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Zuschuss zur Entgeltfortzahlung gem § 53b ASVG idF BGBl 2013/139

CHRISTINASCHNITTLER (GRAZ)
  1. Die Ermittlung der für die Unternehmensgröße maßgeblichen Anzahl der DN hat nach Köpfen, unabhängig vom Beschäftigungsausmaß, zu erfolgen. Die Zahl der regelmäßig beschäftigten DN ist daher eine ganzzählige, sodass der Wortlaut „weniger als 51“ in § 53b Abs 2 Z 1 ASVG aF (§ 2 Abs 2 EFZV) als „höchstens 50“ zu verstehen ist.

  2. Durch die privilegierte Obergrenze von 53 DN bei Beschäftigung begünstigter Behinderter besteht bei Beschäftigung einer begünstigten Behinderten ein Anspruch auf Zuschuss zur Entgeltfortzahlung bei einer Höchstzahl von 51 DN.

  3. Ob als Beobachtungszeitraum für die Ermittlung der Unternehmensgröße das Arbeits- oder das Kalenderjahr heranzuziehen ist, ergibt sich nicht ausdrücklich aus dem Gesetz. Für die Heranziehung des Kalenderjahres, in dem für den jeweiligen DN Entgeltfortzahlung geleistet wurde, sprechen die sich dabei ergebenden Verwaltungserleichterungen und die bei Abstellen auf das Arbeitsjahr „unsachlichen Zufallsergebnisse“. Überdies ergibt sich ein Bezug auf das Kalenderjahr aus § 77a Abs 2 ASchG.

M ist begünstigte Behinderte. Sie war bei der Kl vom 1.10.2007 bis 31.1.2013 als Lohnverrechnerin für 25 Wochenstunden beschäftigt. Aufgrund ihres Gesundheitszustands löste sie dieses Dienstverhältnis per 31.1.2013 auf. Vom 1.3.2013 bis 31.7.2013 stand sie in einem geringfügigen Dienstverhältnis zur Kl und leistete sechs Stunden in der Woche Telefondienst. Seit 1.8.2013 arbeitet sie wieder 20 Wochenstunden [...] bei der Kl.

Vom 1.3.2013 bis 28.2.2014 waren bei der Kl durchschnittlich 50,28 DN und zu keinem Zeitpunkt über 75 DN beschäftigt.

Vom 1.8.2013 bis 31.7.2014 waren [...] durchschnittlich 51,86 DN und zu keinem Zeitpunkt mehr als 75 DN beschäftigt.

Vom 1.10.2013 bis 30.9.2014 waren [...] durchschnittlich 54,77 DN und an 39 Tagen mehr als 75 DN beschäftigt.

In den genannten Zeiträumen war M die einzige [...] beschäftigte begünstigte Behinderte; Lehrlinge wurden nicht beschäftigt.

Das Erstgericht wies das Begehren der Kl auf Leistung eines Zuschusses nach Entgeltfortzahlung für die Arbeitsverhinderung der [...] M in der Zeit vom 10.3.2014 bis 27.6.2014 ab. [...] Rechtlich führte es aus, ein Anspruch auf Zuschuss [...] gem § 53b ASVG bestehe nicht, weil maßgeblicher Durchrechnungszeitraum für die Feststellung der regelmäßigen AN-Anzahl [...] das Arbeitsjahr der von der Arbeitsverhinderung betroffenen DN sei. [...] Deshalb sei ein Durchrechnungszeitraum vom 1.8.2013 bis 31.7.2014 heranzuziehen. Infolge der Beschäftigung der begünstigten Behinderten wäre unter sinngemäßer Anwendung des § 77a Abs 5 ASchG ein Zuschuss nur bis zu einer Höchstzahl von 51 DN zu leisten. Da im maßgeblichen Zeitraum [...] durchschnittlich 51,86 DN [...] beschäftigt gewesen seien, stehe der Kl wegen der Überschreitung der Höchstzahl [...] kein Zuschuss [...] zu. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl [...] Folge. Es hob das Urteil [...] auf und verwies [...] an das Erstgericht zurück. Der Verweis auf § 77a ASchG in § 53b Abs 2 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139 führe dazu, dass bei der Ermittlung der maßgeblichen AN-Anzahl Lehrlinge oder begünstigte Behinderte für die Höchstzahl der durchschnittlich beschäftigten AN berücksichtigt werden müssen. Durch die Beschäftigung der begünstigten Behinderten sei auch bei einer DN-Anzahl von 52 der Anspruch auf Zuspruch [richtig: „Zuschuss“]130für die Entgeltfortzahlung noch nicht ausgeschlossen. Die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Frage, welcher Durchrechnungszeitraum [...] maßgeblich sei, sei dahin zu beantworten, dass das Kalenderjahr ausschlaggebend sei, in dem vom DG für einen DN Entgeltfortzahlung geleistet worden sei. Das Abstellen auf das Arbeitsjahr des betroffenen DN führe zu unsachlichen Zufallsergebnissen. Für die Ermittlung der Unternehmensgröße erscheine es daher sachgerecht, auf das Kalenderjahr abzustellen. Dass damit eine Einschätzung der DN-Zahl pro futuro verbunden sei, stehe mit dem Wortlaut des § 77a Abs 5 ASchG in Einklang. Das Heranziehen des Kalenderjahres erleichtere darüber hinaus sowohl dem DG als auch der Bekl die Verwaltung erheblich, wenn für ein Jahr die Unternehmensgröße für alle Fälle der Entgeltfortzahlung und Zuschussansprüche feststehe. Für den zu beurteilenden Anspruch der Kl auf Zuschuss für die Entgeltfortzahlung für die vom 10.3.2014 bis 27.6.2014 dauernde Arbeitsverhinderung von M sei daher das Kalenderjahr 2014 als Durchrechnungszeitraum heranzuziehen. Da das Erstgericht hiezu keine Feststellungen getroffen habe, sei mit Aufhebung vorzugehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, der Rekurs an den OGH sei zulässig, weil Rsp [...] zu der maßgeblichen Frage, welcher Beobachtungszeitraum für die Ermittlung der Unternehmensgröße iSd § 53b Abs 2 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139 iVm § 77a ASchG heranzuziehen sei, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der [...] Rekurs der Bekl ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Auf den Sachverhalt ist unstrittig § 53b ASVG idF BGBl I 2013/139 anzuwenden. Die Novellierung des § 53b ASVG durch das SRÄG 2015 ist erst am 1.1.2016 in Kraft getreten und wirkt nicht zurück (§ 695 Abs 1 Z 1 ASVG).

