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Bemessung der Versehrtenrente bei Erwerbstätigen in Schulausbildung

THOMASPFALZ (WIEN)
  1. § 180 Abs 1 ASVG stellt nur darauf ab, dass sich der Versicherte zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch in einer Schul- oder Berufsausbildung befand. Es kommt nicht darauf an, ob der Versicherungsfall bei einer versicherten Schul- oder Berufsausbildung eingetreten ist. Es genügt vielmehr ein zeitlicher Zusammenhang des Versicherungsfalls mit der Ausbildung. Maßgeblich ist, dass der Arbeitsunfall während der Dauer der Schul- oder Berufsausbildung erfolgte.

  2. In beiden Fällen des § 180 ASVG wird die Bemessungsgrundlage jeweils nach der Beitragsgrundlage errechnet, die für Personen gleicher Ausbildung durch KollV festgesetzt ist oder sonst von ihnen in der Regel erreicht wird. Hierbei sind solche Erhöhungen der Beitragsgrundlage nicht zu berücksichtigen, die der Versicherte erst nach Vollendung seines 30. Lebensjahres erreicht hätte.

  3. Bestehen Kollektivverträge, so kann als Bemessungsgrundlage nur jene kollektivvertragliche Einstufung herangezogen werden, die keine besondere Anforderungen an die persönlichen Fähigkeiten stellt, weil nur für diese Bemessungsgrundlage gewährleistet ist, dass sie für alle Personen gleicher Ausbildung in Betracht kommt.

  4. Für die Berücksichtigung von bestimmten Berufszielen und dem mit diesen verbundenen angestrebten Verdienst eines Versicherten besteht bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage nach § 180 ASVG keine Grundlage.

Der Kl erlitt am 26.7.2013 einen Arbeitsunfall. Aufgrund der Unfallfolgen besteht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 40 vH. Strittig ist im Revisionsverfahren die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die dem Kl gebührende Versehrtenrente und die Frage, ob die Bemessungsgrundlage gem § 179 ASVG (Standpunkt der Bekl) oder gem § 180 ASVG (Standpunkt des Kl) zu ermitteln ist.

Der am 5.8.1992 geborene Kl besuchte die Volksschule und daran anschließend die Skihauptschule in S. Nach dem Hauptschulabschluss besuchte der Kl die Skihandelsschule in S in der vorgesehenen Dauer von vier Jahren. Der Kl schloss die Skihandelsschule in S mit 1.7.2012 erfolgreich ab. Mit dem Abschluss der Handelsschule war die Unternehmerprüfung verbunden. Danach entschied sich der Kl, am WIFI den Kurs für die Berufsreifeprüfung mit einer vorgesehenen Dauer von einem Jahr zu absolvieren. [...]

Der Kl absolvierte seine Abschlussprüfungen am 8.6.2013 (Betriebswirtschaft und Rechnungswesen) und am 19.6.2013 (Mathematik) jeweils am WIFI. Die Abschlussprüfung im Fach Deutsch legte er im Jahr 2013 an der Handelsakademie * in S ab. Die Abschlussprüfung im Fach Englisch absolvierte der Kl aufgrund eines Sprachaufenthalts in den Vereinigten Staaten von Amerika von 27.1.2014 bis 9.5.2014 erst am 28.6.2014. Der Auslandsaufenthalt diente der Vorbereitung auf diese letzte Abschlussprüfung. Am 10.7.2014 erhielt der Kl das Gesamtzeugnis der Berufsreifeprüfung.

Der Kl interessierte sich für eine Tätigkeit beim Unternehmen A GmbH im Controlling. Im Rahmen eines Gesprächs im Frühjahr 2013 erfuhr er, dass für eine derartige Tätigkeit ein Studium erforderlich sei. Vor dem Arbeitsunfall im Juli 2013 wollte der Kl Finanzmanagement, Rechnungswesen und Steuerwesen an einer Fachhochschule studieren. Dafür war eine Aufnahmeprüfung erforderlich. Eine Überlegung des Kl war, bei der A GmbH zu arbeiten und währenddessen ein Fernstudium zu betreiben. Von 1.1.2012 bis 4.10.2013 war der Kl bei der A GmbH als Wochenendportier wahlweise an einem oder an zwei Wochenenden im Monat tätig bzw angemeldet, um seinen Aufenthalt in den USA zu finanzieren.

Die A GmbH unterliegt dem KollV der holzverarbeitenden Industrie (Angestellte). In die Verwendungsgruppe III dieses KollV fallen Angestellte, die nach allgemeinen Richtlinien und Weisungen technische oder kaufmännische Arbeit im Rahmen des ihnen erteilten Auftrags selbständig erledigen. Als Beispiele für solche Tätigkeiten nennt der KollV ua jene im Controlling. [...]

