Umkleidezeit als Arbeitszeit

PINARKAYA
Wie die zum An- und Ablegen der Arbeitskleidung benötigte Zeit rechtlich zu qualifizieren ist, lässt sich anhand der geltenden Rechtslage schwer beantworten, denn es fehlt nicht nur an einer arbeitszeitrechtlichen Definition der Umkleidezeit, sondern auch an einer ergiebigen Judikatur hiezu. Da aber der Umkleidevorgang im überwiegenden Interesse des/der AG und in bestimmten Fällen sogar auf Anordnung des-/derselben erfolgt, stellt sich berechtigterweise die Frage nach einer Vergütung dieser Zeit für die AN. Grundsätzlich richtet sich die Frage, ob die Umkleidezeit zu vergüten ist, nach dem konkreten Einzelfall. Der jüngsten E des OLG Wien vom 13.1.2017 (9 Ra 149/16x) zufolge bedarf es jedoch jedenfalls einer ausdrücklichen Weisung des/der AG an die AN, sich im Betrieb an- und auszuziehen.
1.
Definition der Arbeitszeit

Für jede Abgrenzung zur Arbeitszeit ist die Definition des Arbeitszeitbegriffes unerlässlich und damit eine denknotwendige Grundlage. Der Inhalt der Definition gibt die Kriterien vor, bei deren Vorliegen die Normadressaten einen bestimmten Zeitraum in Bezug auf eine bestimmte Arbeitskraft als Arbeitszeit iSd Norm definieren können sowie die daraus resultierenden gesetzlichen Konsequenzen – wie zB die Einhaltung der Grenzwerte – einhalten müssen.

1.1.
Arbeitszeitbegriff des AZG

Das österreichische Arbeitszeitgesetz nimmt zur Arbeitszeit folgende Definition vor:

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist:

1. Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen;2. Tagesarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von vierundzwanzig Stunden;3. Wochenarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag.

Demnach umfasst die Arbeitszeit die Zeitspanne vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen, die in § 11 AZG näher geregelt sind. Obwohl eine materielle Definition der Arbeitszeit durch das Gesetz nicht vorgenommen wird und folglich Abgrenzungsprobleme auftreten, steht fest, dass Wegzeiten von zu Hause zum Arbeitsort und zurück sowie Bereitschaftsdienste in Form der Rufbereitschaft nicht zur Arbeitszeit zählen.* Als Arbeitszeit werden hingegen Reisezeit und Arbeitsbereitschaft, die eine persönliche Anwesenheit erfordern, qualifiziert. Mit dem Ausschluss der echten Ruhepausen bzw Unterbrechungen – welche dem Erholungsbedarf gerecht werden* und sich an einer im Vorhinein definierten zeitlichen Position im Rahmen der Arbeitszeiteinteilung befinden müssen* – wird klargestellt, dass nicht nur Arbeiten ieS erfasst ist. Denn dieser Legaldefinition ist zu entnehmen, dass unter Arbeit nicht ein bestimmtes Tätigwerden oder gar die Erzielung bestimmter Ergebnisse verstanden werden kann.* Vielmehr geht es um die gesamte Zeit ohne Ruhepausen, in welcher der/die AN nicht über die Verwendung seiner Zeit bestimmt, sondern dem/der AG dienstlich zur Verfügung314steht* und unabhängig davon, ob von der Arbeitskraft akuter Gebrauch gemacht wird, indem Tätigkeiten ausgeführt werden oder nicht.*

Abschließend ist anzumerken, dass unter Arbeitszeit nicht nur die Zeit der tatsächlichen, normalerweise zu leistenden Arbeit zu verstehen ist, sondern auch die Zeit, in welcher der/die DG die Freizeit des/der DN für seine Zwecke in Anspruch nimmt.*

1.2.
Europarechtlicher Arbeitszeitbegriff

Nach der Begriffsbestimmung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG vom 4.11.2003) in Art 2 Z 1 ist „Arbeitszeit jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem AG zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“. Gekennzeichnet ist diese Legaldefinition somit durch drei Elemente, nämlich 1. „den einzelstaatlichen Rechtsvorschiften und/oder Gepflogenheiten entsprechend arbeiten“, 2. „zur Verfügung stehen“ und 3. „eine Tätigkeit ausüben oder Aufgaben wahrnehmen“.