2. Zuschüsse aus Mitteln der UV zur teilweisen Vergütung des Aufwands für die Entgeltfortzahlung iSd § 3 EFZG oder vergleichbarer österreichischer Rechtsvorschriften [...] gebühren nur jenen DG, die „in ihrem Unternehmen regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmer/Innen beschäftigten, wobei die Anzahl der Dienstnehmer/Innen sinngemäß nach § 77a ASchG zu ermitteln ist“ (§ 53b Abs 2 Z 1 und [ohne „sinngemäß“] Abs 3 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139). Die Zuschüsse gebühren zu einer „Entgeltfortzahlung bis höchstens sechs Wochen je Arbeitsjahr (Kalenderjahr)“ (§ 53b Abs 2 Z 2 und Abs 3 Z 2 ASVG [...]).

3.1. Der Abs 5 des mit „Begehungen in Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern“ überschriebenen § 77a ASchG lautet:

„(5) Für die Ermittlung der Arbeitnehmerzahl ist maßgeblich, wie viele Arbeitnehmer regelmäßig in der Arbeitsstätte beschäftigt werden. Für Arbeitsstätten mit wechselnder Arbeitnehmerzahl gelten die Bestimmungen für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern auch dann, wenn die vorhersehbare durchschnittliche Arbeitnehmerzahl pro Jahr nicht mehr als 50 Arbeitnehmer beträgt und an nicht mehr als 30 Tagen im Jahr mehr als 75 Arbeitnehmer in der Arbeitsstätte beschäftigt werden. Die Bestimmungen für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern gelten auch dann, wenn in einer Arbeitsstätte bis zu 53 Arbeitnehmer beschäftigt werden, sofern die Zahlengrenze von 50 Arbeitnehmern nur deshalb überschritten wird, weil in dieser Arbeitsstätte Lehrlinge oder begünstigte Behinderte im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl Nr 22/1970, beschäftigt werden.“

3.2. Nach den ErläutRV 1449 BlgNR 20. GP 13 sind vorübergehende, fallweise und nur kurzfristige Über- oder Unterschreitungen der Zahlengrenzen bei wechselndem AN-Stand nicht zu berücksichtigen, sofern im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 50 AN und an nicht mehr als 30 Tagen im Jahr mehr als 75 AN in der Arbeitsstätte beschäftigt werden, weil die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten ausschlaggebend ist.

3.3. Gem § 77a Abs 2 Z 2 ASchG haben Begehungen durch eine Sicherheitsfachkraft und einen Arbeitsmediziner in Arbeitsstätten mit 11 bis 50 AN mindestens einmal im Kalenderjahr zu erfolgen.

4. § 2 Abs 2, 3 und 4 der aufgrund des § 53b Abs 4 idF vor SRÄG 2015 erlassenen Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung (EFZV, BGBl II 2005/64 idF BGBl II 2013/109) lautet:

„§ 2[...](2) Als Unternehmen im Sinne des § 53b Abs 2 Z 1 und Abs 3 Z 1 ASVG gelten solche, in denen regelmäßig insgesamt weniger als 51 Dienstnehmer/innen beschäftigt werden, wobei die Zählung nach Abs 4 erfolgt.(3) Als Dienstnehmer/innen im Sinne des Abs 2 gelten Dienstnehmer/innen nach § 4 Abs 2 ASVG, auch wenn sie geringfügig beschäftigt sind, sowie Lehrlinge; ...(4) Bei wechselnder Dienstnehmer/innen/zahl liegt ein Unternehmen im Sinne des Abs 2 auch dann vor, wenn die vorhersehbare durchschnittliche Dienstnehmer/innen/zahl pro Jahr nicht mehr als 50 beträgt und an nicht mehr als 30 Tagen im Jahr mehr als 75 Dienstnehmer/innen beschäftigt werden. Ein Unternehmen nach Abs 2 liegt auch dann vor, wenn die Zahlengrenze von 50 Dienstnehmer/inne/n nur deshalb überschritten wird, weil in diesem Unternehmen Lehrlinge oder begünstigte Behinderte im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl Nr 22/1970, beschäftigt werden, sofern die Grenze von 53 Dienstnehmer/inne/n nicht überschritten wird [...]“.