Von 12.7.2013 bis 13.9.2013 war der Kl darüber hinaus geringfügig im Unternehmen Sägewerk B beschäftigt. Am 26.7.2013 verletzte sich der Kl, als er während seiner Arbeit in diesem Unternehmen mit der rechten Hand mit dem Handschuh in eine Walze bei einem Rollgang geriet. Der Kl war von 26.7.2013 bis 19.11.2013 arbeitsunfähig. [...]

Mit Bescheid vom 1.4.2014 anerkannte die Bekl den Unfall vom 26.7.2013 als Arbeitsunfall und stellte fest, dass aufgrund der Verletzungsfolgen beim Kl eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 35 vH bestehe. Als Bemessungsgrundlage stellte die Bekl gem § 179 Abs 1 ASVG einen Betrag von 10.125,80 € fest.

Der Kl begehrt mit seiner Klage (nach Einschränkung) die Zuerkennung einer Versehrtenrente ab 19.11.2013 in Höhe von zumindest 40 vH der Vollrente im gesetzlichen Ausmaß aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26.7.2013. Darüber hinaus sei eine falsche Bemessungsgrundlage herangezogen worden. Der Kl habe sich zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls noch in einer Schulausbildung bzw Ausbildung befunden, sodass nicht § 179 ASVG, sondern § 180 ASVG zur Anwendung gelange. [...]

Die Bekl wandte gegen das Klagebegehren ein, dass der Kl zum Unfallzeitpunkt als Portier und in einem Sägewerk geringfügig beschäftigt gewesen sei. Der Umstand, dass er nebenbei noch die Berufsreifeprüfung am WIFI absolviert habe, habe für die Bemessungsgrundlage keine Auswirkung, weil er den Unfall nicht als Schüler, sondern infolge seiner beruflichen Tätigkeit im Sägewerk erlitten habe. Personen, die eine Ausbildung für277die Berufsreifeprüfung absolvieren, seien nicht in die gesetzliche UV einbezogen, sie fielen insb nicht unter § 8 Abs 1 Z 3 lit i ASVG. Die Berufsreifeprüfung sei im Berufsreifeprüfungsgesetz, BGBl I 1997/68 (BRPG), geregelt. Dieses Gesetz sei – anders als das Studienberechtigungsgesetz, BGBl 1985/292 – in § 8 Abs 1 Z 3 lit i ASVG nicht genannt. Auch § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG sei nicht anwendbar.

Das Erstgericht erkannte, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, dem Kl für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 26.7.2013 eine Versehrtenrente von 40 vH der Vollrente im gesetzlichen Ausmaß zu, und zwar in der Höhe von monatlich 465,97 € von 19.11.2013 bis 30.4.2014, 476,69 € von 1.5.2014 bis 30.4.2015 und 484,79 € ab 1.5.2015. Für die Berechnung der Bemessungsgrundlage gelange § 180 ASVG zur Anwendung. Diese besondere Bemessungsgrundlage habe den Zweck, die Unterversorgung jüngerer Unfallopfer zu vermeiden. An der Anwendbarkeit dieser Bestimmung ändere der Umstand, dass der Kl nicht zu den in § 8 Abs 1 Z 3 lit h, lit i und lit l ASVG angeführten Personengruppen gehöre, nichts. [...]

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts über Berufung der Bekl teilweise dahin ab, dass es dem Kl eine Versehrtenrente von 40 vH der Vollrente im gesetzlichen Ausmaß unter Anrechnung der bereits geleisteten Zahlungen zuerkannte, und zwar in Höhe von monatlich 192,87 € für den Zeitraum 19.11.2013 bis 31.12.2013, 197,50 € für den Zeitraum 1.1.2014 bis 30.6.2014, 476,69 € für den Zeitraum 1.7.2014 bis 30.4.2015 und 484,79 € ab 1.5.2015. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach auf den Kl die Bemessungsgrundlage gem § 180 ASVG anzuwenden sei, weil sich der zum Unfallzeitpunkt 21-jährige Kl noch in einer Berufsausbildung für eine Tätigkeit als Angestellter mit Matura in der holzverarbeitenden Industrie befunden habe. [...] Da allerdings der Kl seine Berufsreifeprüfung erst am 28.6.2014 absolviert habe, komme diese Neueinstufung erst ab 1.7.2014 in Betracht, sodass § 180 ASVG erst ab diesem Zeitpunkt zur Anwendung gelange. Bis zu diesem Zeitpunkt richte sich die Bemessungsgrundlage nach § 179 ASVG. [...]

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Bekl, mit der sie die Abweisung der Klage in dem Umfang anstrebt, in dem die Bemessungsgrundlage gem § 180 Abs 1 ASVG herangezogen worden sei (daher im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens ab dem 1.7.2014). [...]

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch iSd hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Die Revisionswerberin argumentiert auch in der Revision damit, dass der Kl den Unfall nicht als Teilnehmer einer Berufsausbildung erlitten habe und dass es sich bei der vom Kl abgelegten Berufsreifeprüfung nicht um eine Berufsausbildung iSd § 180 Abs 1 ASVG handle. Es könne zur Berechnung der Versehrtenrente nach dieser Bestimmung auch nicht pauschal jener KollV herangezogen werden, der dem Berufswunsch des Versicherten entspreche. [...]