Das erste Element gibt nur eine inhaltsleere Wiederholung des zu definierenden Begriffs der Arbeit wieder. Erst durch die Kombination der Elemente 2 und 3 wird die Arbeitszeit iSd europäischen Arbeitszeit-RL definiert. Durch die auf dem Arbeitsvertrag basierende Verfügungsmacht des/der AG – welche durch das „Wollen“ desselben eine Verhaltenseinschränkung des/der AN herbeiführt* – findet ein Tun des/der AN oder zumindest die Erfüllung von Funktionen statt.

Auf Basis dieser Definition ist der EuGH wie auch die österreichischen Gerichte zu dem Schluss gekommen, dass Arbeitsbereitschaft, einschließlich der Erholungs- und sogar auch der Schlafphasen zur Arbeitszeit zählt, während die Rufbereitschaft vom EuGH nicht als Arbeitszeit definiert wird, da die AN in dieser Situation über ihre Zeit selbst verfügen und eigenen Interessen nachgehen können.*

2.
Umkleidezeit als Arbeitszeit

Wie durch die Untersuchung des Arbeitszeitbegriffes auf nationaler sowie europäischer Ebene aufgezeigt wurde, wird die zum Umziehen benötigte Zeit nicht eindeutig durch die einschlägigen Normen geregelt.

Allgemein herrscht in Österreich die Auffassung, dass die vor dem Eintreffen an der Arbeitsstätte zum Umkleiden benötigte Zeit nicht zur Arbeitszeit zählt, sofern keine abweichende Regelung im KollV, in der BV oder im Arbeitsvertrag existiert. Als Ausnahme von diesem Grundsatz lässt der OGH einzig zu, dass bei Notwendigkeit einer einen größeren Zeitaufwand erfordernden Kostümierung, die behauptet und bewiesen werden müsste, die Umkleidezeit als Arbeitszeit zu qualifizieren wäre.* Aus dem einschlägigen OGH-Judikat eine allgemeingültige Antwort auf die gegenständliche Rechtsfrage über die Umkleidezeit abzuleiten, scheint jedoch unmöglich, denn in der Praxis begegnet man verschiedensten Fallkonstellationen, die eine Einzelfallprüfung unentbehrlich machen.

Folgende Überlegungen sind bei der Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage anzustellen:

Zu unterscheiden sind in erster Linie zwei Fälle, in denen zum einen die Dienstkleidung schon zu Hause an- bzw abgelegt werden kann, und zum anderen auf Anordnung des/der AG dieser Vorgang erst im Betrieb vonstattengehen muss. Die Lösung für den ersten Fall spiegelt mehr oder weniger die in Österreich herrschende Auffassung wider. Dennoch kann man diesbezüglich hinterfragen bzw einwenden, wo die Zumutbarkeitsgrenzen für den/die AN liegen, wenn er/sie auf dem Heimweg eine Dienstkleidung tragen muss, die ihn/sie zur Werbefläche für den/die AG macht oder sogar die Eigenschaft besitzt, ihn/sie in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen.

Im zweiten Fall ordnet der/die AG ausdrücklich an, dass sich der/die AN am Arbeitsort umziehen muss. Hintergrund dieser AG-Anweisung sind meist Organisationsstandards oder AN-Schutzbestimmungen, die man als AG aufgrund hygienischer bzw medizinischer Vorgaben und/oder Sicherheitsvorschriften befolgen muss.

In diesem Fall ist ein Maß an Fremdbestimmung erkennbar, welches die Selbstbestimmtheit und Autonomie des/der AN, frei über seine Zeit zu verfügen, eindeutig einschränkt.