5. Nach § 53b Abs 2 Z 1 ASVG in der seit 1.1.2016 geltenden Fassung gebühren die Zuschüsse nur jenen DG, die in ihrem „Unternehmen durchschnittlich nicht mehr als 50 Dienstnehmer/innen beschäftigen, wobei der Ermittlung des Durchschnitts das Jahr vor Beginn der jeweiligen Entgeltfortzahlung zu Grunde zu legen ist [...]“.

Die Gesetzesmaterialien, ErläutRV 900 BlgNR 25. GP 17 f, führen dazu aus:

„[...] Zuschussberechtigt sind nach wie vor [...] Dienstgeber, die in ihrem Unternehmen im Durchschnitt nicht mehr als 50 [...] Dienstnehmer beschäftigen; die Methode zur Ermittlung der Dienst-131nehmeranzahl soll aufgrund Anregung der [Bekl] nunmehr jedoch klar und eindeutig gestaltet und von der Bindung an das Arbeitnehmerschutzgesetz entkoppelt werden:Auch nach der bisherigen Regelung war die Beschäftigung von regelmäßig weniger als 51 [...] Dienstnehmern Voraussetzung für die Zuschussberechtigung. Probleme in der Praxis bereitete jedoch die Ermittlung der Anzahl der [...] Dienstnehmer, die ‚sinngemäß nach § 77a ASchG‘ zu erfolgen hatte. [...] Das Abstellen auf eine ‚vorhersehbare durchschnittliche Arbeitnehmeranzahl‘ führte in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten, da sie eine einem ‚Blick in die Kristallkugel‘ gleichkommende, ungewisse Beurteilung erforderte.Die bestehende Regelung führte dazu, dass kleine und mittlere Unternehmen oft monatelang warten mussten, um den Zuschuss ausbezahlt zu bekommen, da sich oft erst im Nachhinein feststellen ließ, ob die maximale Dienstnehmeranzahl überschritten wurde oder nicht. Zudem konnte es [...] durch die ex-post-Betrachtung immer wieder zu Rückforderungen kommen. [...]Nun soll die Ermittlung der durchschnittlichen Dienstnehmeranzahl auf das Jahr vor Beginn der jeweiligen Entgeltfortzahlung abstellen: Maßgeblich ist der Beginn der tatsächlichen Entgeltfortzahlung durch [...] den Dienstgeber, für die sie oder er den Antrag stellt. Der Jahresdurchschnitt wird an Hand der Anzahl der gemeldeten [...] Dienstnehmer aus dem Jahr vor dem ‚Stichtag‘ ermittelt. Zeiträume, in denen vorübergehend keine [...] Dienstnehmer beschäftigt wurden, sind einzurechnen.“

6. § 53b ASVG wurde durch das HWG 2002, BGBl I 2002/155, in das Gesetz eingefügt. Nach dessen Abs 2 Z 1 und Z 2 gebührten Zuschüsse „nur jenen Dienstgebern, die regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmer in Betrieben (§ 77a ASchG) beschäftigen“ und „ab dem ersten Tag der Entgeltfortzahlung bis höchstens sechs Wochen je Arbeitsjahr (Kalenderjahr)“. Die Gesetzesmaterialien (AB 1285 BlgNR 21. GP 5) führen dazu aus: „... Voraussetzung für die Zuschusserlangung ist die regelmäßige Beschäftigung von höchstens 50 Dienstnehmern. Weiters wird ... der Zuschuss für höchstens sechs Wochen der Entgeltfortzahlung pro Arbeitsjahr gewährt. Für Arbeitnehmer, deren Entgeltfortzahlung sich nicht nach dem Arbeitsjahr, sondern nach dem Kalenderjahr richtet, ist dieses als Referenzzeitraum heranzuziehen. ...

7. Die Rekurswerberin vertritt unter Berufung auf den AB 1285 BlgNR 21. GP 5 den Standpunkt, die Wortfolge „weniger als 51 Dienstnehmer [...]“ in § 53b Abs 2 Z 1 ASVG idF BGBl I 2013/139 sei wie in der EFZV als „nicht mehr als 50 Dienstnehmer [...]“ zu verstehen. Dies werde durch die geltende Fassung des § 53b ASVG klargestellt. Im zu entscheidenden Fall sei daher [...] unter Berücksichtigung der Beschäftigung einer begünstigten Behinderten der Zuschuss nur bei regelmäßiger Beschäftigung von höchstens 51 DN zu leisten. Da ein DG einen Zuschuss für jeden einzelnen DN nur in einem bestimmten Umfang pro Kalenderjahr bzw Arbeitsjahr der jeweils geleisteten Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen könne, müssten alle Tatbestandsmerkmale, somit auch die Unternehmensgröße, im bezughabenden Kalender- bzw Arbeitsjahr des betreffenden DN erfüllt sein. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es sei bei der Ermittlung der Unternehmensgröße auf das Kalenderjahr abzustellen, sei daher unzutreffend.

Hierzu wurde erwogen:

8.1. Die Ermittlung der für die Unternehmensgröße maßgeblichen Anzahl der im Unternehmen regelmäßig beschäftigten DN hat unabhängig vom Beschäftigungsausmaß nach Köpfen zu erfolgen (Melzer-Azodanloo, Zuschuss an Dienstgeber bei Krankheit oder Unfall (I), ecolex 2006, 411 [413]; Putzer, Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung für KMU, RdW 2006, 638 [639]). Demnach ist die Zahl der regelmäßig beschäftigten DN eine natürliche (also ganzzählige) Zahl. „Weniger als 51“ bedeutet daher im Bezugszusammenhang „höchstens 50“. Dieses Verständnis bringt § 2 Abs 4 EFZV deutlich zum Ausdruck, ergibt sich auch aus § 77a ASchG und wird in den Gesetzesmaterialien (AB 1285 BlgNR 21. GP 5; ErläutRV 900 BlgNR 25. GP 17 f) bestätigt.

