Rehabilitationsanspruch im Pensionsrecht*

BARBARAFÖDERMAYR (LINZ)
Die gesetzlichen Regelungen betreffend die „geminderte Arbeitsfähigkeit“ von Versicherten – und damit einhergehend das Rehabilitationsrecht – waren in den letzten zwanzig Jahren häufig Gegenstand gesetzlicher Änderungen.Der erste wage Schritt in Richtung Pensionsvermeidung durch Einbeziehung von Rehabilitationsmaßnahmen erfolgte Mitte der 1990er-Jahre.* Seit dieser Etablierung des Grundsatzes „Rehabilitation vor Pension“ durch die Antragsfiktion in § 361 Abs 1 ASVG im SRÄG 1996 hat sich viel getan. Noch vor wenigen Jahren musste man bei Untersuchungen der Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit die Thematik „Rehabilitation“ bestenfalls ein wenig streifen, da es denkbar wenige oberstgerichtliche Entscheidungen und daher auch wenige Stellungnahmen in der Literatur aus diesem Bereich gab. Nunmehr ist man rechtlich mit einer völlig anderen Situation konfrontiert: Neue Entscheidungen und Beiträge zum Kernbereich der geminderten Arbeitsfähigkeit – also zu den §§ 255 und 273 ASVG – sind nach wie vor interessant und spannend, die Musik spielt aber in den letzten Jahren – zumindest auch – woanders. Durch die gesetzliche Neugestaltung dieses wichtigen Bereichs des Pensionsrechts führt nunmehr kein Weg an der Rehabilitation vorbei!
  1. Einleitung

  2. Überblick über die gesetzlichen Änderungen im Bereich des Versicherungsfalles der geminderten Arbeitsfähigkeit

  3. Antrag auf Gewährung einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit

  4. Prüfung der Voraussetzungen geminderter Arbeitsfähigkeit im Sinne von §§ 255 und 273 ASVG

    1. Aktuell liegt keine geminderte Arbeitsfähigkeit vor

      1. Keine „drohende“ geminderte Arbeitsfähigkeit

      2. Geminderte Arbeitsfähigkeit „droht“

    2. Geminderte Arbeitsfähigkeit liegt vor

      1. Allgemeines

      2. Vorübergehende geminderte Arbeitsfähigkeit

        1. „Vorübergehend“

        2. Ansprüche bei vorübergehender geminderter Arbeitsfähigkeit

      3. Dauerhafte geminderte Arbeitsfähigkeit

        1. Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation

        2. Anspruch auf Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit

  5. Resümee und Ausblick

1.
Einleitung

Im Rahmen dieser Arbeit soll der verständlichen Versuchung widerstanden werden, sozialpolitische Wertungen in die Interpretation der Normen einfließen zu lassen. Es werden auch Detailfragen so weit als möglich ausgeblendet, sondern es wird generell ein roter Faden gesucht, der orientiert an der Struktur des gesetzlichen Systems und dem zugrunde liegenden Normzweck durch den „Dschungel“ des Rehabilitationsrechts führt. Wie sich aus dem Titel der Arbeit ergibt, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf jene Leistungen im Bereich der Rehabilitation, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Bloße Pflichtleistungen werden an geeigneter Stelle und mitunter aus aktuellem Anlass der jüngsten Novellen erwähnt, jedoch nicht separat ausführlich thematisiert. Diese jüngsten Novellen bedingen auch, dass nicht nur – wie ursprünglich geplant – die Ansprüche auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation und Rehabilitationsgeld untersucht werden, sondern auch der Anspruch auf berufliche Rehabilitationsmaßnahmen, da ohne das Zusammenspiel dieser beiden ASVG-Ansprüche eine Darstellung des Systems unmöglich ist.

Da sich das System im Bereich des Rechts der geminderten Arbeitsfähigkeit völlig geändert hat, ist es wenig erfolgversprechend, an der „alten“ Systematik* herumzuschrauben und zu versuchen, diese passend zu machen. Sinnvoll im Umgang mit den Neuregelungen ist es allein, neue Wege zu beschreiten, grundsätzlich keine Vergleiche mit der alten Rechtslage anzustellen und nicht zu versuchen, die neu entstandenen Probleme anhand der alten Grundsätze zu lösen.174

2.
Überblick über die gesetzlichen Änderungen im Bereich des Versicherungsfalles der geminderten Arbeitsfähigkeit

Bei der Beurteilung eines Anspruches auf Rehabilitation ist unerlässlich, diesen Anspruch unter Berücksichtigung der Entwicklung des neuen Systems und des Normzwecks der gesetzlichen Regelungen zu beleuchten. Die Systemänderung in diesem Bereich kann nachhaltig nur umgesetzt werden, wenn der Normzweck bei Interpretation der Regelungen beachtet wird. Deshalb werden zunächst kurz die wesentlichsten gesetzlichen Änderungen unter Einbeziehung entscheidender Ausführungen in den Materialien dargestellt.

