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Pensionsabfindung bei Betriebsübergang

MONIKADRS (WIEN)
  1. Für den Abfindungsanspruch des § 5 Abs 2 AVRAG kommt es lediglich darauf an, dass die bisherige betriebliche Pensionszusage des Veräußerers (im Anlassfall wegen des Vorbehalts des Übernehmers) weggefallen ist. Das gilt unabhängig davon, ob dem AN vom Erwerber wieder eine betriebliche Pensionszusage gewährt wird und ob diese günstiger oder weniger günstig ist als die beendete Pensionszusage des Veräußerers.

  2. Eine Differenzabfindung (Wert zwischen altem und neuem System) und eine zwingende Einbringung der alten Anwartschaften in das Betriebspensionssystem des Erwerbers sieht das geltende Recht nicht vor.

  3. § 5 Abs 2 AVRAG ordnet für den Fall einer leistungsorientierten Pensionszusage die Berechnung der Abfindung nach dem Teilwertverfahren und den für die Bildung der Rückstellung geltenden Grundsätzen an.

  4. Vom errechneten Teilwert einer leistungsorientierten Pensionskassenzusage ist der sich nach den Rechnungsvorschriften der Pensionskasse ergebende Unverfallbarkeitsbetrag, der einen Anspruch gegenüber der Pensionskasse begründet, abzuziehen.

  5. Die Ausnahme vom zwingenden Rechtsübergang auf den Erwerber gilt nur für solche Leistungen bei Alter, die von dem Zeitpunkt an gezahlt werden, zu dem der AN das normale Ende seiner beruflichen Laufbahn erreicht, wie es nach der allgemeinen Systematik des betreffenden Altersrentensystems vorgesehen ist, nicht aber Leistungen, die zB wegen Beendigung aus betrieblichen Gründen (im Anlassfall „Vorpension bei AG-Kündigung“), auch wenn sie zusätzlich an die Bedingung eines bestimmten Alters geknüpft sind und unter Heranziehung der Berechnungsmodalitäten für normale Altersrentenleistungen berechnet werden. Diese Leistungsanwartschaften sind daher bei der Berechnung des Teilwerts auszuscheiden.

Der Kl ist Flugkapitän und war seit 16.10.1991 bei der Bekl beschäftigt. Bis 30.6.2012 unterlag sein Dienstverhältnis dem KollV für das Bordpersonal der Austrian Airlines und Lauda Air („OS KollV Bord 2008“) sowie dem Zusatz-KollV 2 („KollV-alt“).

Der Kl wurde mit Schreiben vom 1.5.2012 über den zum 1.7.2012 bevorstehenden Betriebsübergang zur Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH und die damit verbundenen Änderungen informiert, insb darüber, dass die Übernehmergesellschaft gem § 5 Abs 1 AVRAG die leistungsorientierten Pensionskassenzusagen laut OS KollV Bord 2008318nicht übernehmen werde, sondern sich die Pensionszusagen ab dem Übergangsstichtag nach der bei ihr geltenden BV 01 „Pensionskasse“ richten würden.

Gem Pkt 10. (63) KollV-alt gebührte dem Kl eine Firmenpension im Ausmaß von sechzig Prozent der Bemessungsgrundlage. [...]

Der Kl begehrt 602.991,66 € brutto sA mit der Begründung, wegen der Nichtübernahme der leistungsorientierten Pensionszusage schulde ihm die Bekl gem § 5 Abs 2 AVRAG als Veräußerin eine nach dem Teilwertverfahren errechnete Abfindung in der eingeklagten Höhe.

Die Bekl wandte ein, der Abfindungsanspruch nach § 5 Abs 2 AVRAG entstehe bei gänzlichem Wegfall der betrieblichen Pensionszusage. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, weil auch im Betrieb der Übernehmerin für den Kl eine – beitragsorientierte – kollektivvertragliche Pensionszusage gegolten habe. Eine bloße Verschlechterung der betrieblichen Pensionszusage sei deren Wegfall nicht gleichzuhalten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. [...]

Das Berufungsgericht bestätigte diese E [...].

Die [...] Revision des Kl [...] ist [...] zulässig [...] und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kl stützt seinen Anspruch auf § 5 Abs 1 und 2 AVRAG [...].

2. Die Regelung des § 5 Abs 2 AVRAG ist nicht nur auf den Wegfall einer individualrechtlichen Pensionszusage eingeschränkt, sondern erfasst generell den Wegfall „der“ betrieblichen Pensionszusage, sohin auch infolge Betriebsübergangs, insb infolge Kollektivvertragswechsels oder -wegfalls oder durch Wegfall der BV (vgl 8 ObA 40/15p mwN; 9 ObA 69/15k).