8.2. Im vorliegenden Fall der Beschäftigung einer begünstigten Behinderten ist daher die maximal zulässige Obergrenze von 50 DN nicht überschritten, wenn – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – im Unternehmen höchstens 51 DN regelmäßig beschäftigt werden.

9.1. Die Frage, ob das Kalenderjahr oder das Arbeitsjahr des DN, in dem vom DG [...] Entgeltfortzahlung geleistet worden sei, zu der der Zuschuss beansprucht wird, der für die Ermittlung maßgebliche Beobachtungszeitraum ist, wird im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt.

9.2. Zu der von der Bekl vertretenen Auffassung, es müssten alle Tatbestandsmerkmale, somit auch die Unternehmensgröße, im bezughabenden Kalender- bzw Arbeitsjahr des betreffenden DN erfüllt sein, zwingt weder die historische noch die teleologische Auslegung des § 53b ASVG idF BGBl I 2013/139.

a) Sie findet im AB 1285 BlgNR 21. GP 5 keine Stütze. Dort wird vom Arbeitsjahr und Kalenderjahr als Referenzzeitraum [...] nur in Bezug auf die Höchstdauer der Entgeltfortzahlung, für die ein Zuschuss gebührt, gesprochen, weil sich der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht nach dem Arbeitsjahr, sondern nach dem Kalenderjahr richtet (vgl § 2 Abs 8 EFZG).

b) Dass Sinn und Zweck der Zuschussgewährung nach § 53b ASVG es nicht erfordern, bei der Ermittlung der Unternehmensgröße auf das Kalender- bzw Arbeitsjahr des DN, dessen Entgelt fortgezahlt wurde, abzustellen, zeigt die Novellierung der Norm durch das SRÄG 2015, wonach das Jahr vor der jeweiligen Entgeltfortzahlung (also weder das Kalenderjahr noch das Arbeitsjahr) maßgeblich ist.

9.3. Die vom Berufungsgericht gefundene Bestimmung des Kalenderjahres des Entgeltfortzahlungsbezugs als für die Ermittlung der Anzahl der regelmäßig beschäftigten DN maßgeblichen Zeitraum ist eine Auslegung [...], die vom OGH geteilt wird. Für diese kann ins Treffen geführt werden, dass sich aus § 77a Abs 5 iVm [...] Abs 2 ASchG ein Bezug auf das Kalenderjahr als Zeitraum für den Beobachtungszeitraum ergibt. [...]132

ANMERKUNG
1.
Einleitung und Rechstfragen

Der OGH hatte sich im Anlassfall mit dem Zuschuss, den die UV (Bekl) dem DG (Kl) im Falle von dessen Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Unfall des DN (begünstigte Behinderte) gem § 53b ASVG leistet, auseinanderzusetzen. Auch wenn die E die Rechtslage vor dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2015 (SRÄG 2015, BGBl I 2015/162) betrifft, ist sie für sämtliche Entgeltfortzahlungsfälle vor dem 31.12.2015 von grundlegender Bedeutung, weil für diese bis längstens 31.12.2018 ein Zuschuss beantragt werden kann (vgl § 695 Abs 1 Z 1 ASVG).

Das Höchstgericht befasste sich in der E erstmals mit der Frage, welcher Beobachtungszeitraum zur Ermittlung der für einen Zuschuss vorgegebenen maximalen Unternehmensgröße heranzuziehen ist – das Arbeitsjahr des DN, für den, oder das Kalenderjahr, in dem Entgeltfortzahlung geleistet wird. Weiters äußerte sich der OGH zur Berechnung der Unternehmensgröße nach der Anzahl der regelmäßig beschäftigten DN und der Privilegierung bei Beschäftigung begünstigter Behinderter.

Der inhaltlich recht kurz gehaltenen Beurteilung des OGH ist im Ergebnis zuzustimmen. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch vor allem in methodischer Hinsicht unberücksichtigte Aspekte, denen im Folgenden nachgegangen wird.

2.
§ 53b ASVG – Regelungszweck und Entwicklung

Durch die Zuschussregelung des § 53b ASVG (eingeführt mit dem Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 [HWG 2002], BGBl I 2002/155) sollen klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) bei Aufwendungen durch Entgeltfortzahlungen aus Mitteln der UV finanziell entlastet werden (siehe Melzer-Azodanloo, Rückkehr zum Erstattungsfondssystem über Umwege?ASoK 2005, 62). Als KMU iSd Bestimmung qualifiziert der Gesetzgeber seit Einführung der Bestimmung Unternehmen, die regelmäßig weniger als 51 DN beschäftigen. Mit dem 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 (SVÄG) (BGBl I 2003/145) wurde die bis dahin in Klammer stehende Verweisung auf § 77a ASchG zur Ermittlung der DN-Zahl in den Fließtext des § 53b ASVG einbezogen. Für Verwirrungen bezüglich des Unternehmensbegriffs sorgte die zu dieser Bestimmung erlassene Durchführungsverordnung („EFZV alt“, BGBl II 2002/443), die an den Betriebsbegriff anknüpfte. Aus diesem Grund wurde die EFZV mit dem BGBl II 2005/64 neu erlassen. Schließlich wurde § 53b ASVG mit dem SRÄG 2015 vom ASchG „entkoppelt“ (ErläutRV 900 BlgNR 25. GP 17 f).

