163Androhung der Einleitung eines Kündigungszustimmungsverfahrens bei Nichtänderung des Krankenstandsverhaltens – keine Belästigung oder Benachteiligung infolge einer Beschwerde iSd BEinstG
Androhung der Einleitung eines Kündigungszustimmungsverfahrens bei Nichtänderung des Krankenstandsverhaltens – keine Belästigung oder Benachteiligung infolge einer Beschwerde iSd BEinstG
Die kl AN ist seit 1981 bei der bekl AG als Zustellerin beschäftigt, zählt seit 2011 zum Kreis der begünstigten behinderten AN und befand sich im Jahr 2013 seit 17.6.2013 durchgehend – und in jenem Jahr zum fünften Mal – im Krankenstand. Die bekl AG teilte ihr mit Schreiben vom 29.10.2013 mit, dass in Anbetracht ihrer massiven Krankenstände die baldige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit fraglich und beabsichtigt sei, bei Nichtänderung des Krankenstandsverhaltens einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim Bundessozialamt (nunmehr Sozialministeriumservice) einzubringen.
Die kl AN meint, mit diesem Schreiben von der bekl AG iSd § 7i Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) als Reaktion auf eine Beschwerde „anders benachteiligt“ worden zu sein, weil die Bestimmung auch Benachteiligungen bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und damit auch Handlungen erfasse, die dem Ansehen einer Person schaden würden, deren Wertschätzung im Betrieb herabsetzten oder Diffamierungshandlungen darstellten.
Nach Ansicht des OGH ist für die AN, selbst wenn ein Zusammenhang mit den Beschwerden der kl AN über die Größe ihres Zustellrayons bestehen sollte, damit nichts gewonnen: Nicht jede kausale Reaktion des AG auf die Geltendmachung von Abwehransprüchen zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebots stellt281eine verbotene Viktimisierungshandlung dar. Es müssen Umstände vorliegen, in denen sich der dem Benachteiligungsverbot zugrundeliegende Gedanke des Schutzes vor Repressalien oder einer Viktimisierung des AN widerspiegelt (siehe dazu bereits OGH 25.10.2011, 9 ObA 113/11z). Wenn die Vorinstanzen hier derartiges in jenem Schreiben nicht erkennen konnten und – schon im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Zustimmung des Behindertenausschusses zu einer Kündigung – das Schreiben der bekl AG nicht als unzulässige Druckausübung sahen, ist dies laut OGH vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig. Zur Frage des Vorliegens einer Belästigung iSd § 7d BEinstG folgt der OGH ebenfalls der Meinung der Vorinstanzen, die im Schreiben vom 29.10.2013 keine als unerwünscht, unangebracht oder anstößig zu qualifizierende Verhaltensweise der bekl AG erkennen konnten und es nicht als ausreichend dafür geeignet erachteten, für die kl AN ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld iSd § 7d Abs 2 BEinstG zu schaffen. Ein Korrekturbedarf besteht dazu laut OGH nicht, die außerordentliche Revision der kl AN war mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.