3.1 Die besondere Bemessungsgrundlage des § 180 ASVG hat den Zweck, die Unterversorgung jüngerer Unfallopfer zu vermeiden: Trifft der Unfall nämlich einen Versicherten in jungen Jahren, wird er nur eine niedrige Beitragsgrundlage haben, die sich bis an sein Lebensende nicht verändern könnte. Es soll daher eine fiktive Bemessungsgrundlage gebildet werden, der der kollektivvertragliche oder tatsächlich regelmäßig erzielbare Lohn zugrunde zu legen ist, den Personen mit gleicher Ausbildung bis zum 30. Lebensjahr erzielen können. Auf diese Weise soll jugendlichen Versehrten eine einigermaßen akzeptable Rentenhöhe gewährt werden (10 ObS 420/97f, SSV-NF 12/56 ua; RIS-Justiz RS0109876). [...]

3.3 Aus dem Zweck dieser Bestimmung ergibt sich, dass eine Anpassung der Bemessungsgrundlage gem § 180 ASVG nicht zu erfolgen hat, wenn sich die Bemessungsgrundlage – unabhängig von Alter und Ausbildung – nach festen Beträgen (etwa bei teilversicherten Schülern und Studenten, vgl §§ 181-181b ASVG) richtet (10 ObS 214/00v, SSVNF 14/109; 10 ObS 186/13w, SSV-NF 27/92; Müller in SV-Komm [93. Lfg] § 180 Rz 2). Auf in der UV zB teilversicherte Teilnehmer an Ausbildungslehrgängen (§ 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG), Studenten (§ 8 Abs 1 Z 3 lit i ASVG) oder Schüler (§ 8 Abs 1 Z 3 lit h ASVG) gelangt § 180 ASVG nicht zur Anwendung, weil die Bemessungsgrundlage für diese Versichertengruppen nach festen Beträgen ermittelt wird (§§ 181 Abs 4, 181b ASVG). Auf den von der Bekl im Verfahren geltend gemachten Umstand, dass der Kl (ohnedies unstrittig) zu keiner dieser Gruppen gehört, kommt es daher für die Beurteilung der Anwendbarkeit des § 180 ASVG nicht an.

4.1 Erste Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 180 Abs 1 ASVG ist, dass sich der Versicherte zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch in einer Berufs- oder Schulausbildung befand.

4.2 Mit Recht wendet sich die Bekl gegen die Ansicht der Vorinstanzen, dass sich der Kl zum maßgeblichen Zeitpunkt in einer Berufsausbildung befunden hätte.

4.2.1 Der Begriff der Berufsausbildung setzt voraus, dass eine Ausbildung im Hinblick auf den zukünftigen Beruf vorgenommen wird (10 ObS 420/97f, SSV-NF 12/56 mwH; Müller in SV-Komm § 180 Rz 5). Zur Beurteilung des Vorliegens einer Berufsausbildung kann auf die stRsp zu § 252 Abs 2 Z 1 ASVG (Verlängerung der Kindeseigenschaft, wenn und solange sich das Kind in einer Berufsausbildung befindet) zurückgegriffen werden (ebenso Albert, Bemessungsgrundlagen in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem ASVG [1999] 44). [...]

4.2.3 Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ergibt sich, dass die Teilnahme an einem Vorbereitungslehrgang für die Berufsreifeprüfung am WIFI keine Berufsausbildung iSd § 180 Abs 1 ASVG ist. Daran ändert der Umstand, dass berufliches Ziel des Kl eine Tätigkeit im Controlling bei der A GmbH war, nichts: Denn einerseits hätte dafür der Vorbereitungslehrgang für die Berufsreifeprüfung am WIFI keinesfalls genügt, weil ein weiteres Studium Voraussetzung war. Andererseits vermittelte der Vorbereitungslehrgang dem Kl keine berufsspezifischen Kenntnisse, son-278dern Kenntnisse, die ganz allgemein auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sind. [...]

4.3.1 Auch zum Begriff der Schulausbildung kann auf die Rsp zu § 252 Abs 2 Z 1 ASVG zurückgegriffen werden (Albert, Bemessungsgrundlagen 44 f). In der E 10 ObS 137/97p, SSV-NF 11/92, führte der OGH aus, dass der Begriff der Schulausbildung im Gesetz nicht definiert ist. Die Rsp geht bei der Auslegung dieses Begriffs vom allgemeinen Sprachgebrauch aus. Als Schulausbildung ist danach der Besuch allgemeinbildender und weiterführender Schulen zu verstehen. Weiters wird verlangt, dass die Ausbildung in öffentlichen oder privaten Schulen erfolgt und der Unterricht nach staatlich genehmigten Lehrplänen erteilt wird; auch Abendschulen und Maturaschulen, die dazu dienen, auf die Ablegung der Matura vorzubereiten, vermitteln in diesem Sinne Schulausbildung (RIS-Justiz RS0108319; ebenso zur vergleichbaren Bestimmung des § 90 I SGB VII Burchardt in

Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky
, Gesetzliche Unfallversicherung [SGB VII], 161. Lfg März 2007, § 90 Rn 10; Dahm in
Lauterbach
, Unfallversicherung [SGB VII]4 [32. Lfg, Oktober 2006] § 90 Rn 6, jeweils mwN). [...]