Die Bekl und die ihr folgenden Vorinstanzen gehen aber davon aus, dass der Gesetzgeber mit dem „Wegfall“ der betrieblichen Pensionszusage nur den Fall erfassen habe wollen, dass künftig überhaupt keine betriebliche Pensionszusage für den AN mehr gelte. Der Abfindungsanspruch sei ausgeschlossen, wenn im Übernehmerbetrieb ebenfalls eine – wenngleich für den AN ungünstigere – Betriebspensionszusage bestehe.

Der Kl vertritt dagegen den Standpunkt, es komme lediglich darauf an, dass seine bisherige betriebliche Pensionszusage wegen des Vorbehalts des Übernehmers weggefallen sei.

3. Dem Revisionswerber ist beizupflichten, dass der Wortlaut des ersten Satzes des § 5 Abs 2 AVRAG jedenfalls beide Interpretationen zulässt, wobei nur die Auslegung des Kl unmittelbar aus dem Wortsinn abzuleiten ist.

Die Bekl und die Vorinstanzen haben sich nur auf die Bedeutung des Wortes „Wegfall“ bezogen, aber nicht geprüft, was im Kontext der Regelung unter „der“ betrieblichen Pensionszusage zu verstehen ist. Um eine der Auslegung des Berufungsgerichts entsprechende Bedeutung klar und eindeutig auszudrücken, müsste aber vom Wegfall „einer“ bzw „jeder“ oder „jeglicher“ betrieblichen Pensionszusage die Rede sein. Mit „der“ betrieblichen Pensionszusage wird prima facie nicht irgendeine, sondern die den Gegenstand der Regelung bildende, nicht übernommene Pensionszusage des Veräußerers angesprochen.

In der Literatur wurden bisher sowohl die Interpretation des Kl als auch jene des Berufungsgerichts vertreten. So soll nach Schima (in Mazal/Risak [Hrsg], Das Arbeitsrecht – System und Praxiskommentar [28. Lfg 2016] Betriebspension und Betriebs[teil]übergang 80 Rz 106) dann, wenn bei Kollektivvertragswechsel eine für den AN bessere durch eine schlechtere Pensionszusage im Erwerber-KollV ersetzt werde, mangels „Wegfalls“ (siehe dazu aber oben) keine Differenzabfindung gebühren. Eine Teilabfindung würde den bewertenden Vergleich der zwei unterschiedlichen kollektivvertraglichen Zusagen voraussetzen; dieser müsste aber die künftige Entwicklung der Kollektivverträge unberücksichtigt lassen und sei völlig ungeeignet.

Nach Gahleitner (in ZellKomm2 § 5 AVRAG Rz 9) soll eine Anwartschaftsabfindung in allen Fällen gebühren, die zu einem Wegfall der bisherigen betrieblichen Pensionszusage führen, unabhängig davon, ob diese im Einzelvertrag, in einer BV oder im KollV geregelt war. Sie solle daher auch dann zur Anwendung kommen, wenn die bisherige Pensionszusage durch eine schlechtere Zusage des Übernehmers ersetzt werde. Allenfalls könne, nach Wahl des AN, bei einem bloßen Wechsel der Pensionszusagen nur eine Differenzabfindung gewährt und die bisherigen Anwartschaften sodann in das neue Anwartschaftssystem integriert werden.

Auch Binder (in Binder/Burger/Mair, AVRAG3 § 5 Rz 55 ff; vgl auch Binder, Betriebsübergang und Schicksal der betrieblichen Altersversorgung, JBl 1998, 416) bejaht einen Abfindungsanspruch bei Kollektivvertragswechsel, wenn das Versorgungssystem des neu anwendbaren KollV völlig anders oder geringwertiger konzipiert sei als jenes nach dem Veräußerer-KollV. Als Alternative zur Vollabfindung in Barem komme in diesen Fällen eine zwingende Aufrechterhaltung der Veräußerer-Anwartschaften in dem auf das neue Pensionsregulativ abgestimmten Maß bis zum Eintritt des Versorgungsfalls in Betracht. Im Interesse des Naturalvorranges und der gesicherten Versorgungskontinuität sei die Einbringung der Altanwartschaften in das neue Pensionssystem geboten, wodurch sich die Anwartschaftsdauer beim Erwerber entsprechend verlängere.

