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Grundlage und Durchsetzbarkeit eines nach § 332 ASVG legalzedierten Anspruchs durch das System der Krankenanstaltenfinanzierung nicht berührt

KARLSTÖGER (GRAZ)
§§ 332 Abs 1, 148 ASVG; Art 15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens 2008-2016, BGBl I 2008/105BGBl I 2008/105 idF BGBl I 2013/199BGBl I 2013/199
  1. Die teilweise durch Pauschalbeiträge der SV (Krankenversicherungsträger) erfolgende Finanzierung der Behandlung einer Versicherten bzw eines Versicherten in einer Fondskrankenanstalt (§ 148 ASVG) schließt es bei Behandlungsfehlern in einer solchen Krankenanstalt nicht aus, dass ein Schadenersatzanspruch der bzw des Versicherten gem § 332 Abs 1 ASVG im Wege der Legalzession an den Krankenversicherungsträger übergeht.

  2. Streitigkeiten zwischen Krankenversicherungsträger und Krankenanstaltenträger betreffend einen legalzedierten Schadenersatzanspruch gem § 332 ASVG fallen in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte und nicht einer krankenanstaltenrechtlichen Schiedskommission.

Eine bei der klagenden Gebietskrankenkasse (GKK) versicherte Person wurde in einer Krankenanstalt der bekl Krankenhaus-Betriebsgesellschaft behandelt. Aufgrund eines dabei unterlaufenen Behandlungsfehlers waren weitere Behandlungen in Anstalten der Bekl erforderlich, wofür der – ua von der Kl finanzierte – Landesgesundheitsfonds der Bekl 5.530,73 € zahlte. Die Kl selbst trug durch den Behandlungsfehler verursachte Kosten für Physiotherapie, ärztliche Behandlung und Heilbehelfe von 415,18 €. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch in Zukunft Behandlungen erforderlich sein werden. Der Haftpflichtversicherer der Bekl ersetzte der Kl bisher 2.351,25 €, sodass 3.594,66 € offen sind.

Die Kl begehrt diesen Betrag samt Zinsen sowie die Feststellung der Haftung der Bekl für alle (gemeint: zukünftig) im Weg der Legalzession auf sie übergehenden Ansprüche aufgrund der Fehlbehandlung in der Anstalt der Bekl. Sie stützt sich auf § 332 Abs 1 ASVG, wobei der Anspruchsübergang nach Satz 2 dieser Bestimmung auch die Zahlungen des Landesgesundheitsfonds erfasse.

Die Bekl wendet die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein und bestreitet den Anspruch in der Sache. Zwischen den Parteien bestehe ein Vertragsverhältnis, weswegen die Streitigkeit nach § 53 Vlbg Landesgesundheitsfondsgesetz durch die danach eingerichtete Schiedskommission zu entscheiden sei; das schließe den Rechtsweg aus. § 332 Abs 1 S 2 ASVG sei im Zusammenhang mit der Schaffung einer leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung durch die Vereinbarung nach Art 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000, BGBl I 1997/111, in das ASVG eingefügt worden. Er habe den Zweck, Ansprüche des Geschädigten gegen Dritte auch dann den Bestimmungen über die Legalzession zu unterwerfen, wenn der Aufwand nicht den Sozialversicherungsträger, sondern den Landesgesundheitsfonds treffe. Hingegen sollte das Verhältnis zwischen Sozialversicherungsträgern, Landesgesundheitsfonds und Krankenanstalten mit der Art 15a-Vereinbarung abschließend geregelt werden, was dem Regressanspruch entgegenstehe. Dies könne insb durch eine Einvernahme der seinerzeitigen Verhandler erwiesen werden. Abgesehen davon sei die Schädigung beim Erbringen einer sozialversicherungsrechtlichen Sachleistung erfolgt; die Bekl sei insofern Erfüllungsgehilfin der Kl gewesen. Diese sei daher im Außenverhältnis selbst als Schädigerin anzusehen, was die Anwendung von § 332 ASVG ebenfalls ausschließe. Zudem bestehe zwischen den Streitteilen seit Jahren eine Vereinbarung, wonach bei Kunstfehlern keine Regressansprüche geltend gemacht würden.