Beginnend mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 wird der Fokus bei Regelung der Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit zunehmend auf die Vermeidung der Pension durch geeignete Rehabilitationsmaßnahmen gerichtet.* Wie bereits einleitend festgehalten, konnte die Antragsfiktion jedoch nicht bewirken, dass die Rehabilitation im Recht der Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit maßgeblich an Bedeutung gewann, sodass man sich 2011 zu einem nächsten Schritt entschloss und mit dem BudgetbegleitgG 2011 einen Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation im ASVG einführte. Zu dieser Zeit bestand das alte System mit idR befristeter Pension noch für alle Versicherten. Dies bedeutet jedenfalls, dass die Überlegungen, die anlässlich der Einführung dieses Anspruches angestellt wurden, nur bedingt auf die aktuelle, geänderte Situation übertragen werden können. Sinn der Schaffung des Neuanspruchs war es – so wie auch in den Materialien ausgeführt –, den Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ zu verstärken, um den ursprünglich begonnenen Weg fortzusetzen.*

Die wirklich völlig systemverändernde Neuregelung erfolgte dann 2014 im Sozialrechts-Änderungsgesetz (SRÄG) 2012, mit dem die befristete Pension „als Pensionsleistung“ für jüngere Versicherte* ersatzlos beseitigt wurde.* Liegt bloße vorübergehend geminderte Arbeitsfähigkeit vor, so greift im neuen Recht ein System aus einer Kombination von Geldleistungen und Rehabilitationsmaßnahmen mit dem Zweck, den Versicherten durch Absolvierung der Maßnahmen dauerhaft eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Diese Leistungen stellen also insoweit keinen bloßen „Ersatz“ der Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit dar, sondern implementieren ein völlig neues gesetzliches Konzept. Nach Altrecht bezogen alle gemindert arbeitsfähigen Personen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten, eine – in der Regel befristete – Pension. Während des Bezugs traf die Versicherten grundsätzlich keine Verpflichtung bzw Obliegenheit zur Verbesserung ihres Gesundheitszustands oder zur Absolvierung einer Ausbildung, allein die Geldleistung stand im Fokus. Mit den neuen Geldleistungen – also dem Rehabilitations- und dem Umschulungsgeld – wird jedoch vordergründig das Ziel der Ermöglichung der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Versicherten durch medizinische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen verfolgt,* wobei im SRÄG 2012 der Anspruch auf medizinische Rehabilitation im ASVG verankert, jener auf berufliche Rehabilitation quasi ins AlVG „outgesourced“ wurde.* Als Normzweck dieser völligen Umgestaltung findet sich in den Materialien klar die gesetzliche Trennung von „behebbarer“ bzw „vorübergehender“ einerseits und „dauerhafter“ geminderter Arbeitsfähigkeit andererseits. Dieses neue System ist auf die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichtet. Nach Ansicht des Gesetzgebers fällt durch die Schaffung der alternativen Geldleistungen ein wesentlicher Beweggrund für Beantragung einer Pensionsleistung – als letzter Ausweg, um finanziell abgesichert zu sein – weg, und die Versicherten können sich somit voll auf die Absolvierung der Rehabilitationsmaßnahmen konzentrieren.*

Erst mit Beginn des heurigen Jahres wurde eine weitere wesentliche Änderung beschlossen. Der Anspruch auf berufliche Rehabilitation für jüngere Versicherte wurde quasi neu geschaffen und – zusätzlich zum Anspruch auf medizinische Rehabilitation – wieder – im ersten Anlauf – wortgleich mit der alten Regelung im ASVG festgeschrieben, um den Grundsatz „Rehabilitation vor Pension“ nochmals effektiver zu gestalten.* Nunmehr müssen erstmals zwei Rechtsansprüche auf Rehabilitation miteinander koordiniert werden.

Zusammenfassend ist an dieser Stelle also festzuhalten, dass sämtliche gesetzliche Änderungen in diesem Bereich darauf ausgerichtet sind, durch Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation Pensionen zu vermeiden, solange eine Möglichkeit besteht, die Arbeitsfähigkeit des Versicherten wiederherzustellen – also eine pensionsvermeidende Rehabilitation gesetzlich zu etablieren. Die Pension ist nur noch ultima ratio, damit einhergehend erfolgt eine Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters.

Entscheidend ist nun, diesen Zweck der Neuregelungen bei Auslegung der Normen zugrunde zu legen.

