 883/2004 und deren DVO 987/2009 auch in Island, Liechtenstein und Norwegen [...].

Seit dem 1.4.2012 gelten die VO 883/2004 und deren DVO 987/2009 auch im Verhältnis zur Schweiz [...].

2.4. Der Zweitrevisionswerber hat seinen ständigen Wohnsitz in Österreich und bezieht sowohl eine österreichische Pension als auch Renten aus der Schweiz bzw Liechtenstein. Er ist gem § 8 Abs 1 Z 1 lit a ASVG in der KV pflichtversichert.

Die Beurteilung, ob die zur Rede stehenden ausländischen Pensions- bzw Rentenbezüge des Zweitrevisionswerbers vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht erfasst sind, ist nach den in § 73a Abs 1 ASVG verwiesenen europarechtlichen Regelungen vorzunehmen. [...]

Gem Art 1 lit j der VO 1408/71 sind unter „Rechtsvorschriften“ die Gesetze der Mitgliedstaaten in Bezug auf die in Art 4 Abs 1 und 2 leg cit genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit zu verstehen. Gem Art 4 Abs 1 lit c leg cit gilt diese VO für alle Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die Leistungen bei Alter als Zweig der sozialen Sicherheit betreffen.

In ähnlicher Weise bezeichnet gem Art 1 lit l der VO 883/2004 der Ausdruck „Rechtsvorschriften“ die Gesetze der Mitgliedstaaten in Bezug auf die in Art 3 Abs 1 leg cit genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Gem Art 3 Abs 1 lit d leg cit gilt diese VO für alle Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die Leistungen bei Alter als Zweig der sozialen Sicherheit betreffen.

Somit kommt es für die Anwendbarkeit des § 73a Abs 1 ASVG auf die gegenständlichen Pensions- bzw Rentenbezüge des Zweitrevisionswerbers – unabhängig vom Vorliegen einer Erklärung des betreffenden Mitgliedstaates nach Art 5 der VO 1408/71 bzw Art 9 der VO 883/2004 – darauf an, ob die zur Rede stehenden Leistungen an den Zweitrevisionswerber auf Rechtsvorschriften der Schweiz bzw Liechtensteins beruhen, die den Zweig bzw das System der „sozialen Sicherheit für Leistungen bei Alter“ betreffen und die somit – in Abgrenzung von den Leistungen aus einem „ergänzenden Rentensystem“ iSd Art 3 der RL 98/49/EG – als Leistungen aus gesetzlichen Rentensystemen zu werten sind.

2.5.1. Mit Beschluss vom 10.9.2014, Ro 2014/08/0064, hat der VwGH dem Gerichtshof der EuGH nach Art 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

„Ist Art 5 der VO 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit unter Bedachtnahme auf Art 45 AEUV dahin auszulegen, dass Altersrenten aus einem Rentensystem der beruflichen Vorsorge (das staatlich initiiert und gewährleistet wird, die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen soll, nach dem Kapitalisierungsprinzip funktioniert, grundsätzlich obligatorisch ist,105 jedoch auch über den gesetzlichen Mindestumfang hinausgehende ‚überobligatorische‘ Beiträge und entsprechend höhere Leistungen vorsehen kann, und dessen Durchführung einer vom Arbeitgeber zu errichtenden oder verwendeten Vorsorgeeinrichtung obliegt, wie vorliegend das Rentensystem der ‚zweiten Säule‘ in Liechtenstein), und Alterspensionen aus einem gesetzlichen Pensionssystem (das ebenfalls staatlich initiiert und gewährleistet wird, die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen soll, jedoch nach dem Umlageprinzip funktioniert, obligatorisch ist und dessen Durchführung gesetzlich eingerichteten Pensionsversicherungsträgern obliegt, wie vorliegend das Pensionssystem Österreichs) ‚gleichartig‘ im Sinn der genannten Bestimmung sind?“ [...]

