10Eingriff in Pensionen der Österreichischen Nationalbank nicht verfassungswidrig
Eingriff in Pensionen der Österreichischen Nationalbank nicht verfassungswidrig
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den gesetzlichen Eingriff in betriebliche Pensionszusagen von DN der Österreichischen Nationalbank durch Einführung eines Pensions- bzw Pensionssicherungsbeitrags. Im Hinblick auf mehrfach durchgeführte und zum Teil einschneidende Pensionsreformen bei der Masse der Ruhegenussbezieher ist der Eingriff als geringfügig und nicht gleichheitswidrig anzusehen.
Es ist ein zulässiges politisches Ziel, in die Reformen zur Harmonisierung der Pensionssysteme bis zu einem gewissen Grad auch betriebliche Pensionszusagen einzubeziehen, die von den Reformen der gesetzlichen Pensionsvorschriften nicht unmittelbar betroffen gewesen sind, aber von Unternehmen zugesichert wurden, die auf Grund von Beteiligungen gleichwohl im Einflussbereich von Gebietskörperschaften stehen und daher bei diesen auch budgetwirksam sind.
I. Antrag
Der OGH stellt [...] an den VfGH den Antrag, auszusprechen, dass „Art 81 des 2. Stabilitätsgesetzes 2012 – 2. StabG 2012 – in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung BGBl I 2012/35“ verfassungswidrig war.
II. Rechtslage
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Das Nationalbankgesetz 1984 – NBG, BGBl 50/1984, lautet auszugsweise: [...]
2. Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 35/2012 lautete vor 2015:
(1) Die ehemaligen Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank (ÖNB) sowie Angehörige und Hinterbliebene [...] haben ab 1.1.2013 einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an den Bund zu entrichten. (2) Die Bediensteten der ÖNB, welche [...] eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung (Pension) haben, und ihre versorgungsberechtigten Angehörigen und Hinterbliebenen haben künftig von ihren Ruhe- und Versorgungsbezügen einen Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % der monatlichen Leistung an den Bund zu entrichten. (3) Der Pensionssicherungsbeitrag [...] ist auch von [...] Sonderzahlungen zu entrichten. Er ist nur so weit zu entrichten, als damit der Ausgleichzulagenrichtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG nicht unterschritten wird. (4) Die vor dem 1.4.1993 in ein Dienstverhältnis zur ÖNB aufgenommenen Bediensteten, welche [...] eine Anwartschaft auf Ruhe- und Hinterbliebenenversorgung haben, haben ab 1.1.2013 einen Pensionsbeitrag in Höhe von 3 % ihrer Monatsbezüge und Sonderzahlungen an den Bund zu leisten. Allfällige freiwillig an die ÖNB geleistete Pensionsbeiträge können ab diesem Zeitpunkt entfallen.
3. In den Materialien des 2. StabG 2012 (ErläutRV 1685 BlgNR. 24. GP 66 f) wird Art 81 wie folgt begründet:
„Im Rahmen des 2. StabG 2012 werden weitere Schritte zur Harmonisierung des Pensionsrechts unternommen. Dabei sollen auch die Pensionsordnungen der ÖNB nicht völlig unberücksichtigt bleiben: Für bestehende und künftige Pensionen der ÖNB wird ab 1.1.2013 ein Pensionssicherungsbeitrag in Höhe von 3,3 % [...] eingeführt. Die derzeit von den Bediensteten freiwillig entrichteten Pensionsbeiträge können [...] ab 1.1.2013 entfallen [...]. Vor dem Hintergrund der im Vergleich zu den Pensionsregelungen der Bundesbeamtinnen und -beamten und der ASVG-Versicherten höheren Pensionsversorgung der Bediensteten der ÖNB erreicht der durch die Einführung von Pensions- und Pensionssicherungsbeiträgen bewirkte Eingriff in die Rechte der Anspruchs- und Anwartschaftsberechtigten nicht jene Intensität, die ihn iSd stRsp des VfGH als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnte. Das öffentliche Interesse an diesem gesetzlichen Eingriff liegt in der Harmonisierung des Pensionsrechts. Wie dem E des VfGH vom 1.12.2003, G 298/02 zum ÖBB-Pensionsgesetz zu entnehmen ist, rechtfertigen derartige Umstände die Eigentumsbeschränkung als im öffentlichen Interesse gelegen. Was die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes betrifft, ist entsprechend dem oa VfGH-Erk einerseits darauf hinzuweisen, dass auch die bisher bestehende Rechtslage dem einzelnen ÖNB-Bediensteten keine Gewähr für die Unabänderbarkeit seiner pensionsrechtlichen Position bot, da durch Generalrat und Betriebsrat Änderungen der Pensionsordnungen beschlossen werden können. Andererseits erscheint ein Eingriff im Ausmaß von 3,3 % (Pensionssicherungsbeitrag) bzw 3 % (Pensionsbeitrag) angesichts der gegenüber dem ASVG-Pensionsrecht bzw dem Pensionsrecht der Bundesbeamten eklatant günstigeren Regelungen gemäß den Pensionsordnungen der Dienstbestimmungen I und II der ÖNB (DB I: 85 % des Letztbezuges, 2 % Pensionsbeitrag freiwillig, Pensionsantritt ab 55; DB II: 80 % des Letztbezuges, ab Höchstbeitragsgrundlage nur 2 % Pensionsbeitrag, Pensionsantritt ab 60) durchaus vertretbar und angemessen.“
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde: [...] Die ÖNB behielt von den auszuzahlenden Aktivbezügen und von den nach der Pensionsordnung auszuzahlenden Leistungen Pensions-(Sicherungs-)beiträge für die aktiven und ehemaligen DN bzw deren Angehörige/Hinterbliebene ab den Jänner-Bezügen 2013 [...] ein und führte sie an den Bund ab. In verschiedenen Leistungs- und Feststellungsbegehren beantragten die Kl (Zentralbetriebsrat, Penionisten, Angehörige/Hinterbliebene) die ÖNB und den Bund zur ungeteilten Hand118schuldig zu erkennen, die einbehaltenen und an den Bund abgeführten Pensionssicherungsbeiträge [...] zu zahlen sowie festzustellen, dass von der ÖNB keine weiteren Pensionsbeiträge gem Art 81 Abs 4 iVm Abs 5, 2. StabG [...] der Kl einzubehalten und an den Bund abzuführen seien, sowie ferner festzustellen, dass von der ÖNB künftig keine Pensionssicherungsbeiträge [...] abzuziehen und an den Bund abzuführen seien.