3.
3. Antrag auf Gewährung einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit

Aus den Materialien des Strukturanpassungsgesetzes 1996 ergibt sich klar, dass der Grundsatz175 „Rehabilitation vor Pension“ dergestalt verankert werden soll, dass hinkünftig ein Antrag auf eine Pension aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit gleichzeitig als Antrag auf Rehabilitation zu werten und die Einholung der Zustimmung des Behinderten zur Einleitung von Maßnahmen der Rehabilitation nicht mehr erforderlich ist.* Die Formulierung des § 361 Abs 1 letzter Satz ASVG, dass der Antrag „auch“ als Rehabilitationsantrag zu werten ist, wurde erst im Zuge der Verstärkung dieses Grundsatzes im Zuge des Budgetbegleitgesetzes 2011 dahingehend geändert, dass der Pensionsantrag seitdem „vorrangig“ als Rehabilitationsantrag zu werten ist.* Bedingt durch die Änderungen des SRÄG 2012 wurde es notwendig, die Antragsfiktion auf das Rehabilitationsgeld zu erweitern. Seit dem Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz (SVAG) gilt der Antrag vorrangig als Antrag auf Leistung von medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation und von Rehabilitationsgeld sowie auf Feststellung, ob berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar sind, einschließlich der Feststellung des Berufsfeldes. Warum an dieser Stelle nach Wiedereinführung des Anspruches auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation in § 253e ASVG* durch das SRÄG 2016 keine entsprechende Anpassung erfolgte und die Antragsfiktion nicht auf den Anspruch auf berufliche Rehabilitation gerichtet ist, erschließt sich nicht. Diesbezüglich ist aber wohl eine analoge Anwendung der Bestimmung auch auf den Anspruch auf berufliche Rehabilitation geboten.

4.
Prüfung der Voraussetzungen geminderter Arbeitsfähigkeit im Sinne von §§ 255 und 273 ASVG
4.1.
Aktuell liegt keine geminderte Arbeitsfähigkeit vor
4.1.1.
Keine „drohende“ geminderte Arbeitsfähigkeit

Im Versicherungszweig der PV führt der Zugang zum Anspruch auf eine Maßnahme der Rehabilitation über das Vorliegen von geminderter Arbeitsfähigkeit nach den §§ 255 bzw 273 ASVG. Liegt diese nicht vor, so besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit.

An dieser Stelle darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der sogenannten Wiedereingliederungsteilzeit eine wichtige – auch arbeitsrechtliche – Verbesserung der Situation von Langzeitkranken geschaffen hat, die ebenfalls der Familie der Maßnahmen angehört, die das gesetzliche Pensionssystem sichern und dazu beitragen sollen, die Arbeitsfähigkeit der Versicherten bestmöglich zu erhalten.* Näher kann auf diese Möglichkeit an dieser Stelle nicht eingegangen werden.*

4.1.2.
Geminderte Arbeitsfähigkeit „droht“

Besteht die geminderte Arbeitsfähigkeit noch nicht aktuell, „droht“ jedoch aufgrund des Gesundheitszustandes der Eintritt der geminderten Arbeitsfähigkeit bereits, so haben jüngere Versicherte seit 2017 nach § 253e Abs 1 ASVG – wieder – Anspruch auf Gewährung von Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation in der PV. Dieser Anspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation wurde im Sozialversicherungs-Änderungsgesetz (SVÄG) 2016 wortgleich mit der Bestimmung aus dem Budgetbegleitgesetz 2011 wieder eingeführt. Die Problematik, dass der Verweis allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 254 Abs 1 ASVG, der seit 2014 nur noch die Fälle dauerhafter geminderter Arbeitsfähigkeit erfasst, im neuen System nach Trennung von vorübergehender und dauernder geminderter Arbeitsfähigkeit überhaupt nicht mehr passte, wurde mittlerweile im SVÄG 2017* durch die zusätzliche Erwähnung der Erfüllung der Voraussetzungen für das Rehabilitationsgeld bereinigt. Es wäre in diesem Zusammenhang völlig systemwidrig gewesen, zwischen dem drohenden Eintritt vorübergehender und dem drohenden Eintritt dauernder geminderter Arbeitsfähigkeit zu unterscheiden. Diese Klarstellungen erleichtern die Vollziehung der Norm wesentlich, so das völlig zutreffende Statement des Gesetzgebers selbst in den Materialien.*

Im Zusammenhang mit noch nicht bestehender, sondern bloß drohender geminderter Arbeitsfähigkeit stellt sich rechtlich eine spannende Frage, nämlich welche Versichertengruppen Zugang zum Anspruch auf berufliche Rehabilitation haben. Der Eintritt der geminderten Arbeitsfähigkeit droht nach § 253 Abs 1 ASVG, wenn der Versicherte die Voraussetzungen für die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit oder das Rehabilitationsgeld wahrscheinlich erfüllt oder in absehbarer Zeit erfüllen wird.