3.
Ermittlung der Unternehmensgröße
3.1.
Allgemeine Regelungssystematik

Die Ermittlung der für die Unternehmensgröße relevanten DN-Zahl nach § 53b ASVG idF BGBl I 2013/139 hat (sinngemäß) nach § 77a ASchG zu erfolgen, welcher in die EFZV mit einigen Abweichungen aufgenommen wurde (DN/DG anstatt AN/AG; Unternehmen anstatt Arbeitsstätte; vgl § 2 Abs 4 EFZV). Beide Bestimmungen enthalten zwei Tatbestände, die Überschreitungen der Höchstzahl von regelmäßig 50 beschäftigten DN erlauben. Nach der ersten Überschreitungsmöglichkeit liegt ein zuschussberechtigtes KMU auch dann vor, wenn die „vorhersehbare durchschnittliche AN-Anzahl pro Jahr“ zwar nicht mehr als 50 beträgt, aber an nicht mehr als 30 Tagen mehr als 75 AN beschäftigt werden. Damit wird bei wechselnder DN-Zahl eine Durchschnittsberechnung mit bestimmten Schwankungsbreiten in der Belegschaftszahl vorgegeben. Die zweite Überschreitungsmöglichkeit nimmt auf die Beschäftigung von Lehrlingen und begünstigten Behinderten iSd BEinstG Bedacht. Die Höchstzahl der Belegschaftsmitglieder kann in diesem Fall bis zu 53 DN betragen, sofern die Überschreitung nur aus der Beschäftigung dieser besonders schützenswerten Personen resultiert.

3.2.
Berechnung nach „Kopf und Zahl“

Zunächst befasste sich der OGH mit der Berechnung der Zahl der regelmäßig beschäftigten DN. Unter Heranziehung der Lehre führt er aus, dass die Anzahl nach Köpfen, unabhängig vom Beschäftigungsausmaß zu ermitteln sei. Es handle sich daher um eine „natürliche (also ganzzählige) Zahl“, weshalb „weniger als 51 DN“ iSd Höchstgrenze in § 53b ASVG als „höchstens 50 DN“ zu verstehen sei. Insofern kann auch auf die Argumente von Melzer-Azodanloo und Putzer (siehe Pkt 8.1. der E) verwiesen werden. Als Zusatzargument kann mE § 2 Abs 3 EFZV herangezogen werden, wonach eine geringfügige Beschäftigung – und damit eine Teilversicherung in der UV –, die regelmäßig in Teilzeit unter Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgeübt wird, ausreichend ist.

Weiters äußerte sich das Höchstgericht zur Anwendung der Überschreitungsmöglichkeit von 50 auf höchstens 53 DN bei Beschäftigung von begünstigten Behinderten und/oder Lehrlingen. Da sich die Überschreitung nur aufgrund der Beschäftigung von DN der beiden genannten Gruppen ergeben darf, liege im konkreten Fall die Höchstgrenze bei 51 DN.

Dass das Ausmaß der Überschreitung innerhalb der privilegierenden Höchstgrenze jeweils an die Anzahl der tatsächlich beschäftigten begünstigten Behinderten (Lehrlinge) gebunden ist, geht eindeutig aus der Formulierung des § 2 Abs 4 Satz 2 EFZV und § 77a Abs 5 Satz 3 ASchG hervor (arg: „[...] wenn die Zahlengrenze von 50 DN nur deshalb überschritten wird, weil [...] Lehrlinge oder begünstigte Behinderte [...] beschäftigt werden [...]“). So dürfen 50 nicht begünstigte DN und bis zu drei begünstigte Behinderte oder Lehrlinge, nicht aber zB 51 nicht begünstigte DN und ein begünstigter Behinderter oder Lehrlinge beschäftigt werden. Ob in casu mehr als 50 DN (inklusive der begünstigten Behinderten) beschäftigt wurden und damit die Überschreitungsmöglichkeit zu beachten war, kann133mangels Feststellung der konkreten DN-Zahl nicht abschließend beurteilt werden. Die vorliegenden Feststellungen lassen jedoch durchaus auf einen Grenzfall schließen.

Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang ist, ob und inwieweit die Überschreitungsmöglichkeit von 50 auf bis zu 53 DN gemeinsam mit dem Überschreitungstatbestand bei wechselnder DN-Zahl zu lesen ist und ob damit ein zuschussberechtigtes KMU auch dann vorliegen könnte, wenn an nicht mehr als 30 Tagen mehr als 75 DN beschäftigt werden, durchschnittlich jedoch 53 DN. Eine dahingehende Äußerung des Senats wäre mangels Eindeutigkeit der gesetzlichen Bestimmung und auch im direkten Anwendungsbereich des § 77a Abs 5 ASchG wünschenswert gewesen.