1.3. Das Erstgericht hat die Klage zur Gänze abgewiesen, die [...] Berufung ist erfolglos geblieben. Die Revision sei wegen Bedenken des OGH ob der Verfassungsmäßigkeit der die Rechtsposition der Kl betreffenden Bestimmungen des Art 81 des 2. StabG 2012 idF BGBl I 35/2012 zulässig (§ 502 Abs 1 ZPO).
2. Zu den Bedenken des antragstellenden Gerichtes:
2.1. Der OGH geht unter Hinweis auf die Rsp des VfGH zum Vertrauensschutz davon aus, dass allein die Höhe der Pensions-(Sicherungs-)beiträge der aktiven wie der ehemaligen DN der ÖNB keine unzulässige Eingriffsintensität erreicht. Dessen ungeachtet bestünden beim OGH Bedenken „[...] insofern, als die Regelung in Rechtspositionen eingriff, die – anders als etwa bei Beamten – vom Bund nicht geschaffen wurden und für die dieser auch nicht zahlungspflichtig ist oder sonst zu haften hätte. Die Pensions-(Sicherungs-)beiträge wurden bis zum Inkrafttreten der Regelung vielmehr auf vertraglicher Basis nach Maßgabe der Dienstordnungen der ÖNB von den DN an die ÖNB abgeführt und verblieben dieser. Die Abführung der Beiträge an den Bund erfolgte auch nicht zur Sicherung der Finanzierung des Pensionssystems der ÖNB, verfügt sie doch nach ihrem von keinem der Streitteile in Frage gestellten Vorbringen über ausreichende Pensionsreserven. Schließlich bestand keine Verpflichtung des Bundes, die eingehobenen Beiträge zur Sicherung der von ihr selbst zu finanzierenden Pensionssysteme zu verwenden. Auch Erwägungen zu einem Sparziel des Bundes gingen ins Leere. Der gesetzliche Eingriff stellt sich damit im Ergebnis so dar, dass den Bund den Kl von der ÖNB vertraglich zugesicherte Pensionsleistungen deshalb entzieht, um sie den Pensionsansprüchen der Bundesbeamtinnen und -beamten und Beschäftigten im staatsnahen Bereich sowie den Pensionsansprüchen der ASVG-Versicherten anzunähern (‚Harmonisierung der Pensionssysteme‘). Er selbst ist nur insofern betroffen, als die Bildung einer höheren Pensionsreserve der ÖNB (§ 69 Abs 2 NBG) für ihn als Alleinaktionärin in der Regel mit einer geringeren jährlichen Gewinnausschüttung einhergeht (§ 69 Abs 3 NBG). Nur insoweit kommt der Regelung auch ein Budgetkonsolidierungseffekt zu.“
2.2. Diese Bedenken bestünden auch unter dem Aspekt einer Eigentumsbeschränkung.
Anders als in dem dem E VfSlg 17.071/2003 zugrunde liegenden Fall lasse sich die Regelung des Art 81 des 2. StabG 2012 [...] nicht als Maßnahme zur Reduktion der auf Grund bestehender und künftiger Pensionsverpflichtungen hohen Belastung des Bundes darstellen.
„[...] Für die hier zu überprüfende Regelung wird der Rechtfertigungsgrund der Verminderung des Kostenaufwands für die Pensionsverpflichtungen des Bundes von diesem jedoch nicht behauptet. Die von den Kl geäußerten Bedenken, dass die Bestimmung eine nur sie betreffende gleichheitswidrige und sachlich nicht gerechtfertigte Sonderabgabe begründe, lassen sich daher nicht mit Sicherheit ausräumen. [...]
Zusammengefasst erscheint es überprüfungswürdig, ob die von der Regierungsvorlage zum 2. StabG 2012 angesprochenen Ziele der ‚Harmonisierung der Pensionssysteme‘ und der ‚Budgetkonsolidierung‘ im Verhältnis zu dem bekämpften Eingriff in die von der ÖNB vertraglich zugesicherten Bezüge der Kl, für die der Bund nicht einzustehen hat, ein überwiegendes öffentliches Interesse begründen. Mit dem vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag wird daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmung an den VfGH herangetragen.“
3. Der Bund und die Bundesregierung erstatteten im Gesetzesprüfungsverfahren Äußerungen, in denen sie die Abweisung des Antrages des OGH beantragen.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages [...]