Die Kl hält dem entgegen, dass es keine solche Vereinbarung gebe und § 332 Abs 1 ASVG auch Ansprüche erfasse, die sich aus Fehlbehandlungen in fondsfinanzierten Krankenanstalten ergäben.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs, weil die Kl den Anspruch auf § 332 ASVG stütze, wofür die nach § 53 Vlbg Landesgesundheitsfondsgesetz eingerichtete Schiedskommission nicht zuständig sei. In der Sache gab es der Klage statt. Es konnte weder eine ausdrückliche Vereinbarung noch eine langjährige Übung der Streitteile feststellen, wonach die Kl bei Behandlungsfehlern keine Rückgriffsansprüche geltend machen dürfe. Damit sei ausschließlich § 332 Abs 1 ASVG anwendbar. Dieser unterscheide nicht danach, ob der Schädiger eine Krankenanstalt oder ein Dritter sei. Auch den Materialien sei eine solche Differenzierung nicht zu entnehmen. Zwei von der Bekl geführte Zeugen zur Auslegung der Bund-Länder-Vereinbarung 1997 vernahm das Erstgericht nicht.

Gegen diese E richtete sich eine Berufung der Bekl [...].

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit und gab ihr im Übrigen nicht Folge. [...]. [Es] ließ die Revision nachträglich wegen des Fehlens höchstgerichtlicher Rsp zur möglichen Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 332 Abs 1 ASVG zu. [...]

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Die Verwerfung der Nichtigkeitsberufung ist nicht anfechtbar (RIS-Justiz RS0043405). Abgesehen davon trifft die Entscheidung der Vorinstanzen auch inhaltlich zu.

1.1. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs sind der Wortlaut des Klagebegehrens und die Klagebehauptungen maßgebend (RIS-Justiz RS0045584; RS0045644). Unerheblich ist dagegen, was der Bekl einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist; es kommt nur268darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (RIS-Justiz RS0045584 [T4, T57]; zuletzt etwa 3 Ob 26/15t).

1.2. Im vorliegenden Fall macht die Kl einen Schadenersatzanspruch geltend, der nach § 332 ASVG auf sie übergegangen sei. Dafür begründet § 356 ASVG die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Sollte das Vorbringen der Bekl zur Auslegung von § 332 Abs 1 ASVG oder zum Bestehen einer die Legalzession ausschließenden Vereinbarung zutreffen, wäre die Klage in der Sache abzuweisen; auf die Zulässigkeit des Rechtswegs hätte das keinen Einfluss.

2. Für die von der Bekl vertretene teleologische Reduktion von § 332 Abs 1 ASVG besteht kein Anlass.

2.1. [...] Die mit [§ 332 Abs 1 ASVG] angeordnete Legalzession hat einen zweifachen Zweck: Der Schädiger soll nicht durch eine Leistung des Sozialversicherungsträgers entlastet, der Geschädigte aber auch nicht durch eine zweifache Leistung begünstigt werden (8 Ob 79/77, SZ 50/76; RISJustiz RS0085212; Atria in

Sonntag
, ASVG7 [2016] § 332 Rz 1; Neumayr in
Schwimann
3 § 332 Rz 6).

2.2. § 332 Abs 1 Satz 2 ASVG hat an dieser Zielsetzung nichts geändert.

§ 332 Abs 1 Satz 2 und 3 ASVG wurden im Wesentlichen mit dem 2. SRÄG 1996, BGBl I 1996/764, eingeführt. Grundlage dafür war die zum 1.1.1997 erfolgte Umgestaltung der leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung (zur früheren Rechtslage 3 Ob 251/15f mwN; zum Folgenden 2 Ob 95/11aSVSlg 60.597; Resch in

Resch/Wallner
, Handbuch Medizinrecht2 [2015] Kap XVII Rz 25 ff): Seither leisten die Sozialversicherungsträger nach § 447f Abs 1 ASVG Pauschalbeiträge an die Landesgesundheitsfonds, die (zusammen mit hier nicht weiter relevanten Zahlungen aus einem Ausgleichsfonds und mit Beiträgen der Versicherten) alle Leistungen abgelten, die in § 148 ASVG genannte („fondsfinanzierte“) Krankenanstalten für Versicherte und deren anspruchsberechtigte Angehörige erbringen. Die Landesgesundheitsfonds werden – abgesehen von den Beiträgen der Sozialversicherungsträger – durch Bund und Länder finanziert; sie gelten den von ihnen finanzierten Krankenanstalten die von diesen erbrachten Leistungen ab.

