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Kollektivvertragszugehörigkeit bei (nachträglich korrigierter) fälschlicher Fachgruppenumreihung des Arbeitgebers durch die Wirtschaftskammer

MARTINACHLESTIL

Der Kl war bei der Bekl (einem Messebauunternehmen) vom 9.9. bis 30.11.2014 als Messemonteur mit einem Bruttomonatslohn von 1.963,01 € beschäftigt. Die Bekl übt seit 2005 das freie Gewerbe „Zusammenbau von Kabinen und Standbauelementen aus vorgefertigten Teilen“ aus. Sie wurde von der Wirtschaftskammer der Fachgruppe 151/16 (im Jahr 2010 mit neuer Nummer 126/9900) „gewerbliche Dienstleister“ zugeordnet und unterliegt keinem KollV. Dieser Umstand wurde auch im Arbeitsvertrag festgehalten. Am 5.11.2014 wurde von der Wirtschaftskammer fälschlicherweise eine Umreihung der Bekl in die Fachgruppe 110/0800 „ Metalltechnik“ vorgenommen. Diese falsche Umreihung wurde 2016 rückwirkend korrigiert und der Bekl mitgeteilt, dass sie somit seit jeher der Fachgruppe der „gewerblichen Dienstleister“ zugeordnet sei. Die Bekl war zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Landesinnung der Metalltechniker tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde einvernehmlich aufgelöst.

Der Kl begehrt – auf die Geltung des KollV für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe gestützt – Sonderzahlungen für Dauer seines Arbeitsverhältnisses. Seiner Ansicht nach könne die möglicherweise falsche Einreihung der Bekl nicht zu seinen Lasten gehen.

Dem Begehren des Kl wurde nicht stattgegeben; der OGH schließt sich im Ergebnis den Vorinstanzen an. Nach stRsp unterliegt die Frage der Mitgliedschaft des AG zu einer bestimmten Fachgruppe und damit jene nach dem anzuwendenden KollV im Hinblick auf die Ausschließlichkeitskompetenz der Selbstverwaltung der Kammer nicht der Beurteilung durch das Gericht (wiewohl Teile der Lehre die gerichtliche Überprüfbarkeit der Zuordnung des AG innerhalb der Wirtschaftskammer befürworten). Im vorliegenden Fall entspricht die Gewerbeberechtigung der Bekl für das freie Gewerbe „Zusammenbau von Kabinen und Standbauelementen aus vorgefertigten Teilen“ auch der von ihr ausgeübten Tätigkeit. Der OGH sieht im Vorgehen der Wirtschaftskammer, die zur Herstellung der Konkordanz von Gewerbeberechtigung und Fachgruppenzugehörigkeit lediglich eine Korrektur im Mitgliederverzeichnis vornahm, keinen Grund, von der bisherigen Rsp abzuweichen: Die für die Kollektivvertragsunterworfenheit maßgebliche Kammerorganisationszugehörigkeit (Mitgliedschaft) des AG wird schon von Gesetzes wegen erworben. Der Eintrag im Mitgliederverzeichnis soll diese Zugehörigkeit zwar konkretisieren, nicht aber – im Widerspruch zur auf die (Gewerbe-)Berechtigung aufbauenden Mitgliedschaft – begründen und hat nur deklaratorische Wirkung.

Der Kl kann für seinen Standpunkt auch nicht die zur Anwendbarkeit des „richtigen“ KollV iSd § 2 Z 13 GewO ergangene Rsp ins Treffen führen. Nach § 2 Abs 13 GewO 1994 haben Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, die für Arbeitsverhältnisse zu AG gelten, welche ihre Tätigkeiten aufgrund von Gewerbeberechtigungen ausüben, auch für Arbeitsverhältnisse zu jenen AG Geltung, welche diese Tätigkeiten ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausüben. Diese Bestimmung ist allerdings im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil keine Konstellation vorliegt, in der der Tätigkeit der Bekl keine oder eine nicht einschlägige Gewerbeberechtigung zugrunde liegt.

Ob bei einem auf das Bestehen eines Anspruchs entstandenen Vertrauen anders zu urteilen wäre, war vom OGH nicht zu prüfen, weil im Arbeitsvertrag des Kl korrekt ausgewiesen war, dass er keinem KollV unterlag und er auf nichts anderes vertraut hat.278