4.3.2 Ausgehend davon liegt im vorliegenden Fall eine Schulausbildung iSd § 180 Abs 1 ASVG vor. [...]

5. Der Kl befand sich daher zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls am 26.7.2013 noch in einer Schulausbildung iSd § 180 Abs 1 ASVG, weil er die letzte erforderliche Prüfung erst am 28.6.2014 ablegte (Englisch). Der Umstand, dass er den Arbeitsunfall nicht im Rahmen seiner Schulausbildung, sondern bei seiner Tätigkeit als geringfügig Beschäftigter in einem Sägewerk erlitt, ändert nichts an der Anwendbarkeit des § 180 Abs 1 ASVG. § 180 Abs 1 ASVG stellt nur darauf ab, dass sich der Versicherte zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch in einer Schul- oder Berufsausbildung befand. Es kommt nicht darauf an, ob der Versicherungsfall bei einer versicherten Schul- oder Berufsausbildung eingetreten ist (Müller in SV-Komm § 180 Rz 11 mH auf das Kumulationsprinzip des § 178 ASVG). Es genügt vielmehr ein zeitlicher Zusammenhang des Versicherungsfalls mit der Ausbildung. Maßgeblich ist, dass der Arbeitsunfall während der Dauer der Schul- oder Berufsausbildung erfolgte (10 ObS 186/04g, SSVNF 19/14). Nur eine solche Auslegung wird auch dem Zweck des § 180 Abs 1 ASVG gerecht, Härten für die Versicherten auszugleichen, welche durch einen Arbeitsunfall zu Schaden kommen, bevor sie die mit ihrer Ausbildung erstrebte Erwerbsstellung erreicht haben (so zur vergleichbaren Bestimmung des § 90 I SGB VII Burchardt, § 90 Rn 8 mzwH; ebenso Albert in DRdA 2001/36, 363 [365]; vgl auch 10 ObS 186/04g, SSV-NF 19/14: Verkehrsunfall im Rahmen einer Lehre).

6.1 [...] Zu Recht weist die Revisionswerberin allerdings zur Berechnung der Höhe der Bemessungsgrundlage darauf hin, dass nicht der KollV herangezogen werden kann, der dem Berufswunsch des Versicherten entspricht.

6.2 Der Kl hatte das 30. Lebensjahr weder zum Unfallzeitpunkt noch zum Zeitpunkt des Abschlusses seiner Schulausbildung erreicht, sodass es bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage – vorbehaltlich der Günstigkeit – zur Anwendung des § 180 Abs 1 und Abs 2 ASVG hintereinander kommen kann (10 ObS 82/98a, SSV-NF 12/59).

6.3 In beiden Fällen des § 180 ASVG wird zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ab 1.7.2014 (Beendigung der Schulausbildung) die Bemessungsgrundlage jeweils nach der Beitragsgrundlage errechnet, die für Personen gleicher Ausbildung durch KollV festgesetzt ist oder sonst von ihnen in der Regel erreicht wird. Hierbei sind solche Erhöhungen der Beitragsgrundlage nicht zu berücksichtigen, die der Versicherte erst nach Vollendung seines 30. Lebensjahres erreicht hätte. An altersbedingten Erhöhungen der Aktiveinkommen nimmt der Versicherte also bis zur Vollendung seines 30. Lebensjahres teil. Fehlt es an Kollektivvertragslöhnen oder -gehältern für vergleichbare Tätigkeiten, ist der regelmäßig erreichbare Effektivverdienst heranzuziehen (10 ObS 357/02a, SSV-NF 18/16; 10 ObS 82/98a, SSV-NF 12/59; Tomandl in SV-System 2.3.3.2.1.C).

6.4 Bestehen Kollektivverträge, so kann als Bemessungsgrundlage nur jene kollektivvertragliche Einstufung herangezogen werden, die keine besondere Anforderungen an die persönlichen Fähigkeiten stellt, weil nur für diese Bemessungsgrundlage gewährleistet ist, dass sie für alle Personen gleicher Ausbildung in Betracht kommt. Einstufungskriterien, die besondere Merkmale voraussetzen (zB Fachkenntnisse und Fähigkeiten, Erfahrungen und entsprechende Verantwortung), sind an das Vorliegen von individuellen Merkmalen geknüpft, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie von allen Personen gleicher Ausbildung erreicht werden (Müller in SV-Komm § 180 Rz 9; 10 ObS 357/02a SSV-NF 18/16 = DRdA 2005/16, 263 [Albert]; RIS-Justiz RS0110074 [T1]).

