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Rückersatz von Kosten einer Ausbildung zur Diplomkrankenschwester

ELISABETHRIEGER (LINZ)
  1. Eine Vereinbarung über den Ersatz der Ausbildungskosten in einem Ausbildungsverhältnis ist nicht per se sittenwidrig. Der vereinbarte Ausbildungskostenrückersatz ist primär nach § 879 ABGB zu beurteilen.

  2. Eine Pauschalierung der Ausbildungskosten gegenüber mehreren AN ist vertretbar. Ein Pauschalbeitrag ist nur zulässig rückforderbar, wenn er nicht von den tatsächlich aufgewendeten Kosten abweicht. Ist er überschießend, ist dieser nicht vollständig unwirksam. Liegt er unter den tatsächlich aufgewendeten Kosten, so bildet der Pauschalbetrag die Höchstgrenze.

  3. Es kommt zu keiner Unterscheidung zwischen individuellen, die Schülerin höchstpersönlich betreffenden Ausbildungskosten und anderen Kosten, die der Ausbildner „sowieso“ (ohnehin) gehabt hätte. Rückforderbar sind tatsächlich aufgewendete Ausbildungskosten. Darunter fallen auch jene Kosten, die dem Ausbildner „sowieso“ (ohnehin) angefallen wären.

Die Bekl absolvierte im Rahmen eines vom 15.9.2006 bis 14.9.2009 bestehenden Ausbildungsverhältnisses zur Kl eine Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester (im Folgenden: Diplomkrankenschwester) in der von der Kl betriebenen Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege am W.

Am 15.9.2006 trafen die Parteien eine schriftliche Ausbildungsvereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:

„Die Schülerin/der Schüler verpflichtet sich, nach positivem Abschluss der Ausbildung ein dreijähriges Dienstverhältnis ... zur S* innerhalb von sechs Monaten, als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester ... einzugehen.Wird keine Anstellung von der Absolventin ... eingegangen, bzw das Dienstverhältnis vor Ablauf der Drei-Jahresfrist beendet, sind ein Teil der Ausbildungskosten nämlich in der Höhe von 24.000 EUR zurückzuzahlen. Dieser Betrag ist zur Gänze bzw aliquot je nach Dauer des Dienstverhältnisses zu entrichten. ...Zusage:Im Falle des positiven Abschlusses der Ausbildung und bei Vorliegen der von der S* geforderten allgemein gültigen Anstellungsbedingungen wird eine Anstellung als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester ... in der Unternehmung – W* zugesagt.“

[...] Die Bekl schloss ihre Ausbildung am 14.9.2009 positiv ab. Sie kann mit den in der Ausbildung bei der Kl vermittelten Kenntnissen auch eine Anstellung als Krankenschwester außerhalb der Einrichtungen der Kl eingehen und diese Kenntnisse auch dort verwerten. [...] Die Bekl ging jedoch nach Abschluss ihrer Ausbildung ohne Grund kein Dienstverhältnis mit der Kl ein, obwohl sie dazu gesundheitlich in der Lage gewesen wäre. Die Bekl bewarb sich bereits im Zeitraum Mai bis Juli 2009 um eine Anstellung bei einem Krankenhaus in Deutschland. Sie ist dort auch seit 1.10.2009 als Diplomkrankenschwester vollzeitbeschäftigt und bezieht ein monatliches Einkommen von durchschnittlich rund 1.200 € netto, 13-mal jährlich. [...] Während des Ausbildungsverhältnisses bezahlte die Kl an die Bekl insgesamt 12.894 € an Taschengeld iSd § 49 Abs 5 Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, BGBl I 1997/108 (GuKG), sowie einen Verpflegungskostenersatz in Höhe von monatlich 97,50 €, insgesamt 3.510 €. Anlässlich der Verrichtung von insgesamt acht Nachtdiensten erhielt die Bekl Nachtdienstentschädigungen von insgesamt 100 €. Des weiteren führte die Kl für die Bekl Sozialversicherungsbeiträge in der Gesamthöhe von 6.079,05 € ab.

