Zum Gedenken an Karl Korinek
Zum Gedenken an Karl Korinek
Es mag ein ungewöhnlicher Vorgang sein, in DRdA eines verstorbenen Staatsrechtslehrers zu gedenken, der weder redaktionelle noch andere Funktionen in dieser Zeitschrift ausgeübt hat. Wenn eine solche Ausnahme im Falle von Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Dr. Karl Korinek, der am 9.3.2017 76-jährig verstorben ist, gemacht wird, dann mit gutem Grund: Mit Karl Korinek hat Österreich einen großen, international hoch angesehenen Staatsrechtslehrer verloren. Er war als Wissenschafter an den Universitäten Salzburg, Graz und Wien (Wirtschaftsuniversität und Universität Wien) tätig und er war 30 Jahre lang Mitglied, davon rund zehn Jahre Vizepräsident und Präsident des VfGH. Er gehörte in diesem Gerichtshof zu jenem Kreis, auf dessen Initiative grundlegende Änderungen in der Grundrechtsjudikatur des VfGH, vor allem bei den Grundrechten der Erwerbsfreiheit und beim Eigentumsgrundrecht zurückgehen. Er kam ursprünglich aus der Wirtschaftskammer, war ein eingefleischter Großkoalitionär und hat sozialpartnerschaftlich gedacht; dies kam auch in seiner Grundhaltung zum Ausdruck, selbst mit einer Mehrheit im Rücken bei der Begründung von Entscheidungen des VfGH auf die Minderheit Rücksicht zu nehmen, eine Haltung, mit der er das kollegiale Klima im VfGH – nachwirkend bis heute – geprägt hat. Ein ganz wichtiger Teil seiner Forschungsarbeiten war dem Phänomen der „Wirtschaftlichen Selbstverwaltung“ (so schon der Titel seiner legendären, längst vergriffenen Salzburger Habilitationsschrift aus dem Jahre 1970) gewidmet, zu der er im Jahre 1972 einen viel beachteten Vortrag bei der Zeller Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht gehalten hat („Die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung“, abgedruckt in ZAS 1972, 48). Karl Korinek bemühte sich auch stets um die Vermittlung des Gedankens der wesensmäßigen Verbindung der Pflichtmitgliedschaft mit dem System der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, wie es bundesverfassungsgesetzlich vorgesehen ist. Er hatte neben seinen wirtschaftsrechtlichen „Kernfächern“ – fast meine ich: folgerichtig – großes Interesse auch an Sozialversicherungsrecht, dessen Bedeutung für ein Staatswesen ohne überbordende Verteilungskämpfe er zu schätzen wusste, auch wenn er sich als Verfassungsrichter wieder einmal über die schiere Unlesbarkeit mancher Novellen-Bestimmungen mitunter auch öffentlich wahrnehmbar geärgert hat. Denn seine Domäne war die klare Sprache, in der er wie kaum ein Zweiter komplexe Sachverhalte allgemein verständlich zu formulieren wusste; hunderte als ständiger Referent von ihm verfasste Erkenntnisse des VfGH legen davon beredt Zeugnis ab. Der „Wirtschaftskämmerer“ Karl Korinek genoss hohen Respekt auch auf der Seite des „sozialen Gegenspielers“: Davon zeugt die Veröffentlichung von zwei Arbeiten in dieser Zeitschrift, von der eine auf einem Vortrag beruht, zu dem Korinek im Jahre 1990 zur Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer eingeladen war („Staatsrechtliche Grundlagen der Kammerselbstverwaltung“,
), und die zweite auf einem Festvortrag, um den Korinek zum Festakt „90 Jahre Arbeiterkammern in Österreich“ gebeten worden war („Die staatsrechtliche und staatspolitische Bedeutung der gesetzlichen Arbeitnehmervertretungen“, DRdA 2012, 4). Vieles mehr als diese wenigen Stichworte wäre noch über Karl Korinek als Familienmensch, als Bildungsbürger, Genießer guter Rotweine, sowie als Musikkenner und Musikliebhaber von hohen Graden zu sagen und wird von Berufeneren wohl gesagt und publiziert werden. Er selbst würde an dieser Stelle vielleicht mit einem resignativen Zitat aus dem dritten Akt seiner Lieblingsoper, dem „Rosenkavalier“ schließen: „Was drum und dran hängt, ist mit dieser Stund vorbei.“ Und ich würde ihm respektvoll widersprechen: Nein, das „Drum und Dran“ von Karl Korinek bleibt; wir werden diesem großen Gelehrten stets ein ehrendes Angedenken bewahren.226