§ 332 Abs 1 Satz 2 ASVG stellt in diesem Zusammenhang klar, dass der Regress des Sozialversicherungsträgers nicht auf seine (anteiligen) Beiträge an den jeweiligen Landesgesundheitsfonds beschränkt ist. Vielmehr sind die Leistungen des Fonds an die Krankenanstalt als Kosten der Anstaltspflege anzusehen, was im Anwendungsbereich des § 332 Abs 1 ASVG zur Annahme sachlicher Kongruenz mit dem Schadenersatzanspruch des Geschädigten und damit zum Übergang von dessen Schadenersatzanspruch auf den Sozialversicherungsträger führt (2 Ob 95/11a). § 332 Abs 1 Satz 3 ASVG ergänzt dies dahin, dass im Regressweg hereingebrachte Beträge abzüglich eines Verwaltungskostenersatzes an den jeweiligen Landesgesundheitsfonds weiterzuleiten sind. Der Schädiger soll daher auch dann nicht entlastet werden, wenn eine von ihm zu vertretende Heilbehandlung nicht (unmittelbar) vom Sozialversicherungsträger, sondern vom zuständigen Landesgesundheitsfonds finanziert wird (dies übersieht möglicherweise Rebhahn, FS Iro [2013] 187 [199], der meint, das „‚geniale‘ System der österreichischen Spitalsfinanzierung“ verhindere einen Regress).

2.3. Der Wortlaut von § 332 Abs 1 ASVG enthält keine Ausnahme für den hier vorliegenden Fall, dass jene Krankenanstalt, die vom Landesgesundheitsfonds Leistungen für bestimmte Behandlungen erhält, zugleich für die diesen Behandlungen zugrunde liegenden Gesundheitsschäden verantwortlich ist. Der oben dargestellte Zweck dieser Bestimmung – keine Entlastung des Schädigers durch Sozialversicherungsleistungen – steht einer solchen Ausnahme entgegen. Denn sie führte dazu, dass das Risiko der Fehlbehandlung nicht die dafür verantwortliche Krankenanstalt, sondern die den Landesgesundheitsfonds finanzierende Allgemeinheit (Sozialversicherungsträger und Gebietskörperschaften) tragen müsste. Dass dies gewollt gewesen wäre, kann den Materialien (394 BlgNR 20. GP) nicht entnommen werden.

2.4. Die dagegen gerichteten Einwände der Bekl können nicht überzeugen.

(a) Die Bekl vertritt im Kern die Auffassung, dass die Pauschalierung der von den Sozialversicherungsträgern an die Landesgesundheitsfonds zu leistenden Beiträge auch das Risiko einer Fehlbehandlung durch eine fondsfinanzierte Krankenanstalt erfasse. Träfe das zu, müsste die Legalzession konsequenterweise auch dann verneint werden, wenn der Sozialversicherungsträger aufgrund der Fehlbehandlung Leistungen an Dritte erbrachte, hier also die Leistungen für Physiotherapie, ärztliche Behandlung und Heilbehelfe. Weder dafür noch für einen auf Behandlungen in der Krankenanstalt beschränkten Regressausschluss bietet das System der leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung aber eine Grundlage: Nach Art 25 Abs 1 der nunmehr geltenden Vereinbarung nach Art 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I 2008/105 idF BGBl I 2013/199, sind „mit den Zahlungen der Träger der Sozialversicherung gemäß dieser Vereinbarung an die Landesgesundheitsfonds [...] alle Leistungen der Krankenanstalten gemäß Art 18 Abs 3 und 4, insbesondere im stationären, halbstationären, tagesklinischen und spitalsambulanten Bereich einschließlich der durch den medizinischen Fortschritt resultierenden Leistungen für Versicherte und anspruchsberechtigte Angehörige der Träger der Sozialversicherung zur Gänze abgegolten.

Entsprechende Regelungen gab es bereits in Art 11 der Vereinbarung nach Art 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000, BGBl I 1997/111, und in den Folgevereinbarungen. Sie betreffen schon nach ihrem Wortlaut nur die Abgeltung für Leistungen der Krankenanstalten, nicht jedoch die Folgen von bei diesen Leistungen unterlaufenen Behandlungsfehlern. Es269wäre zwar nicht ausgeschlossen, die Pauschalierung auch darauf zu erstrecken. Der mit der Vereinbarung angestrebten Leistungsorientierung (vgl 382 BlgNR 20. GP 22) liefe ein solches Modell aber zuwider, da es Krankenanstalten begünstigte, die aufgrund geringerer Qualitätsstandards eine höhere Zahl von Behandlungsfehlern aufwiesen als andere. Mangels jeden Hinweises im Wortlaut der Vereinbarung kann dies den vertragschließenden Teilen nicht unterstellt werden. Damit fehlt aber auch jeder Grund für eine darauf gestützte teleologische Reduktion von § 332 Abs 1 ASVG.