Die Kl begehrt mit der vorliegenden Klage von der Bekl die Rückzahlung vereinbarter Ausbildungskosten von 24.000 € samt 11,19 % Zinsen seit 1.9.2009 aufgrund der Nichteinhaltung der getroffenen Vereinbarung vom 15.9.2006 durch die Bekl. [...] Die mit der Bekl getroffene Vereinbarung sei entgegen deren Behauptung nicht sittenwidrig. [...] Die Bekl wandte dagegen ein, dass die Ausbildungskostenvereinbarung vom 15.9.2006 sittenwidrig sei und gegen § 879 ABGB verstoße. Die Zahlung von 24.000 € sei für die Bekl unzumutbar. Mit dieser Vereinbarung werde ihr das alleinige finanzielle Risiko der Ausbildung aufgebürdet. Die Rückforderung von Entgelten sei in Analogie zu § 2d AVRAG nicht zulässig. Die weiteren von der Kl aufgewandten Kosten seien „Sowieso-Kosten“, die ihr auch unabhängig von der Ausbildung der Bekl entstanden wären. Die der Kl entstandenen Gesamtkosten seien nicht durch 1.860, sondern durch die Zahl an 2.100 vorhandenen Ausbildungsplätzen zu dividieren. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 22.583,05 € samt 8,38 % Zinsen seit dem 23.7.2010 statt. [...] Zwischen den Streitteilen habe kein Arbeits-, sondern ein Ausbildungsverhältnis bestanden, sodass § 2d AVRAG nicht anzuwenden sei. [...] Allerdings müsse die Bekl nur solche Ausbildungskosten ersetzen, die der Kl tatsächlich für ihre Ausbildung entstanden seien. „Sowieso-Kosten“, die der Kl auch ohne den die Bekl unmittelbar betreffenden Ausbildungsaufwand entstanden wären, seien nicht ersatzfähig. [...] Das Berufungsgericht gab den von beiden Parteien gegen diese Entscheidung erhobenen Berufungen nur teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren mit 24.000 € samt 4 % Zinsen ab dem 23.7.2010 stattgab. Hingegen wies es das Zinsenmehrbegehren ab. Im Umfang der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens erwuchs die Entscheidung des Berufungsgerichts unangefochten in Rechtskraft. Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass zwischen den Parteien ein Ausbildungsvertrag vereinbart gewesen sei und die darin enthaltene Ausbildungskostenrückzahlungsvereinbarung nicht sittenwidrig gem § 879 ABGB283sei. [...] Dem Erstgericht sei nicht darin zu folgen, dass nur die individuellen Ausbildungskosten der Bekl ersetzbar seien. [...]

Rechtliche Beurteilung

[...] Schon vorweg ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim Fachbegriff der „Sowieso-Kosten“ um einen Begriff aus dem Gewährleistungsrecht handelt. Kurz gesagt, stellt sich das Problem des etwaigen Ersatzes der Sowieso-Kosten im Gewährleistungsrecht dort, wo ein Werk einen bestimmten Erfolg aufweisen soll, dieser Erfolg aber nicht erreicht wird, weil mit den laut Vertrag qualitativ und/oder quantitativ einzusetzenden Mitteln dieser Erfolg nicht erreichbar ist (Reischauer in

Rummel
, ABGB3 § 932 Rz 20l ff; 1 Ob 132/15s; RIS-Justiz RS0115106, RS0117792 ua). Von Sowieso-Kosten in diesem Sinn kann bei Beurteilung eines vertraglich vereinbarten Ausbildungskostenersatzes natürlich keine Rede sein. [...] Was die Bekl offenbar meint – und auch die Vorinstanzen in diesem Sinn als Bekl vorbringen verstanden haben –, beruht auf der Überlegung, dass vom Ausgebildeten nicht die Kosten ersetzt verlangt werden können, die der Ausbildner im Zuge der Ausbildung „sowieso“ (iS von ohnehin) gehabt habe, sondern nur die dem Ausgebildeten höchstpersönlich zuzurechnenden Ausbildungskosten. Dieser Ansatz ist jedoch nicht zielführend, verkennt er doch die Rsp zum Ausbildungskostenersatz im Allgemeinen und die von den Parteien getroffene Ausbildungsvereinbarung im Besonderen, worauf im Folgenden näher einzugehen sein wird.

1. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsvertrag, sondern lediglich ein Ausbildungsverhältnis bestanden hat, sodass § 2d AVRAG nicht anzuwenden ist, sondern die Einwände der Bekl gegen den Ausbildungskostenrückersatz aufgrund der Vereinbarung vom 15.9.2006 primär nach § 879 ABGB zu beurteilen sind, ist zutreffend und wird von der Revisionswerberin nicht in Frage gestellt.

