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Die Änderungskündigung als verschlechternde Versetzung

DIETERWEIß (LINZ)
  1. Auch die mit einer Änderungskündigung argumentativ verstärkte Versetzungsanordnung unterliegt der Mitwirkung des BR nach § 101 ArbVG, wenn der AN ihr zustimmt und es daher nicht zur Kündigung kommt.

  2. Die arbeitsvertraglichen und die betriebsverfassungsrechtlichen Aspekte der verschlechternden Versetzung sind getrennt zu prüfen und müssen beide erfüllt sein, um die Versetzung wirksam werden zu lassen. Die Zustimmung des AN allein genügt nicht; als rechtliches Korrektiv gegen eine unsachliche Entscheidung des BR steht aber die Klage auf Ersetzung seiner Zustimmung zur Verfügung.

  3. Eine nachträgliche Zustimmung zu einer bereits vollzogenen Versetzung ist nicht möglich.

Die Kl ist bei der Bekl seit 3.8.2002 beschäftigt und war bis März 2014 als Lohnverrechnerin tätig. Bis 31.3.2014 betrug das Monatsgehalt der Kl 3.064,12 € brutto.

Mit Schreiben vom 19.3.2014 sprach die Bekl die Kündigung des Dienstverhältnisses zum 30.6.2014 mit dem Beisatz aus: „Diese Kündigung tritt außer Kraft, wenn Sie bis 26.3.2014 schriftlich erklären, einer Änderung Ihres Tätigkeitsbereichs dahingehend zuzustimmen, dass Sie als Arbeitszeitbeauftragte und in der Administration des KursleiterInnenservice mit der Einstufung VG IV/14 tätig werden.“ Der zuständige BR wurde zeitgerecht vor dem Ausspruch dieser Änderungskündigung verständigt und erhob gegen „die geplante Änderungsabsicht (Änderungskündigung) ausdrücklich Einspruch“.

Die Kl erklärte sich am 25.3.2014 schriftlich mit der Änderung einverstanden und erklärte, dass sie im neuen Bereich „gerne tätig sein werde, so dass meine Kündigung nunmehr gegenstandslos ist“. Sie ist seit 8.4.2014 als Arbeitszeitbeauftragte und in der Administration des KursleiterInnenservice mit einem monatlichen Gehalt von 2.832,50 € tätig.

Mit ihrer am 21.8.2014 eingebrachten Klage begehrt sie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, der Versetzungsanordnung der Bekl per 1.4.2014 Folge zu leisten. [...]

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. [...]

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Kl Folge, änderte die E im klagsstattgebenden Sinn und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. [...]131

Die von der Kl beantwortete Revision der Bekl, die sich gegen die Notwendigkeit einer kumulativen Mitwirkung des BR gem §§ 101 und 105 ArbVG richtet, ist iSd Ausspruchs des Berufungsgerichts zulässig, weil der OGH die über den Einzelfall hinausreichende Frage des Versetzungsschutzes bei einer Änderungskündigung noch nicht explizit zu behandeln hatte.

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

1. Der OGH erachtet die auf begründete Lehrmeinungen (Reissner in ZellKomm2 § 101 ArbVG Rz 45 mwN; Schrammel, Die Mitbestimmung des Betriebsrates bei Versetzung und Änderungskündigung, ZAS 1975, 203) gestützten Rechtsausführungen des Berufungsgerichts grundsätzlich für zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO) und die dagegen von der Bekl ins Treffen geführten Einwände für nicht stichhältig.

2. Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Nach § 101 ArbVG bedarf eine Einreihung auf einen anderen Arbeitsplatz, die mit einer Verschlechterung der Entgelt- oder sonstigen Arbeitsbedingungen verbunden ist, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des BR. Erteilt der BR die Zustimmung nicht, so kann sie durch Urteil des Gerichts ersetzt werden. Das Gericht hat die Zustimmung zu erteilen, wenn die Versetzung sachlich gerechtfertigt ist.