6.5 Erst wenn die Anwendung eines KollV nicht möglich ist, wird auf das Einkommen Bedacht genommen, das von Personen gleicher Ausbildung „sonst in der Regel erreicht wird“ (RIS-Justiz RS0110073 [T1]). [...] Durch die erhöhte Bemessungsgrundlage soll – wie bereits ausgeführt – eine Unterversorgung junger Unfallopfer vermieden werden; nicht aber soll die Beeinträchtigung zukünftiger Aufstiegschancen entschädigt werden (10 ObS 357/02a, SSV-NF 18/16; Albert in DRdA 2005/16, 267 f). [...]

Für die Berücksichtigung von bestimmten Berufszielen und dem mit diesen verbundenen angestrebten Verdienst eines Versicherten besteht bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage nach § 180 ASVG keine Grundlage (10 ObS 186/04g, SSV-NF 19/14). Im konkreten Fall fehlt es daher an einer gesetzlichen Grundlage für die Heranziehung des von den Vorinstanzen herangezogenen KollV und der darin enthaltenen Verwendungsgruppe III, weil nach dieser die vom Kl als Berufsziel angestrebte Stelle als Angestellter im Controlling entlohnt wird. Dass der Kl nach Absolvierung der Berufsreifeprüfung nicht zur Ausübung dieser Tätigkeit in der Lage ist, ergibt sich aus der Feststellung, dass dafür ein weiteres Studium (zumindest ein Bachelor im279Bereich Betriebswirtschaftslehre oder Finanzrechnung und Steuerwesen) erforderlich wäre.

7.1 Ausgehend davon erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Im fortzusetzenden Verfahren wird nach den dargestellten Grundsätzen die Berechnung der Bemessungsgrundlage unter Anwendung des § 180 ASVG ab dem 1.7.2014 neu zu erfolgen haben. Maßgeblich dafür ist, welche Beitragsgrundlagen (welcher Verdienst) regelmäßig durch Versicherte mit der Schulausbildung des Kl nach Absolvierung der Berufsreifeprüfung durch KollV festgesetzt oder sonst in der Regel (von allen Personen des dem Kl entsprechenden Versichertenkreises unter denselben Voraussetzungen) erreichbar sind. Bestehen daher keine kollektivvertraglichen Regelungen für Personen des Alters und der Ausbildung des Kl, so ist das Arbeitsentgelt maßgeblich, das vom Kl regelmäßig effektiv erreicht werden kann (10 ObS 82/98s, SSV-NF 12/59; Albert, Bemessungsgrundlagen in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem ASVG 46).

ANMERKUNG

Der OGH entschied im vergangenen September über die Anwendbarkeit der besonderen Bemessungsgrundlage des § 180 ASVG für die Geldleistungen in der UV. Durch diese Bestimmung werden Personen unter dreißig Jahren bei der Leistungshöhe begünstigt. Die Frage, die im familiären Kreis der am Unfallversicherungsrecht Interessierten zur Diskussion gestellt werden sollte, lautet jedoch nicht, ob § 180 ASVG auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist, sondern wie. Da sich der OGH der Beantwortung dieser Frage bedauerlicherweise nur sehr oberflächlich gewidmet hat, sollen im Folgenden mögliche Lösungsansätze aufgezeigt werden.

1.
Bemessung der Leistungen nach § 180 ASVG

Im vorliegenden Fall stritten der Kl und die AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) darüber, auf welcher Grundlage die Leistungsansprüche des Kl berechnet werden sollten. Der Kl arbeitete geringfügig in einem Sägewerk, wo er sich bei einem Arbeitsunfall schwer an der Hand verletzte. Gleichzeitig war er geringfügig bei der A-GmbH beschäftigt und absolvierte am WIFI einen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung. Im Anschluss an die Berufsreifeprüfung wollte der Kl weiterhin bei der A-GmbH arbeiten und ein Fernstudium an einer Fachhochschule betreiben, um zu einem späteren Zeitpunkt einen Arbeitsplatz im Controlling der A-GmbH zu erlangen.

Die allgemeine Bemessungsgrundlage für Geldleistungen in der UV bildet nach § 179 Abs 1 ASVG die Summe der Beitragsgrundlagen im Kalenderjahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles. Die Höhe der Leistungen knüpft damit grundsätzlich an das in der Vergangenheit versicherte Einkommen und die entsprechenden Beiträge an. Für Personen, die noch am Beginn ihrer Erwerbskarriere stehen, und daher typischerweise ein relativ geringes Einkommen haben, kann diese vergangenheitsbezogene Berechnung zu unzureichenden Leistungen führen. Daher hat der Gesetzgeber für junge Versehrte eine besondere Beitragsgrundlage vorgesehen (§ 180 ASVG).