2.1 Die Vereinbarung einer Verpflichtung zur allfälligen Rückzahlung der Ausbildungskosten ist nach herrschender Rsp und Lehre grundsätzlich zulässig, wenn die Rückzahlung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben dem Auszubildenden zuzumuten ist und vom Standpunkt eines verständigen Betrachters einem begründeten und zu billigenden Interesse des Ausbildenden entspricht. Eine Vereinbarung, die Kosten einer zunächst unentgeltlich zugesicherten Ausbildung nachträglich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen doch geltend machen zu können, ist daher nicht schon per se sittenwidrig. [...]

2.2 Der OGH hat bereits mehrfach die Zulässigkeit von Rückersatzvereinbarungen für die Ausbildung diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonals gebilligt (noch zum Krankenpflegegesetz BGBl 1961/1024 Ob 30/69 = Arb 8.622; 9 ObA 128/97g; 8 ObA 144/00k; ebenso zum GuKG 9 ObA 86/05w mwH; Weiss/Lust, GuKG7 § 65 Anm 2). Entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin folgt aus 8 ObA 144/00k nicht, dass der Besuch von (früher:) Krankenpflegeschulen zwingend „kostenlos“ zu sein habe. Vielmehr bejahte der OGH die grundsätzliche Zulässigkeit einer Rückersatzklausel unter Hinweis auf die bereits bestehende frühere Judikatur (insb auch auf Arb 8.622).

3.1 Richtig wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die vorliegende Vereinbarung der pauschalierten Rückerstattung eines konkret bezifferten Teils der Ausbildungskosten vergleichbar ist mit dem zu 4 Ob 120/78 (=

[zust Apathy]
) entschiedenen Sachverhalt. Werden Ausbildungskosten in der Rückzahlungsverpflichtung in dieser Weise vereinbart, so ist diese Pauschalierung mangels abweichender Parteienabrede als im Interesse des AN (hier: des Auszubildenden) vereinbart und damit als Höchstgrenze zu sehen, die aber nichts daran ändert, dass nur die tatsächlich aufgewendeten Ausbildungskosten zurückzuzahlen sind. [...] Der Ansatz der Bekl, zwischen individuellen, sie höchstpersönlich betreffenden Ausbildungskosten, und anderen tatsächlichen Ausbildungskosten, die der Ausbildner „sowieso“ (ohnehin) gehabt habe, zu unterscheiden, findet in der Rsp keine Grundlage. Folgte man dieser Auffassung, hätten beispielsweise die sich später – nach der Buchung des Vortragenden und des Vortragslokals – Anmeldenden geringere Ausbildungskosten als die ersten, die die Buchung des Vortragenden und des Lokals erst ausgelöst haben. Dass ein derartiger Zugang nicht geeignet ist, für eine ausgeglichene Beteiligung der Ausgebildeten an den Ausbildungskosten zu sorgen, bedarf keiner besonderen Erklärung. Aus diesem Grund erachtete der OGH auch schon in der Vergangenheit die Pauschalierung der Ausbildungskosten gegenüber mehreren AN als vertretbar (8 ObA 18/11x).

3.2 [...] Schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung war für die Bekl klar, dass die Rückersatzpflicht einen Teil der Ausbildungskosten betrifft. Die Bekl konnte und musste die Vereinbarung vom 15.9.2006 so auffassen, dass sich die tatsächlichen Ausbildungskosten der Kl, die die Bekl allenfalls ersetzen muss, auf 24.000 € belaufen werden. [...]

3.3 [...] Die Bekl hat zwar auf einige Positionen Bezug genommen, aber nicht behauptet, dass der Kl keine Ausbildungskosten entstanden wären, sondern nur gemeint, dass es sich bei den – vom Erstgericht als Gesamtkosten festgestellten – Kosten um solche handelt, die der Kl „sowieso“ entstanden wären und daher nicht individuell für die Ausbildung der Bekl entstanden wären. [...] Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn man – wie von der Bekl gefordert – die der Kl insgesamt entstandenen festgestellten Schulkosten auf die Gesamtzahl der vorhandenen Ausbildungsplätze (und nicht nur auf die Zahl der tatsächlich ausgebildeten Schüler) umlegt, sich jedenfalls ein den Betrag von 24.000 € (deutlich) übersteigender Betrag an tatsächlichen pro Kopf aufgewendeten Ausbildungskosten ergibt. [...]