2. In der Sache
2.1. Der VfGH hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gem Art 140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.1.1. Der OGH hält die Einhebung der von ihm als Abgabe qualifizierten Beiträge für gleichheitswidrig und das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzend, weil damit in Rechtspositionen eingegriffen würde, die vom Bund nicht geschaffen worden seien und für die er auch nicht zahlungspflichtig sei. Im Hinblick auf das Vorliegen ausreichender Pensionsreserven bei der erstbeklagten ÖNB erfolge die Abgabe auch nicht zur Sicherung des Pensionssystems der ÖNB. Es bestehe auch keine Verpflichtung der ÖNB, die eingehobenen Beiträge zur Sicherung der von ihr zu finanzierenden Pensionssysteme zu verwenden. Für die hier zu prüfende Regelung werde der Rechtfertigungsgrund der Verminderung für die Pensionsverpflichtungen des Bundes – anders als im Falle des die ÖBB betreffenden Erk des VfGH vom 1.12.2003, G 298/02 (VfSlg 17.071/2003) – von diesem nicht behauptet. Die Bedenken, dass die Bestimmung eine nur die Bediensteten und Pensionisten der ÖNB betreffende „gleichheitswidrige und sachlich nicht gerechtfertigte Sonderabgabe“ begründe, ließen sich daher nicht mit Sicherheit ausräumen.
2.1.2. Die Bundesregierung wendet dagegen ein, dass sich die Pensionszahlungen der ÖNB auch119dann im Ergebnis vermindernd auf den Bundeshaushalt auswirken würden, wenn der Bund nicht direkt für die Pensionsverpflichtungen zahlungspflichtig sei; auch genieße die ÖNB eine rechtliche und wirtschaftliche Sonderstellung in näher bezeichneter Hinsicht.
2.2. Die Bedenken des OGH treffen im Ergebnis nicht zu:
2.2.1. Zunächst ist es für eine bundesgesetzlich geregelte Abgabe nicht untypisch, dass der Abgabengegenstand, an den die Abgabenpflicht geknüpft wird, auf privatautonomer Rechtsgestaltung beruht.
2.2.2. Auch wenn sich – wie der OGH ausführt – der „gesetzliche Eingriff [...] damit im Ergebnis so dar[stellt], dass [der Bund] den Kl von der ÖNB vertraglich zugesicherte Pensionsleistungen deshalb entzieht, um sie den Pensionsansprüchen der Bundesbeamtinnen und -beamten und Beschäftigten im staatsnahen Bereich sowie den Pensionsansprüchen der ASVG-Versicherten anzunähern (‚Harmonisierung der Pensionssysteme‘)“, widerspricht die Regelung allein deshalb nicht dem Gleichheitssatz: Es wurden mehrfache und zum Teil einschneidende Pensionsreformen, sowohl auf dem Gebiet der Beamtenpensionen als auch auf dem Gebiet der Sozialversicherungspensionen – also bei der Masse der Ruhegenussbezieher – durchgeführt, die für jüngere Beschäftigte sogar zu einer weitgehenden Harmonisierung der Pensionssysteme geführt haben. Angesichts dessen hält es der VfGH für ein zulässiges politisches Ziel, in diese Reformen bis zu einem gewissen Grad auch betriebliche Pensionszusagen, etwa im Zusammenhang mit den Pensions- und Pensionssicherungsbeiträgen, der Bildung der Bemessungsgrundlagen oder beim Regelpensionsalter einzubeziehen, die von den Reformen der gesetzlichen Pensionsvorschriften nicht unmittelbar betroffen gewesen sind, aber von Unternehmen zugesichert wurden, die auf Grund von Beteiligungen gleichwohl im Einflussbereich von Gebietskörperschaften stehen und daher bei diesen auch budgetwirksam sind (vgl VfGH 12.10.2016, G 478/2015ua).