Der Umkleidevorgang liegt in diesem Fall somit beinahe im ausschließlichen Interesse des AG, da er durch die Abwälzung der ihm übertragenen öffentlich-rechtlichen Vorgaben auf den AN jene Pflichten durch ihn erfüllen lässt, deren Nichtbefolgung für ihn mit Konsequenzen wie insb Verwaltungsstrafen verbunden wäre.315

Daraus ist zu schließen, dass der Umkleidevorgang insb im Zusammenhang mit einer konkreten AG-Anordnung im Auftrag des AG und somit in dessen ausschließlichem Interesse stattfindet. Folglich ist dieser Vorgang – Umkleiden im Auftrag des AG an der Betriebsstätte – als Arbeitszeit zu qualifizieren, wodurch wiederum ein berechtigter Vergütungsanspruch des AN begründet wird.

2.1.
Literatur zur Umkleidezeit

Für die hier interessierende Rechtsfrage kommt den in der Lehre vertretenen Positionen, die erwartungsgemäß divergieren, eine bedeutende Stellung zu.

Als Befürworter der Qualifizierung der Umkleidezeit als Arbeitszeit kommt zB Mazal bei seiner Untersuchung dieser Fragestellung in Krankenanstalten nach Darstellung des österreichischen Meinungsstandes sowie der daran anschließenden Analyse des Arbeitszeitbegriffes der EU-Arbeitszeit-RL zu dem Schluss, dass Arbeitszeit alle Zeiten umfasse, in denen ein/e AN nach dem Willen des/der AG in der Gestaltung seines/ihres Tuns in örtlicher oder inhaltlicher Hinsicht eingeschränkt werde bzw sich der/die AN in der durch den/die AG fremdbestimmten und nicht in der grundsätzlich autonom gestalteten Sphäre befinde. Dieses Begriffsverständnis wendet Mazal auch auf die Frage der Umkleidezeit in einer Krankenanstalt für ÄrztInnen und Pflegepersonal an und führt zudem aus, dass das Anlegen einer Dienstkleidung im Interesse und im Auftrag des/der AG erfolge, der/die aus organisatorischen und hygienischen Gründen als ordentlich sorgfältige/r UnternehmerIn verpflichtet sei, unter seiner Verantwortung gereinigte und für die jeweiligen Berufsgruppen einheitliche Dienstkleidung zur Verfügung zu stellen. Mazal kommt zu dem Schluss, dass das An- und Auskleiden in Krankenanstalten Tätigkeiten sind, die durch den/die AG angeordnet und in dessen Interesse erfolgen und daher dem Arbeitszeitbegriff zuzurechnen bzw in die Arbeitszeit einzurechnen seien.*

Der von Mazal vertretenen Rechtsmeinung schließt sich Klein an und mit der ähnlichen differenzierenden Haltung wie bei Mazal führt er ergänzend aus, dass die ausschließlich vom/von der AG veranlassten Tätigkeiten am Arbeitsort keinen erkennbaren Bezug zur Interessensphäre des/der AN haben, daher sicherlich nicht in die Ruhezeit fallen. In diesem Fall sei von Arbeitszeit auszugehen, da neben Ruhezeit und Arbeitszeit keine dritte Kategorie existiere.*

Restriktive Meinungen werden von Schrank und Resch vertreten. So meint Schrank, ohne nähere Differenzierung, dass Arbeit im vertraglichen Sinne nur ab jenem Zeitpunkt vorliege, der für die Arbeitsaufnahme vereinbart sei und zu dem der/die AN dem/der AG am vereinbarten Arbeitsplatz auch tatsächlich im Vollsinn arbeitsbereit, dh in der vereinbarten und somit zu erwartenden Arbeitskleidung, für Arbeit vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehe.* Für Resch zählt die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit, weil der/die AN während des Umkleidens von Privatkleidung zur Dienstkleidung noch nicht arbeitsbereit sei.*