3.4 Das Berufungsgericht hat weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kl nicht die Rückzahlung bestimmter einzelner Positionen, sondern die Rückzahlung des von den Parteien vereinbarten Pauschalbetrags von 24.000 € geltend gemacht hat. Ausgehend davon, dass sich aus den Feststellungen gerade nicht ergibt, dass die tatsächlich von der Kl für die Bekl aufgewendeten Ausbildungskosten284unter diesem Betrag lägen, ist seine Rechtsansicht, dass es bei der erfolgten Pauschalierung auf einzelne Positionen der Ausbildungskosten hier nicht weiter ankommt, bei der Vertragsauslegung vertretbar.

4.1 [...]

4.2 Der wesentliche Unterschied des vorliegenden Sachverhalts zu dem in 8 ObA 144/00k beurteilten liegt darin, dass dort keine Verpflichtung bestand, den Ausgebildeten nach Abschluss der Ausbildung tatsächlich einzustellen. Dieser war daher in seiner wirtschaftlichen Position nicht abgesichert; deshalb bejahte der OGH damals die Sittenwidrigkeit der getroffenen Vereinbarung. Demgegenüber enthält die vorliegende Vereinbarung der Streitteile vom 15.9.2006 eine ausdrückliche Zusage der Kl, nach positivem Abschluss der Ausbildung ein Dienstverhältnis mit der Bekl einzugehen. [...]

ANMERUNG
1.
Einleitung

Der OGH hat sich erstmals zum Begriff der sogenannten „Sowieso-Kosten“ geäußert. Diese Kosten sind im Bereich des § 2d AVRAG, der die Grenzen eines vertraglich vereinbarten Rückersatzes in einem Arbeitsverhältnis regelt, von Bedeutung. Nach Ansicht der Lehre (vgl Binder/Mair in

Binder/Burger/Mair
, AVRAG3 [2016] § 2d Rz 22; Reissner in
Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 2d AVRAG Rz 7) sind das jene Kosten, die der AG sowieso zu zahlen hätte, auch wenn die Ausbildung vom AN nicht absolviert worden wäre. Darunter fallen etwa Kosten für das Ausbildungspersonal und für die Gebäudeerhaltung. Eine Rückforderbarkeit wird verneint. Nach dem OGH handle es sich bei den „Sowieso-Kosten“ um einen Terminus des Gewährleistungsrechts. Beschrieben werden jene Kosten, die nicht gewährleistungsfähig sind. Sie haben nichts mit den Kosten zu tun, die der Ausbildner (AG) ohnehin gehabt hätte. Anders als die Lehre zählt der OGH diese Kosten zu den tatsächlichen Ausbildungskosten und bejaht eine Rückerstattung iSd Kl. Die Besprechung behandelt neben dieser Problematik weitere einzelne Punkte, die vom OGH nicht aufgegriffen worden sind. Denn wie Wanderer (Anm zu OGH9 ObA 129/15hDRdA-infas 2017/4, 8) schon angemerkt hat, besteht in der Lehre und Rsp keine einheitliche Auffassung über die Zulässigkeit des Umfangs von Rückersatzpflichten im Rahmen der Berufsausbildung von KrankenpflegerInnen durch öffentliche Krankenanstalten.