2.2.3. Der Umstand, dass es sich bei der Einhebung der strittigen Abgabe um eine (erste) gesetzliche Maßnahme gehandelt hat, die nur bestimmte Gruppen von Bediensteten und Pensionisten der ÖNB, nicht aber auch anderer Unternehmen betroffen hat, deren vertragliche Pensionszusagen über eine Beteiligung des Bundes in ähnlicher Weise budgetwirksam sein können (wie zB die gem Art 126b B-VG iVm § 12 RHG der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Unternehmen), begegnet im Hinblick auf die gesetzliche Sonderstellung der ÖNB keinen Bedenken: Schon seit dem Nationalbankgesetz 1955, BGBl 184/1955, sind deren DN vom Geltungsbereich des ASVG zugunsten der nach § 38 iVm § 21 Z 16 ÖNB-Gesetz 1955 (vgl nunmehr § 21 Abs 2 Z 2 und § 38 Abs 2 ÖNB-Gesetz) vom Generalrat festzulegenden Ansprüche auf Besoldung und auf Pensionsbezüge ausgenommen. Die Beschlussfassung des Generalrates über die für die Bediensteten der Bank maßgebende Besoldung sowie über die Pensionsbezüge unterlag keiner gesetzlichen Begrenzung. Dieser Umstand hat im Falle der von der DB I oder der DB II erfassten Bediensteten und Ruhegenussempfänger selbst im Verhältnis zu (Zusatz-)Pensionszusagen anderer staatsnaher Unternehmungen zu einem außergewöhnlich hohen Niveau der Bezüge- und der (ursprünglich ohne vorangegangene Beitragsleistungen der Bediensteten gebührenden) Ruhegenüsse geführt (vgl erneut das Erk des VfGH vom 12.10.2016, G 478/2015 ua). Dieser Umstand rechtfertigt es, unter Wahrung der Grundsätze des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes (die, wie der OGH zutreffend ausführt, hier nicht verletzt wurden) die Bezüge und Ruhegenüsse allein dieser Bediensteten der ÖNB mit einer Abgabe zu belegen. Der – wie der OGH zutreffend ausführt: geringfügige – Eingriff in die Bezüge und Ruhegenüsse der Bediensteten der ÖNB durch eine Abgabe in der Höhe von 3 % bzw 3,3 % begegnet daher keinem der im Antrag des OGH geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die E des VfGH beruht ausschließlich auf dem Gleichheitssatz. Auf die Bedenken des OGH im Hinblick auf den Eigentumsschutz ist der VfGH nicht eingegangen, obwohl er abschließend erklärt, die angefochtene Regelung verstoße gegen keines der Bedenken des OGH. Da der VfGH nur auf die vom OGH angeführten Bedenken eingehen musste, nahm er nicht dazu Stellung, ob der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz verletzt habe. Es erscheint aber sinnvoll, an dieser Stelle grundsätzlich auf die Gesamtproblematik des Eingriffes des Gesetzgebers in Pensionsansprüche einzugehen.
Das Gleichheitsgebot schützt vor gesetzlichen Differenzierungen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt, und vor anderen Regelungen, die ein an sich zulässiges Ziel mit völlig untauglichen Mitteln verfolgen. Dem Gesetzgeber kommt bei der Wahl der eingesetzten Mittel zwar ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu, doch bedeute das nicht, dass die Mittelwahl am Gleichheitssatz überhaupt nicht gemessen werden könnte (VfGH 12.10.1990, G 66/90). Der VfGH sieht im Gleichheitssatz ein allgemeines Gebot der „Sachlichkeit“ von Gesetzen. Er verpflichte den Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Differenzierungen seien nur statthaft, wenn sie nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen sachlich begründet sind (VfGH 3.3.1990, G 236/89). Das sei insb dann der Fall, wenn der Gesetzgeber etwa zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen (VfGH 30.11.1989, G 139/88). Verkürzt gesagt ist nach der stRsp des VfGH unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes ein Eingriff in wohlerworbene Rechte nur dann zulässig, wenn er im öffentlichen Interesse gelegen120und verhältnismäßig ist. Dabei wird zum einen die Rechtsgleichheit, die prinzipiell eine schematische Gleichbehandlung aller gleichgelagerten Fälle verlangt, der faktischen Gleichheit gegenübergestellt, die auf die tatsächliche Betroffenheit von Personen oder Personengruppen abstellt, wenn also eine – an sich dem Grundsatz der Rechtsgleichheit gehorchende – Regelung den Adressatenkreis tatsächlich in unterschiedlicher Weise belastet (Stelzer, Verfassungsrechtliche Grenzen des Eingriffs in Rechte oder Vertragsverhältnisse, DRdA 2001, 508 ff).
Der VfGH geht davon aus, dass gesetzliche Regelungen in pensionsrechtlichen Angelegenheiten, die bisher nur Gegenstand privatrechtlicher Verträge gewesen sind, einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums beider Vertragspartner darstellen (VfGH12.10.2016, G 478/2015 ). Nach seiner stRsp kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich jedoch unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt; bei der Normierung von im öffentlichen Interesse liegenden Eigentumsbeschränkungen habe der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung müsse daher in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen. Bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffes muss das öffentliche Interesse überwiegen; der vorgenommene Eigentumseingriff darf nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist (VfGH 1.12.2003, G 298/02). Kurz gesagt: Die Eigentumsbeschränkungen müssen im öffentlichen Interesse gelegen, zur Zielerreichung erforderlich und adäquat sein.