Für die Qualifikation als „Wegfall“ der bisherigen Betriebspensionszusage bei Wechsel, aber gegen einen Auszahlungsanspruch, sondern eine Harmonisierung iSd „Kontinuitätsgedankens“ der betrieblichen Pensionszusage spricht sich auch Hainz (Betriebspensionen beim Betriebsübergang, in Schrammel [Hrsg], Betriebspensionsrecht 52 ff) aus. Für die bisherigen leistungsorientierten Anwartschaften solle ein Unverfallbarkeitsbetrag gem § 5 BPG berechnet und an die Pensionskasse des Erwerbers einbezahlt werden (eine Frage, die sich im vorliegenden Fall insofern nicht stellt, als der Unverfallbarkeitsbetrag als Forderung gegen die Pensionskasse nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist).319

In die gleiche Richtung argumentieren auch Holzer/Reissner (AVRAG2 § 5 Rz 27).

4. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Überlegungen jener Autoren, die das Modell einer Differenzabfindung und einer Einbringung der alten Anwartschaften in das Betriebspensionssystem des Erwerbers befürworten, nicht als Analyse eines gesetzlichen Istzustandes verstanden werden können, sondern als Überlegungen und Anregungen, deren praktische Umsetzung ein Tätigwerden des Gesetzgebers voraussetzen würde. De lege lata sieht § 5 Abs 2 AVRAG – worauf auch schon das Berufungsgericht verwiesen hat – diese Variante und die erforderliche Berechnungsmethode nicht vor. Eine Lösung dafür, wie die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Systeme und Leistungsbedingungen praktisch gegeneinander zu gewichten und eine Wertdifferenz zu errechnen wäre, vermögen auch die eine Differenzabfindung befürwortenden Autoren nicht anzubieten. Hinzu kommt, dass § 5 Abs 3 AVRAG ausdrücklich einen Auszahlungsanspruch des AN normiert und damit der Annahme einer zwingenden Einbringung in das System des Erwerbers entgegensteht.

Dem Berufungsgericht kann daher darin gefolgt werden, dass die Nichtanordnung einer Differenzrechnung klar dafür spricht, dass der Gesetzgeber tatsächlich keine Differenzabfindung vorsehen wollte.

5. Allerdings kann daraus entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kein Argument gegen den Rechtsstandpunkt des Kl oder für den Standpunkt der Bekl gewonnen werden. Einer Differenzrechnung bedarf es nicht nur dann nicht, wenn eine Pensionszusage des Erwerbers die Abfindung ausschließt, sondern genauso wenig, wenn ein Wechsel in eine andere Pensionszusage für den Abfindungsanspruch irrelevant ist.

Die Revision weist in diesem Zusammenhang richtig darauf hin, dass es dem AN nach § 5 Abs 3 AVRAG freisteht, über die Abfindung iSd BPG zu verfügen. Er kann daher den Unverfallbarkeitsbetrag ua gem § 5 Abs 2 bzw § 7 Abs 3 BPG in die Pensionskasse, eine Einrichtung iSd § 5 Z 4 PKG, eine betriebliche Kollektivversicherung oder eine Gruppenrentenversicherung eines neuen AG übertragen. Der Gesetzgeber des AVRAG hat nicht nur offenkundig an die Möglichkeit eines Wechsels in ein neues System gedacht, sondern gleichzeitig eine Verwendungsoption normiert, die nur den Schluss zulässt, dass auch für diesen Fall der Abfindungsanspruch gebühren soll.

6. Zum selben Ergebnis gelangt man bei näherer Betrachtung des Zwecks der Regelung des § 5 Abs 2 AVRAG.

Art 3 Abs 3 der Betriebsübergangs-RL (nunmehr RL 2001/23/EG des Rates vom 12.3.2001), deren Umsetzung den hier maßgeblichen Bestimmungen des AVRAG zugrundeliegt, lässt Regelungen der Mitgliedstaaten zu, nach denen die Rechte der AN auf Leistungen bei Alter, Invalidität oder für Hinterbliebene aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit – im Unterschied zu den sonstigen Rechten und Pflichten des Veräußerers aus einem bestehenden Arbeitsvertrag – nicht aufgrund des Betriebsübergangs auf den Erwerber übergehen. Wenn Mitgliedstaaten von dieser Ausnahme Gebrauch machen, sind sie aufgefordert, die „notwendigen Maßnahmen“ zum Schutz der Interessen der aktiven und ehemaligen AN aus den genannten Zusatzversorgungseinrichtungen zu treffen.

Die Auslegung des § 5 Abs 2 AVRAG hat sich somit grundsätzlich am Gedanken des Schutzes der nicht übergegangenen Anwartschaftsrechte der AN zu orientieren.