2.
Ausbildungsverhältnis

Der OGH stimmt zu, dass ein Ausbildungsverhältnis und kein Arbeitsverhältnis bestand und daher die abgeschlossene Ausbildungskostenrückersatzvereinbarung nicht nach § 2d AVRAG, sondern an § 879 ABGB zu messen ist. Üblich ist, dass in der Gesundheits- und Krankenpflege die Berufsausübung von der Absolvierung bestimmter gesetzlich vorgesehener Aus- und Weiterbildungsangebote abhängig ist. Geregelt sind diese Bestimmungen in den §§ 41 ff GuKG (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz). Abgesehen von den verkürzten Ausbildungen gem §§ 44 bis 46 GuKG erfolgt die Ausbildung in einem reinen Ausbildungsverhältnis (vgl Weiss/Lust, GuKG7 [2014] 218). Wanderer merkt an, dass ein Ausbildungsverhältnis, welches einem Arbeitsverhältnis zeitlich vorgelagert ist, durchaus nach § 2d AVRAG beurteilt werden kann (Anm zu OGH9 ObA 129/15hDRdA-infas 2017/4, 8). Er bezieht sich dabei auf das OLG Wien (9 Ra 82/08g ARD 5900/6/2008), welches die Rückforderung von Ausbildungskosten als unzulässig erachtet, wenn diese vor Abschluss des Arbeitsvertrages entstanden sind und bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit rückgefordert werden. SE bestehen Parallelen zu der gegenständlichen E. Der Sachverhalt ist jedoch anders gelagert, weil bei der OLG-E gleichzeitig mit dem Dienstvertrag ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen und ein bereits bestehendes Arbeitsverhältnis gelöst wurde. Es ist somit ein Dienstverhältnis begründet worden. In dem der gegenständlichen E zugrundeliegenden Sachverhalt ist es zu keinem Arbeitsverhältnis gekommen. Grundsätzlich kann sowohl für gesetzlich verpflichtende Ausbildungen nach dem GuKG (vgl OGH9 ObA 86/05wARD 5691/5/2006; aA Resch, Ersatz von Ausbildungskosten für nichtärztliches Personal, RdM 1994, 42 ff, zur Rechtslage nach dem KrankenpflegeG BGBl l 1949/93) als auch für Ausbildungen, die für die spätere Tätigkeit kein Erfordernis darstellen, eine Ausbildungskostenrückersatzvereinbarung getroffen werden (vgl ASG Wien20 Cga 2/01mARD 5291/16/2002). Abzugrenzen davon sind gem § 2d AVRAG Einschulungskosten (vgl Binder/Mair in

Binder/Burger/Mair
, AVRAG3 § 2d Rz 15) und Fortbildungskosten (vgl OGH9 ObA 131/15bDRdA 6/2016, 421 [Haider]), welche nicht ersatzfähig sind. Ob die Kosten einer Ausbildung zur Diplomkrankenschwester zulässigerweise rückgefordert werden können, erscheint diskussionswürdig, weil ähnlich wie die Einschulung auch die Ausbildung das nötige Wissen und die nötigen Kenntnisse für die Tätigkeit vermittelt.

3.
Beurteilung der Vereinbarung des Ausbildungskostenrückersatzes nach § 879 ABGB

Außerhalb eines Arbeitsverhältnisses ist ein allfälliger Kostenersatz nach den allgemeinen Regeln des Privatrechts zu beurteilen, wobei die Judikatur zum Arbeitsverhältnis vor § 2d AVRAG auch auf Ausbildungsverhältnisse anzuwenden ist (vgl RIS-Justiz RS0016706). Gem § 879 ABGB ist ein Vertrag nichtig, der gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Der OGH folgt den Vorinstanzen und erkennt keine Sittenwidrigkeit. Anders beurteilte der OGH den Sachverhalt in 8 ObA 144/00k (vom 21.12.2000). Aufgrund der Bindung der Schülerin an das Hoheitsgebiet der Kl lag ein Eingriff in die Grundrechte der Freiheit der Berufswahl und der Erwerbstätigkeit gem Art 6 StGG und Art 18 StGG. Obwohl der OGH zwischen beiden Entscheidungen keine Ähnlichkeiten sieht, weil die Schülerin in der gegenständlichen E eine Einstellung zugesichert bekam, kann nicht bezwei-285felt werden, dass sich in beiden Entscheidungen die Schülerinnen verpflichtet haben, nach erfolgreichem Abschluss in einer Krankenanstalt der Schule zu arbeiten. Anzumerken ist weiters, dass es der Schule möglich gewesen wäre, die Schülerin in einem von 20 Krankenhäusern unterzubringen. Ob der Schülerin auch zugemutet werden kann, in einem Krankenhaus in einem anderen Bundesland zu arbeiten und sie damit möglicherweise eine längere Anfahrtszeit in Kauf nehmen muss, ist fraglich.

4.
Der Begriff der Ausbildungskosten

Die Rsp hat einen sehr engen Kostenbegriff geschaffen, denn es sind nur die tatsächlich aufgewendeten Ausbildungskosten (vgl OGH9 ObA 211/94Arb 11.336 = RdW 1995, 152) zurückzuzahlen. Zu den tatsächlichen Ausbildungskosten zählen Kurs- oder Teilnahmegebühren, Prüfungstaxen, Kosten von Lernunterlagen und unter Umständen Reise- und Aufenthaltskosten (vgl etwa Radner in

Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellHB Arbeitsvertrags-Klauseln Rz 34.14). Zu den sonstigen Ausbildungskosten zählen nach Löschnigg/Kern innerbetriebliche Kurskosten (bspw Entgelt für Ausbildner) und Sachleistungen, die das Unternehmen zur Verfügung stellt (vgl Löschnigg/Kern, Rückerstattung von EDV-Ausbildungskosten, EDVuR 1986 H 2, 18). Die Rückerstattung der sonstigen Ausbildungskosten müsste ausdrücklich vereinbart werden. Das gleiche gilt bei der Rückforderung von während der Ausbildung geleistetem Entgelt. Wird nur von Ausbildungskosten gesprochen, ist das Entgelt davon nicht erfasst (vgl OGH4 Ob 120/78: Operator). Welche Kosten tatsächlich durch eine entsprechende Ausbildung entstanden sind, ist vom Einzelfall abhängig und unter den konkreten Umständen zu prüfen (vgl OGH8 ObA 18/11xARD 6173/3/2011 = RdW 2001, 686). Während des Ausbildungsverhältnisses bekam die Schülerin Taschengeld iSd § 49 Abs 5 GuKG, einen Verpflegungskostenersatz, eine Nachtdienstentschädigung und es wurden für sie Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Problematisch ist zunächst schon, ob die Nachtdienstentschädigung sowie die Sozialversicherungsbeiträge unter den Begriff der tatsächlichen Ausbildungskosten fallen und noch gegebenenfalls die Kosten für Ausbildungspersonal, Gebäudeerhaltung ua („Sowieso-Kosten“) hinzuzurechnen sind und somit vom Krankenhaus rückgefordert werden können.

4.1.
Sozialversicherungsbeiträge, Nachtdienstentschädigung

ME sind sowohl die Nachtdienstentschädigung als auch die Sozialversicherungsbeiträge nicht in die tatsächlichen Ausbildungskosten einzurechnen. Gem § 2d Abs 2 AVRAG kann das Entgelt rückgefordert werden, wenn der AN während der Ausbildung von der Dienstleistung freigestellt wurde. Nach der Rsp und einem Teil der Lehre muss dabei die Rückforderung des Entgelts eigens vereinbart werden (vgl OGH4 Ob 120/78

[Apathy]
: Operator). Im Zweifel ist unter Entgelt das Bruttoentgelt zu verstehen (vgl Rebhahn in
Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm § 1152 ABGB Rz 24; OGH 15.11.2010, 8 ObA 70/09s). Eine Vereinbarung einer Lohnnebenkostenpauschale von 25 % ist hingegen nicht zulässig (vgl OGH8 ObA 70/09sZAS 2011/45, 279 [Födermayr]; DRdA 2012/11 [Radner]). Mit einer Nachtdienstentschädigung erhält die Schülerin für die Zurverfügungstellung ihrer Arbeitskraft während der Nacht eine Gegenleistung. Der praktische Teil der Ausbildung in der Nacht soll besonders honoriert werden. Eine Nachtdienstentschädigung ist Entgelt (vgl Krejci in
Rummel
,
ABGB3 § 1152 ABGB Rz 13). Die gegenständliche Vereinbarung spricht nur von „Ausbildungskosten“. Diese Bezeichnung reicht nicht aus, um geleistetes Entgelt zurückzufordern. Die vom AG abgeführten Sozialversicherungsbeiträge zählen nach hM (vgl ua Krejci in
Rummel
, ABGB3 § 1152 ABGB Rz 17) nicht zum Entgelt, wenn eine Versicherungspflicht besteht. Werden vom AG Beiträge ohne gesetzliche Pflicht abgeführt, also freiwillig, so zählt dieser Vorteil zum Entgelt. Sozialversicherungsbeiträge können auch in einem Ausbildungsverhältnis nicht in die Ausbildungskosten einbezogen werden (vgl OGH4 Ob 30/69ArbSlg 8622). Dies zu Recht, weil es sich dabei um eine gesetzliche Verpflichtung des Ausbildners handelt. Nach § 4 Abs 1 Z 5 ASVG sind SchülerInnen an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege ... vollversichert. Davon ausgenommen sind sie bei Vorliegen der Voraussetzungen gem § 5 Abs 1 Z 16 ASVG. Diese Kosten fließen nicht direkt in die Ausbildung der Schülerin, daher können sie nicht zu den Ausbildungskosten gezählt werden.