Nach dem Grundtatbestand des § 53b Abs 2 Z 1 und Abs 3 Z 1 ASVG ist die „Regelmäßigkeit“ der Beschäftigung maßgeblich, was sich auch aus § 2 Abs 2 der EFZV ergibt. Dies kann in zweierlei Hinsicht verstanden werden: einerseits als Forderung nach einem kontinuierlich gleichbleibenden Wert, wonach schon kurzfristige und bloß geringfügige Überschreitungen der Höchstzahl innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (siehe 3.3.) das Vorliegen eines KMU iSd § 53b ASVG ausschließen; andererseits iS einer Durchschnittsbetrachtung, sofern die Höchstzahl im Ergebnis nicht überschritten wird. Letztgenannte Bedeutung hat der Gesetzgeber für die Überschreitungsmöglichkeit bei wechselnder DN-Zahl angenommen („vorhersehbare durchschnittliche DN-Zahl“) und zusätzlich zeitliche und zahlenmäßige Schwankungsbreiten vorgegeben („an nicht mehr als 30 Tagen mehr als 75 DN“; vgl § 77a Abs 5 ASchG; siehe auch § 2 Abs 4 EFZV). Ist dies nun auch für die Überschreitungsmöglichkeit auf höchstens 53 DN maßgeblich?

Stellt man strikt auf den Wortlaut des § 2 Abs 4 EFZV ab, muss dies zunächst verneint werden, da für diese zweite Überschreitungsmöglichkeit, wiederholend zur ersten, die Formulierung „Ein Unternehmen nach Abs 2 liegt auch dann vor, wenn [...]“ gewählt und damit ein eigener Tatbestand gebildet wurde. Hier ist jedoch Melzer-Azodanloo (in

Resch
[Hrsg], Krankenstand: Arbeits- und sozialrechtliche Probleme [2007] 65 [78]) zuzustimmen, die ausführt, dass bei Ablehnung einer Durchschnittsbetrachtung eine Schlechterstellung all jener Unternehmen bestünde, die begünstigte Behinderte oder Lehrlinge beschäftigen, deren DN-Zahl aber ebenso – und das wird der Regelfall sein – eine wechselnde (auch über die Höchstgrenze von 53 DN hinausgehende) ist. Denn dabei würde bereits eine Überschreitung der Höchstgrenze von 53 DN an nur wenigen Tagen zu einem Anspruchsverlust führen. Dem Gesetzgeber könne eine solche Absicht nicht unterstellt werden, soll doch die Beschäftigung besonders schützenswerter Personengruppen generell gefördert werden. Auszugehen sei somit auch bei Beschäftigung von begünstigten Behinderten oder Lehrlingen von einer durchschnittlichen DN-Zahl pro Jahr (so auch Panhölzl in
Mosler/Müller/Pfeil
[Hrsg], Der SV-Komm [2015] § 53b ASVG Rz 18). Folgt man dieser Auffassung, sind aber auch die im ersten Überschreitungstatbestand normierten Schwankungsbreiten (an nicht mehr als 30 Tagen mehr als 75 DN) anzuwenden. Die zweite Überschreitungsmöglichkeit ist demnach als zusätzliche Privilegierung hinsichtlich der Obergrenze der DN von 50 auf höchstens 53 anzusehen. Für eine derart kombinierende Auslegung spricht überdies, dass das Überschreitungsausmaß von höchstens drei zusätzlichen DN und die Möglichkeit, innerhalb der durchschnittlichen Obergrenze bis zu 75 DN zu beschäftigen (auch an mehr als 30 Tagen; vgl § 77a Abs 5 Satz 3 e contrario), mit dem Ausmaß der Beschäftigungspflicht nach § 1 Abs 1 BEinstG (auf je 25 DN mindestens ein begünstigter Behinderter) übereinstimmt.

Wie bereits erwähnt, ist das Ausmaß der privilegierenden Obergrenze von höchstens 53 DN zwar an die Anzahl der tatsächlich beschäftigten begünstigten Behinderten oder Lehrlinge gebunden. Für die Anwendbarkeit der Privilegierung wird es aber nicht erforderlich sein, dass bis zu drei begünstigte Behinderte oder Lehrlinge während des gesamten Beobachtungszeitraumes hindurch – dh im Kalenderjahr; siehe 3.3. – beschäftigt sein müssen. Anderenfalls käme für ein Unternehmen, das etwa im Jänner 51 DN einschließlich einem begünstigten Behinderten (oder Lehrling) beschäftigt und von Februar bis Dezember monatlich jeweils 50 DN ohne Beschäftigung einer besonders schützenswerten Person, die entsprechende privilegierte Obergrenze von 51 DN nicht zur Anwendung. Wegen Überschreitung von 50 DN im Kalenderjahr würde kein Zuschuss nach § 53b ASVG gebühren. Damit wären Unternehmen, die zu keinem Zeitpunkt im Kalenderjahr besonders schützenswerte Personengruppen beschäftigen, besser gestellt als solche, die zumindest kurzfristig begünstigte Personen anstellen. Dasselbe gilt bei Anwendung der zeitlichen und zahlenmäßigen Schwankungsmöglichkeiten von mehr als 75 DN an nicht mehr als 30 Tagen. Auf eine bestimmte Beschäftigungsdauer dieser Personen im Kalenderjahr kann es daher in Hinblick auf die Absicht des Gesetzgebers, die Beschäftigung besonders schützenswerter Personengruppen generell zu fördern bzw den AG keinen Nachteil – nämlich durch Wegfall des Entgeltfortzahlungszuschusses – erleiden zu lassen, nicht ankommen. Dies steht auch mit dem Wortlaut des § 2 Abs 4 Satz 2 EFZV und § 77a Abs 5 Satz 3 ASchG in Einklang, wonach die privilegierte Grenze anzuwenden ist, wenn die Zahlengrenze von 50 DN nur deshalb überschritten wird, „weil [...] Lehrlinge oder begünstigte Behinderte [...] beschäftigt werden [...]“.