7. Lehnt der Erwerber den Eintritt in eine betriebliche Pensionszusage ab, dann entsprechen die Rechtsfolgen einer Teilkündigung des Dienstverhältnisses durch den Erwerber. Der Erwerb weiterer Anwartschaften in dieser Pensionszusage endet. Es findet entgegen der Auffassung der Vorinstanzen keine (automatische) Fortsetzung in einem anderen betrieblichen Pensionssystem des Erwerbers statt, sondern der AN beginnt ab dem Übergangsstichtag neu mit dem Erwerb von Anwartschaften nach den dort geltenden Regeln.

Wird das Dienstverhältnis durch Kündigung beendet, treten hinsichtlich der betrieblichen Pensionszusage jene Konsequenzen ein, die sich aus den Regelungen des BPG, hier bei pensionskassenfinanzierter kollektivvertraglicher Pensionszusage konkret § 5 BPG, ergeben. Der AN hat in diesem Fall Anspruch auf den Unverfallbarkeitsbetrag, den er iSd Abs 2 leg cit in mehreren Varianten zur weiteren Sicherung seiner künftigen Pensionsversorgung veranlagen oder sich nach Abs 4 abfinden lassen kann. Das Recht des AN, in einer der im Gesetz geregelten Formen über den Unverfallbarkeitsbetrag zu verfügen, ist aber davon unabhängig, ob ihm in einem nachfolgenden neuen Dienstverhältnis wieder eine betriebliche Pensionszusage gewährt wird und ob diese günstiger oder weniger günstig als die beendete Pensionszusage ist.

8. Der Unverfallbarkeitsbetrag nach dem BPG repräsentiert aber nur den pro rata temporis ausfinanzierten Wert einer beitragsorientierten Pensionszusage. Der versicherungsmathematische Barwert einer (bedingt) leistungsorientierten Pensionszusage, wie sie zwischen den Parteien bestanden hat, ist in aller Regel höher, weil der Anspruch des AN nicht auf das angesparte Kapital und dessen Erträgnisse begrenzt ist, sondern der ehemalige DG zu Nachschüssen verpflichtet ist, wenn es die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen erfordert. Dem entsprechend ordnet § 5 Abs 2 AVRAG für die Fälle der leistungsorientierten [Pensionskassenzusage – Anm der Bearb], der direkten Leistungszusage und der leistungsorientierten Versicherungsverträge die Berechnung der Abfindung nach dem Teilwertverfahren und den für die Bildung der Rückstellung geltenden Grundsätzen an. Mit dieser Abfindung erhält der AN – iSd in der Betriebsübergangs-RL normierten Interessenwahrungsprinzips – den bis zum Übergangsstichtag berechneten anteiligen Wert der infolge betriebsübergangsbedingter Teilkündigung beendeten leistungsorientierten Pensionszusage.320

Diese Abfindung weist keine Überschneidung mit künftigen Ansprüchen aus einer betrieblichen Pensionszusage des Erwerbers auf, weil diese die vormalige Pensionskassen-BV des Veräußerers grundsätzlich ersetzt (vgl Hainz, aaO 50 f mwN). In dieser werden – abgesehen vom Fall einer freiwilligen Übertragung des Unverfallbarkeitsbetrags nach dem BPG – grundsätzlich erst ab dem Stichtag des Übergangs neue Anwartschaften erworben.

Vom errechneten Teilwert der beitragsorientierten [gemeint wohl: leistungsorientierten – Anm der Bearb] Pensionszusage ist – wie der Kl in seinem Begehren auch berücksichtigt hat – der sich nach den Rechnungsvorschriften der Pensionskasse ergebende Unverfallbarkeitsbetrag, der einen Anspruch gegenüber der Pensionskasse begründet, abzuziehen.

Die Revision erweist sich daher als berechtigt.

Die Vorinstanzen haben ausgehend von ihrer vom OGH nicht geteilten Rechtsansicht kein Beweisverfahren über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs durchgeführt, weshalb – wie beantragt – nur eine Aufhebung der Urteile zur Verfahrensergänzung in Frage kommt.

Dabei wird im vorliegenden Fall zu berücksichtigen sein, dass die in Art 3 Abs 3 der Betriebsübergangs-RL normierte Ausnahme vom zwingenden Rechtsübergang nach der Rsp des EuGH eng auszulegen ist. Es sind nur solche Leistungen als Leistungen bei Alter anzusehen, die von dem Zeitpunkt an gezahlt werden, zu dem der AN das normale Ende seiner beruflichen Laufbahn erreicht, wie es nach der allgemeinen Systematik des betreffenden Altersrentensystems vorgesehen ist, nicht aber Leistungen, die unter anderen Voraussetzungen gewährt werden, etwa wegen Beendigung aus betrieblichen Gründen, auch wenn sie zusätzlich an die Bedingung eines bestimmten Alters geknüpft sind und unter Heranziehung der Berechnungsmodalitäten für normale Altersrentenleistungen berechnet werden.