Gerhartl folgt grundsätzlich auch wie Schrank dem allgemeinen Grundsatz, dass Umkleidezeiten nicht zur Arbeitszeit zählen, allerdings erklärt Gerhartl die konkreten Umstände des Einzelfalles für maßgeblich. So liegt laut Gerhartl Arbeitszeit nur dann vor, wenn der/die AN seine/ihre Arbeitskleidung nicht mit nach Hause nehmen darf, sondern (zB aus hygienischen oder organisatorischen Gründen) in Privatkleidung am Arbeitsplatz erscheinen muss und die Arbeitskleidung (erst) dort anlegen darf (zB wenn eine Uniform am Arbeitsplatz aufbewahrt werden muss).*

Eine Darstellung der bisherigen Judikatur ist auch bei Grillberger zu finden.*

2.2.
Rechtsprechung zur Umkleidezeit

Die Rsp des OGH vom 4.9.2002, 9 ObA 89/02g, zum Kostüm eines Zirkusmusikers oder in 9 ObA 133/02b zum Kostüm eines Orchestermusikers behandelt die Thematik nur am Rande jeweils zwei umfangreicher Verfahren. Da in den genannten Verfahren die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien strittig war, setzte sich der OGH in beiden Verfahren mit einem Beendigungsstreit und vor allem auch mit Themen wie Pausen, Überstunden, einer unklaren Austrittserklärung, Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG sowie der Zulässigkeit von Kettenarbeitsverhältnissen in Saisonbetrieben eingehend auseinander. Nichtsdestotrotz hält der OGH in beiden Entscheidungen fest, dass die Zeit, die ein AN vor seinem Eintreffen an der Arbeitsstätte zum Umkleiden benötigt, im Allgemeinen nicht zur Arbeitszeit zählt. Ausschließlich im Fall einer einen großen Zeitaufwand erfordernden Kostümierung sei es überhaupt denkbar, dass es sich um Arbeitszeit handle; dies müsste aber behauptet und bewiesen werden.

Anzumerken ist, dass in beiden Ausgangsverfahren (OGH vom 4.9.2002, 9 ObA 89/02g und 9 ObA 133/02b) kein KollV zur Anwendung kommt. Der316KollV ist ein typisches und wesentliches Element der österreichischen Wirtschaftsordnung. Im Rahmen der sogenannten sozialen Marktwirtschaft erfüllt er eine Reihe von sozial- und wirtschaftspolitischen Funktionen, die sowohl den AN als auch den AG zugutekommen.* Die soziale Schutzfunktion des KollV schlägt sich in der Vereinheitlichung bzw der Festlegung von Mindestarbeits-, und Lohnbedingungen im Bereich größerer Wirtschaftsgruppen nieder, wodurch der meist nicht freie Wille der einzelnen AN vor dem stärkeren Verbandswillen der AG geschützt wird. Wenn durch den KollV eine Mindestmaßregelung zur Entlohnung sichergestellt ist, bleibt immer noch ein weitgehend größerer Spielraum für die Vergütung zusätzlicher Leistungen des/der AN. In den der höchstgerichtlichen Rsp zugrundeliegenden Sachverhalten bildet der Arbeitsvertrag hingegen die Rechtsquelle für die Entlohnung der betroffenen AN, so ist auch anzunehmen, dass mit dem vereinbarten Entgelt die für den Auftritt notwendige Vorbereitungszeit abgegolten wird.

Im Zusammenhang mit einem Stechuhr-/Stempelsystem erkannte der VwGH in seinen Entscheidungen vom 29.6.1992, 92/18/0097 und vom 23.5.1989, 88/08/0005, dass das Betätigen der Stechuhr die jeweils erste und letzte Arbeitshandlung ist. Innerhalb dieses Zeitraumes befinde sich der AN im Verfügungsbereich des AG, unterliege seinen Weisungen und halte sich zur Arbeit bereit. Diese Zeit sei daher als Arbeitszeit zu qualifizieren. Aus dieser Rsp sind keine weiteren Schlussfolgerungen für die hier vorliegende Frage zu ziehen, da es nicht ausgeschlossen ist, dass sich der/die AN auch vor Bedienung der Stechuhr vor Antritt der eigentlichen Arbeit im Verfügungsbereich des/der AG befinden kann.*

