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Ausmaß der Kündigungsentschädigung bei Insolvenz: Gesetzliche bzw kollektivvertragliche Kündigungsfrist und -termin auch bei befristetem Dienstverhältnis maßgeblich

MARGITMADER

Das Arbeitsverhältnis des Kl war bis 28.2.2015 befristet. Im Zuge des Insolvenzverfahrens wurde es durch Kündigung vor Ablauf der Befristung aufgelöst. Der Kl erhielt für die fiktive Kündigungsfrist von sechs Wochen Insolvenz-Entgelt von der IEF-Service GmbH ausbezahlt.

Verfahrensgegenständlich sind die vom Kl geltend gemachten Ansprüche auf laufendes Entgelt vom Ende der fiktiven Kündigungsfrist bis zum Ablauf der Befristung. Laut Ansicht des Kl handelt es sich dabei nicht um Beendigungsansprüche, da diese Ansprüche nicht im Zusammenhang mit einer Beendigung stehen. Da ein befristetes Dienstverhältnis ohne Kündigungsvereinbarung nicht gekündigt werden könne, sei eine Bezugnahme auf gesetzliche Kündigungsfristen und -termine ausgeschlossen. Eine Beschränkung der Ansprüche nach § 3 Abs 3 IESG komme daher nicht in Betracht.

Die IEF-Service GmbH lehnte die geltend gemachten Ansprüche als nicht gesichert ab. Dem stimmte auch das Berufungsgericht zu. Der OGH wies die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Kl zurück.

Der Kl beruft sich unter Bezugnahme auf sein befristetes Dienstverhältnis auf eine fehlende Kündigungsmöglichkeit. Ohne Kündigungsausschluss ist bei einer rechtswidrigen Kündigung eines befristeten Dienstverhältnisses (ohne vereinbarte Kündigungsmöglichkeit) jedoch das Schadenersatzprinzip anzuwenden. Demnach wird das Dienstverhältnis durch die rechtswidrige Kündigung des AG aufgelöst. Dem DN stehen aber die Ansprüche nach § 29 AngG zu (OGH 28.11.2007, 9 ObA 156/07t; Brenn in

Reissner
, AngG2 § 19 Rz 31 f und 39). Somit handelt es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen aber – entgegen der Ansicht des Kl – nicht um solche auf laufendes Entgelt, sondern um Beendigungsansprüche.

Die IESG-rechtliche Beurteilung der Ansprüche ist daher gem § 3 Abs 3 IESG vorzunehmen.

Nach Ansicht des OGH liegt der Zweck dieser Bestimmung in der Begrenzung der gesicherten Ansprüche, die in Ausmaß und Dauer der Sicherung von Einzelvereinbarungen unabhängig sein sollen. Die Sicherung der Ansprüche soll auf das beschränkt werden, was durch gesetzliche oder kollektivvertragliche Regelungen vorgegeben ist. Das Ausmaß der gesicherten Ansprüche ist demnach für die Zeit bis zum Ablauf der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen und -termine beschränkt. Eine einzelvertraglich vereinbarte Verlängerung der Kündigungsfrist kann keine anspruchserhöhende Wirkung haben (OGH 25.11.2016, 8 ObS 15/16p).

Entgegen der Ansicht des Kl gelten nach dem klaren Wortlaut des § 3 Abs 3 IESG die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen und -termine auch für befristete Dienstverhältnisse, zumal § 3 Abs 3 letzter Satz ausdrücklich angeordnet, dass der erste und zweite285Satz auch auf befristete Arbeitsverhältnisse Anwendung findet (siehe dazu OGH 26.8.2004, 8 ObS 23/03w).

Darüber hinaus hat der OGH bereits in der E 8 ObS 219/01s (DRdA 2002, 245 = RdW 2002/569, 620 = ZIK 2002, 108)Folgendes ausgeführt: „Zweck der Begrenzung der Sicherung nach § 3 Abs 3 IESG war von allen Anfang an eine von den Einzelvereinbarungen unabhängige Dauer der Sicherung. Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass die Begrenzung nur im Fall eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit, nicht aber – mangels Kündigungsterminen und -fristen – auf befristete Arbeitsverhältnisse anzuwenden sei, widerspricht nicht nur dem Zweck der gesetzlichen Regelung, sondern wäre auch gleichheitswidrig. Nur daraus, dass mit der IESG-Novelle 1997 ausdrücklich auch befristete Arbeitsverhältnisse einbezogen wurden, ist nicht zu folgern, dass die Begrenzung nicht auch schon vorher für solche Arbeitsverhältnisse galt.“

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.