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Erwerb eines Schwerarbeitsmonats bei sechs Nachtdiensten im Versicherungsmonat

ALEXANDERDE BRITO
§ § 1 Abs 1 Z 1 und 4 SchwerarbeitsV

Ein Kalendermonat, der auch ein Versicherungsmonat sein muss, ist bereits dann als Schwerarbeitsmonat zu qualifizieren, wenn Tätigkeiten in einem Schicht- oder Wechseldienst erbracht werden, und zwar auch während der Nachtstunden in einem Umfang von mindestens sechs Stunden, und solche Tätigkeiten an mindestens sechs Arbeitstagen im Kalendermonat geleistet werden.

SACHVERHALT

Die Kl, eine diplomierte Kinder- und Säuglingsschwester in der Neonatologie, arbeitete durchschnittlich zwischen 24 und 36 Stunden wöchentlich. Sie absolvierte entweder zwölfstündige Nachtdienste (19:00 bis 7:00 Uhr) oder Tagdienste in unterschiedlicher Dauer. Sie leistete in den Monaten Oktober und November 1996, Jänner 1997, April bis Juli 1997 und September bis Dezember 1997 sechs Nachtdienste mit jeweils zumindest sechs Arbeitsstunden zwischen 22:00 und 6:00 Uhr, wobei sie jeweils weniger als 15 Arbeitsdienste in diesen Monaten aufweist. In den Monaten Oktober 2002 und Februar 2012 verrichtete die Kl zumindest 15 Arbeitsdienste.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Der Antrag der Kl auf Anerkennung von Schwerarbeitszeiten wurde von der Pensionsversicherungsanstalt mit Bescheid abgelehnt. Der dagegen erhobenen Klage gab das Erstgericht teilweise durch Feststellung von Schwerarbeitszeiten in den Monaten Oktober 2002 und Februar 2012 statt. Das Erstgericht führte aus, dass auch bei Schwerarbeit in Form von Schicht- oder Wechseldiensten eine Anzahl von mindestens 15 Schwerarbeitstagen im Monat erforderlich sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl statt. Es sprach aus, dass auch die von der Kl erworbenen Versicherungsmonate in den Monaten Oktober 1996, November 1996, Jänner 1997, April bis Juli 1997, September bis Dezember 1997, Oktober 2002 und Februar 2012 Schwerarbeitszeiten sind. Ein Kalendermonat sei bereits dann als Schwerarbeitsmonat zu werten, wenn die Schicht- oder Wechseldienste iSd § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV in einem Umfang von mindestens sechs Stunden an mindestens sechs Arbeitstagen im Kalendermonat geleistet würden. Diese Voraussetzungen erfülle die Kl auch in den übrigen im Spruch angeführten Kalendermonaten. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Der Revision der Bekl wurde nicht Folge gegeben.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„1. Nach § 4 SchwerarbeitsV ist ‚ein Schwerarbeitsmonat jeder Kalendermonat, in dem eine oder mehrere Tätigkeiten nach § 1 Abs 1 zumindest in jenem Ausmaß ausgeübt wurden, das einen Versicherungsmonat im Sinn des § 231 Z 1 lit a ASVG begründet‘. […] Nach § 231 Z 1 lit a ASVG ist ein Versicherungsmonat jeder Kalendermonat, in dem mindestens Versicherungszeiten in der Dauer von 15 Tagen oder zwei ganze Beitragswochen liegen.

2. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV gelten alle Tätigkeiten, ‚die in Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht […] zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, […]‘ geleistet werden, als Tätigkeiten, die unter besonders belastenden Bedingungen erbracht werden. […]

5. Gestützt auf seine Entscheidung 10 ObS 103/10k sprach der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 23/16d aus, dass in § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV nicht auf die in § 4 SchwerarbeitsV angesprochene Anzahl von Schwerarbeitstagen abgestellt wird, sondern auf das Vorliegen von lediglich sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, an denen unregelmäßige Nachtarbeit geleistet wurde. Ein Kalendermonat, der auch ein Versicherungsmonat sein muss, ist bereits dann als Schwerarbeitsmonat zu qualifizieren, wenn Tätigkeiten in einem Schicht- oder Wechseldienst erbracht werden, und zwar auch während der Nachtstunden in einem Umfang von mindestens sechs Stunden, und solche Tätigkeiten an mindestens sechs Arbeitstagen im Kalendermonat geleistet werden.