(b) Die subjektiv-historische Interpretation hat sich grundsätzlich an den Gesetzesmaterialien zu orientieren; die Einvernahme von Personen, die am Gesetzgebungsprozess beteiligt waren, ist unzulässig (4 Ob 37/50JBl 1950, 507; RIS-Justiz RS0008879; Posch in

Schwimann/Kodek
, ABGB4 § 6 Rz 16, 19; G. Kodek in
Rummel/Lukas
4 § 6 Rz 92; aA Kerschner/Kehrer in Klang3 §§ 6, 7 Rz 33, die eine [hier allerdings nicht beantragte] Einvernahme von Abgeordneten für möglich halten). Die Vorinstanzen haben daher zutreffend keine Schlüsse aus der Aussage eines dazu vernommenen Zeugen – der als Ländervertreter an Verhandlungen beteiligt war – gezogen und auch keine weiteren dazu beantragten Zeugen vernommen. Abgesehen davon stünde eine solche Absicht der an den Verhandlungen beteiligten Personen, die sich weder im Wortlaut der Bestimmungen noch in den Materialien widerspiegelt, im Widerspruch zum dort ausdrücklich genannten Ziel einer leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung. Sie könnte daher auch im Fall der Erweisbarkeit nicht zu einer anderen Auslegung führen.

(c) Das Argument der Bekl, ihr Verhalten sei der Kl aufgrund des sozialversicherungsrechtlichen Sachleistungsprinzips nach § 1313a ABGB der Kl zuzurechnen, was Regressansprüche ausschließe, ist nicht nachvollziehbar. Auch bei einer Einweisung nach § 145 ASVG kommt ein Behandlungsvertrag zwischen der Krankenanstalt und dem Patienten zustande (RIS-Justiz RS0049777; allgemein zum Behandlungsvertrag mit Krankenanstalten Jesser-Huß in

Resch/Wallner
[Hrsg], Handbuch Medizinrecht2 Kap III Rz 10 f mwN). Die Bekl haftet daher einem Patienten, der durch einen ihr nach § 1313a ABGB zurechenbaren Behandlungsfehler geschädigt wurde, aus Vertrag. Weshalb das sozialversicherungsrechtliche Sachleistungsprinzip die Legalzession dadurch begründeter Schadenersatzansprüche ausschließen sollte, ist nicht erkennbar. (d) Ebensowenig kann die Unzulässigkeit der Legalzession allein daraus abgeleitet werden, dass die Beziehungen zwischen den Streitteilen nach § 148 Z 10 ASVG auf vertraglicher Grundlage beruhen. Wenn überhaupt, könnte sich diese Rechtsfolge nur aus dem Inhalt dieser Verträge ergeben. Die Vorinstanzen konnten aber weder einen ausdrücklichen Verzicht auf die Legalzession noch eine langjährige diesbezügliche Übung feststellen. Daher kann offen bleiben, ob ein solcher Verzicht überhaupt zulässig wäre oder ob er nicht zumindest der Schriftform bedürfte (§ 148 Z 10 letzter Satz ASVG).

3. Aus diesen Gründen muss die Revision der Bekl scheitern. Die diese E tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:

Die Finanzierung der Behandlung von Versicherten in fondsfinanzierten Krankenanstalten (§ 148 ASVG) ua durch Pauschalbeiträge der Sozialversicherungsträger (§ 447f ASVG) schließt bei Behandlungsfehlern in solchen Krankenanstalten die Anwendung von § 332 Abs 1 ASVG nicht aus. [...]

ANMERKUNG

Rechtsstreitigkeiten, die Fragen der Krankenanstaltenfinanzierung berühren, sind meist etwas schwer verständlich. Das gilt auch für den vorliegenden Fall, obwohl die Lösung des OGH nicht nur sehr klar, sondern aus meiner Sicht auch völlig zutreffend ist. Insoweit scheint es durchaus angebracht, den Sachverhalt an dieser Stelle nochmals zusammenzufassen.