4.2.
Sogenannte „Sowieso-Kosten“

Problematisiert werden vom OGH die sogenannten „Sowieso-Kosten“. Anders als das Erstgericht sieht der OGH eine Differenzierung als nicht zielführend an. Begründend dazu führt er aus, dass es zu einer ausgeglichenen Beteiligung der Ausgebildeten an den Ausbildungskosten kommen soll. Würde differenziert werden, hätten die sich später Anmeldenden, also nach Buchung des Vortragenden und des Vortragslokals, geringere Ausbildungskosten, als jene, die die Buchung des Vortragenden und des Lokals erst ausgelöst haben. Er vertritt daher die Rechtsansicht wie das OLG Wien (26.8.2015, 9 Ra 49/15i), nämlich dass die für die Ausbildung entstandenen Personal- und Sachkosten als tatsächlich aufgewendete Kosten anzusehen sind. Zu hinterfragen ist zunächst, ob die Schule die Kosten für Gebäudeerhaltung, Ausbildungsperson ua den SchülerInnen in Rechnung stellen darf. Nach § 49 GuKG hat der Rechtsträger der Schule den SchülerInnen Dienstkleidung zur Verfügung zu stellen sowie ein Taschengeld zu bezahlen. Grundsätzlich geht der Gesetzgeber von keiner Ersatzpflicht bzgl des Schulgeldes österreichischen Staatsbürgers aus (ErläutRV 709 BlgNR 20. GP 46; OGH8 ObA 144/00kDRdA 2001/41 [Mayr]). Diese Kosten werden von der Allgemeinheit getragen (vgl OGH8 ObA 144/00kDRdA 2001/41 [Mayr]). Eine Ausbildung nach dem GuKG ist daher grundsätzlich kostenlos (vgl Resch, RdM 1994, 42 ff, zur Rechts-286lage nach dem KrankenpflegeG BGBl l 1949/93). Resch meint überhaupt, dass daraus die Unzulässigkeit einer Ausbildungskostenrückersatzvereinbarung folgt. In der gegenständlichen E ist der OGH aA. Aus OGH vom 21.12.2000, 8 ObA 144/00k, kann kein zwingend „kostenloser“ Besuch einer Pflegeschule entnommen werden. Als unzulässig sah der OGH jedenfalls die Überwälzung der in einem Finanzausgleich zwischen den Ländern von der Kl zu tragenden anteiligen Kosten der Schulerhaltung auf den Bekl mittels schuldrechtlicher Vereinbarung an (vgl OGH8 ObA 144/00kDRdA 2001/41 [Mayr]). Das Risiko der Auslastung von Schulungsräumen oder ähnlichen Ausbildungsmitteln kann nicht auf den auszubildenden AN allein überwälzt werden (vgl OLG Wien7 Ra 154/05aARD 5691/6/2006). Der AN wäre in diesem Fall schlechter gestellt, je weniger AN mit ihm gemeinsam an der Schulung teilnehmen (vgl Wanderer, „Tatsächliche Ausbildungskosten“ bei betriebs- oder konzerninternen Schulungsmaßnahmen, DRdA 5/2013, 444). Auch die Lehrmeinungen zu § 2d AVRAG zählen die besagten Kosten nicht zu den tatsächlichen Ausbildungskosten (vgl Binder/Mair in

Binder/Burger/Mair
, AVRAG3 § 2d Rz 22; Reissner in
Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 2d AVRAG Rz 7). ME ist die Kausalität des Einzelnen zu minimal, um zu bestimmen, welche Kosten bzgl Gebäudeerhaltung und Ausbildungspersonal tatsächlich anfallen. Vor dem Hintergrund, dass die Schülerin das im theoretischen Teil Gelernte tatsächlich für den Ausbildner in seinem Krankenhaus in der Praxis anwendet, erscheint schon die Höhe des Pauschalbetrags von € 24.000,– zu hoch. Im praktischen Teil erfolgt zumindest teilweise (Nachtdienst) eine Verwendung der Schülerin. Obwohl eine Diplomkrankenschwester ohne praktischen Teil nicht ausgebildet werden kann und es sich um keine Tätigkeit handelt, die über eine Ausbildung hinausgeht (vgl OGH4 Ob 30/69ArbSlg 8622), profitiert das Krankenhaus trotzdem schon während der Ausbildung von der Arbeitskraft der Schülerin. Die Schule wird sowieso auch ohne Teilnahme dieser Schülerin betrieben. In Anbetracht der hohen Zahl an SchülerInnen, die eine Ausbildung abschließen, liegt mE das Risiko der Erhaltung des Gebäudes und auch die Kostentragung für das Personal in der Sphäre des Ausbildners.