6. An dieser Auffassung, die eine allfällige Unklarheit der Entscheidung 10 ObS 103/10k aus-307räumt und auch im Schrifttum vertreten wird (Milisits, Schwerarbeitsverordnung – Ein Leitfaden für die Praxis [2008] 31; Rainer/Pöltner in SV-Komm § 4 APG Rz 135), ist festzuhalten. Wurde nämlich eine die Versicherung in der Pensionsversicherung begründende Tätigkeit im Schicht- oder Wechseldienst, der auch Nachtarbeit umfasst, im vom Gesetz geforderten Mindestausmaß (etwa die erforderlichen sechs Nachtarbeitszeiten) in einem Kalendermonat geleistet, dann ist der von einer monatlichen Betrachtungsweise ausgehende Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV bereits erfüllt, also Schwerarbeit im Bezugszeitraum tatsächlich geleistet worden, sodass es nur noch darauf ankommt, dass dieser Kalendermonat auch ein Versicherungsmonat in der Pensionsversicherung ist. Die Tätigkeit nach § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV ist dann ‚in jenem Ausmaß, das einen Versicherungsmonat im Sinn des § 231 Z 1 lit a ASVG begründet,‘ ausgeübt worden.“

ERLÄUTERUNG

Der OGH hatte sich bereits mehrfach mit der Frage auseinanderzusetzen, wann ein Schwerarbeitsmonat vorliegt.

Die E beseitigt ein Missverständnis, das aus einer Formulierung in der OGH-E vom 27.7. 2010, 10 ObS 103/10k, entstanden ist. Diese E betraf den Geschäftsführer einer Diskothek und es wurde vom OGH formuliert, dass ein Schwerarbeitsmonat dann erworben wird, wenn eine oder mehrere besonders belastende Tätigkeiten iSd § 1 Schwerarbeitsverordnung mindestens in der Dauer von 15 Tagen in einem Kalendermonat ausgeübt wurden. Diese Formulierung könnte dahingehend interpretiert werden, dass an jedem dieser 15 Tage Schwerarbeit – auch bei Nachtarbeit – geleistet werden müsse. Allerdings wurde an einer anderen Stelle des Urteils klargestellt: Als Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV gelten demnach Tätigkeiten, wenn sie in einem Schicht- oder Wechseldienst erbracht werden, und zwar auch während der Nachtstunden (Zeitraum von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) in einem Umfang von mindestens sechs Stunden. Ein Kalendermonat wird als Schwerarbeitsmonat gewertet, wenn eine solche Tätigkeit an mindestens sechs Arbeitstagen im Kalendermonat geleistet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass bei der Nachtarbeit die Tätigkeit nicht entscheidend ist. Vielmehr kommt es auf das Kriterium „Nacht“ an. So fallen auch „leichtere“ berufliche Tätigkeiten unter diesen Tatbestand.

Diese Unklarheit wurde auch in der OGH-E vom 13.4.2016, 10 ObS 23/16d, nicht endgültig ausgeräumt. Die E betraf ebenfalls eine diplomierte Krankenschwester, sogar auf der Intensivstation. Im Revisionsverfahren war nicht mehr strittig, dass es sich dabei um eine berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf gem § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV handelte. Die Kl hatte vorgebracht, dass sie ihre Tätigkeit nicht im Rahmen eines 8-Stunden-Arbeitstages ausgeübt habe, sondern jeweils längere, teilweise 12 oder 13 Stunden dauernde Dienste (auch Nachtdienste) geleistet habe, sodass die monatliche Gesamtarbeitszeit auf (fiktive) 8-Stunden-Arbeitstage umzurechnen sei. Zwar wurde vom OGH dazu ausgeführt, dass zur Begründung eines Schwerarbeitsmonats ein Versicherungsmonat nach § 231 Z 1 lit a ASVG vorliegen muss, also im Wesentlichen 15 Tage der Tätigkeit. Die weitergehende Frage, ob an allen diesen mindestens 15 Tagen Schwerarbeit geleistet werden muss, blieb nach wie vor offen.

Das nun vorliegende Ergebnis ist daher zur Klarstellung wichtig, jedoch schon aufgrund des eindeutigen Wortlauts der SchwerarbeitsV, die lediglich das Vorliegen von sechs Nachtdiensten in einem Monat voraussetzt, nicht überraschend.308