Gegenüber dem Gleichheitssatz bietet der Schutz vor Eigentumsbeschränkungen ein höheres Schutzniveau, weil er geeignet ist, prinzipiell jeden Eingriff, und dh auch, einen geringfügigen, auf seine Verhältnismäßigkeit zu überprüfen (Stelzer, Verfassungsrechtliche Grenzen des Eingriffs in Rechte oder Vertragsverhältnisse,
). Stelzer weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass bei Eigentumsrechten etwa das Budgeteinsparungsargument die Belastungen nicht mehr rechtfertigen könne, wenn eine Gruppe in unsachlicher Weise Sonderopfer zu erbringen hat, da die Unsachlichkeit zur Gleichheitswidrigkeit führt.Grundlegend war das Erk über die Einführung von Ruhensbestimmungen für Beamte (VfGH 16.3.1988, G 184-194/87, G 198/87, G 200/87). Der VfGH hielt iS seiner stRsp fest, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz wohlerworbener Rechte gewährleistet, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Allerdings müsse die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, sachlich begründbar sein; ohne eine solche Rechtfertigung würde der Eingriff dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz widersprechen. Sachliche Gründe wären etwa die Entlastung des Bundeshaushaltes oder die Schaffung von Arbeitsplätzen, doch würden auch sie nicht die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art in jedweder Intensität sachlich begründen. Zudem verlange das Gebot der Sachlichkeit, dass das zu erbringende Opfer nicht punktuell gezielt eine relativ kleine Gruppe treffen darf, sondern entsprechend breit gestreut werden muss (auf die Frage allfälliger Übergangsbestimmungen muss im vorliegenden Zusammenhang nicht eingegangen werden). Die Kürzung könne nach sozialen Gesichtspunkten differenzieren, dürfe jedoch tendenziell wirtschaftlich Schwächere nicht stärker treffen. In Anwendung des Gleichheitssatzes sei von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Die vom VfGH in Prüfung gezogene Regelung sei gleichheitswidrig, weil sie einen Akt der Solidarität zur Entlastung des Bundeshaushaltes und zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation nicht ausgewogen von größeren Gruppen der Bevölkerung (allenfalls abgestuft nach sozialen Merkmalen), sondern von einer sehr kleinen Gruppe von Pensionisten verlange.
In einem Erk über Politikerpensionen (VfGH 13.6.1997, B 4870/96, B 4910/96, B 4931/96) ging er auf die zumutbare Höhe von Pensionskürzungen ein. Ohne nähere Begründung hielt er eine durchschnittliche rund 10 %-ige Kürzung für zulässig, und zwar auch dann, wenn die Kürzung in einzelnen Fällen wesentlich höher war. Er hielt damit an der Durchschnittsbetrachtung fest, obwohl er in einer Vorentscheidung (so in VfGH 18.3.1987, G 255/86, G 3/87, G 4/87, G 5/87, G 6/87, G 7/87, G 8/87, G 9/87) eine Kürzung schon deshalb für verfassungswidrig gehalten hatte, weil sie in verschiedenen Fällen 38 % betrug. Er bemerkte dazu nur, im vorliegen Fall liege keine derart intensive Ruhebezugskürzung vor.
In zwei weiteren Erkenntnissen über Ministerpensionen (VfGH 21.6.1997, B 160/94; VfGH 21.6.1997, B 288/94), meinte der VfGH, ob eine Kürzungsregelung jene Grenze überschreitet, die durch den Gleichheitssatz gezogen ist, könne nicht aus einzelnen ihrer Rechtsfolgen, sondern nur aus einer Gesamtbetrachtung der insgesamt mit der Kürzung verbundenen Tatsachen und Rechtsfolgen beurteilt werden. Tatsächlich wurde die Ministerpension auf null reduziert, da die private Pension aus der früheren Tätigkeit des Ministers als Vorstand eines dem Rechnungshof unterliegenden Unternehmens gem § 38 Bezügegesetz voll angerechnet wurde. Da jedoch ein Anspruch in der Höhe des Aktivbezuges als Minister verblieb, verstoße der völlige Verlust121eines Pensionsanspruches, obwohl für ihn zwölf Jahre hindurch Pensionsbeiträge geleistet wurden, nicht gegen den Gleichheitssatz. Die verlorenen Pensionsbeiträge hätten letztlich der Deckung der Pensionslasten aller Anspruchsberechtigten nach dem Bezügegesetz gedient. Die Anrechnung betraf nur Pensionsansprüche aus einer Vorstandstätigkeit in Unternehmen mit dominierender Einflussnahme des Bundes. Der VfGH verstand dies so, dass es nur dann zu einer Kürzung kommt, wenn die Pension aus öffentlichen Mitteln des Bundes bezahlt würde. Dafür reiche es jedoch aus, dass die angesparten Pensionsanwartschaften die öffentliche Hand belasten, weil entweder Rückstellungen in der Zeit vor der Privatisierung vorgenommen wurden oder sich die zu erwartende Verpflichtung zur Pensionsleistung auf die Bewertung des Unternehmens und damit kaufpreismindernd und daher im Effekt zu Lasten öffentlicher Mittel auswirkt.
Zu den Pensionen der ÖNB bejahte der VfGH (12.10.2016, G 478/2015)die Zulässigkeit der Einführung eines Pensionssicherungsbeitrages, die zu einer Nettoverminderung der Durchschnittpensionen von 10,45 %, der Medianpension von 9,19 % und der Höchstpension von 16,11 % zuzüglich eines bereits früher eingeführten Sicherungsbetrages von 3,05 % bei der Höchstpension und unter 3 % bei Durchschnitts- und Medianpension geführt hat. Plötzliche Eingriffe in laufende Pensionsansprüche könnten auch ohne Vorliegen außergewöhnlicher Rechtfertigungsgründe bis zu rund 10 % des Nettobezuges erfolgen. Mitunter sei aber auch berücksichtigt worden, ob es sich um den Teil eines Maßnahmenpaketes gehandelt hat. Da die Pensionisten der ÖNB eine weit über dem Durchschnitt liegende Altersversorgung genießen, habe die Kürzung kein Ausmaß, das die Lebensführung der Betroffenen nennenswert beeinträchtige oder in nicht vertretbarer Weise in die privatrechtliche Pensionszusage eingreife.