2.5.2. Der EuGH hat über das Vorabentscheidungsersuchen mit Urteil vom 21.1.2016, C-453/14 (Knauer), entschieden:

„Art 5 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Leistungen bei Alter, die aus einem System der beruflichen Vorsorge eines Mitgliedstaats bezogen werden, und solche, die aus einem gesetzlichen Pensionssystem eines anderen Mitgliedstaats bezogen werden, wobei beide Systeme in den Geltungsbereich der besagten Verordnung fallen, gleichartige Leistungen im Sinne dieser Bestimmung sind, wenn die beiden Kategorien von Leistungen dasselbe Ziel verfolgen, ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand entspricht.“

Begründend führte er Folgendes aus: [...] Zur Vorlagefrage

„23 Einleitend ist erstens festzustellen, dass Leistungen bei Alter, wenn sie in einer Erklärung iSd Art 9 der VO 883/2004 aufgeführt sind, in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen [...].24 Es steht fest, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende berufliche Vorsorge in ihrer Gesamtheit Gegenstand einer gem Art 9 der VO 883/2004 abgegebenen Erklärung des Fürstentums Liechtenstein war, das für die Zwecke der Anwendung dieser Verordnung einem Mitgliedstaat gleichzustellen ist. Die nach diesem System gezahlten Leistungen bei Alter sind daher als in den Geltungsbereich der VO 883/2004 fallend zu betrachten.25 Zweitens betrifft die Frage, auch wenn sie sich allgemein auf Art 5 der VO 883/2004 bezieht, in Wirklichkeit die Auslegung des Begriffs ‚gleichartige Leistungen‘ iSd Art 5 Buchst. a der Verordnung.26 Demzufolge ist die Frage des vorlegenden Gericht so zu verstehen, dass es mit ihr wissen möchte, ob Art 5 Buchst. a der VO 883/2004 dahin auszulegen ist, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Leistungen bei Alter, die aus einem System der beruflichen Vorsorge eines Mitgliedstaats bezogen werden, und solche, die aus einem gesetzlichen Pensionssystem eines anderen Mitgliedstaats bezogen werden, wobei beide Systeme in den Geltungsbereich der besagten Verordnung fallen, gleichartige Leistungen iS dieser Bestimmung sind. [...]32 So ist zunächst festzustellen, dass zwei Leistungen bei Alter nicht allein deshalb als gleichartig iSd Art 5 Buchst. a der VO 883/2004 angesehen werden können, weil sie beide in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen. Abgesehen davon, dass eine solche Auslegung nicht durch die Rsp des Gerichtshofs bestärkt wird, würde sie nämlich dem in dieser Bestimmung vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber gewollten Erfordernis der Gleichartigkeit jede Bedeutung nehmen, da die besagte Bestimmung in jedem Fall nur auf Leistungen anwendbar sein soll, die in den genannten Geltungsbereich fallen.33 Sodann ist, wenn es sich genauer um Leistungen bei Alter wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden handelt und unter Berücksichtigung der Rsp des Gerichtshofs, auf die der Unionsgesetzgeber im neunten Erwägungsgrund der VO 883/2004 Bezug nimmt, der Begriff ‚gleichartige Leistungen‘ iSd Art 5 Buchst. a dieser Verordnung dahin auszulegen, dass er sich im Wesentlichen auf zwei Leistungen bei Alter bezieht, die vergleichbar sind [...].34 Hinsichtlich der Vergleichbarkeit solcher Leistungen bei Alter ist das durch diese Leistungen und die sie einführenden Regelungen verfolgte Ziel zu berücksichtigen [...?.35 Für das Ausgangsverfahren ergibt sich aus dem Wortlaut der Frage selbst, dass die von der liechtensteinischen beruflichen Vorsorge und die vom österreichischen gesetzlichen Pensionssystem bezogenen Leistungen bei Alter dasselbe Ziel verfolgen, ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand entspricht.36 Daraus folgt, dass Leistungen bei Alter wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als vergleichbar anzusehen sind. [...]37 Schließlich ist nicht ersichtlich, dass eine objektive Rechtfertigung dafür vorläge, die betreffenden Leistungen bei Alter unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht gleich zu behandeln. [...]“

