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Teilnahme an einer Integrationsmaßnahme des Arbeitsmarktservice ist kein Eintritt ins Erwerbsleben

ALEXANDERDE BRITO

Der im Juli 1982 geborene Kl hat im Zeitraum Oktober 1997 bis November 2009 zwölf Versicherungsmonate, davon acht im Rahmen von Erwerbstätigkeit erworben. Bei den ersten beiden Versicherungsmonaten handelte es sich nicht um Beschäftigungsverhältnisse am freien Arbeitsmarkt, sondern um die Teilnahme an einer Integrationsmaßnahme des AMS Wien für behinderte Jugendliche. Der Kl musste diese Umschulung bereits im November 1997 unterbrechen, weil er wegen einer schubförmig verlaufenden Erkrankung stationär aufgenommen wurde. Schon zu diesem Zeitpunkt war er aufgrund seiner Erkrankung, die damals wie heute Ursache seines eine Tätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließenden Leistungskalküls darstellt, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht arbeitsfähig. Auch für den Dezember 2003, in dem der Kl einer kurzfristigen versicherungspflichtigen Beschäftigung nachging, kann eine Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht festgestellt werden.

Am 28.6.2013 stellte er einen Antrag auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension. Nachdem der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit schon vor dem 27. Lebensjahr eingetreten ist, genügt zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gem § 236 Abs 4 Z 3 ASVG (sogenannte Wartezeit) das Vorliegen von sechs Versicherungsmonaten, die der Kl durch die Umschulungsmaßnahmen des AMS und kurzfristige Beschäftigungen erworben hat.

Die Gewährung einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit hat jedoch auch zur Voraussetzung, dass die Arbeitsunfähigkeit nach dem Eintritt ins Erwerbsleben eingetreten ist. Der Kl argumentierte, dass durch den Beginn der Umschulungsmaßnahme im Jahr 1997 Pflichtversicherung eingetreten wäre; der Eintritt in das Erwerbsleben habe damit bereits zu diesem Zeitpunkt stattgefunden. Diese Rechtsansicht wurde bereits in mehreren Entscheidungen des OGH abgelehnt. Maßgebend für den Eintritt ins Erwerbsleben ist die erstmalige Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung. Auch wenn eine Schulungsmaßnahme wie die vorliegende Maßnahme nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz (AMFG) zur Pflichtversicherung führt, bedeutet dies keinen Eintritt ins Erwerbsleben. Bei den beim Kl stattgefundenen Umschulungen handelt es sich nicht um Tätigkeiten auf dem freien Arbeitsmarkt. Schon der Titel der Maßnahme „Elementarvoraussetzungen für berufliche Einstiegschancen für behinderte Jugendliche“ macht dies deutlich.

Auch das Argument einer uneinheitlichen Judikatur im Zusammenhang mit § 236 Abs 4 Z 3 ASVG und § 255 Abs 7 ASVG wies der OGH zurück, da der Gesetzgeber mit der Invaliditätspension nach § 255 Abs 1 bis 4 ASVG und dem Pensionsanspruch nach § 255 Abs 7 ASVG unterschiedliche Ziele verfolge: Nur wenn Versicherte, die schon vor dem Eintritt ins Erwerbsleben arbeitsunfähig waren, mindestens 120 Versicherungsmonate durch Erwerbstätigkeit aufweisen können, sind die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension gem § 255 Abs 7 ASVG erfüllt. Während nach § 255 Abs 1 bis 4 ASVG der Schutz des Versicherten vor einer körperlich oder geistig bedingten Herabsetzung seiner Arbeitsfähigkeit bezweckt wird, geht es nach Abs 7 darum, eine trotz originärer Arbeitsfähigkeit für eine lange Zeit erbrachte Arbeits- und Beitragsleistung durch Zuerkennung eines Pensionsanspruchs zu honorieren und dadurch die langfristige Integration behinderter Menschen in den Arbeitsprozess zu fördern.