In seinem 29.11.2006 (B 525/06)Erk vom hielt der VfGH eine Pensionskürzung von 9 % für zulässig. Für verfassungswidrig hielt er jedoch eine überraschende Kürzung der Aktivbezüge in Höhe von 14 % bei Rechtspraktikanten. Sie lasse sich auch nicht mit der Notwendigkeit einer sofortigen Wirkung zur Einhaltung des laufenden Budgets sachlich rechtfertigen, da ein Abweichen von den für das jeweilige Kalenderjahr im Voraus festgelegten Voranschlagsansätzen nicht übergangslos zu einer derart massiven Korrektur berechtige.
In seinem Erk zur Notarversicherung (VfGH 28.6.2004, G 60/03) betonte er, in einem vom Umlageverfahren geprägten System seien nicht nur (gleichsam systemimmanente) Belastungen auf der Beitragsseite sachlich zu rechtfertigen, sondern auch Maßnahmen auf der Leistungsseite, letztere bei zunehmender Nähe zum Pensionsalter bzw eines bereits eingetretenen Pensionsbezuges freilich nur bei entsprechend geringerer Intensität des Eingriffs. Zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit eines derartigen Eingriffs sei es jedoch erforderlich, dessen Intensität mit dem Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen abzuwägen. Er hielt daher Pensionskürzungen von 20 bis 26 % der Nettopension bei den nahe dem Pensionsalter stehenden Notaren für unzulässig.
Bevor auf die E konkret eingegangen wird, muss darauf hingewiesen werden, dass sie zentral von der Bedeutung von Begriffen abhängt, die keine klaren Konturen besitzen und dem VfGH einen sehr weiten Auslegungsspielraum ermöglichen. Wann ungleiche Regelungen als „sachlich“ gelten, ab welchem Grad an Eingriffen „Vertrauensschutz“ gebührt, was unter „öffentlichem Interesse“ zu verstehen ist und wie dieses mit dem Interesse der betroffenen Bürger abzuwägen ist, hängt wie bei allen unbestimmten Rechtsbegriffen entscheidend vom Vorverständnis der entscheidenden Richter ab. Und dieses Vorverständnis war auch in diesem wie in zahlreichen anderen Fällen bei den Richtern des OGH und des VfGH ein jeweils anderes. Eine Stellungnahme kann daher nur untersuchen, ob sich die E des VfGH widerspruchsfrei in seine bisherige Judikatur einreiht und ob sie in ihren Argumenten überzeugt.
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der weit unter der magischen 10 %-Grenze liegenden Kürzungen der Nettopensionen hielten es weder der antragstellende OGH noch der VfGH für erforderlich, die Zulässigkeit des Eingriffs unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu prüfen. Wenn man mit dem VfGH davon ausgeht, dass eine nur geringe Belastung im Hinblick auf den Vertrauensschutz keiner weiteren Rechtfertigung bedarf, so bedeutet das jedoch nicht, dass dem Gesetzgeber damit auch die Befugnis zu geringen Eingriffen in Pensionen ohne sachlichen Grund eingeräumt wurde. Vielmehr wurde dadurch lediglich einer Anfechtung der Boden für das Argument entzogen, die Pensionisten hätten auf eine Beibehaltung der ihnen zuerkannten Pensionen vertrauen dürfen. Auch wenn eine Regelung kein schutzwürdiges Vertrauen verletzt, kann sie dennoch einmal gegen den Gleichheitssatz verstoßen, weil sie ohne zureichenden Grund Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich behandelt. Aus dem Gleichheitssatz wurde jedoch auch der Grundsatz abgeleitet, dass der Gesetzgeber keine Regelungen ohne sachlichen Grund treffen darf (vgl etwa VfGH 6.3.2017, G 1/2016; VfGH 16.6.1987, G 141-142/86). Auch geringfügige Eingriffe sind daher verfassungswidrig, wenn sie ohne sachlichen Grund erfolgen. Nur innerhalb dieser Schranken kann der Gesetzgeber seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art verfolgen. Das Sachlichkeitserfordernis ist nicht auf bestimmte Regelungsbereiche beschränkt, sondern gilt allgemein. Erfolgt ein Eingriff durch den Gesetzgeber in Pensionen, dann erscheint er daher auch dann als verfassungswidrig, wenn die Betroffenen zwar mit möglichen Verschlechterungen rechnen mussten (was unzweifelhaft der Fall ist, berücksichtigt man die vielen Pensionsreformen der letzten Jahrzehnte), wenn es für die vorgenommene Verschlechterung jedoch keine ausreichende sachliche Begründung gibt. Dieses Sachlichkeitserfordernis findet122sich aber auch in der speziellen Verfassungsgarantie des Eigentums wieder, die jeden willkürlichen und unverhältnismäßigen Eingriff ausschließt. Und es ist unbestritten, dass ein Anspruch auf eine vertraglich eingeräumte Pension dem Eigentumsschutz unterliegt.