1.1.
Anwendungsbereich

§ 180 Abs 1 ASVG ist anzuwenden, wenn sich der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalles noch in einer Berufs- oder Schulausbildung befindet und diese (ohne Unfall/Berufskrankheit) vor seinem 30. Geburtstag abgeschlossen hätte (vgl OGH 28.4.1998, 10 ObS 420/97f). Nach der Rsp des OGH zu § 252 ASVG fällt auch der Besuch von Einrichtungen der Erwachsenenbildung zur Vorbereitung auf die Reifeprüfung unter den Begriff der Schulausbildung. Folglich war für den OGH im Fall des Kl, der einen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung absolvierte, das Tatbestandselement der Schulausbildung erfüllt. Der Kl war im Unfallzeitpunkt 20 Jahre alt, die Berufsreifeprüfung absolvierte er im Alter von 21 Jahren. Damit ist völlig klar, dass § 180 Abs 1 ASVG auf ihn anzuwenden ist. Die Bestimmung verlangt nur, dass sich der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalles in einer (Berufs- oder) Schulausbildung befindet; dies ist zweifellos zu bejahen. Die Argumentation der AUVA, wonach sich der Unfall nicht im Rahmen der Ausbildung, sondern bei einer davon unabhängigen Erwerbstätigkeit ereignet hat, ist nicht zielführend. Unverständlich ist auch, weshalb die AUVA betont, die Ausbildung des Kl sei nicht mittels § 8 Abs 1 Z 3 lit c, i oder h ASVG in den Schutz der UV einbezogen, da für die Gruppe der auf diesem Wege Teilversicherten § 180 ASVG ohnehin nicht zur Geltung kommt (vgl § 181b letzter Satz ASVG sowie OGH 17.12.2013, 10 ObS 186/13w). Daher ist auch der Hinweis des OGH irreführend, dass es für die Anwendbarkeit von § 180 ASVG nicht darauf ankomme, ob der Kl gem § 8 Abs 1 Z 3 lit c/i/h ASVG teilversichert ist.

§ 180 Abs 2 ASVG stellt ausschließlich auf das Lebensalter ab und gilt für alle Versicherten, die bei Eintritt des Versicherungsfalles noch nicht 30 Jahre alt gewesen sind. Im vorliegenden Fall ist daher der Anwendungsbereich von § 180 Abs 1 und Abs 2 ASVG eröffnet (vgl OGH 28.4.1998, 10 ObS 82/98a). Der Adressatenkreis von Abs 1 leg cit (unter 30 Jahre und in Berufs- oder Schulausbildung) bildet eine Teilmenge des Adressatenkreises von Abs 2 (unter 30 Jahre). Warum der OGH in seiner Rsp wiederholt betont, dass § 180 Abs 2 ASVG „grundsätzlich andere“ Versicherte betrifft als Abs 1, bleibt ein Rätsel.

1.2.
Heranzuziehende Bemessungsgrundlage

Nach § 180 Abs 1 ist ab dem Zeitpunkt, in dem die begonnene Ausbildung voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre, als Bemessungsgrundlage jene Beitragsgrundlage heranzuziehen, die „für Personen gleicher Ausbildung durch Kollektivvertrag280festgesetzt ist oder sonst von ihnen in der Regel erreicht wird“. Erhöhungen der Beitragsgrundlage, die der Versicherte erst nach Vollendung seines 30. Lebensjahres erreicht hätte, sind jedenfalls nicht zu berücksichtigen. Die beschriebene Regelung gilt entsprechend für den von Abs 2 erfassten Personenkreis, wobei unter „entsprechend“ verstanden wird, dass die Neubemessung der Leistungen in den Fällen des Abs 2 zum 30. Geburtstag stattzufinden hat (vgl Müller in

Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm § 180 ASVG Rz 7). Die Anwendung von § 180 Abs 2 (nicht jedoch von Abs 1) ASVG steht unter Günstigkeitsvorbehalt.

Fraglich ist nun, wie der Unfallversicherungsträger feststellen soll, welche Beitragsgrundlage für Personen gleicher Ausbildung kollektivvertraglich festgesetzt ist oder sonst von ihnen in der Regel erreicht wird. Insb muss geklärt werden, welcher KollV der Berechnung zugrunde gelegt werden soll. Eine tiefgehende Auseinandersetzung mit diesem Problem hat bislang nicht stattgefunden.

1.2.1.
Judikaturanalyse

§ 180 Abs 1 ASVG betrifft hauptsächlich Lehrlinge (vgl Seitler, Die Bemessungsgrundlagen in der gesetzlichen Unfallversicherung, SozSi 1974, 563 [564]). In der OGH-E vom 28.4.1998, 10 ObS 82/98a, ging es um einen Versicherten, der während seiner Lehrzeit im Beruf Universalhärter in der Metallindustrie verunfallte. Der Bemessung der Leistungen nach § 180 Abs 1 wurde daher der KollV für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie zugrunde gelegt, der auf den Versicherten auch bereits während seiner Lehrzeit angewendet worden war.