Es entspricht der hL, dass auch die mit einer Änderungskündigung argumentativ verstärkte Versetzungsanordnung dann, wenn der AN ihr zustimmt und es daher zur Kündigung nicht kommt, der Mitwirkung des BR nach § 101 ArbVG unterliegt (Reissner, aaO; Schrammel, Die Mitbestimmung des Betriebsrates bei Versetzung und Änderungskündigung, ZAS 1975, 203; Dungl in FS Floretta 365 f; Marhold/Friedrich, Arbeitsrecht2 83 f; Friedrich, ASoK 2005/48; vgl auch EA Eisenstadt ARD 3377/11/82).

Die Bekl kritisiert diese Rechtsmeinung vor allem mit dem Argument, dass sie nicht zu Ende gedacht erscheine. Es gehe nicht an, dass der BR auf diese Weise bewirken könne, dass die Kündigung ausgeräumt, die Versetzung jedoch ebenfalls verhindert werde. Wäre die Versetzung wegen Versagung der Zustimmung des BR nicht möglich, dann werde das Dienstverhältnis nämlich beendet, weil die Bedingung für die Aufhebung der Kündigung dann nicht eingetreten sei.

Diese Ausführungen übergehen, dass die Bekl die hier zu beurteilende Änderungskündigung ausschließlich unter die auflösende Bedingung gestellt hat, dass die Kl schriftlich der Vertragsänderung zustimmt („tritt außer Kraft, wenn Sie bis 26.3.2014 schriftlich erklären ...“). Andere Bedingungen wurden nicht gestellt.

Die Bekl wusste dabei zu diesem Zeitpunkt aufgrund der vorab eingeholten Stellungnahme bereits, dass der BR „der geplanten Änderung“ seine Zustimmung versagt hatte. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Bekl bei Ausspruch der Änderungskündigung deren Aufhebung – wider besseres Wissen – auch an die Bedingung der Zustimmung des BR zur Änderung des Tätigkeitsbereichs geknüpft hätte.

3. Soweit die Revision argumentiert, die Einwirkungsbefugnis des BR gehe zu weit, wenn dieser gegen den Willen des AN letztlich eine Beendigung des Dienstverhältnisses provozieren könnte, lässt sie außer Acht, dass die Zustimmung des BR durch das Gericht ersetzt werden kann, wenn die Versetzung sachlich gerechtfertigt erscheint (vgl Födermayr in

Jabornegg/Resch
, ArbVG § 101 Rz 64). Eine sachliche Begründung kann auch darin liegen, dass der AN aus betrieblichen oder persönlichen Gründen an seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr beschäftigt werden kann und gekündigt werden müsste, wenn die – von ihm selbst gewollte – Versetzung verhindert würde (Födermayr, aaO Rz 90 mwN).

4. Die von der Revisionswerberin als praxisfern kritisierte Blockadesituation kann dagegen nur eintreten, wenn der AG es verabsäumt hat, die Stellungnahme des BR vorweg nicht nur zur Kündigung, sondern auch zu der alternativ angebotenen Versetzung einzuholen. Die gleichzeitige Einholung beider Stellungnahmen ist ohne zusätzlichen Aufwand möglich und zweckmäßig, weil der AG dem AN überhaupt kein ernsthaftes Änderungsangebot unterbreiten kann, bevor er sich nicht überzeugt hat, ob die Änderungsbedingung rechtlich erfüllbar ist.

Eine nachträgliche Zustimmung zu einer bereits vollzogenen Versetzung ist überhaupt nicht möglich (Födermayr in

Jabornegg/Resch
, ArbVG § 101 Rz 58; RIS-Justiz RS0107426; so auch schon VfGH1383/79, ARD 3342/9/81 = ZAS 1982/5).

Stimmt der BR der beabsichtigten Versetzung vorweg zu, kann die Änderungskündigung vom AG ausgesprochen werden, ohne dass es zu der von der Revision befürchteten Blockade kommen kann.

5. Richtig ist der Einwand der Revisionswerberin, dass der Fall der Verweigerung der Zustimmung des BR zum Änderungsangebot im Regelfall eine unbedingte AG-Kündigung zur Folge haben wird. Die Möglichkeit, dass es zu divergierenden Entscheidungen des AN und des BR und in der Folge zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen kann, ist bei verschlechternden Versetzungen jedoch systemimmanent und keine Besonderheit der Variante der Änderungskündigung.