Zwischen Anfang 2014 und Ende 2016 – also zu der Zeit, als es für jüngere Versicherte keinen Anspruch auf berufliche Rehabilitation gab – hatten nur bereits aktuell gemindert Arbeitsfähige Anspruch auf Umschulungsgeld nach § 39b AlVG (und damit einhergehend die Obliegenheit, an der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen).* Aufgrund der Bindung des Anspru-176ches an die Voraussetzungen der Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit kam der Anspruch rein aufgrund der rechtlichen Situation nur für Versicherte mit Berufsschutz in Frage. Da Versicherte ohne Berufsschutz die Voraussetzungen für die Pension nur erfüllen, wenn sie keinen am Arbeitsmarkt bewerteten Beruf ausüben können, können sie in diesem gesundheitlichen Zustand auch auf keinen Beruf mehr rehabilitiert werden. Soweit ist die Rechtslage unstrittig.

Interessant ist es aber nun, inwieweit sich die rechtliche Situation für Versicherte ohne Berufsschutz durch die Berücksichtigung bloß drohender geminderter Arbeitsfähigkeit in § 253e ASVG ändert. Rein aufgrund des Wortlautes der Bestimmung des § 253e ASVG besteht rechtlich kein Grund, diese Versichertengruppe vom Anspruch auszuschließen. Vor der Erfüllung der Voraussetzungen für die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit können die Versicherten – wenn auch gesundheitlich eingeschränkt – noch Berufe ausüben. Würde man diese Restarbeitsfähigkeit nutzen und zeitgerecht eine berufliche Rehabilitation auf einen körperlich weniger anspruchsvollen Beruf durchführen, so entspräche diese Vorgehensweise jedenfalls dem Zweck der neuen Normen, der auf eine möglichst weitreichende pensionsvermeidende Rehabilitation gerichtet ist. Gegen diese Interpretation, die nach der erstmaligen Schaffung des Anspruches in der Literatur – soweit ersichtlich sehr einsam – von Ivansits* vertreten wird, könnte vorgebracht werden, dass die Schaffung des erleichterten Zugangs für Versicherte ohne Berufsschutz, die jedoch eine qualifizierte Tätigkeit über einen bestimmten Zeitraum ausgeübt haben, dann wenig sinnvoll wäre, wenn ohnehin alle Versicherten ohne Berufsschutz einen Rechtsanspruch hätten.

Trennt man jedoch jene Versicherten, bei denen aktuell schon geminderte Arbeitsfähigkeit besteht und jene, bei denen diese bloß droht, macht die Bestimmung wieder Sinn. Diese Auslegung findet jedenfalls auch Deckung in den Gesetzesmaterialien zum SRÄG 2012. Dort wird ausgeführt, dass auch Versicherte ohne Berufsschutz, die ihre Tätigkeit auf Grund physischer oder psychischer Beeinträchtigungen nicht mehr ausüben können – also maW aktuell schon gemindert arbeitsfähig sind – durch die Schaffung des erleichterten Zugangs einen Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation haben. Dieser erleichterte Zugang wurde also nur für jene Versicherten geschaffen, die aktuell bereits gemindert arbeitsfähig sind.* Dies ist insoweit schlüssig, als diejenigen, bei denen die geminderte Arbeitsfähigkeit bloß droht, von der allgemeinen Regel des § 253e Abs 1 Satz 1 ASVG erfasst sind und somit ohnehin einen Rechtsanspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation haben. Zugegebenermaßen schwieriger ist es, diese Interpretation in den Materialien zur Neueinführung des Anspruchs auf berufliche Rehabilitation festzumachen. Hier findet sich in der Erklärung der Möglichkeit eines ausnahmsweisen erweiterten Zugangs auch für Versicherte ohne Berufsschutz, die eine qualifizierte Tätigkeit über eine gewisse Zeit ausübten, in Klammer auch ein Hinweis auf die drohende geminderte Arbeitsfähigkeit.* Da sich die Norm bis auf die Anpassung an die Trennung von dauernder und vorübergehender geminderter Arbeitsfähigkeit im Vergleich zur ursprünglichen Einführung nicht geändert hat und dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, dass er nunmehr weniger Versicherten einen Zugang zur beruflichen Rehabilitation bieten wollte, kann dieser Klammerhinweis in den Materialien schlüssig eigentlich nur damit erklärt werden, dass der Gesetzgeber aufgrund der zwischenzeitig in der Literatur zu § 39b AlVG vertretenen, zutreffenden Ansicht irrtümlicherweise davon ausgeht, dass auch aus dem Wortlaut von § 253e ASVG abzuleiten sei, dass Versicherte ohne Berufsschutz gänzlich vom Anspruch auf berufliche Rehabilitation ausgeschlossen wären.