Weder in der Anfechtung durch den OGH noch in der E des VfGH wird differenziert, wie weit sich die Anfechtung und ihre Ablehnung jeweils auf den Gleichheitssatz, das allgemeine Sachlichkeitsgebot oder das Eigentumsrecht bezieht. Für alle drei Schutzbereiche gilt jedoch, dass die Regelungen ein zulässiges Ziel verfolgen und in der Lage sein müssen, dieses Ziel zu erreichen; zudem dürfen sie nicht unverhältnismäßig sein (zum Eigentumsschutz VfGH 12.12.2013, G 53/2013; vgl auch Mayer, Unauflösliche Verträge und Eigentumsschutz,ecolex 2000, 455, zum Gleichheitssatz VfGH 26.9.2014, B 1504/2013; VfGH 14.12.2004, B 514/04 und Hiesel, Der Gleichheitssatz in der neueren Rechtsprechung des VfGH, JAP 2014/158). Wie geht der VfGH darauf ein? Zu den Zielen stützt er sich auf die Behauptungen in den Gesetzesmaterialien, dem Gesetzgeber gehe es um weitere Schritte zur Harmonisierung des Pensionsrechts. Das 2. Stabilitätsgesetz 2012 enthält jedoch nur in der Sonderbestimmung des Art 81 eine Bestimmung, die der Angleichung von Pensionssystemen dient, andere Harmonisierungsschritte finden sich in diesem Gesetz nicht. Die Annäherung bestand ausschließlich in der Einführung von Pensionssicherungsbeiträgen, wie sie bereits früher den Beamten des Bundes auferlegt worden waren. Der VfGH überzeugt, wenn er in der Harmonisierung bestehender Pensionssysteme ein zulässiges Regelungsziel erblickt, und zwar gleichgültig, um welche Pensionssysteme es sich dabei handelt. Da der Eingriff jedoch nur in die Pensionen aus einem einzigen Unternehmen erfolgte und die gleichartigen Pensionen in den übrigen staatsnahen Betrieben unberührt blieben, handelte es sich weder um einen Teil eines auf ein bestimmtes Ziel ausgerichteten Maßnahmenpakets, noch um eine Harmonisierung von Systemen. Die klar erkennbare Absicht bestand vielmehr darin, nicht mehr zu tun, als die in der Öffentlichkeit immer wieder bekrittelte Spitze des Eisbergs bei den Pensionen staatsnaher Unternehmen etwas abzuflachen.
Damit bleibt als entscheidende Frage, ob diese Vorgangsweise des Gesetzgebers auch sachlich begründet und verhältnismäßig war. Wie oben nachgewiesen, vertritt der VfGH grundsätzlich die Auffassung, das Gebot der Sachlichkeit verlange, dass das zu erbringende Opfer nicht punktuell gezielt eine relativ kleine Gruppe treffen darf, sondern entsprechend breit gestreut werden muss. Im konkreten Fall hielt er den Eingriff aber für zulässig, da der ÖNB gegenüber anderen staatsnahen Unternehmen, die ebenfalls über eigene private Pensionsregulative verfügen, eine Sonderstellung zukomme. Diese Sonderstellung erblickt der VfGH zunächst in dem Umstand, dass die Bediensteten der ÖNB im Gegensatz zu DN anderer staatsnaher Unternehmen aus der PV nach dem ASVG ausgenommen sind. Da die Ungleichheit jedoch in der besonderen Pensionshöhe gesehen wird und die Argumentation des VfGH unter dem Gesichtspunkt der Harmonisierung erfolgt, kann dies keine Sonderstellung begründen. Insoweit kommt es nur auf die Gesamthöhe der Pensionsleistungen an, gleichgültig ob sie ausschließlich aus einer Firmenpension oder aus der Kombination von ASVG- und Firmenpension stammt. Einen weiteren Grund für die Sonderstellung der ÖNB erblickt der VfGH in den speziellen Aufgaben, die der Gesetzgeber der ÖNB übertragen hat. Die Betrauung mit diesen Aufgaben hat jedoch nichts mit der Ausgestaltung der Pensionen zu tun. Wie bei allen staatsnahen Unternehmen erfolgte die Ausgestaltung des Pensionsrechts auch bei der ÖNB durch autonome Unternehmensentscheidungen auf privatrechtlicher Basis. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Pensionen haben wir es daher mit gleichen Sachverhalten zu tun, die vom Gesetzgeber jedoch ungleich behandelt wurden. Dafür hätte es eines ausreichenden sachlichen Grundes bedurft.