2.6. Der VwGH hält an seinen im genannten Vorlagebeschluss geäußerten Auffassungen insofern fest, als die genannten österreichischen Alterspensionen vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht erfasst sind. Zur Vermeidung einer indirekten Diskriminierung setzt die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von ausländischen Leistungen die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von gleichartigen inländischen Leistungen voraus. Umgekehrt hat das Fehlen einer inländischen Beitragspflicht für gleichartige inländische Leistungen die Unzulässigkeit einer Beitragspflicht für ausländische Leistungen zur Folge. Eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gewährte Rentenleistung ist zur Gänze entweder einer entsprechenden Leistung gleichartig oder dieser nicht gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004. Eine differenzierende Beurteilung einheitlicher Leistungen aus einem Rentensystem (zB nach den Kriterien von „vorobligatorischen“, „obligatorischen“, „über-106obligatorischen“ oder „freiwilligen“ Beiträgen, mit denen ein konkretes „Alterskapital“ aufgebaut worden ist, ist ausgeschlossen.

2.7. Nach dem genannten Urteil des EuGHC-453/14 (Knauer), Rz 32 bis 36, ist Art 5 lit a der VO 883/2004 nur auf Leistungen anwendbar, die in den Geltungsbereich der VO 883/2004 fallen. Zwei Leistungen bei Alter können nicht allein deshalb als gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004 angesehen werden, weil sie beide in den Geltungsbereich dieser VO fallen. Der Begriff „gleichartige Leistungen“ iSd Art 5 lit a der VO 883/2004 ist dahin auszulegen, dass er sich im Wesentlichen auf zwei Leistungen bei Alter bezieht, die unter Berücksichtigung auf das durch diese Leistungen und die sie einführenden Regelungen verfolgte Ziel vergleichbar sind. Die von der liechtensteinischen beruflichen Vorsorge („2. Säule“) und die vom österreichischen gesetzlichen Pensionssystem bezogenen Leistungen bei Alter verfolgen dasselbe Ziel, ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand entspricht. Die genannten Leistungen bei Alter sind gleichartig iSd Art 5 Buchst a der VO 883/2004. Die Tatsache, dass es insb in Bezug auf die Art und Weise des Erwerbs der Ansprüche auf diese Leistungen oder die Möglichkeit für die Versicherten, in den Genuss überobligatorischer Leistungen zu kommen, Unterschiede gibt, rechtfertigt nicht eine Schlussfolgerung, wonach Leistungen bei Alter wie die in Rede stehenden nicht als vergleichbar anzusehen wären.

Die Leistungen aus der liechtensteinischen Altersund Hinterlassenenversicherung („1. Säule“) verfolgen ebenfalls das Ziel, ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand entspricht. Auch sie sind gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004. [...]

2.9. Der Zweitrevisionswerber bezieht sowohl aus Liechtenstein als auch der Schweiz einen „überobligatorischen Rentenanteil“. Eine Analyse der rechtlichen Grundlagen des schweizerischen Rentensystems, dem sohin ein Teil der hier zur Rede stehenden Rente entstammt [...] ergibt folgenden Befund: Das System der Altersversorgung in der Schweiz beruht – wie sich schon auf verfassungsrechtlicher Ebene erkennen lässt (vgl Art 111 der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft) – auf drei Säulen, der umlagefinanzierten Alters- und Hinterlassenenversicherung nach dem AHVG (1. Säule), der kapitalgedeckten und dauernd zu gewährleistenden beruflichen Vorsorge nach dem BVG (2. Säule) und der Selbstvorsorge (3. Säule). Die berufliche Vorsorge knüpft an die Versicherung in der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie an das Arbeitsverhältnis an. Sie ist grundsätzlich obligatorisch (Art 113 Abs 2 lit b der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft) und soll zusammen mit der Alters- und Hinterlassenenversicherung „die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise“ erlauben (vgl Art 1 Abs 1 BVG). Sie können in ihrem Reglement vorsehen, dass Leistungen über die gesetzlichen Mindestbestimmungen hinausgehen („Selbständigkeitsbereich“ nach Art 49 BVG). Auch wenn eine Vorsorgeeinrichtung mehr als die Mindestleistungen gewährt („überobligatorische“ berufliche Vorsorge), so gelten die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen dieser Rentensysteme der zweiten Säule in ihren prägenden Aspekten weiter (Art 49 Abs 2 BVG). [...]