Nach der herrschenden und von der Revision nicht in Frage gestellten „Zwei-Ebenen-Theorie“ sind die arbeitsvertraglichen und die betriebsverfassungsrechtlichen Aspekte der verschlechternden Versetzung getrennt zu prüfen und müssen beide erfüllt sein, um die Versetzung wirksam werden zu lassen. Die Zustimmung des AN allein genügt nicht; als rechtliches Korrektiv gegen eine unsachliche Entscheidung des BR steht aber die Klage auf Ersetzung seiner Zustimmung zur Verfügung.

6. Das Argument der Revisionswerberin, die Mitwirkungsbefugnis des BR bei Versetzungen beziehe sich nach der Gesetzessystematik nur auf das aufrechte Arbeitsverhältnis, ist richtig, erlaubt aber nicht die Schlussfolgerung, dass deswegen Versetzungen aufgrund einer Änderungskündigung vom Mitwirkungsrecht nicht erfasst wären.132

Die Frage der betriebsverfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Versetzung stellt sich auch bei der Änderungskündigung nur dann, wenn es zur Beendigung des Dienstverhältnisses gerade nicht kommt, weil der AN das Änderungsangebot wählt. Einen sachlichen Grund, weshalb eine beabsichtigte verschlechternde Versetzung deswegen, weil ihr mit einer konkreten Kündigung besonderer Nachdruck verliehen wurde, vom betriebsverfassungsrechtlichen Versetzungsschutz ausgenommen sein sollte, vermag die Revision nicht darzulegen.

Der Kündigungsschutz nach § 105 ArbVG hat, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, andere Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Im Kündigungsanfechtungsverfahren ist die sachliche Berechtigung einer nicht zustandegekommenen Versetzung kein Thema. Allenfalls kann ein Änderungsangebot bei der Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung sowie bei der Prüfung von betriebs- oder personenbedingten Rechtfertigungsgründen eine Rolle spielen und hier – wenn das Angebot rückwirkend als zumutbar beurteilt wird – zum Ergebnis der Klagsabweisung führen.

Wäre der AN aber auf den Umweg angewiesen, sich erst kündigen zu lassen und die Kündigung anzufechten, um das Änderungsangebot auf seine Sachlichkeit prüfen zu lassen, könnte von einem wirksamen Kündigungs- und Versetzungsschutz keine Rede sein. [...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Bei manchen Themenstellungen dauert es etwas länger, bis sich für ein Höchstgericht die Gelegenheit (bzw Notwendigkeit) ergibt, sich damit zu beschäftigen: Obwohl dauernde verschlechternde Versetzungen bereits gem § 14 Abs 1 Z 6 BRG 1947, BGBl 1947/97, der – durch das Einigungsamt ersetzbaren – Zustimmung durch den BR bedurften und die Zulässigkeit von Änderungskündigungen schon lange anerkannt ist (vgl etwa OGH4 Ob 82/71Arb 8904; vgl auch Schrammel, Die Mitbestimmung des Betriebsrates bei Versetzung und Änderungskündigung, ZAS 1975, 203; Strasser, Zur Problematik der sogenannten Änderungskündigung,

), hatte sich der OGH in der vorliegenden E erstmals mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Ausspruch einer nach § 105 ArbVG mitwirkungspflichtigen Änderungskündigung dazu führt, dass die dadurch vertragsrechtlich ermöglichte verschlechternde Versetzung dem Mitwirkungsrecht des BR gem § 101 ArbVG entzogen wird.

Der OGH hat die solchermaßen zu beantwortende Frage grundsätzlich überzeugend und zutreffend gelöst. Daran knüpfen sich freilich einige weitere Fragen, und zwar nach der praktischen Umsetzung der doppelten Mitwirkung sowie nach den Wechselwirkungen zwischen beiden Mitwirkungen, also zur Relevanz der (Nicht-)Zustimmung(en) im Kündigungsanfechtungsverfahren.