Im Zusammenhang mit Eingriffen in Pensionen hält es der VfGH in stRsp vor allem für einen ausreichenden sachlichen Grund, wenn sie mit dem Ziel erfolgen, die Finanzierung des Pensionssystems im Rahmen eines Maßnahmenpakets nachhaltig zu sichern (VfGH 29.11.2006, B 525/06). Davon war im vorliegenden Fall jedoch keinesfalls die Rede. Anders als bei anderen staatsnahen Unternehmen war die Finanzierung der Pensionsleistungen bei der ÖNB längerfristig aus Eigenmitteln gesichert. Der Bund hat für die Pensionen der ehemaligen DN der ÖNB weder gegenwärtig noch in näherer Zukunft finanzielle Mittel bereit zu stellen. Das unterscheidet den Fall etwa von der Situation bei den Bundesbahnen, wo der Bund die Pensionslasten getragen hat (VfGH 18.6.1999, G 38/98). Durch den Pensionssicherungsbeitrag finanzierte der Bund keine Ausgaben für die Pensionen, sondern lukrierte Einnahmen, die dem allgemeinen Bundeshaushalt zufließen. Würde das Argument, man habe die allgemeine Haushaltslage des Bundes verbessert, schon einen Eingriff in Eigentumsrechte rechtfertigen, dann wäre dem Eigentumsschutz der Boden entzogen. Mit diesem Argument wäre nämlich jede Belastung sachlich gerechtfertigt, die dem Bund Mittel zuführt. Die Sachlichkeit verlangt jedoch, dass im Rahmen eines bestehenden Systems zusätzliche Einnahmen erforderlich sind, um das System funktionsfähig zu erhalten. Diese Voraussetzung ist im Rahmen der gesetzlichen PV wegen der Verpflichtung des Bundes zu einer Ausfallshaftung gegeben. Der Eingriff darf allerdings nicht nur einen kleinen Teil der Pensionisten betreffen, sondern muss unter Berücksichtigung der sozialen Lage der Betroffenen breit genug sein, um auch tatsächlich die erforderlichen Mittel aufzubringen.
Damit bleibt noch das Argument, der Eingriff muss im öffentlichen Interesse erfolgen. Unter den verschiedenen Aspekten, die bei der Beurteilung von Grundrechtseingriffen zu berücksichtigen sind, ist er der schwammigste. Was darunter zu verstehen ist, legt der VfGH selbst nach seinem Empfinden fest. Im konkreten Fall hält er es für geboten, die von ihm nicht festgestellte, sondern lediglich ver-123mutete besondere Höhe der Pensionen der ÖNB näher an die Pensionssysteme der anderen staatsnahen Unternehmen (zu denen ebenfalls Feststellungen fehlen) heranzuführen. Dabei hat es den Anschein, dass sein Vorverständnis vom Unmut breiter Bevölkerungsschichten über die durch die Medien verbreiteten Meldungen von außergewöhnlich hohen Pensionen bei der ÖNB geprägt ist. Ein als Rechtfertigungsargument für Eingriffe in das Eigentum verwendetes öffentliches Interesse muss jedoch mehr sein, als die Befriedigung von in der Bevölkerung vorhandener Gefühle. Soll es rechtliche Bedeutung haben, dann müsste es auf einer in der Rechtsordnung verankerten objektiven und nachvollziehbaren Grundlage beruhen. Dazu gehört ohne jeden Zweifel das Interesse, dass der Staat über jene finanziellen Mittel verfügt, die er zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben benötigt. Das spricht jedoch entscheidend dagegen, ein öffentliches Interesse an der geringfügigen Senkung von als überhöht empfundenen Pensionen in einem einzigen Unternehmen anzuerkennen, wenn es weitere staatsnahe Unternehmen gibt, die – wie der VfGH annimmt – ihren DN ebenfalls weit höhere Pensionen zukommen lassen, als sie ASVG-Versicherte oder Beamte erwarten können.
In stRsp judiziert der VfGH auch, dass zum Eingriff in bestehende Leistungen ein je nach Eingriffsintensität entsprechendes Gewicht des öffentlichen Interesses erforderlich ist, weshalb der Intensität des Eingriffs das Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen gegenüberzustellen sei (VfGH 12.12.2013, G 53/2013). Selbst wenn die Absicht, lediglich eine geringfügige Verringerung der Unterschiede zwischen der Pensionshöhe beim angenommenen Spitzenreiter gegenüber anderen staatsnahen Unternehmen herbeizuführen, als im öffentlichen Interesse liegend angesehen wird, dann besitzt dieses ein so geringes Gewicht, dass es einen Eingriff in erworbene Rechte wohl nicht zu rechtfertigen vermag.
Zusammenfassend ergibt sich mE daher, dass der VfGH nicht überzeugt. Die Einführung eines Pensionssicherungsbeitrages wäre für die DN der ÖNB ein zulässiges gesetzgeberisches Ziel, würde sie sich tatsächlich als Teil eines der Pensionsharmonisierung dienenden Maßnahmenpakets darstellen. Der ausschließliche Eingriff in die Pensionen eines einzigen Unternehmens, während es auch weitere vergleichbare staatsnahe Unternehmen mit hohen Pensionen gibt, stellt hingegen kein sachliches Ziel dar, mag er auch den Vertrauensschutz der Pensionisten wegen seiner Geringfügigkeit nicht verletzen. Der ÖNB kommt auch keine Sonderstellung zu, die eine Sonderbehandlung in Pensionsfragen rechtfertigen könnte. Wie bei allen staatsnahen Betrieben war die Festlegung der Pensionen Bestandteil autonomer Unternehmensentscheidungen, die bei der ÖNB noch dazu aus Eigenmitteln finanziert wurden. Die Belastung der DN der ÖNB mit dem Pensionssicherungsbeitrag diente daher auch nicht der Sicherung der finanziellen Basis des Pensionssystems. Ein öffentliches Interesse daran, ausschließlich die Pensionen in der ÖNB zu kürzen, stützt sich eher auf Gefühle als auf sachliche Gründe und vermag daher selbst einen geringen Eingriff in das Eigentum nicht zu rechtfertigen.