Ein bei der klagenden GKK krankenversicherter Patient war in einer fondsfinanzierten Krankenanstalt des bekl Krankenanstaltenträgers fehlerhaft behandelt worden. Daraus folgte die Notwendigkeit weiterer Anstaltsbehandlungen, die ebenfalls in Fondskrankenanstalten desselben Krankenanstaltenträgers erfolgten. Bezahlt wurden diese Behandlungen allesamt durch LKF-Gebührenersätze des zuständigen Landesgesundheitsfonds, daneben trug die GKK selbst auch (offenbar nicht stationäre) Kosten. Die Haftpflichtversicherung des bekl Krankenanstaltenträgers bezahlte der klagenden GKK nicht den gesamten von ihr und dem Landesgesundheitsfonds gemeinsam aufgewendeten Betrag.

Die klagende GKK machte den ausstehenden Rest geltend und begehrte Feststellung der Haftung des Krankenanstaltenträgers auch für zukünftige Schadenersatzansprüche des Patienten, welche gem § 332 Abs 1 ASVG auf sie übergehen würden. Die ersten zwei Sätze dieser Bestimmung lauten: „Können Personen, denen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Leistungen zustehen oder für die als Angehörige gemäß § 123 Leistungen zu gewähren sind, den Ersatz des Schadens, der ihnen durch den Versicherungsfall erwachsen ist, auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften beanspruchen, geht der Anspruch auf den Versicherungsträger insoweit über, als dieser Leistungen zu erbringen hat. Der Anspruch umfaßt auch die Aufwendungen des Landesgesundheitsfonds, die nach § 148 Z 2 [ASVG] von der Krankenanstalt in Rechnung gestellt werden.“ Den Hintergrund dieser Bestimmung – keine Entlastung des Schädigers, aber auch kein „doppelter Vorteil“ für den Geschädigten – erläutert der OGH in Pkt 2.1. des besprochenen Urteils.

Der bekl Krankenanstaltenträger wandte gegen den Anspruch der klagenden GKK zum einen ein, dass er mit dieser durch einen Krankenanstaltenvertrag nach § 148 ASVG verbunden wäre. Daher seien nach der entsprechenden landesrechtlichen Bestimmung – die in Ausführung des Art 47 Abs 1 Z 2 der Art 15a-Vereinbarung über270Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens 2008-2016 (BGBl I 2008/105 idF BGBl I 2013/199) erging – Streitigkeiten zwischen ihnen vor der krankenanstaltenrechtlichen Schiedskommission als Verwaltungsbehörde und nicht vor den ordentlichen Gerichten auszutragen. Zum anderen bezeichnete er die klagende GKK als seine Erfüllungsgehilfin bei Erfüllung der sozialversicherungsrechtlich gebotenen Behandlung, weshalb sie ebenfalls als Schädigerin anzusehen sei. Und schließlich behauptete er das Bestehen einer Vereinbarung, nach der die GKK keine Regressansprüche aus Kunstfehlern geltend machen würde.

Letzteres, dh das Bestehen einer Vereinbarung, konnte der bekl Krankenanstaltenträger nicht beweisen. Das Thema wurde in der Revision daher auch nur unter Pkt 2.4.d. kurz gestreift, darauf ist noch weiter unten kurz zurückzukommen. Zu den anderen beiden Einwendungen nahm der OGH hingegen näher Stellung.

Die Argumentation, ein Sozialversicherungsträger sei Erfüllungsgehilfe einer behandelnden Fondskrankenanstalt, bezeichnet der OGH zu Recht als nicht nachvollziehbar. Aus dem Sachleistungsprinzip ergibt sich nämlich keine Pflicht des Sozialversicherungsträgers, eine versicherte Person zu behandeln. Er hat seinen Versicherten nur zu ermöglichen, Behandlungsverträge gegen Direktverrechnung abzuschließen (und wenn dies nicht möglich ist, einen Kostenzuschuss zu leisten). Die Behandlung schuldet einzig der Krankenanstaltenträger aus dem durch die Aufnahme entstandenen Behandlungsvertrag, dies gilt auch im System der Fondsfinanzierung. Der Sozialversicherungsträger leistet zur medizinischen Behandlung selbst keinen Beitrag und ist daher schon auf Grund zivilrechtlicher Grundsätze nicht als Erfüllungsgehilfe anzusehen (vgl dazu auch Felten, Das Leistungsrecht der Krankenversicherung, in

Tomandl
[Hrsg], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts [28. ErgLfg 2015] 183 [188]: „[D]ie Sachleistungspflicht reicht nicht bis zur Naturalleistungspflicht; die Erbringung der ärztlichen Dienste selbst schuldet der Krankenversicherungsträger nicht“).