Weder der Wortlaut der gesetzlichen Regelung noch der Normzweck sprechen jedoch gegen die Gewährung beruflicher Maßnahmen der Rehabilitation bei drohender geminderter Arbeitsfähigkeit auch für Versicherte ohne Berufsschutz – im Gegenteil. Der Normzweck bedingt eine möglichst weit anwendbare pensionsvermeidende Rehabilitation, die – je früher sie beginnt – umso effektiver auch ausgestaltet werden kann.

Dem Anspruch für Versicherte ohne Berufsschutz wird mitunter entgegengehalten, dass eine Verweisung auf einen Beruf auf dem österreichischen Arbeitsmarkt erfolgen kann, solange nicht geminderte Arbeitsfähigkeit besteht und aus diesem Grund eine berufliche Rehabilitation keinen Sinn mache. Diese Situation unterscheidet sich aber nicht von jener der Versicherten ohne Berufsschutz, die bereits aktuell gemindert arbeitsfähig sind und denen der Gesetzgeber in § 253e ASVG – ausdrücklich und somit unstrittig – einen ausnahmsweisen Zugang zur beruflichen Rehabilitation gewährt. Auch bei diesen Versicherten ist eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich, da ihnen kein Berufsschutz iSd § 255 Abs 1 und 2 bzw § 273 Abs 1 ASVG zukommt. Dennoch ist ein Anspruch auf berufliche Rehabilitation bei bestehender geminderter Arbeitsfähigkeit zu prüfen. Sinn einer derartigen Rehabilitation ist es, dass für die Versicherten dadurch eine Umschulung auf einen Beruf möglich wird, in dem sie bessere Chancen haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen, als etwa bei Verweisungen auf die „berühmte“ Portierstelle.

4.2.
Geminderte Arbeitsfähigkeit liegt vor
4.2.1.
Allgemeines

Liegt geminderte Arbeitsfähigkeit iSd §§ 255 oder 273 ASVG bereits aktuell vor, so ist zunächst zu prüfen, ob der Gesundheitszustand des Versicherten medizinisch verbesserungsfähig oder dauerhaft ist. Für die Gewährung der Pension wegen177 geminderter Arbeitsfähigkeit ist es notwendig, dass sowohl dauernde geminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, also eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht zu erwarten ist, als auch eine berufliche Rehabilitation nicht zumutbar oder zweckmäßig ist. Diese Reihenfolge ergibt sich nunmehr deutlich aus dem Gesetz, in concreto aus § 254 Abs 1 ASVG. In den Materialien zum SRÄG 2012 findet diese Ansicht ihre Deckung* und wird auch vom OGH so judiziert.*

Gegenstand der Prüfung ist zunächst das voraussichtlich dauerhafte Vorliegen der geminderten Arbeitsfähigkeit des Versicherten. Dies ist dann der Fall, wenn eine Besserung des Gesundheitszustands des Versicherten nicht zu erwarten ist.* Der Maßstab, der für diese Prüfung anzulegen ist, ist ein anderer – weniger strenger – als jener nach § 256 Abs 1 ASVG bei Unterscheidung zwischen befristeter und unbefristeter Gewährung der Pension nach alter Rechtslage, nach der der Versicherte nach stRsp beweisen musste, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte.* Wie der OGH schlüssig zum neuen Recht ausführt, ist eine Verbesserung des Gesundheitszustands, die nur möglich ist, noch nicht wahrscheinlich und die geminderte Arbeitsfähigkeit liegt somit voraussichtlich dauerhaft vor.* Diese Herabsetzung des Beweismaßes mag auf den ersten Blick normzweckwidrig erscheinen, ist doch oberstes Ziel, Pensionen durch Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen zu vermeiden. Dennoch lässt sie sich gut mit der Abschaffung der befristeten Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit und der Fokussierung auf Rehabilitationsmaßnahmen erklären: Im Altrecht war der Unterschied zwischen dauerhafter und nicht dauerhafter geminderter Arbeitsfähigkeit „bloß“ für das zeitliche Ausmaß entscheidend, für das die Pension gewährt wurde, die Leistung dem Grunde nach war dieselbe – eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Im neuen System ist der Zugang zur Pension an sich vom Nachweis der Dauerhaftigkeit des Vorliegens der geminderten Arbeitsfähigkeit abhängig. Die Versicherten sind also dann von der Pensionsleistung ausgeschlossen, wenn die Durchführung der Maßnahmen der Rehabilitation Sinn macht. Dies trifft aber nicht bereits zu, wenn die Besserung des Gesundheitszustandes nicht nur nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, sondern erst, wenn sie wahrscheinlich ist. Die Wertung findet sich auch in der gesetzlichen Regelung der Rechtsansprüche auf Gewährung der medizinischen Maßnahmen in § 253f ASVG wieder, da diese nur gewährt werden, wenn es zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustandes zweckmäßig ist.*