3.3.
Maßgeblicher Beobachtungszeitraum – Analyse der (höchst)gerichtlichen Argumentation

Das Höchstgericht verweist in seiner Argumentation zum Beobachtungszeitraum für die Feststellung der Unternehmensgröße im Wesentlichen auf die Ausführungen des Berufungsgerichts. Die Ansicht des Erstgerichts, es sei das Arbeitsjahr des DN maßgeblich, lehnte der OGH vor allem aufgrund der dabei entstehenden „unsachlichen Zufallsergebnisse“ ab. Die Heranziehung des Kalenderjahres bringe dagegen einen einheitlichen Bezugsmaßstab in134allen Fällen der Entgeltfortzahlung sowie erhebliche Verwaltungserleichterungen für den DG und die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) mit sich. Grundsätzlich lasse § 53b ASVG nach Auffassung des OGH jedoch sowohl die Heranziehung des Arbeits- als auch des Kalenderjahres zu. Dazu führt er aus, dass der Beobachtungszeitraum für die Berechnung der regelmäßigen DN-Zahl nicht ausdrücklich geregelt sei und sich die Anwendung des Arbeits- oder Kalenderjahres auch weder aus einer teleologischen noch historischen Interpretation des § 53b ASVG ergebe.

Dem ist freilich hinzuzufügen, dass sich Hinweise auf einen Zeitraum aus dem ersten Überschreitungstatbestand ergeben (vgl Melzer-Azodanloo, aaO 73 f). Geht man von der Anwendung desselben auch bei Beschäftigung begünstigter Behinderter aus (siehe 3.2.), so gelangt man bereits dadurch zu einem Beobachtungszeitraum, der auf das Jahr abstellt („pro Jahr“). Ob damit das Arbeits- oder Kalenderjahr gemeint ist, geht jedoch auch daraus nicht eindeutig hervor. Bei seinen Ausführungen, ob Sinn und Zweck der Norm entweder den einen oder anderen Beobachtungszeitraum erfordern, zieht der OGH die geltende Rechtslage nach dem SRÄG 2015 heran, wonach – bei unverändertem Zweck – weder das Arbeits- noch das Kalenderjahr, sondern das Jahr vor der jeweiligen Entgeltfortzahlung maßgeblich ist. Bei der Analyse des subjektiven Gesetzgeberwillens beschränkt sich der OGH auf den AB 1285 BlgNR 21. GP zum HWG 2002 und stellt klar, dass mit der dortigen Bezugnahme auf das Arbeits- oder Kalenderjahr die Dauer des Anspruches auf Entgeltfortzahlung gemeint ist und nicht der Beobachtungszeitraum für die Beurteilung der Unternehmensgröße. Für die höchstens sechswöchige Zuschussgewährung ist als Referenzzeitraum das Arbeits- oder das Kalenderjahr heranzuziehen und zwar je nachdem, ob für den AN auch hinsichtlich der Entgeltfortzahlung das Arbeits- oder Kalenderjahr maßgeblich ist. Missverständlich in diesem Zusammenhang ist die erklärende Formulierung des OGH in Pkt 9.2.a) „[...] weil sich der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht nach dem Arbeitsjahr, sondern nach dem Kalenderjahr richtet (vgl § 2 Abs 8 EFZG)“. Für Arbeiter ist grundsätzlich vom Arbeitsjahr auszugehen, sofern nicht durch KollV oder BV eine Umstellung auf das Kalenderjahr erfolgt ist; nicht so bei Angestellten, weil sich deren Anspruchszeitraum – zumindest bisher – am Wiederantritt der Arbeit nach der jeweiligen Krankheit orientiert (siehe § 8 Abs 2 AngG; vgl jedoch BGBl I 2017/153 zur Angleichung von Arbeitern und Angestellten in der Entgeltfortzahlung ua; siehe Löschnigg, Arbeitsrecht13 [2017] Rz 6/619 ff). Bei der in der vorliegenden E angesprochenen begünstigt behinderten DN wird es sich aufgrund der Lohnverrechnungstätigkeit um eine Angestellte iSd AngG handeln (klagender DG ist eine GmbH & Co KG).

Die Heranziehung des Kalenderjahres untermauert der OGH mit § 77a Abs 2 ASchG, der ausdrücklich das Kalenderjahr nennt. Dieser lediglich als Schlussargument aufgeworfene Bezug zum Kalenderjahr bedarf mE vor allem in systematischer Hinsicht einer genaueren Analyse. § 53b ASVG aF ordnet die Ermittlung der DN-Zahl „sinngemäß“ nach § 77a ASchG an. Damit sind an und für sich jene Tatbestandselemente des § 77a ASchG außer Acht zu lassen, die sich nicht auf die Ermittlung der AN-Zahl beziehen. Der vom OGH ins Treffen geführte Abs 2 befasst sich aber nicht direkt mit der Ermittlung der AN-Zahl, sondern normiert die Anzahl der regelmäßig durchzuführenden sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Begehungen „im Kalenderjahr“. Deren Anzahl orientiert sich an der Unternehmensgröße, die nach der Zahl der in der Arbeitsstätte beschäftigten AN gem Abs 5 zu ermitteln ist. Da Abs 5 iVm Abs 2 zu lesen ist, hat der Gesetzgeber wohl darauf verzichtet, in Abs 5 nochmals „das Kalenderjahr“ zu nennen und sich mit der Wortfolge „pro Jahr“ begnügt. Für die Festlegung der Anzahl der Begehungen im Kalenderjahr wäre es auch wenig sinnvoll, bei der Ermittlung der Unternehmensgröße das Arbeitsjahr eines AN (und welcher sollte das sein?) heranzuziehen. Auch sonst ist das Arbeitsjahr eher für den einzelnen AN einschlägig (etwa bezüglich des Urlaubsanspruchs) als für ganze Unternehmen (Melzer-Azodanloo, aaO 73 f). Aus diesen systematischen Überlegungen ergibt sich, dass sich der Gesetzgeber in § 77a Abs 5 ASchG eindeutig auf das Kalenderjahr bezieht, welches daher auch bei Anwendung des § 53b ASVG iVm § 77a ASchG maßgeblich sein muss.