Dies bedeutet, dass Verpflichtungen, die mit der Gewährung eines vorzeitigen Ruhestands zusammenhängen und sich aus einem Arbeitsvertrag, einem Arbeitsverhältnis oder einem für den Veräußerer im Verhältnis zu den betreffenden AN verbindlichen KollV ergeben, so auch die im Zusatz-KollV 2 der Bekl geregelte Vorpension bei Kündigung durch den DG, unter den in Art 3 Abs 1 Betriebsübergangs-RL festgelegten Voraussetzungen und in den dort gesetzten Grenzen zwingend auf den Erwerber übergehen (EuGH Urteil C-164/00, Beckmann ECLI:EU:C:2002:330, Rn 29-31; Urteil C-4/01, Martin ua, ECLI:EU:C:2003:594). Diese Leistungsanwartschaften sind daher bei der Berechnung des Teilwerts auszuscheiden.

ANMERKUNG

Mit dieser E ist ein weiterer Schritt im Rechtsstreit rund um das Bordpersonal der Austrian Airlines (AUA) und Lauda Air anlässlich des „Betriebsübergangs“ auf die Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH im Jahr 2012 getan, auch wenn die E zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, da die Vorinstanzen kein Beweisverfahren über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs durchgeführt haben. Gleich vorweg ist anzumerken, dass der E des OGH im Ergebnis zuzustimmen ist, wenn auch die Schritte dazu etwas verkürzt dargestellt wurden und daher der eine oder andere Aspekt noch vertieft werden soll:

1.
Betriebsübergang und betriebliche Pensionszusagen

Grundsätzlich ist für den Fall eines Betriebsübergangs vorgesehen, dass der neue Betriebsinhaber automatisch in alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eintritt (§ 3 Abs 1 AVRAG, Betriebsübergangs-RL). Eine Ausnahme gilt allerdings für das rechtliche Schicksal betrieblicher Pensionszusagen (nicht aber für Leistungen, die zB anlässlich einer Vertragsbeendigung zustehen, auch wenn sie zusätzlich an die Bedingung eines bestimmten Alters geknüpft sind). Diese Sonderbehandlung widerspricht auch nicht der Betriebsübergangs-RL, da Art 3 (Abs 3 der alten RL 77/187/EWG bzw Abs 4 der neuen RL 2001/23/EG) ausdrücklich eine Ausnahme von der allgemeinen Regel für solche Zusagen zulässt, wovon Österreich auch Gebrauch gemacht hat. Ob es zu einem Wegfall der Pensionszusage des alten AG und in der Folge zu einem Abfindungsanspruch des AN kommt, ist in § 5 AVRAG geregelt und hängt ganz wesentlich davon ab, auf welcher Rechtsgrundlage die betriebliche Pensionszusage beruht (Einzelvereinbarung, BV, KollV) und ob es sich um eine Einzel- oder um eine Gesamtrechtsnachfolge handelt.

Beruht die Pensionszusage auf einem KollV (oder einer BV), kann der Erwerber die Übernahme der Pensionszusage nicht ablehnen (siehe auch Gahleitner in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 5 AVRAG Rz 1; Holzer/Reissner, AVRAG2 § 5 Rz 8; Kietaibl/Reiner, ZAS 2012/62, 351). Das rechtliche Schicksal solcher Pensionszusagen richtet sich nach den Bestimmungen zur Kollektivvertragsangehörigkeit (§ 8 Z 1 und 2 ArbVG, § 4 AVRAG). Im Anlassfall haben in beiden Betrieben zunächst unterschiedliche Kollektivverträge gegolten. Wäre der Bord-Betrieb der AUA bei dieser Sachlage auf die Tyrolean übertragen worden, hätte nach dem Betriebsübergang auch für die von der AUA übernommenen AN der Tyrolean-KollV gegolten (wobei allerdings § 4 Abs 2 AVRAG und § 3 Abs 1b Z 1 BPG [Betriebspensionsgesetz] zu beachten gewesen wäre). Was aber im Sachverhalt nicht angeführt wird: Beide Kollektivverträge wurden noch „rechtzeitig“ zum 30.6.2012 gekündigt (siehe ASG Wien 18.3.2013, 35 Cga 82/12b), sodass bei Wirksamwerden des Betriebsübergangs (1.7.2012) beiden Kollektivverträgen nur noch Nachwirkung zukam (§ 13 ArbVG; zur Nachwirkung dieser Kollektivverträge siehe OGH8 ObA 40/12h RdW 2013/472, 482; EuGH 11.9.2014, C-328/13, Österreichischer Gewerkschaftsbund, RdW 2014/724, 659; Schrank, Gekündigte Kollektivverträge: Nachwirkungsent-321fall bei Betriebsübergang? RdW 2012, 420 ff; aA hingegen Risak, Erloschener Kollektivvertrag und Betriebsübergang, ZAS 2012, 157 ff).