Ein für die gegenständliche Rechtsfrage richtungsweisendes Urteil wurde unlängst vom OLG Wien vom 13.1.2017, 9 Ra 149/16x, gefällt. Gegenstand dieses Verfahrens war ein Feststellungsbegehren über die Qualifizierung der Umkleidezeit zum einen für die im Gastronomiebereich und zum anderen für die in der Logistik beschäftigten AN als vergütungspflichtige Arbeitszeit am Standort eines großen Unternehmens. Gegen das abweisende erstinstanzliche Urteil wurde Berufung in Form einer Rechtsrüge erhoben, welcher vom OLG Wien teilweise stattgegeben und die Vergütungspflicht für die Umkleidezeit nur hinsichtlich der GastronomiemitarbeiterInnen bejaht wurde. Im Vergleich zu den bislang vom OGH ausjudizierten Fällen liegt die Besonderheit des der OLG-E zugrundeliegenden Sachverhaltes in der Anwendbarkeit eines KollV und der ausdrücklichen Anordnung des/der AG an die AN, sich im Betrieb an- und auszuziehen. Das OLG Wien hält die Auffassung von Mazal bezüglich der Umkleidezeiten für überzeugend und erachtet die gegenteiligen Meinungen in der Lehre als unbegründet.

Im Hinblick auf den Spielraum bei der Umsetzung der EU-Arbeitszeit-RL folgt das OLG Wien der Meinung von Klein, wonach es höchst unpraktisch wäre, zwei unterschiedliche Arbeitszeitbegriffe einzuführen. Nicht stichhaltig erscheint es dem OLG Wien, dass Resch Argumente anführt, wonach das österreichische Arbeitsrecht keine Atomisierung des Arbeitszeitbegriffes kenne. Dem Vergleich mit den Minipausen des/der AN wird eine Absage erteilt.

Zur individuell unterschiedlichen Dauer der Umkleidezeit bei den AN führt das OLG Wien wie folgt aus: „Dass AN für das Umkleiden individuell unterschiedlich lang brauchen, stellt kein Spezifikum der vorliegenden Problematik dar, sondern gilt dies im Grunde für jeden Arbeitsauftrag. Sollte der AN nach dem Umkleiden am Arbeitsplatz nicht sofort seinen Dienst antreten, sondern privaten Verrichtungen nachgehen, spricht auch dieser Umstand nicht gegen die Wertung der Umkleidezeit als Arbeitszeit, wenn der AG das Umkleiden im Betrieb anordnet.“ Die Betonung liegt wie bereits erwähnt auf der ausdrücklichen Anordnung.

3.
Resümee

Die ersten Lösungsansätze für die hier relevante Rechtsfrage kristallisieren sich durch die Beurteilung der Interessensphäre des/der AG einerseits und des/der AN andererseits heraus. Der Konnex zwischen der Verfügungsmacht des/der AG und der Einschränkung der autonomen Zeitgestaltung des/der AN bildet den nächsten Beurteilungsmaßstab in dieser Frage. Ganz wesentlich ist vor allem die daraus ableitbare Feststellung, dass es neben den Kategorien Arbeitszeit und Ruhezeit keine dritte Kategorie existieren kann.

Hinsichtlich der Qualifizierung der Umkleidezeit sah man sich bislang zunächst mit einer noch nicht ausjudizierten bzw zu wenig behandelten Rechtsfrage konfrontiert, dennoch ist die Rsp einen Schritt weiter als zuvor. In Fällen, in denen eine ausdrückliche Weisung des/der AG zur An- und Auskleidung im Betrieb existiert, kann jeder AN unter Verweis auf das Urteil des OLG Wien vom 13.1.2017, 9 Ra 149/16x, eine Vergütung der dafür aufgewendeten Zeit unbestrittenermaßen einfordern.317