Die Leistungen aus der schweizerischen Altersund Hinterlassenenversicherung („1. Säule“ und die Leistungen der schweizerischen beruflichen Vorsorge („2. Säule“) sind den nach dem System der liechtensteinischen beruflichen Vorsorge bezogenen Leistungen bei Alter in den wesentlichen Kriterien gleichzuhalten. Sie unterfallen insgesamt der VO 883/2004 (und der VO 1408/71), zumal es sich um in Rechtsvorschriften geregelte „Leistungen der sozialen Sicherheit“ (hier: Leistungen bei Alter iSd Art 3 Abs 1 lit d der VO 883/2004) handelt. Diese Leistungen auf der einen Seite und die vom österreichischen gesetzlichen Pensionssystem bezogenen Leistungen bei Alter auf der anderen verfolgen dasselbe Ziel, ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand entspricht. Auch diese Leistungen sind gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004.

3. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, nur der obligatorische Teil der Altersrente des Zweitrevisionswerbers falle unter die Beitragspflicht des § 73a ASVG (nicht aber der überobligatorische Rentenanteil nach dem schweizerischen BVG, der überobligatorische Rentenanteil nach dem liechtensteinischen BPVG und die vorobligatorischen Rentenanteile), war verfehlt.

4. Der angefochtene Bescheid war gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. [...]

ANMERKUNG

Der E des VwGH ist zuzustimmen. Bis zur Schaffung des § 73a ASVG konnten die Krankenversicherungsträger nur für die inländischen Pensionen einen Krankenversicherungsbeitrag einheben. Vergleichbare ausländische Pensionsbestandteile waren von der Beitragspflicht nicht betroffen. Die Folge war, dass Pensionisten mit niedriger Inlands-, jedoch hoher Auslandspension der volle Krankenversicherungsschutz (einschließlich Angehörigenschutz) um nur wenige Euro monatlich zur Verfügung stand, während Pensionisten mit ausschließlichem Inlandspensionsbezug für denselben Schutzumfang wesentlich höhere Beiträge zu entrichten hatten.

Zur Beseitigung dieser bestehenden Ungleichbehandlung wurden mit dem durch das 2. SVÄG 2010 geschaffenen § 73a ASVG auch die Bezieher einer ausländischen Rente, die vom Geltungsbereich der VO 883/2004 oder der VO 1408/71 umfasst ist, verpflichtet, einen Krankenversicherungsbeitrag nach § 73 Abs 1 zu entrichten, sofern ein Anspruch des Beziehers der ausländischen Rente auf Leistungen der KV besteht.

Die entscheidenden Fragen im gegenständlichen Verfahren vor dem VwGH waren, ob die („vorob-107ligatorischen“, „obligatorischen“, „überobligatorischen“ oder „freiwilligen“ Beiträge beruhenden) Leistungen der liechtensteinischen und der schweizerischen beruflichen Vorsorge („2. Säule“) vom zwischenstaatlichen Koordinierungsrecht umfasst sind. Dies ist dann der Fall, wenn sie auf Rechtsvorschriften Liechtensteins bzw der Schweiz beruhen, die den Zweig bzw das System der „sozialen Sicherheit für Leistungen bei Alter“ betreffen und als Leistungen aus gesetzlichen Rentensystemen zu werten sind. Als weitere Voraussetzung ist erforderlich, dass diese Leistungen vergleichbar mit den vom österreichischen gesetzlichen Pensionssystem bezogenen Leistungen bei Alter sind.