4.2.2.
Vorübergehende geminderte Arbeitsfähigkeit
4.2.2.1.
„Vorübergehend“

Unbefriedigend wurde bisher eine zentrale Frage beantwortet, nämlich inwieweit eine Verbesserung des Gesundheitszustandes möglich sein muss, damit die geminderte Arbeitsfähigkeit des Versicherten bloß vorübergehend vorliegt. Entscheidend ist also nicht nur, wie wahrscheinlich die Verbesserung ist, sondern auch, wie weit diese geminderte Arbeitsfähigkeit medizinisch verbesserungsfähig sein muss, damit sie nicht voraussichtlich dauerhaft iSd Gesetzes vorliegt. Maßgeblich – und hier liegt vermutlich auch das Problem bei anderslautenden OGH-Entscheidungen* – ist, dass es dabei nicht um die Frage einer Reihenfolge der Prüfung, sondern darum geht, was unter „vorübergehend“ und „dauerhaft“ iSd Norm zu verstehen ist.

Legt man der Interpretation den Normzweck zugrunde, so liegt eigentlich nur eine systemkonforme Lösung auf der Hand: IS einer pensionsvermeidenden Gewährung muss einerseits untersucht werden, ob der Gesundheitszustand medizinisch in der Form verbessert werden kann, dass die versicherte Person eine Tätigkeit aus ihrem Verweisungsfeld ausüben kann, andererseits aber auch – und an dieser Stelle kommt es zu einem Widerspruch zur Ansicht des OGH* –, ob eine Verbesserung des Gesundheitszustandes so weit möglich ist, dass im Anschluss an die medizinische Rehabilitation eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden kann. Zutreffend ist – so wie der OGH ausführt –, dass nicht irgendeine Besserungsmöglichkeit des Gesundheitszustandes der versicherten Person entscheidend ist, sondern nur eine kalkülsrelevante Besserungsmöglichkeit berücksichtigt werden muss.* Was jedoch im neuen System nicht passt, ist der weitere Hinweis, dass bereits durch die Besserungsmöglichkeit des Gesundheitszustandes der versicherten Person die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt sein muss.* Die Pensionsleistung wird nunmehr nur noch als ultima ratio gewährt, wenn die Arbeitsfähigkeit der versicherten Person nicht mehr so weit gebessert werden kann, dass sie am Arbeitsmarkt wieder integriert werden kann. Warum bei dieser Beurteilung eine gesundheitliche Verbesserung außer Betracht bleiben sollte, die ermöglicht, dass die versicherte Person durch eine anschließende berufliche Rehabilitation wieder arbeitsfähig wird, erschließt sich nicht. Durch die Beurteilung des OGH wird die versicherte Person – so gut wie dauerhaft – vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Dieses Ergebnis widerspricht dem Normzweck der Neuregelungen.178

Eine Stütze für diese Argumentation findet sich im Gesetz und in den Materialien. So ist nach § 99 Abs 3 Z 1 lit b sublit cc ASVG das Rehabilitationsgeld zu entziehen, wenn unter Inanspruchnahme des Kompetenzzentrums Begutachtung festgestellt wird, dass berufliche Maßnahmen der Rehabilitation, bezogen auf das Berufsfeld, zweckmäßig und zumutbar sind. Dies setzt den Fall voraus, dass sich der Gesundheitszustand der versicherten Person während des Bezuges von Rehabilitationsgeld soweit verbessert hat, dass eine berufliche Rehabilitation, die anfänglich nicht möglich war, nunmehr durchgeführt werden kann, beschreibt also die hier vorliegende Situation. Überdies können bei einem Anspruch auf Rehabilitationsgeld nach § 367 Abs 4 letzter Satz ASVG die Feststellungen nach Z 1 – also ob und seit wann geminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt und ob ein Rechtsanspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation besteht und für welches Berufsfeld die versicherte Person durch diese Maßnahmen qualifiziert werden kann – auch erst im Bescheid zur Entziehung des Rehabilitationsgeldes erfolgen.

In den Materialien zum SRÄG 2012 erläutert der Gesetzgeber anlässlich der Einführung des Rehabilitationsgeldes überdies, dass dieses vom Krankenversicherungsträger geleistet wird, wenn zwar vorübergehend geminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, jedoch vorerst keine beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden können, weil noch eine nachhaltige Besserung des Gesundheitszustandes abzuwarten ist.* Auch diese Ausführungen sprechen klar für die hier vertretene Interpretation.

4.2.2.2.
Ansprüche bei vorübergehender geminderter Arbeitsfähigkeit

Der Anspruch auf berufliche Rehabilitation steht auch vorübergehend gemindert arbeitsfähigen Versicherten offen* und dieser ist vor dem Anspruch auf medizinische Rehabilitation zu prüfen. Beides lässt sich nunmehr völlig klar aus dem Gesetz ableiten. Aufgrund der jüngsten Verbesserungsarbeiten besteht der Anspruch auf berufliche Rehabilitation, wenn die Versicherten infolge ihres Gesundheitszustandes die Voraussetzungen für die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit oder das Rehabilitationsgeld erfüllen, wahrscheinlich erfüllen oder in absehbarer Zeit erfüllen werden. Damit wird klar auch die vorübergehende geminderte Arbeitsfähigkeit erfasst.