2.
Mitwirkung des Betriebsrats

Der Mitwirkung des BR bei Versetzungen (§ 101 ArbVG) und Kündigungen (§ 105 Abs 1 und 2 ArbVG) ist ihre Normierung im dritten Abschnitt („Mitwirkung in personellen Angelegenheiten“) des dritten Hauptstücks des II. Teils des ArbVG („Befugnisse der Arbeitnehmerschaft“) gemeinsam. Schon aus der Systematik der Regelungen ergibt sich daher, dass damit Rechte der Belegschaft als Kollektiv – und jedenfalls vordergründig nicht Rechte des einzelnen AN – normiert werden.

Dem entsprechend steht zwar der einzelne AN wegen seiner Abhängigkeit vom Betriebsinhaber unter dem Schutz der Betriebsvertreter; der BR hat jedoch bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts das Interesse der Belegschaft und nicht das Interesse des von der Versetzung betroffenen AN zu wahren (RIS-Justiz RS0018095 [T3]; krit Schrammel, ZAS 1975, 207) und kann durch seine ausdrückliche Zustimmung zur Kündigung auch die Anfechtung einer wesentliche Interessen des AN beeinträchtigenden Kündigung wegen Sozialwidrigkeit verhindern (§ 105 Abs 6 ArbVG; vgl jüngst OGH 25.6.2013, 9 ObA 38/13y, zu einer Zustimmung zur Kündigung „aus Rache“). Auch das Recht zur Anfechtung einer Kündigung kommt (zunächst) nicht dem AN, sondern der Belegschaft zu (vgl etwa RIS-Justiz RS0051378, OGH 5.9.2001, 9 ObA 191/01f).

Eine Substitution des bei verschlechternden Versetzungen vorgesehenen Mitwirkungsrechts der Belegschaft durch jenes bei Kündigungen könnte nur dann in Betracht kommen, wenn das Schutzniveau bei Kündigungen (zumindest) gleich hoch wäre, wären doch sonst Umgehungsversuchen Tür und Tor geöffnet.

Nach einhelliger Lehre und Rsp sind im Zusammenhang mit einer Versetzung zwei Unterscheidungen zu treffen, die zwei voneinander grundsätzlich unabhängige Aspekte betreffen (sogenannte „Zwei-Ebenen-Theorie“; vgl nur Reissner in

Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 101 ArbVG Rz 1 unter Hinweis etwa auf RV 840 BlgNR 13. GP 85; RIS-Justiz RS0051120 [T2]; vgl schon Floretta/Strasser, BRG2 [1973] § 14 Anm 3 [263 ff]; VfGHB 139/55Arb 6318): Die Unterscheidung in direktoriale und vertragsändernde Versetzungen betrifft den individualarbeitsrechtlichen – für den BR irrelevanten – Aspekt, während diejenige in (dauernde) nicht verschlechternde und verschlechternde Versetzungen den kollektivarbeitsrechtlichen Aspekt erfasst (vgl RIS-Justiz RS0021211).

Insgesamt ergibt sich damit eine Matrix von vier verschiedenen möglichen Konstellationen, von denen eine keinerlei Zustimmung erfordert (die weder vertragsändernde noch verschlechternde Versetzung), je eine der Zustimmung durch den AN (die vertragsändernde, aber nicht verschlechternde Versetzung) bzw durch den BR (die nicht vertragsändernde, aber verschlechternde Versetzung) und eine der Zustimmung sowohl durch den AN als auch durch den BR bedarf (die vertragsändernde verschlechternde Versetzung).

Nur die letzte Konstellation ist im vorliegenden Zusammenhang relevant.133

Eine vertragsändernde verschlechternde Versetzung ist bei Fehlen auch nur einer Zustimmung rechtsunwirksam (vgl nur RIS-Justiz RS0018095 [T6]; Floretta/Strasser, BRG2 § 14 Anm 3 [267]), wobei die fehlende Zustimmung durch den AN nicht – insb nicht durch eine Zustimmung durch den BR (RIS-Justiz RS0051120) – ersetzt werden kann, die fehlende Zustimmung durch den BR hingegen durch ein gerichtliches Urteil substituierbar ist (§ 101 Satz 4 f ArbVG). Aktiv klagslegitimiert ist dabei nur der Betriebsinhaber, mangels Rechtsschutzinteresses nicht aber der AN (hA; vgl nur RIS-Justiz RS0107425; Jabornegg/Strasser, ArbVG3 [1999] § 101 Anm 22; Goricnik in

Gahleitner/Mosler
, ArbVR 35 [2015] § 101 Rz 104).