5.
Vereinbarung der pauschalierten Rückerstattung

Aus dem Umstand nun, dass gewisse Kosten nicht unter den Begriff der tatsächlichen Ausbildungskosten fallen, ist mE eine Pauschalvereinbarung generell kritisch zu hinterfragen. Aus den Lehrmeinungen folgt, dass sonstige Ausbildungskosten sowie Entgelt für eine eventuelle Rückforderung eigens zu bezeichnen sind. Kommt es zu einer Rückforderung im Rahmen einer Pauschalvereinbarung wird lediglich die Höhe des Betrags der Ausbildungskosten angegeben. Es wäre daher notwendig, die Kosten in der Vereinbarung ausdrücklich zu benennen. Dies lässt sich mE auch aus der Rsp des OGH ableiten. Ein Pauschalbetrag kann vereinbart werden (vgl OGH8 ObA 18/11xRdW 2001/703), wenn bspw der AG für mehrere AN gemeinsam einen Kurs bucht. Die Höhe des Betrags ist dabei von der konkreten Anzahl der AN unabhängig. Die Vereinbarung eines Pauschalbetrags, von dem begrifflich nicht feststeht, dass er den tatsächlich aufgewendeten Kosten entspricht, ist nicht zulässig. Das wäre bei einer Lohnnebenkostenpauschale von 25 % der Fall (vgl OGH8 ObA 70/09sZAS 2011/45, 279 [Födermayr]; DRdA 2012/11 [Radner]). Die Pauschalierung bedeutet dabei nur, dass diese mangels einer abweichenden Parteienabrede im Interesse des AN vereinbart wurde. Damit wird die Höhe des rückzuerstattenden Betrags begrenzt. Rückzuzahlen sind immer nur die tatsächlich aufgewendeten Ausbildungskosten (vgl OGH9 ObA 211/94Arb 11.336). Die gegenständliche Pauschalvereinbarung spricht nur von Ausbildungskosten in der Höhe von € 24.000,–. Weder die Nachtdienstentschädigung noch die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge sind begrifflich angeführt. Sie zählen nicht zu den tatsächlich aufgewendeten Ausbildungskosten und können daher auch im Rahmen der Pauschalvereinbarung nicht rückgefordert werden. Bedenklich ist die Berechnungsmethode des OGH. Es sei eine legitime Methode, den Pauschalpreis für den Kurs durch die Zahl der tatsächlichen Teilnehmer zu dividieren, um die Höhe der Rückzahlungspflicht des ausscheidenden AN zu ermitteln (vgl OLG Wien 20.1.2011, 7 Ra 80/10a; aA Wanderer, DRdA 2013, 443). Nach dieser Berechnungsmethode hängt die Höhe des rückzuzahlenden Betrags von der tatsächlichen Teilnehmeranzahl ab. In der gegenständlichen E werden die Gesamtkosten durch die durchschnittliche Anzahl von SchülerInnen pro Kalenderjahr dividiert. Kommt es jedoch zu einer Auslastung der Ausbildungsplätze, so wäre der rückzuzahlende Betrag deutlich geringer. Es werden daher Kosten auf die SchülerInnen abgewälzt, die bei Vereinbarung eines Pauschalbetrags im Vorhinein nicht bestimmt werden können. Im Hinblick auf eine grundsätzlich kostenlose Ausbildung zur Diplomkrankenschwester erscheint die Einbeziehung der sogenannten „Sowieso-Kosten“ in die tatsächlichen Ausbildungskosten als nicht angemessen.

6.
Ergebnis

Dem OGH ist nicht zuzustimmen, dass die Kosten, die der Ausbildner ohnehin zu zahlen hätte, auch wenn die Ausbildung von der Schülerin nicht absolviert worden wäre, rückforderbar sind. Diese Kosten zählen nicht zu den tatsächlichen Ausbildungskosten. Es wurde aufgezeigt, dass die Sozialversicherungsbeiträge, die der Ausbildner für die Schülerin abgeführt hat, und die Nachtdienstentschädigung im Rahmen einer Pauschalvereinbarung nicht ersatzfähig sind. Bei den Sozialversicherungsbeiträgen handelt es sich um eine gesetzliche Verpflichtung des Ausbildners. Sie können somit nicht zu den tatsächlichen Ausbildungskosten gezählt werden. Eine Nachtdienstentschädigung ist Entgelt. Entgelt kann nur rückgefordert werden, wenn es in der Pauschalvereinbarung begrifflich angeführt ist.287