Die Ziffernfolge des § 367 Abs 4 ASVG spricht dafür, dass zunächst der Anspruch auf berufliche Rehabilitation zu prüfen ist. So schreibt Z 1 vor, dass der Versicherungsträger zunächst von Amts wegen festzustellen hat, ob und wann geminderte Arbeitsfähigkeit und ein Rechtsanspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation besteht und für welches Berufsfeld die versicherte Person rehabilitiert werden kann und erst nach Z 4 ist festzustellen, ob Anspruch auf Rehabilitationsgeld besteht. § 255b ASVG macht den Anspruch auf Rehabilitationsgeld davon abhängig, dass kein Anspruch auf zumutbare und zweckmäßige Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation besteht,* sodass schlüssig die berufliche Rehabilitationsmaßnahme als erstes zu prüfen ist.

Zusätzliches Argument dafür ist auch, dass im Fall der Durchführung einer Maßnahme ja auch gleichzeitig Anspruch auf eine medizinische Maßnahme der Rehabilitation besteht. § 253f ASVG enthält anders als §§ 143a iVm 255b ASVG keine Negativvoraussetzung im Hinblick auf eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme. Die versicherte Person hat also in diesem Fall Anspruch auf eine Maßnahme der beruflichen Rehabilitation entweder allein oder in Kombination mit einem Anspruch auf eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation und erhält nach § 39b AlVG Umschulungsgeld.

Die Durchführung der beruflichen Maßnahme der Rehabilitation ist nach § 253e Abs 4 ASVG insb aber dahingehend zu prüfen, ob sie für die versicherte Person zumutbar ist. Diese Zumutbarkeit wird an dieser Stelle häufig daran scheitern, dass die versicherte Person zunächst Anspruch darauf hat, dass ihr Gesundheitszustand verbessert wird. Und eine solche Verbesserung ist ja möglich, da ansonsten keine vorübergehende geminderte Arbeitsfähigkeit vorliegen würde.

In Ausnahmefällen ist aber jedenfalls vorstellbar, dass eine berufliche Rehabilitation für die versicherte Person einen weniger großen Eingriff darstellt als eine – möglicherweise langwierige – medizinische Rehabilitation. Diese Überprüfung der Zumutbarkeit kann an dieser Stelle nach § 366 Abs 4 ASVG auch ohne berufskundliche Beurteilung durch den Pensionsversicherungsträger erfolgen, wenn sich die Frage bereits aufgrund einer ärztlichen Untersuchung beantworten lässt. Auch diese Möglichkeit stützt die Auslegung, da die Zumutbarkeit der beruflichen Rehabilitation zunächst relativ unkompliziert geprüft werden kann.

Ist die berufliche Rehabilitation der versicherten Person nicht durchführbar, so hat sie Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253f ASVG und Rehabilitationsgeld.* Der Pensionsversicherungsträger hat gem § 367 Abs 4 einen Bescheid zu erlassen,* in den die konkrete Rehabilitationsmaßnahme nicht aufzunehmen ist.*

Der Katalog der möglichen medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nach § 302 Abs 1 ASVG, auf den § 253f ASVG verweist, wurde durch die letzte „Aus-179besserungsnovelle“ auf sogenannte Maßnahmen der medizinisch-berufsorientierten Rehabilitation (MBOR) erweitert. Dadurch hat die bisherige Praxis der Pensionsversicherungsträger, eine auf die Bedürfnisse der im Erwerbsleben stehenden Rehabilitanden zugeschnittene Weiterentwicklung der klassischen medizinischen Rehabilitation anzubieten, eine klare gesetzliche Grundlage erhalten.*

Weiters ist während des Bezuges von Rehabilitationsgeld auch die Gewährung von beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation nach § 303 ASVG – also ohne Rechtsanspruch – möglich, auch wenn die Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit in Bezug auf das Berufsfeld nicht vorliegen mag, es aber dennoch sinnvoll ist, niederschwellige berufliche Maßnahmen einzuleiten.* Damit wird es möglich, schon während des Rehabilitationsgeldbezuges den Kontakt zum Arbeitsmarkt aufrecht zu erhalten.*

Handelt es sich um eine versicherte Person, bei der die Arbeitsfähigkeit durch die medizinische Rehabilitation bloß so weit verbessert werden konnte, dass sie nunmehr gesundheitlich in der Lage ist, an einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen, ist das Rehabilitationsgeld nach § 99 Abs 3 Z 1 lit b sublit cc ASVG zu entziehen, und die versicherte Person hat Anspruch auf Gewährung der Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation nach § 253e ASVG und Umschulungsgeld nach § 39b AlVG.