Im Gegensatz dazu kann der BR gem § 105 ArbVG zur Absicht, eine Kündigung auszusprechen, zwar eine Beratung mit dem Betriebsinhaber verlangen, dazu Stellung nehmen und eine ausgesprochene Kündigung – nach Aufforderung durch den AN – anfechten, sofern ein Anfechtungsgrund nach § 105 Abs 3 Z 1 oder 2 ArbVG vorliegt; den Ausspruch und die (vorläufige) Wirksamkeit der Kündigung vermag er jedoch nicht zu verhindern.

Die Mitwirkungsbefugnisse bei Kündigungen sind damit in mehrerlei Hinsicht weniger stark ausgeprägt als jene bei Versetzungen: Der BR kann durch seine Stellungnahme die Durchführung der (geplanten) Maßnahme nicht verhindern, sondern muss nach Durchführung aktiv dagegen vorgehen – während bei einer Versetzung der Betriebsinhaber aktiv werden muss –, wobei nicht jede Kündigung (mit Erfolg) angefochten werden kann, zumal eine Kündigungsanfechtung nicht nur eine sechsmonatige Mindestbeschäftigungsdauer voraussetzt, sondern auch eine Beeinträchtigung wesentlicher Interessen.

Der OGH hat daher zu Recht auch eine – mit einer Änderungskündigung argumentativ verstärkte – Versetzung der Mitwirkung des BR nach § 101 ArbVG unterstellt.

3.
Praktische Umsetzung der doppelten Mitwirkung

Damit stellt sich die Frage nach der praktischen Umsetzung der doppelten Mitwirkung.

3.1.
Änderungskündigung mit der Bedingung der Zustimmung durch Arbeitnehmer und Betriebsrat?

Der Hinweis, „andere Bedingungen [als die schriftliche Zustimmung der Kl zur Vertragsänderung seien] nicht gestellt worden“, scheint anzudeuten, der OGH könnte möglicherweise noch weitere Bedingungen – etwa die Erteilung (auch) der Zustimmung durch den BR – als zulässig erachten.

Nach hA sind jedoch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen – wie Kündigungen oder Entlassungen – bedingungsfeindlich, weil der Erklärungsempfänger ein berechtigtes Interesse an der sofortigen klaren Erkennbarkeit der Rechtslage hat (vgl nur RIS-Justiz RS0028418, RS0029520, RS0029152; Löschnigg, Arbeitsrecht12 [2015] Rz 8/045). Eine beigesetzte Bedingung ist nur dann zulässig, wenn sie keine Unklarheit bewirken kann, weil der Erklärungsempfänger allein deren Eintritt herbeiführen oder verhindern kann (RIS-Justiz RS0031490).

Nur auf den ersten Blick scheinen zwei Argumente für die Zulässigkeit der Bedingung der Zustimmung durch den BR zu sprechen:

Eventualkündigungen bzw -entlassungen werden allgemein für zulässig erachtet (vgl nur OGH 31.8.2005, 9 ObA 119/05y, unter Hinweis auf Lovrek in FS Bauer/Maier/Petrag [2004] 263 f); bei der beigesetzten „Bedingung“, dass eine vorangegangene Auflösungserklärung nicht bereits zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat, handelt es sich jedoch um keine echte Bedingung, sondern um den an sich überflüssigen Hinweis auf Selbstverständliches, nämlich dass die Auflösung nur erfolgt, sofern ein aufzulösendes Rechtsverhältnis überhaupt noch besteht (so schon OGH4 Ob 21/78Arb 9707).