Im Mittelpunkt der zu besprechenden E steht freilich der erste Einwand des bekl Krankenanstaltenträgers, nämlich dass jede Streitigkeit zwischen dem Träger einer Fondskrankenanstalt und einem Sozialversicherungsträger vor die krankenanstaltenrechtliche Schiedskommission im jeweiligen Bundesland gehört – und nicht auf den ordentlichen Rechtsweg vor die Zivilgerichte. In prozessualer Sicht führte der OGH zu dieser Frage freilich aus, dass die Klage jedenfalls nicht wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen gewesen wäre. Da nämlich die Kl ausdrücklich einen vor die ordentlichen Gerichte gehörenden Schadenersatzanspruch geltend machte, hatte der OGH über dessen Bestehen zu entscheiden. Wäre § 332 ASVG daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen, hätte der OGH die Klage nur abweisen können (siehe Pkt 1.2. der rechtlichen Beurteilung).

Der OGH hat die Ansicht einer Zuständigkeit der Schiedskommission abgelehnt, ein Ergebnis, dem uneingeschränkt zuzustimmen ist. Zu diesem Ergebnis gelangt er über eine zutreffende Auslegung der – freilich selbst nicht unmittelbar anwendbaren – Art 15a-Vereinbarung über Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens 2008-2016. Er geht davon aus, dass diese ausschließlich Fragen der Abgeltung von Leistungen der Fondskrankenanstalten regeln sollte, nicht aber die Folgen von deren Behandlungsfehlern (Pkt 2.4.a. des Urteils). Insoweit hätte sie auf die Legalzession nach § 332 Abs 1 ASVG keine unmittelbaren Auswirkungen gehabt (abgesehen natürlich von der Berechnung der Höhe des abzutretenden Anspruchs, da sich dieser ja aus Aufwendungen des Landesgesundheitsfonds und nicht des Krankenversicherungsträgers selbst ergibt). Eine entgegenstehende Ansicht sei den Materialien zur Vereinbarung nicht zu entnehmen, so dass für eine einschränkende – „Art 15a-konforme“ – Auslegung des § 332 ASVG kein Anlass bestehe. Zudem würde es sich mit einem leistungsorientierten System schlecht vertragen, wenn „Fehlleistungen“ dadurch belohnt würden, dass sie zu einer Entlastung des schädigenden Krankenanstaltenträgers führen würden. Zutreffend geht der OGH in Pkt 2.4.b. in diesem Zusammenhang mit der hL davon aus, dass für eine historische Auslegung die Gesetzesmaterialien heranzuziehen sind, nicht aber die Vernehmung einzelner am Entstehungsprozess mitwirkender Personen (VerhandlerInnen). Ein gegenteiliges Verständnis wäre auch der Rechtssicherheit nicht dienlich, da es sich bei den Gesetzesmaterialien um einen „objektiven“, bei Zeugenaussagen von Verhandlungsteilnehmern hingegen letztlich stets um einen „subjektiven Maßstab“ handelt.

Das Ergebnis des OGH ist mE aber auch auf einem anderen Weg, nämlich durch eine Auslegung nur der einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmungen zur Art 15a-Vereinbarung erzielbar. Dabei handelt es sich um § 148 (insb Z 10) ASVG (eine krankenanstaltenrechtliche Grundsatzbestimmung, die in allen Bundesländern umgesetzt ist – für Vorarlberg vgl § 97 [insb Abs 6 bis 8] SpitalG, LGBl 2005/54 idgF) einerseits und – im konkreten Fall – um die Zuständigkeitsumschreibung der Schiedskommission in § 53 Abs 1 lit b vbg LandesgesundheitsfondsG, LGBl 2013/45, andererseits. Die erste Bestimmung sieht vor, dass „[d]ie Beziehungen der Versicherungsträger zu den Krankenanstalten [...] durch privatrechtliche Verträge geregelt“ werden. Zum Inhalt dieser Krankenanstaltenverträge gehören nach der im hier zu besprechenden Urteil anzuwendenden Rechtslage Fragen der Durchführung der Behandlung sozialversicherter Patienten in Fondskrankenanstalten (dh im Wesentlichen die Erbringung und Dokumentation erbrachter Leistungen), nicht aber der gesetzlich zwingend geregelte Übergang von Schadenersatzansprüchen eines Versicherten an die SV. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass diese beiden Fragen verschiedenen Kompetenzmaterien zugeordnet sind. Krankenanstaltenverträge und ihre Inhalte fallen, wie schon die Eigenschaft des § 148 ASVG als Grundsatzbestimmung zeigt, unter den Kompetenztatbestand „Heil- und Pflegeanstalten“ in Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG, während § 332 Abs 1 ASVG auf Art 10 B-VG (Gesetzgebung und Vollzie-271hung Bund) gestützt ist – ob auf das Sozialversicherungswesen oder das Zivilrechtswesen kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben. Insoweit sieht § 332 Abs 1 ASVG – was der OGH auch festgehalten hat – eben keine Ausnahme für Schadenersatzansprüche vor, die durch die Behandlung einer Patientin bzw eines Patienten in einer Fondskrankenanstalt entstanden sind.