4.2.3.
Dauerhafte geminderte Arbeitsfähigkeit
4.2.3.1.
Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation

Liegt die geminderte Arbeitsfähigkeit der versicherten Person dauerhaft vor, so ist zu überprüfen, ob ein Anspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253e ASVG besteht.

Finanziell abgesichert sind die Rehabilitanden während der Maßnahme durch die Gewährung von Umschulungsgeld durch das Arbeitsmarktservice gem § 39b AlVG. Nach der Reparatur im März 2017 haben Personen, für die bescheidmäßig festgestellt wurde, dass ein Rechtsanspruch auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253e ASVG besteht, Anspruch auf Umschulungsgeld.* Die entscheidende Anknüpfung ist nunmehr die bescheidmäßige Feststellung des Rechtsanspruchs auf berufliche Rehabilitation. Diese Pflicht zur bescheidmäßigen Erledigung des Anspruches ergibt sich aus § 367 Abs 1 Satz 2 ASVG iVm § 222 Abs 2 lit d ASVG, der ebenfalls erst im Rahmen der „Ausbesserungsnovelle“ ins ASVG aufgenommen wurde.*

4.2.3.2.

Hat die versicherte Person nach § 253e ASVG keinen Anspruch auf Gewährung von beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation, insb weil diese nicht zumutbar oder zweckmäßig sind, besteht nach § 254 Abs 1 ASVG bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Anspruch auf Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit.

5.
Resümee und Ausblick

Es ist an der Zeit, es nicht als Strafe, sondern – isoliert aus pensionsversicherungsrechtlicher Sicht betrachtet – ausschließlich positiv zu sehen, wenn versucht wird, möglichst viele Versicherte zu rehabilitieren. Entscheidend ist in erster Linie, dass den Versicherten in diesen schwierigen Situationen angemessene Hilfe zuteil wird.

Probleme gibt es jedoch noch sehr viele. Stellvertretend seien hier nur etwa die Höhe der Geldleistung oder auch die unbefristete Zuerkennung des Rehabilitationsgeldes genannt. Zweiteres scheint die Pensionsversicherungsträger faktisch fast dazu zu zwingen, bei erstmaliger Prüfung des Anspruches einen besonders strengen Maßstab anzulegen, da eine Entziehung des Rehabilitationsgeldes nur noch sehr schwierig möglich ist. Diese auf den ersten Blick positiv erscheinende Regelung der Konstruktion des Rehabilitationsgeldes als unbefristete Leistung erweist sich bei genauerer Betrachtung als zusätzliche Hürde für die Versicherten. Wie Erfahrungen aus der Praxis jedoch zeigen, sind die Versicherten zufrieden, sobald sich jemand – etwa so wie im Case-Management – um sie kümmert, sie nicht zwischen den Systemen hin- und hergeschoben und ihre Probleme ernst genommen werden.

Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Neuregelungen war mitunter zu lesen, dass es sich dabei legistisch um kein Kunstwerk handle.* In diesem Zusammenhang ist jedenfalls zu bedenken, dass es bedingt durch die punktuellen Änderungen sehr schwierig ist, hier ein homogenes Konzept gesetzlich zu verwirklichen. An den kürzlich beschlossenen Ausbesserungen ist dies deutlich zu sehen. Kaum jemand ist in der Lage, sämtliche Aus- und Wechselwirkungen einer Neuregelung auf einen Blick zu erkennen. Und so passiert es auch, dass selbst mit der Verbesserungsnovelle Fragen, wie etwa, warum in § 361 ASVG die Antragsfiktion nicht auf den Anspruch auf berufliche Rehabilitation erweitert wurde, offen bleiben. Entschließt man sich nicht zu einer umfassenden Änderung, wird es bei diesem unübersichtlichen Normendschungel bleiben.

Wenn man die aktuellsten Zahlen aus 2016 betrachtet, wird schnell klar, dass der Arbeitsmarkt180 wohl noch nicht bereit ist, um die rehabilitierten Personen aufzunehmen. Dies ist aber kein Thema, das dadurch nachhaltig gelöst werden kann, indem man an pensionsversicherungsrechtlichen Regelungen manipuliert, sondern vielmehr dadurch, dass endlich die Bereitschaft entsteht, an systemübergreifenden Lösungen zu arbeiten und sich von punktuellen Ausbesserungsversuchen zu verabschieden. Dann könnte man auch den Zukunftsängsten begegnen, denen Rehabilitanden ausgesetzt sind und durch arbeitsmarktpolitische Begleitmaßnahmen erreichen, dass nicht mehr befürchtet werden muss, dass eine Rehabilitation in die Arbeitslosigkeit erfolgt.