Das Verfahren zur OGH-E vom 18.2.2005, 10 ObS 186/04g, betraf eine Versicherte, die bereits die Lehre zur Restaurantfachfrau absolviert hatte und anschließend eine Lehrausbildung als Kosmetikerin und Fußpflegerin begann, in deren Rahmen sie verunfallte. Die Versicherte argumentierte, sie habe die beiden Ausbildungen absolvieren wollen, um in einem Hotelbetrieb gehobener Klasse sowohl im Service als auch als Kosmetikerin zu arbeiten. Der Bemessung der Versehrtenrente sei daher (nach § 182 ASVG?) ein Entgelt zugrunde zu legen, dass diesem kombinierten Berufsziel entspreche. Der OGH billigte die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass die Versehrtenrente ausschließlich auf Grundlage des (Vorarlberger) KollV für Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure zu bemessen sei und hielt fest, dass für die Berücksichtigung eines in kombinierten Berufszielen erreichbaren Verdienstes keine gesetzliche Grundlage besteht. Der KollV muss demnach wohl mit der (aktuellen) Ausbildung in Zusammenhang stehen.

In der OGH-E vom 16.3.2004, 10 ObS 357/02a, ging es um eine Versicherte, die während ihrer Lehrausbildung zur Textilzeichnerin bei einem Arbeitsunfall verletzt wurde. Ihre Ausbildung absolvierte sie in einem Gewerbebetrieb. Strittig war ua, ob die Versehrtenrente auf Basis des KollV für Angestellte in der Textilindustrie oder des KollV für die Gewerbeangestellten zu berechnen ist. Der KollV für die Textilindustrie entsprach fachlich eher der angestrebten Ausbildung, der Gewerbe-KollV dagegen der versicherten Tätigkeit, in deren Bereich sich der Arbeitsunfall ereignete. Der OGH führte zu dieser Frage Folgendes aus: „Wenn das Berufungsgericht unter Bedachtnahme darauf, dass die Lehrausbildung der Klägerin in einem Gewerbebetrieb erfolgte und Textilmusterzeichner [...] auch in gewerblichen Ateliers und Musteragenturen beschäftigt werden, den Kollektivvertrag für die Angestellten im Gewerbe für anwendbar erachtete, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden, weil nur so die Beitragsgrundlage gewährleistet ist, die für alle Personen gleicher Ausbildung in Betracht kommt.“ Diese Argumentation läuft auf eine Angleichung nach unten hinaus, indem aus allen Branchen, in denen Personen mit der fraglichen Ausbildung beschäftigt werden, der KollV mit dem niedrigsten einschlägigen Entgelt gewählt wird. Jedoch ist fraglich, ob der OGH dies tatsächlich gemeint hat und nicht einfach seine Übereinstimmung mit der Entscheidung des Berufungsgerichts, das auf den im Lehrbetrieb geltenden KollV abgestellt hat, ein wenig ausschmücken wollte.

Eine Entscheidung dazu, welcher KollV bzw welches Entgelt im Fall einer Schulausbildung zur Bemessung der Geldleistungen heranzuziehen ist, ist im RIS nicht auffindbar. Gelegenheit dazu hätte der OGH in der E vom 5.12.2006, 10 ObS 184/06s, gehabt. Das Verfahren betraf einen Schüler an einer Fachschule für Elektronik, der geringfügig als Verkäufer arbeitete und dabei einen Arbeitsunfall hatte. In seiner (verspäteten) Klage machte er geltend, dass der KollV für Angestellte in der Elektronikindustrie herangezogen werden müsste. Die AUVA erwiderte, es könne nur der KollV für Handelsangestellte maßgeblich sein, weil der Kl nie in der Elektronikindustrie tätig gewesen sei. Das ASG Wien gab der Klage statt und verwendete zur Berechnung des Anspruches den KollV für Angestellte in der Elektronikindustrie. Diese E wurde vom OLG Wien bestätigt. Der OGH gab jedoch der Revision der AUVA Folge, weil deren Bescheide, in denen die Bemessungsgrundlage nach § 179 ASVG ermittelt worden war, bereits in Rechtskraft erwachsen waren. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der konkreten Anwendung des § 180 ASVG unterblieb daher.

1.2.2.
Lösungsansätze

Die bisherige Rsp ist im Hinblick auf den vorliegenden Fall unergiebig. Aus Zweck und Wortlaut der Bestimmung folgt mE eindeutig, dass die fiktive Bemessungsgrundlage des § 180 Abs 1 ASVG in Zusammenhang mit der angestrebten Ausbildung stehen muss. Bei Lehrlingen besteht ein Zusammenhang zwischen der versicherten Erwerbstätigkeit und ihrer Berufsausbildung iSd § 180. Bei Personen in Schulausbildung (zur Erinnerung: auf teilversicherte Schüler iSd § 8 Abs 1 Z 3 lit h ASVG ist § 180 nicht anwendbar) besteht dagegen kein Zusammenhang zwischen ihrer Ausbildung und der daneben ausgeübten Tätigkeit, aufgrund derer sie in die UV einbezogen werden. Zunächst281ist daher festzuhalten, dass im Fall der Schulausbildung nicht einfach jener KollV herangezogen werden darf, dem die Tätigkeit unterliegt, in deren Rahmen der Versicherungsfall eingetreten ist.