Bei kollektivvertraglichen Pensionskassenzusagen ist jedoch die Sonderbestimmung des § 3 Abs 1b Z 2 BPG zu beachten, wonach bei Erlöschen des KollV durch Kündigung die kollektivvertraglichen Regelungen über eine Pensionskassenzusage – anders als der restliche Kollektivvertragsinhalt – Inhalt der Einzelverträge der Anwartschaftsberechtigten werden (siehe auch Binder, JBl 1998, 429). Selbst wenn man aber diesen im Sachverhalt nicht angeführten Umstand der Kündigung des KollV außer Acht lässt, führt auch § 3 Abs 1b Z 1 BPG (wegen des Wegfalls der kollektivvertraglichen Pensionskassenzusage durch den Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit – zum „Wegfall“ siehe Pkt 2) zu demselben Ergebnis. Dh aber auch, dass es sich im Zeitpunkt des Betriebsübergangs um keine kollektivvertragliche Pensionszusage mehr gehandelt hat, sondern um eine einzelvertragliche. Das ist deshalb so wichtig, da nur in diesem Fall § 5 Abs 1 AVRAG anwendbar ist: Handelt es sich – wovon offensichtlich ausgegangen wird – auch noch um eine Einzelrechtsnachfolge, kann der Erwerber (dh die Tyrolean Airways) durch rechtzeitigen Vorbehalt die Übernahme der nun einzelvertraglichen Pensionszusage ablehnen (§ 5 Abs 1 Satz 2 AVRAG), was sie laut Sachverhalt auch getan hat. Das hat zu einem Wegfall der AUA-Pensionszusage geführt.

2.
Wegfall der Pensionszusage

§ 5 Abs 2 AVRAG sieht einen Abfindungsanspruch vor, wenn der Betriebsübergang den Wegfall der betrieblichen Pensionszusage zur Folge hat. Vorweg ist dazu festzuhalten, dass § 5 AVRAG nur anwendbar ist, wenn der Wegfall der betrieblichen Pensionszusage auf einem Betriebsübergang basiert (dies wurde der E offensichtlich zugrunde gelegt; zur Nichtigkeit des fraglichen Betriebsübergangs siehe jedoch ASG Wien 18.3.2013, 35 Cga 82/12b; die Klage wurde dann aber anlässlich der oben zitierten EuGH-E und des darauf folgenden Abschlusses eines neuen KollV in zweiter Instanz unter Anspruchsverzicht zurückgezogen, wodurch das Ersturteil ex lege unwirksam wurde – siehe OLG Wien 26.11.2014, 7 Ra 117/13x; aber auch OLG Wien 28.3.2017, 8 Ra 71/13v); weiters sind unter betrieblicher Pensionszusage iS dieser Bestimmung jede Art an betrieblicher Pensionszusage iSd BPG und damit insb auch Pensionskassenzusagen zu subsumieren. § 5 Abs 2 gilt außerdem unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage die Pensionszusage beruht (zB Einzelvereinbarung, BV oder KollV). Und damit kommen wir zum Begriff „Wegfall“.

Im Anlassfall wurde den übernommenen AN eine Pensionszusage nach der für die AN der Tyrolean geltenden BV (beitragsorientierte Pensionskassenzusage) in Aussicht gestellt. Es stellt sich daher die Frage,

  • ob unter „Wegfall“ der betrieblichen Pensionszusage nur der ersatzlose Wegfall zu verstehen ist oder

  • ob darunter alle Fälle zu subsumieren sind, in denen die „alte“ Pensionszusage wegfällt und das unabhängig davon, ob der neue Betriebsinhaber eine betriebliche Altersvorsorge hat und

  • ob es dabei eine Rolle spielt, dass die neue Pensionszusage (un)günstiger ist.