4.
Anmerkung zur geltenden Rechtslage

Hingewiesen sei aus gegebenem Anlass noch darauf, dass die EFZV in § 2 Abs 4 idgF nach wie vor den Wortlaut des § 77a Abs 5 ASchG und damit sowohl den Beobachtungszeitraum nach der „vorhersehbaren durchschnittlichen DN-Zahl pro Jahr“ als auch die Überschreitungsmöglichkeiten enthält. Eine VO muss sich gem Art 18 Abs 2 B-VG stets im Rahmen des Gesetzes bewegen und muss auch bei inhaltlicher Abänderung der gesetzlichen Grundlage vom neu gefassten Gesetz gedeckt sein (vgl Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht3 [2016] Rz 963 ff).

§ 53b Abs 6 ASVG idgF legt fest, dass „Näheres“ hinsichtlich der Gewährung und Abwicklung der Zuschüsse durch VO zu regeln ist. Während mit dem Begriff der „Abwicklung“ klar formale Bestimmungen gemeint sind (Antragstellung, Auszahlung, Rückforderung), umfasst die „Gewährung“ mE Regelungen, welche die Anspruchsvoraussetzungen präzisieren. Demnach können in der EFZV auch nach geltender Rechtslage Regelungen zur Ermittlung der Unternehmensgröße getroffen werden, sofern sich diese im Rahmen des Gesetzes bewegen. Gem § 53b Abs 2 ASVG idgF ist der Durchschnitt der beschäftigten DN (höchstens 50) im Jahr vor Beginn der jeweiligen Entgeltfortzahlung heranzuziehen. Der in der EFZV enthaltene Beobachtungszeitraum bedarf damit für Entgeltfortzahlungsfälle ab dem 1.1.2016 einer Anpassung an die gesetzliche Neuregelung.

Fraglich ist weiters, wie mit den kurzfristigen Überschreitungsmöglichkeiten bei wechselnder DN-Zahl und der Privilegierung bei Beschäftigung135von begünstigten Behinderten (Lehrlingen) umzugehen ist. Aus den Materialien zum SRÄG 2015 geht hervor, dass die Überschreitungstatbestände des § 77a Abs 5 ASchG absichtlich nicht übernommen wurden, weil „die Methode zur Ermittlung der DN-Zahl [...] nunmehr [...] von der Bindung an das Arbeitnehmerschutzgesetz entkoppelt werden“ sollte (ErläutRV 900 BlgNR 25. GP 17). Nach § 53b ASVG idgF ist ausschließlich auf den Durchschnitt abzustellen, sodass größere Schwankungen in der DN-Zahl nicht anspruchsschädlich sind. Mangels gesetzlicher Regelung ist fortan aber die Beschäftigung von begünstigten Behinderten und Lehrlingen hinsichtlich der Höchstanzahl der DN nicht mehr privilegiert. Eine dem § 77a Abs 5 ASchG entsprechende Regelung in der EFZV ist mE aufgrund der klaren Absicht des Gesetzgebers für die neue Rechtslage nicht mehr möglich. Die EFZV bedarf somit auch in diesem Punkt einer Anpassung für die Rechtslage nach dem SRÄG 2015.

5.
Conclusio

Die Ausführungen des OGH zur Ermittlung der Unternehmensgröße führen zu wichtigen, auch über die E hinausgehenden, Ergebnissen:

  • Das Überschreitungsausmaß der Höchstzahl von 50 DN bei Anwendung der privilegierten Obergrenze von 53 DN ist an die Anzahl der tatsächlich beschäftigten begünstigten Behinderten oder Lehrlinge gebunden. Bei wechselnder DN-Zahl ist auch für Unternehmen, die diese besonders schützenswerten Personen beschäftigen, eine Durchschnittsbetrachtung anzustellen, wobei nur an bis zu 30 Tagen mehr als 75 DN ohne Anspruchsverlust beschäftigt werden können (siehe 3.2.).

  • Das Kalenderjahr als Beobachtungszeitraum für die Ermittlung der Unternehmensgröße ergibt sich aus der in § 53b ASVG aF normierten „sinngemäßen“ Anwendung des § 77a Abs 5 iVm Abs 2 ASchG. Obwohl nur Abs 5 die Berechnung der Unternehmensgröße betrifft, wonach die AN-Zahl „pro Jahr“ maßgeblich ist, Abs 2 aber das Kalenderjahr nennt und auf die Unternehmensgröße abstellt, ist Abs 5 iVm Abs 2 zu lesen, sodass mit der Wortfolge „pro Jahr“ das Kalenderjahr gemeint ist. Dies muss somit auch bei Anwendung des § 53b ASVG aF iVm § 77a ASchG maßgeblich sein (siehe 3.3.).