Ebenso klar ist, dass die Bemessungsgrundlage nicht vom Berufswunsch des Versicherten abhängig sein kann. Es muss eine auf objektiven Umständen beruhende Verbindung der Bemessungsgrundlage zu der absolvierten Ausbildung hergestellt werden können. In concreto absolvierte der Versicherte einen Vorbereitungslehrgang für die Berufsreifeprüfung. Diese knüpft regelmäßig an eine berufliche Tätigkeit (etwa eine Lehre) an und enthält als eine von vier Prüfungen eine Fachbereichsprüfung aus dem Berufsfeld des Prüfungskandidaten (vgl § 3 Abs 1 Z 4 BRPG), die jedoch uU angerechnet werden kann. Besteht aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Berufsreifeprüfung eine ausreichende Verbindung zu einem bestimmten Tätigkeitsfeld, könnte auf den in der jeweiligen Branche geltenden KollV abgestellt werden.

Die Regelung des § 180 ASVG entstammt der Reichsversicherungsordnung (vgl § 565 RVO, RGBl I 1942/22). Eine entsprechende Nachfolgeregelung ist auch in Deutschland noch in Geltung. Nach § 90 Abs 1 Satz 2 SGB VII wird dabei das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, das für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen ist. Besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort der Versicherten gilt. Zu dieser Bestimmung wird vertreten, dass im Falle der Berufsausbildung der Tarifvertrag, der für das Ausbildungsunternehmen gilt, herangezogen wird. Findet die Ausbildung dagegen nicht in einem Unternehmen statt (wie insb im Fall der Schulausbildung), fehlt es an einem maßgeblichen Tarifvertrag, sodass das ortsübliche Entgelt für die der Ausbildung entsprechende Tätigkeit zugrunde zu legen ist. Zur Ermittlung des ortsüblichen Entgelts kämen Erhebungen in einer repräsentativen, aber verhältnismäßig geringen Zahl von Betrieben sowie Auskünfte von Innungen, Kammern und Verbänden in Betracht. Als maßgeblicher Beschäftigungsort sei die Ausbildungsstätte zu sehen (Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht § 90 SGB VII Rz 6, 8).

In Anlehnung an das deutsche Schrifttum kann zu Schulausbildungen, die keinen Bezug zu einem bestimmten Berufsfeld aufweisen, ebenfalls die Unbeachtlichkeit kollektivvertraglich festgesetzter Entgelte vertreten werden. Es kommt dann auf das Entgelt an, das von Personen gleicher Ausbildung in der Regel erreicht wird. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das (orts)übliche Entgelt aufgrund der Pflichtmitgliedschaft der Unternehmer in den Wirtschaftskammern in Österreich – anders als in Deutschland – wiederum stark von den Kollektivverträgen beeinflusst wird (vgl Rebhahn in

Kletečka/Schauer
[Hrsg], ABGB-ON1.02 § 1152 Rz 19). Das Gericht müsste daher wohl feststellen, in welchen Branchen die Absolventen einer bestimmten Ausbildung überwiegend tätig sind und wie sie in die jeweiligen Entlohnungsschemata eingestuft werden. Auf dieser Grundlage ist das regelmäßige Entgelt iSd § 180 ASVG zu bestimmen. Die Notwendigkeit einer Angleichung nach unten, wie sie die Rsp mitunter vorzunehmen scheint, kann mE aus § 180 nicht abgeleitet werden. Das niedrigste von Personen gleicher Ausbildung erzielte Entgelt entspricht nicht jenem, das in der Regel erreicht wird.

Nach alledem bleibt mit Spannung abzuwarten, wie sich die Rsp zu § 180 ASVG in Fällen der Schulausbildung entwickelt.

1.3.
Günstigkeitsvorbehalt

§ 180 ASVG soll die Unterversorgung junger Unfallopfer vermeiden, diese werden bei der Bemessungsgrundlage im Vergleich zur allgemeinen vergangenheitsbezogenen Berechnung begünstigt (Tomandl in

Tomandl
[Hrsg], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts 326). Während § 180 Abs 2 ASVG ausdrücklich unter Günstigkeitsvorbehalt steht, fehlt ein solcher in Abs 1 leg cit. In den seltenen Fällen, in denen die Bemessung der Geldleistungen nach § 179 ASVG günstiger wäre als nach § 180 Abs 1 – etwa bei Personen, die sich nach einigen Jahren Erwerbstätigkeit beruflich umorientieren und (erneut) eine Ausbildung beginnen –, sollte der Günstigkeitsvorbehalt per Analogie auf § 180 Abs 1 erstreckt werden.282