Was unter Wegfall zu verstehen ist, ist weder im Gesetz selbst noch in den Materialien genauer definiert. Der Gesetzeswortlaut („Wegfall“) spricht auf den ersten Blick für eine enge Auslegung, wonach nur der ersatzlose „Verlust“ der betrieblichen Pensionszusage einen Abfindungsanspruch auslöst. Er lässt aber auch eine weite Interpretation zu, wonach darunter auch jene Fälle zu subsumieren sind, in denen die alte Pensionszusage durch eine neue ersetzt wird, da ja die alte Pensionszusage dann trotzdem wegfällt.

Auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 5 AVRAG (RV 1077 BlgNR 18. GP Erläut zu § 5) tragen nicht wesentlich zur Klärung der Frage bei; sie erwähnen insb folgende Fälle, in denen ein Abfindungsanspruch wegen Wegfalls der betrieblichen Pensionszusage besteht:

  • Ablehnung einer auf Einzelvereinbarung beruhenden Pensionszusage seitens des Erwerbers im Rahmen einer Einzelrechtsnachfolge (§ 5 Abs 1 Satz 2 AVRAG),

  • Kollektivvertragswechsel oder -wegfall (§ 8 Z 1 ArbVG iVm § 4 AVRAG),

  • Wegfall der BV (§ 32 Abs 7 ArbVG).

Ausschlaggebend ist aber der Zweck der Regelung: § 5 AVRAG dient der Umsetzung der Betriebsübergangs-RL, die die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, notwendige Maßnahmen zum Schutz der AN-Interessen in Bezug auf die nicht übergegangenen Anwartschaftsrechte zu treffen. Mit § 5 AVRAG sollen den AN daher die durch den Betriebsübergang bedingten „Verluste“ in Bezug auf bereits erworbene alte Anwartschaften (= bereits verdientes Entgelt) ausgeglichen werden. Es ist daher im Zweifel (auch aus verfassungsrechtlichen Überlegungen) jener Auslegung der Vorzug zu geben, die keinen unangemessenen Eingriff in bereits erworbene Anwartschaften vorsieht, was für eine entsprechend weite Interpretation spricht. Der OGH hat daher zu Recht auch all jene Fälle darunter subsumiert, in denen die alte Pensionszusage nicht ersatzlos wegfällt, sondern durch eine neue ersetzt wird.

3.
Abfindungsanspruch

Hat nun der Betriebsübergang den Wegfall der betrieblichen Pensionszusage zur Folge und hat der AN dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses (anlässlich der Ablehnung der Übernahme einer auf Einzelvereinbarung beruhenden betrieblichen Pensionszusage durch den Erwerber) nicht widersprochen (siehe § 3 Abs 4 AVRAG), wird das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Betriebsinhaber fortgesetzt. Mit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs endet aber gem § 5 Abs 2 Satz 1 AVRAG der Erwerb neuer Pensionsanwartschaften nach dem alten System. Gleichzeitig hat der AN gem § 5 Abs 2 Satz 2 AVRAG gegen den Veräußerer322einen „besonderen“ Abfindungsanspruch der bisher erworbenen Pensionsanwartschaften. Dieser besteht unabhängig davon, ob die Pensionszusage auf einer Einzelvereinbarung, einer BV oder einem KollV beruht (idS auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 5 AVRAG: RV 1077 BlgNR 18. GP).

Dabei kann es zu keiner Verdoppelung der Ansprüche kommen (Abfindung durch den Veräußerer plus neuer Anspruch gegen den Erwerber), da die Abfindung nur die alten Anwartschaften betrifft und der Erwerb neuer Anwartschaften aus dem alten System mit dem Betriebsübergang endet.

Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass § 5 AVRAG nur für jene AN gilt, die ihr Arbeitsverhältnis mit dem neuen Betriebsinhaber fortsetzen (und dabei uU gewisse Verschlechterungen ihrer arbeitsrechtlichen Situation in Kauf nehmen). Für jene, die ihr Arbeitsverhältnis beenden (zB AN-Kündigung gem § 3 Abs 5 AVRAG), sieht das BPG (§ 5 BPG) entsprechende, wenn auch im Detail etwas anders konzipierte Schutzbestimmungen (Verfügungsmöglichkeiten über den Unverfallbarkeitsbetrag mit einer nur sehr eingeschränkten Abfindungsmöglichkeit) vor (OGH8 ObA 40/15p mwN DRdA 2016/19, 198 ff [Reiner]; OGH 27.8.2015, 9 ObA 69/15k).

Zu erwähnen ist auch noch, dass gem § 5 Abs 1 letzter Satz BPG Anwartschaften aus einer Pensionskassenzusage sofort (und nicht erst nach einer zulässigerweise vereinbarten – maximal drei- bzw fünfjährigen – Wartefrist) unverfallbar werden, wenn der Erwerber im Zuge des Betriebsübergangs die Fortzahlung der Beiträge verweigert (siehe auch Binder/Mair in Binder/Burger/Mair, AVRAG3 § 5 Rz 2, 23).

