LukesDer betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat
Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2016 402 Seiten, € 113,–
LukesDer betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat
Die Arbeit von Lukes befasst sich mit einer im deutschen Rechtsbereich umstrittenen Fragestellung. Kann der AG gegen die betriebliche AN-Vertretung einen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch für sich in Anspruch nehmen, wenn der BR bei seiner Interessenvertretungsaufgabe die ihm vom Gesetz gezogenen Grenzen verletzt? Die Brisanz dieser Frage ergibt sich schon daraus, dass das Bundesarbeitsgericht darauf unterschiedliche Antworten gegeben hat. War vormals das höchste deutsche Arbeitsgericht noch der Auffassung, der AG könne gegenüber dem BR auf einen solchen Unterlassungsanspruch zurückgreifen, vertritt das Bundesarbeitsgericht – und ihm folgend die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit – seit dem Jahr 2010 die genau gegenteilige Position. Diesen Judikaturwandel nimmt Lukes zum Anlass, um im bewussten Kontrast zur gegenwärtigen Judikatur die Existenz eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG im deutschen Recht nachzuweisen.
Lukes entfaltet dabei seine Argumentation in mehreren Schritten. Am Beginn steht eine Auseinandersetzung mit den Argumenten, die das Bundesarbeitsgericht gegen einen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch des AG ins Treffen führt. Dabei zeigt Lukes mithilfe der vier anerkannten Elemente der Gesetzesauslegung sehr instruktiv, dass die pauschale Ablehnung eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG nicht der Konzeption der Rechtsordnung entspricht.
Darauf aufbauend begibt sich Lukes auf die Suche nach der rechtlichen Begründung eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG. Wiederum nutzt Lukes in vorbildlicher Weise das Instrumentarium der juristischen Interpretationsmethodik, um seine Beweisführung zu stützen. Insb kann Lukes im Rahmen dieses Abschnitts seiner Arbeit zeigen, dass eine rein prozessrechtliche Absicherung des AG über eine einstweilige Verfügung ohne Unterlassungsanspruch nicht überzeugt, sodass Lukes richtigerweise eine materiellrechtliche Fundierung des Unterlassungsanspruchs des AG ins Auge fasst. Dabei prüft Lukes unterschiedliche normative Ansatzpunkte, um die Existenz eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG zu begründen. Lukes widmet sich in diesem Zusammenhang zunächst der Frage nach einer verfassungsrechtlichen Absicherung. Art 19 Abs 4 GG garantiert zwar einen Anspruch auf einen effektiven Rechtsschutz, allerdings setzt diese Norm die Existenz eines Anspruchs bereits voraus und kann einen solchen aber nicht (neu) begründen. Auch § 2 Abs 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz), der das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen AG und BR statuiert, kommt nach Lukes nicht als Rechtsgrundlage eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG in Betracht. Ausschlaggebend dafür ist, dass § 2 Abs 1 BetrVG trotz der Begründung eines spezifischen gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen326AG und betrieblicher AN-Vertretung keine anspruchsbegründende Wirkung zukommt, da dieser Norm nicht entnommen werden kann, worin genau das den Gegenstand eines potenziellen Unterlassungsanspruchs bildende Unterlassen bestehen soll. Lukes sieht daher nur die Koinzidenz von Rechtszuweisung und Rechtsschutz als taugliche Grundlage eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG an. Damit ist gemeint, dass bereits aus der Zuweisung eines subjektiven Rechts für den Berechtigten daraus unmittelbar der Anspruch auf negatorischen Rechtsschutz folge. Diesen Grundansatz nutzt Lukes, um die Existenz eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG insgesamt zu bejahen.
Im letzten Abschnitt seiner Arbeit untersucht Lukes detailliert die einzelnen pflichtenstatuierenden Vorschriften des deutschen Betriebsverfassungsrechts, die als mögliche Grundlage eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs in Frage kommen könnten. Dabei spricht sich Lukes ua dafür aus, die von § 74 Abs 2 Satz 1 BetrVG verbotene Vornahme von Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen AG und BR als Gegenstand eines betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs des AG einzuordnen. Auch bei der Regelung von § 74 Abs 2 Satz 3 1. Halbsatz BetrVG, wonach AG und BR jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen haben, bejaht Lukes die Sicherung dieser Vorgabe gegenüber dem BR im Wege eines Unterlassungsanspruchs des AG.
Als Fazit bleibt ein überaus positiver Eindruck. Lukes gelingt es nämlich, seine Ausführungen in einer kompakten und stringenten Weise darzustellen. Dabei scheut Lukes die Auseinandersetzung mit gegenteiligen Auffassungen in Literatur und Judikatur nicht und untermauert seine eigenen Positionen mit überzeugenden und durchdachten Argumenten. Diese Arbeit wird daher mit Sicherheit die weitere Diskussion zu diesem Themenfeld im deutschen Rechtsbereich prägend bestimmen.