Körber-Risak/Wolf (Hrsg) Die Betriebsvereinbarung vor der Schlichtungsstelle

2. Auflage, Manz Verlag, Wien 2016 XLVI, 274 Seiten, broschiert, € 64,–

GÜNTHERLÖSCHNIGG (GRAZ/LINZ)

Während die Erstauflage des Werkes noch als „ZAS-spezial“ erschienen ist, wird die zweite Auflage als „normaler“ Sammelband herausgegeben. Das Konzept und die AutorInnen bleiben fast unverändert. Katharina Körber-Risak stellt die Entscheidungen der Schlichtungsstellen – gegliedert nach den Betriebsvereinbarungstatbeständen des ArbVG – vor, Martin Risak erörtert die Strukturen der erzwingbaren BV und Dieter Weiß behandelt das Verfahren vor den Schlichtungsstellen. Einzelnen besonders erheblichen Betriebsvereinbarungen sind Sonderbeiträge gewidmet: Körber-Risak diskutiert die BV über allgemeine Ordnungsvorschriften iSd § 97 Abs 1 Z 1 ArbVG, Wolfgang Mazal geht näher auf die Betriebsvereinbarungen zu den Grundsätzen der betrieblichen Beschäftigung von überlassenen AN iSd § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG ein, Remo Sacherer auf Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeitfragen und Christoph Wolf auf die Sozialplan-BV. Neu in Relation zur Erstauflage ist ein Beitrag von Josef Grünanger zu den beiden Betriebsvereinbarungstatbeständen des § 96a ArbVG, also zu den Betriebsvereinbarungen über Personaldatensysteme und über die Mitarbeiterbeurteilung.

Äußerst verdienstvoll und informativ ist die Sammlung der Schlichtungsstellenentscheidungen, da sowohl die Sachverhalte als auch die Begründungen zu den Entscheidungen ausführlich wiedergegeben werden. Gerade für die betriebliche Praxis werden damit die Wertungen der Schlichtungsstellen nachvollziehbar.

Dieser Praxisbezug – gepaart mit einem ausgezeichneten Fußnotenapparat zu Judikatur und Literatur – setzt sich vor allem im Beitrag von Weiß zum Verfahren fort.

Schwierig aufrecht zu halten ist diese positive Bewertung im Kapitel über die Betriebsvereinbarungstatbestände nach § 96a ArbVG, insb da die Darstellung der einzelnen Problemlagen sehr verkürzt erfolgt. Ein typisches Beispiel hiefür bildet die Verbindung zwischen Betriebsverfassung und Datenschutzrecht. Grünanger verweist darauf, „dass die Einhaltung der Voraussetzungen der Vorschriften nach den §§ 50a ff DSG unabhängig von der betrieblichen Mitbestimmung geprüft werden muss“ (S 155). Dem ist vollinhaltlich zuzustimmen. Wenn allerdings nach § 50a Abs 5 DSG die Videoüberwachung zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle an Arbeitsstätten untersagt ist, dann kann man sich bei der Darstellung des Umfangs von Mitwirkungsrechten nicht mit dieser Aussage begnügen. Bei einer derartigen Begrenzung der Videoüberwachung im Datenschutzrecht bleiben für die Befugnis nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG nur mehr Grenzbereiche. Die Hinweise auf weiterführende Literatur sind in diesem Beitrag so beschränkt, dass etwa bei den Personaldatensystemen die thematisch einschlägigen Monographien nicht einmal erwähnt werden. Dies erstaunt, da beispielweise das Kapitel zur „Videoüberwachung am Arbeitsplatz“ in Grünanger/Goricnik, Arbeitnehmer-Datenschutz und Mitarbeiterkontrolle, auch von Grünanger verfasst, dort ausgewogen und umfassend diskutiert wird.

Nicht unwidersprochen kann der Hinweis von Körber-Risak hingenommen werden, wonach der Rezensent (Löschnigg, Arbeitsrecht12 [2015] Rz 11/079) beim Begriff der formellen Arbeitsbedingungen „unrichtig an das einseitige Gestaltungsrecht als Unterscheidungskriterium anknüpft“ (S 163, FN 285). Die Begriffsbildung in dem Sinn, dass „formelle Arbeitsbedingungen regelmäßig als solche bezeichnet werden, die dem Einfluss des Weisungsrechts des Dienstgebers unterliegen“ – so wörtlich meine Ausführungen –, mag unter Umständen nicht zweckdienlich sein, man wird sie aber wissenschaftstheoretisch nicht als richtig oder falsch qualifizieren können. Sie steht auch auf soliden Argumentationsgrundlagen. So stellte etwa Jabornegg nach einer sorgsamen Aufarbeitung des Meinungsstandes und ausführlicher Würdigung der Materialien zu § 97 Abs 1 Z 1 ArbVG fest, „dass unter formellen Arbeitsbedingungen jene zu verstehen sind, die einseitig durch Weisung des Arbeitgebers geregelt werden können“ (

). Eine vergleichbar tiefgreifende Diskussion fehlt leider bei Körber-Risak. Sie kommt auch zu keinen neuen Ergebnissen, sondern verwirrt sprachlich eher, wenn sie formuliert: „Tomandl folgend knüpft der BV-Tatbestand des § 97 Abs 1 Z 1 ArbVG an einem solcherart definierten »formellen Weisungsrecht « an ...“. Der Betriebsvereinbarungstatbestand ist zweifellos nicht Tomandl gefolgt, sondern Tomandl zufolge wäre es im zitierten Sinn zu verstehen.

Sehr gut bearbeitet ist die „Sozialplan-Betriebsvereinbarung“ von Wolf. So wird etwa die Hauptvoraussetzung des Sozialplans, die Entstehung von wesentlichen Nachteilen für die AN, hinsichtlich der Spruchpraxis der Schlichtungsstellen und der Literatur ausführlich analysiert und mit eigenen Lösungsansätzen versehen.240