Gar nicht so leicht zu lösen ist daher die vom OGH zwar kurz angesprochene, aber mangels Nachweisbarkeit eines Verzichts nicht entscheidungsrelevante und daher auch nicht weiter behandelte Frage, ob ein Sozialversicherungsträger gegenüber einem Krankenanstaltenträger auf einen Anspruch nach § 332 ASVG in einem Krankenanstaltenvertrag überhaupt verzichten kann. ME kann er das nicht, weil es sich dabei schon aus kompetenzrechtlicher Sicht nicht um den Inhalt eines Krankenanstaltenvertrages iSd § 148 Z 10 ASVG handelt. Würde dennoch Entsprechendes in einem Krankenanstaltenvertrag vereinbart, könnte diese Vereinbarung mE nur in einen einseitig erklärten Verzicht des Krankenversicherungsträgers auf Erhebung einer Klage nach § 332 ASVG umgedeutet werden, der aber durch den Krankenanstaltenträger nicht durchsetzbar wäre.

Aus dem zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass Ansprüche nach § 332 Abs 1 ASVG nicht Inhalt eines Krankenanstaltenvertrages iSd § 148 Z 10 ASVG sein können. Damit fallen sie aber auch nicht in die Zuständigkeit der krankenanstaltenrechtlichen Schiedskommission, was – im konkreten Fall, freilich gleichlautend mit der Vorgabe in Art 47 Abs 1 der Art 15a-Vereinbarung über Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens 2008-2016 – die landesrechtliche Umsetzungsbestimmung des § 53 Abs 1 lit b vbg LandesgesundheitsfondsG auch klarmacht. Dieser weist der Schiedskommission „die Entscheidung über Streitigkeiten aus zwischen den Rechtsträgern der Fondskrankenanstalten und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (oder einem Sozialversicherungsträger) abgeschlossenen Verträgen einschließlich der Entscheidung über die aus diesen Verträgen erwachsenden Ansprüche gegenüber einem Sozialversicherungsträger oder gegenüber dem Landesgesundheitsfonds“ zu. Da Fragen der Legalzession gem § 332 Abs 1 ASVG aber auch nicht Regelungsgegenstand der Krankenanstaltenverträge iSd § 148 Z 10 ASVG sein können, besteht insoweit auch keine Zuständigkeit der Schiedskommission.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass man auf verschiedenen Wegen zu dem vom OGH vertretenen Ergebnis gelangen kann, dass dieses aber jedenfalls zutreffend ist. Für eine Nichtanwendbarkeit des § 332 ASVG im Verhältnis zwischen einem Sozialversicherungsträger und einer Fondskrankenanstalt fehlt nach der Rechtslage der Vereinbarung 2008-2016 jeder Hinweis.

Und wie sieht es unter dem neuen Finanzausgleich aus? Auf den Punkt gebracht: Es wird sich insoweit nichts ändern. Art 43 Abs 1 der neuen Art 15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, noch nicht im BGBl (Beschluss des Bundesrates, 396 BlgNR 25. GP), bleibt gleichlautend wie seine Vorgängerbestimmung, und auch das Umsetzungsgesetz (Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2017 – VUG 2017; BGBl I 2017/26) wird weder § 148 Z 10 ASVG noch § 332 ASVG ändern. Die E des OGH bleibt daher auch für die neue Finanzierungsperiode relevant.