Die Möglichkeit der Entlassung von Belegschaftsfunktionären bzw nach MSchG oder VKG geschützten AN gegen nachträgliche Zustimmung durch das Gericht gem § 122 Abs 3 ArbVG bzw (§ 7 Abs 3 VKG iVm) § 12 Abs 4 MSchG ist wohl in einem an sich besonders hohen Grad der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung begründet; weil eine gegen nachträgliche Zustimmung ausgesprochene Entlassung schwebend rechtsunwirksam ist (hA; vgl nur RIS-Justiz RS0051218; Schneller in

Gahleitner/Mosler
, ArbVR 35 § 122 ArbVG Rz 31), ist der Schwebezustand darüber hinaus durchaus mit jenem während eines Verfahrens auf Zustimmung zur (erst auszusprechenden) Entlassung vergleichbar.

Der Ausspruch einer Kündigung unter der Bedingung einer nachträglichen Zustimmung durch den BR (bzw das Gericht) schafft hingegen einen bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unzulässigen Schwebezustand, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung bestände (die Zulässigkeit ablehnend auch Krömer/Winter, Doppelt hält besser – Zweifache Mitwirkungsbefugnis des BR bei Änderungskündigung, ecolex 2016, 995 f).

3.2.
Zeitliche Abfolge

Für den allgemeinen Kündigungsschutz ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 105 Abs 1 ArbVG, dass das Mitwirkungsrecht vor der „Umsetzung“ zu wahren ist, für die Mitwirkung bei Versetzungen resultiert dies aus deren Charakter (vgl RIS-Justiz RS0107426, insb OGH 9.4.1997, 9 ObA 2291/96vunter Hinweis auf [gemeint:] Trost, Ausgewählte Strukturprobleme der Mitwirkung nach der Arbeitsverfassungsgesetz-Novelle 1986,

; vgl auch RIS-Justiz RS0051304). Zwischen der Mitwirkung des BR und der Umsetzung der Maßnahme muss darüber hinaus ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen (zur Kündigung RIS-Justiz RS0051425; zur Versetzung vgl OGH 19.6.1991, 9 ObA 77/91, wonach eine im Voraus erteilte generelle Zustimmung des BR zu134 einer allfälligen Versetzung mit § 101 ArbVG unvereinbar ist).

Die vom OGH vorgeschlagene Lösung, beide Stellungnahmen des BR gleichzeitig einzuholen, erscheint zwar im Ansatz grundsätzlich sinnvoll, ist aber nur dann problemlos möglich, wenn der BR (zumindest) der Versetzung ausdrücklich zustimmt.

Tut er dies nicht, stellt sich für den AG die Frage nach dem weiteren Prozedere, also danach, ob er zunächst durch Ausspruch der Änderungskündigung die Zustimmung durch den AN einholt oder ob er die Erlangung der betriebsverfassungsrechtlich erforderlichen Zustimmung weiter betreibt und Klage auf Zustimmung gem § 101 Satz 4 f ArbVG erhebt.

Weil jede Zustimmung ohne die andere wertlos ist, wird die erste Variante aufgrund des (potentiell) geringeren Verfahrensaufwands regelmäßig zunächst sinnvoller erscheinen: Stimmt der AN der Vertragsänderung zu, kann anschließend – jedenfalls aber vor Durchführung der Versetzung – die gerichtliche Zustimmung eingeholt werden; tut er dies nicht, wird die Kündigung wirksam, sodass sich die Einholung der Zustimmung erübrigt. Bei Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht wird der AG – sofern er sich nicht zur Weiterbeschäftigung des AN ohne Versetzung entschließt – um die neuerliche (nun unbedingte) Kündigung einschließlich des betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahrens nicht umhin kommen.

Entscheidet sich der Betriebsinhaber für die zweite Variante, wird aufgrund der Durchführung des gerichtlichen Zustimmungsverfahrens in aller Regel der zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen dem betriebsverfassungsrechtlichen Vorverfahren und der Kündigung gelöst sein, sodass dieses nach Abschluss des Zustimmungsverfahrens jedenfalls zu wiederholen sein wird.