Der vorliegenden E des VwGH ging ein Vorabentscheidungsersuchen des VwGH an den EuGH voraus. In seiner E vom 21.1.2016, C-453/14 (Knauer), stellte der EuGH zunächst fest, dass die Leistungen der liechtensteinischen beruflichen Vorsorge (nur diese waren Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens) aufgrund der gem Art 9 der VO 883/04 abgegebenen Erklärung des Fürstentums Liechtensteins Leistungen bei Alter sind und daher vom Geltungsbereich der VO 883/04 umfasst sind. In weiterer Folge wurde ausgeführt, dass der Begriff „gleichartige Leistungen“ iSd Art 5 lit a der VO 883/04 dahin auszulegen ist, dass er sich im Wesentlichen auf zwei Leistungen bei Alter bezieht, die vergleichbar sind. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit solcher Leistungen bei Alter ist das durch diese Leistungen und die sie einführenden Regelungen verfolgte Ziel zu berücksichtigen. Der EuGH kam zum Schluss, dass die von der liechtensteinischen beruflichen Vorsorge und die vom österreichischen gesetzlichen Pensionssystem bezogenen Leistungen dasselbe Ziel verfolgen, nämlich ihren Empfängern die Beibehaltung eines Lebensstandards zu gewährleisten, der jenem vor ihrem Ruhestand entspricht und daher vergleichbar sind. Die Tatsache, dass es insb in Bezug auf die Art und Weise des Erwerbs der Ansprüche auf diese Leistungen oder die Möglichkeit für die Versicherten, in den Genuss überobligatorischer Leistungen zu kommen, Unterschiede gibt, rechtfertigt nach Ansicht des EuGH keine andere Schlussfolgerung. Wenn also zwei Leistungen bei Alter dasselbe Ziel verfolgen, ist es für die Frage, ob diese Leistungen „gleichartig“ iSd Art 5 lit a VO 883/2004 sind, unerheblich, ob diese aus einem staatlichen Pensionssystem oder einem vom AG privatrechtlich eingerichteten Vorsorgesystem gewährt werden oder ob die Leistungen im Umlage- oder Kapitaldeckungsverfahren finanziert werden (siehe auch Thomasberger in DRdA-infas 2016/81). Ebenso unerheblich ist es, wenn Versicherte die Möglichkeit haben, in den Genuss von überobligatorischen Leistungen zu kommen.

Nach diesen Ausführungen des EuGH verwundert es daher nicht, dass der VwGH, wenn auch ohne nähere Begründung, zum Schluss gelangt, dass eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gewährte Rentenleistung zur Gänze entweder einer entsprechenden Leistung gleichartig oder dieser nicht gleichartig iSd Art 5 lit a der VO 883/2004 ist und eine differenzierende Beurteilung einheitlicher Leistungen aus einem Rentensystem nach den Kriterien von „vorobligatorischen“, „obligatorischen“, „überobligatorischen“ ausschließt.

Ein Blick in das österreichische gesetzliche Pensionssystem zeigt, dass diesem ebenfalls „überobligatorische“ auf „freiwillige“ Beiträge Pensionsbestandteile nicht fremd sind. Zu erwähnen sind diesbezüglich die Weiter- und Selbstversicherungen in der PV nach den §§ 16a, 17, 18a, 18b ASVG, die Selbstversicherung bei geringfügiger Beschäftigung nach § 19a ASVG, der Nachkauf von Schul-, Studienzeiten und Ausbildungszeiten für vor dem 1.1.2005 liegende Zeiten gem § 227 ASVG, die nachträgliche Selbstversicherung für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten für ab dem 1.1.2005 liegende Zeiten gem § 18 ASVG sowie die Höherversicherung als freiwillige Zusatzversicherung in der PV. Da nach § 73 ASVG auch von den auf freiwilligen Beiträgen beruhenden Pensionsanteilen ein Krankenversicherungsbeitrag eingehoben wird, wäre es, wie der EuGH in seiner Vorabentscheidung zutreffend ausführt, nicht zu rechtfertigen, wenn zwar für inländische, auf freiwilligen Beiträgen beruhenden, Leistungsanteile aus einer Leistung bei Alter Krankenversicherungsbeiträge einhoben werden, für vergleichbare ausländische, ebenfalls auf freiwilligen Beiträgen beruhenden, Leistungsanteile hingegen nicht. Im Ergebnis ist daher dem VwGH, wenn er eine differenzierende Beurteilung einheitlicher Leistungen aus einem Rentensystem nach den Kriterien von „vorobligatorischen“, „obligatorischen“, „überobligatorischen“ ausschließt, zuzustimmen.

Ebenso zutreffend sind die Ausführungen des VwGH zu den Leistungen aus der schweizerischen beruflichen Vorsorge.108