Was der AN dann mit dem ihm zustehenden Abfindungsbetrag macht, obliegt gem § 5 Abs 3 AVRAG ausdrücklich seinem Wahlrecht (dh kein Wahlrecht des alten oder neuen AG); er kann darüber wie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfügen (siehe § 5 Abs 2 BPG: zB Auszahlung, Übertragung der Alt-Anwartschaften ins Pensionskassensystem des neuen AG).

4.
Berechnung des Abfindungsanspruchs

Der Abfindungsanspruch bei leistungsorientierten Pensions(kassen)zusagen ist gem § 5 Abs 2 Satz 3 AVRAG nach dem Teilwertverfahren und den bei der Bildung der Rückstellung anzuwendenden versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen (siehe Laub/Würfel in Drs, Handbuch Betriebspensionsrecht [2013] Rz 4.22). Darüber hinaus ist für die Berechnung einerseits das Alter zum Zeitpunkt der Erteilung der Zusage und andererseits das Anfallsalter heranzuziehen (Satz 4) und es gilt ein Rechnungszinssatz von 7 % (Satz 5; eine Ausnahme gilt bei Pensionszusagen mit rechtverbindlicher Valorisierung: 3 % – Satz 6).

Diese Regelung stimmt (abgesehen von der zuletzt erwähnten Ausnahme) mit § 7 Abs 2a BPG (Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrags bei direkten Leistungszusagen für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses) überein und weicht damit nicht unwesentlich von den sonst für Pensionskassenzusagen geltenden Berechnungsgrundsätzen (siehe § 5 Abs 1a BPG) ab, wonach der Unverfallbarkeitsbetrag grundsätzlich den aufgrund des Risikos des Alters und des Todes geschäftsplanmäßig zu bildendenden Deckungsrückstellungen entspricht. Offensichtlich wollte der Gesetzgeber für den Fall eines Betriebsübergangs die bestehende Regelung des § 7 Abs 2a BPG für alle Arten leistungsorientierter Pensionszusagen übernehmen. Dies ist vor allem deswegen von Bedeutung, da in § 7 Abs 2a BPG zusätzlich noch darauf hingewiesen wird, dass bei der Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrags nur Veränderungen des Entgelts bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen und außerdem nur die Anwartschaften auf die (vorzeitige) Alterspension und die Hinterbliebenenpension zu berücksichtigen sind, auch wenn in der Leistungszusage eine Berufsunfähigkeitspension enthalten ist (entsprechende Beschränkungen sind auch in § 5 Abs 1a BPG für Pensionskassenzusagen vorgesehen). Dies legt den Schluss nahe, dass der Abfindungsanspruch gegenüber dem Veräußerer (§ 5 Abs 2 AVRAG) genauso zu berechnen ist, wie der vom AG zu leistende Unverfallbarkeitsbetrag gem § 7 Abs 2a BPG (dies entspricht auch den Erläuternden Bemerkungen zur RV 1077 BlgNR 18. GP 13 f).

Ergänzend zu erwähnen ist, dass nach dem AVRAG (anders als nach dem BPG, das nur für Anwartschaften seit Inkrafttreten des BPG gilt) auch Zeiten vor Inkrafttreten des BPG zu berücksichtigen sind (was für den Anlassfall keine Rolle spielt, da der Kl erst nach Inkrafttreten des BPG [1.7.1990] bei der Bekl zu arbeiten begonnen hat). Außerdem besteht der Auszahlungsanspruch gem § 5 Abs 2 AVRAG unabhängig von der Höhe des errechneten Betrages; dh die sonst im Betriebspensionsrecht geltende Abfindungsgrenze ist ausnahmsweise nicht anwendbar.

Bei Pensionskassenzusagen ist abschließend noch zu bedenken, dass dem AN aufgrund der eingezahlten Beiträge auch ein Anspruch gegen die Pensionskasse zusteht. Damit es zu keiner ungerechtfertigten Verdoppelung der Ansprüche kommt (volle Abfindung durch den Veräußerer plus Anspruch gegen die Pensionskasse), hat der Gesetzgeber in § 5 Abs 2 letzter Satz AVRAG vorgesehen, dass bei einer leistungsorientierten Pensionskassenzusage vom so errechneten Betrag nach dem Teilwertverfahren der nach dem BPG errechnete Unverfallbarkeitsbetrag abzuziehen ist.323