3.3.
Wechselwirkungen

Wenn es aufgrund der Verweigerung der Zustimmung zur Versetzung durch den AN und/oder den BR zur Kündigung kommt, stellt sich die Frage nach der Relevanz der Verweigerungen im Kündigungsanfechtungsverfahren.

Die vom AN verweigerte Zustimmung zur Versetzung spielt dabei bereits bei der Prüfung der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen – für die der Anfechtende die Behauptungs- und Beweislast trägt (RIS-Justiz RS0051746, RS0051845) – eine Rolle, weil eine Änderungskündigung nicht sozialwidrig ist, wenn dem AN die Annahme des Angebots zur Änderung der Arbeitsbedingungen zumutbar war (hA; vgl etwa RIS-Justiz RS0118293, RS0018143 [T2], Gahleitner in

Gahleitner/Mosler
, ArbVR 35 § 105 Rz 101). Ob die angebotene Änderung mangels Zustimmung durch den BR umsetzbar gewesen wäre, hat dabei wohl außer Betracht zu bleiben, weil – auch wegen der notwendigen Trennung der individualarbeitsrechtlichen Ebene von der betriebsverfassungsrechtlichen („Zwei-Ebenen-Theorie“) – nur die Zumutbarkeit der Änderung für den AN zu überprüfen ist, nicht aber deren sachliche Rechtfertigung aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht. Insofern kann auch das (endgültige) Fehlen der Zustimmung durch den BR nicht dazu führen, dass dem AN jeglicher Änderungsvorschlag zumutbar wäre, weil dessen Umsetzung ohnedies an der mangelnden Zustimmung des BR scheitern würde.

Die vom BR verweigerte Zustimmung zur Versetzung erlangt jedoch Bedeutung bei der Prüfung der Rechtfertigung einer wesentliche Interessen beeinträchtigenden Kündigung aus betrieblichen Gründen (§ 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG), allenfalls auch bei der Rechtfertigung aus persönlichen Gründen, wenn etwa der AN die bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann (§ 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG). Eine Kündigung ist nur dann durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt, wenn im gesamten Betrieb kein Bedarf mehr gerade für den betroffenen AN gegeben ist und dem AG die Erhaltung des Arbeitsplatzes auch durch keine andere soziale Maßnahme – wie etwa eine Versetzung – zuzumuten ist (RIS-Justiz RS0051942); die Rechtfertigung aus persönlichen Gründen setzt voraus, dass eine anderweitige Beschäftigung nicht möglich oder zumutbar ist (RIS-Justiz RS0051539 = OGH 28.10.1986, 2 Ob 554/86 mwN). Der AG hat daher zu behaupten und zu beweisen (RIS-Justiz RS0110154, RS0051825), dass er alle Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung ausgeschöpft hat (RISJustiz RS0052008, RS0051827).

Wenn der AN der Versetzung zugestimmt hat oder ihm die Änderung zumutbar gewesen wäre, wird dazu nicht nur der Nachweis gehören, dass die Zustimmung durch den BR tatsächlich nicht erteilt wurde, sondern wohl auch, dass diese auch nicht nach § 101 Satz 4 f ArbVG durch das Gericht ersetzt worden wäre, weil die sachliche Rechtfertigung der Versetzung (zumindest) nicht erweislich gewesen wäre. Um das Ergebnis dieser Überprüfung auch umsetzen zu können, wird es allenfalls notwendig sein, dem BR den Streit zu verkünden, sofern dieser nicht ohnedies Partei im Anfechtungsverfahren ist.

Insofern kann die sachliche Rechtfertigung der Versetzung auch in einem Kündigungsanfechtungsverfahren ein Thema sein.

4.
Zusammenfassung

Auch wenn sie in die Form einer Änderungskündigung gekleidet ist, bedarf eine vertragsändernde verschlechternde Versetzung sowohl der Zustimmung des AN als auch des BR gem § 101 ArbVG. Wird die Kündigung wirksam, weil der AN der Vertragsänderung bzw der BR der verschlechternden Versetzung nicht zugestimmt hat, kann die sachliche Berechtigung der Versetzung im Kündigungsanfechtungsverfahren überprüft werden.135