Huber/Neumayr/ReisingerFestschrift Karl-Heinz Danzl – Zum 65. Geburtstag

Manz Verlag, Wien 2017, XIV, 756 Seiten, € 154,–

KONRADGRILLBERGER (SALZBURG)

Der Name Karl-Heinz Danzl ist wahrscheinlich den allermeisten Juristen in Österreich ein Begriff. Selbst, wer sich nicht hauptberuflich mit Schadenersatzrecht beschäftigt, verbindet mit diesem Namen das Standardwerk „Das Schmerzengeld in medizinischer und juristischer Sicht“. Den zivilrechtlichen Teil dieses Werkes verfasst seit langem der Geehrte. Daneben wirkt er als Schriftleiter der Zeitschrift für Verkehrsrecht (ZVR), kommentiert das EKHG und wichtige Vorschriften des Schadenersatzrechtes in einem Kurzkommentar zum ABGB. Hinzu kommen zahlreiche weitere Arbeiten, die Hofrat Danzl neben seiner richterlichen Tätigkeit, zuletzt als Präsident des 2. Senates des OGH, verfasst hat. Zu seinem 65. Geburtstag ist den Herausgebern dieser Festschrift eine gewiss angemessene Würdigung seiner beeindruckenden Leistungen gelungen.

Die Beiträge behandeln ganz überwiegend Themen aus den Arbeitsgebieten des Geehrten, also aus dem weiten Feld des Schadenersatzrechtes und aus den damit zusammenhängenden Gebieten des Verkehrsrechts und Versicherungsrechtes. 45 Abhandlungen dieser Festschrift können in einer Buchbesprechung natürlich nicht alle behandelt oder auch nur aufgezählt werden. Eine Auswahl muss zur Illustration genügen.

Mit dem „Ersatz rechtswidriger Vermögensvorteile“ beschäftigt sich der ehemalige Richter am OLG Celle Ahrens. Er bringt einschlägige Judikatur aus der BRD. Dazu zählt auch der Fall, dass der Verdienstentgang eines verletzten Geschädigten auch dann zu ersetzen ist, wenn der Verdienst aus einer Schwarzarbeit, dh einer der SV rechtswidrig nicht gemeldeten Beschäftigung, stammt. Der Bundesgerichtshof (BGH) bejahte mit einer E aus 1994 die Ersatzpflicht. Ahrens deutet an, dass man über dieses Ergebnis im Hinblick auf die inzwischen verschärfte Behandlung von Schwarzarbeit nochmals nachdenken müsse. Das gilt mE auch für den ebenfalls von BGH entschiedenen Fall, in dem es sich um den Verdienstentgang handelte, der durch Überschreitung der gesetzlichen Höchstgrenzen der Arbeitszeit ging. Das Gericht hatte hier den Ersatz abgelehnt.

Ein ganz anders gelagertes Problem grundsätzlicher Art behandelt Apathy (Universität Linz) unter dem Titel „Zur Aktivlegitimation bei Beschädigung von Miet- und Leasingobjekten“. Es geht um die im Zivilrecht intensiv diskutierte Frage, ob bloß obligatorisch berechtigte Sachinhaber bei Sachbeschädigung selbst Schadenersatz verlangen können oder dies dem dinglich Berechtigten vorbehalten ist, also zB dem Leasinggeber oder dem Vermieter (Eigentümer). Apathy ist ein Anhänger jenes zivilrechtlichen Lagers, das auch Inhabern (zB Leasingnehmern) beweglicher Sachen Schadenersatzansprüche zubilligen will. Der arbeitsrechtlich interessierte Leser fragt sich dann, ob das auch gelten soll, wenn einem AN ein Kraftfahrzeug des AG auch zur privaten Nutzung überlassen wurde. Von der österreichischen Judikatur sind diese Fragen noch nicht entschieden.

Eine sehr ausführliche Behandlung der Ersatzfähigkeit von Schock- und Trauerschäden bietet der Beitrag von Karner (Universität Wien). Wer sich über den neuesten Stand der Dinge informieren will, dem wird mit dieser Abhandlung bestens geholfen. Sie bietet zugleich ein Lehrstück für Rechtsfortbildung durch Rsp. Zum gleichen Thema aber mit etwas anderem Schwerpunkt liest man mit Gewinn auch die Ausführungen von Hinteregger (Universität Graz). Sie stellt Schock- und Trauerschäden in den allgemeinen Zusammenhang des Ersatzes von immateriellen Schäden. Daraus ergebe sich, dass auch bei leichter Fahrlässigkeit ideelle Ersatzansprüche zustehen, wie zB im Arbeitsrecht bei sexueller Belästigung. Deshalb sei nicht einzusehen, warum Trauerschäden nach der Judikatur nur bei grobem Verschulden ersetzt werden müssen. Der Beitrag von Koziol trägt den Titel „Unsoziale schadenersatzrechtliche Regelungen“. Es geht darin aber meist nicht um die Interessen von wirtschaftlich schlecht positionierten Personen, auf die das Schadenersatzrecht keine Rücksicht nimmt oder nehmen kann, sondern um Normen, deren sachliche Rechtfertigung zweifelhaft erscheint und deshalb (rechtspolitisch) korrigiert werden sollten. Dazu zählen nach Koziol neben der Besorgungsgehilfenhaftung des § 1315 ABGB vor allem diverse gesetzliche Haftungsbegrenzungen, wie etwa die schadenersatzrechtliche Begünstigung der Massenmedien.

Ein speziell arbeitsrechtliches Thema, nämlich die Entgeltfortzahlungspflicht des AG bei einer Arbeitsunfähigkeit infolge von medizinisch nicht indizierten ärztlichen Eingriffen, wird von Bernat (Universität Graz) behandelt. Konkret geht es um Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüche, In-vitro-Fertilisation und Organspenden. Schönheitsoperationen und medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche sollen nach Ansicht des Autors in den Risikobereich der AN fallen. Eine Organspende zu Gunsten von nahen Angehörigen sei zwar ebenfalls keine Krankheit iSd einschlägigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Erfol-536ge sie aber zu Gunsten eines nahen Angehörigen, liege ein wichtiger, die Person des AN betreffender Grund vor, der einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bewirkt. Das gelte auch für künstliche Befruchtung, wenn sie wegen Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes oder des Lebensgefährten vorgenommen wird. Ob das nur in diesen Fällen gelten soll oder auch dann, wenn es sich um Lebensgefährtinnen mit Kinderwunsch handelt, erfährt der Leser leider nicht.

Der Mitherausgeber der Festschrift, Christian Huber (RWTH Aachen) hat eine sehr gründliche Untersuchung aus dem Grenzbereich von Schadenersatzrecht und Sozialrecht beigesteuert. Es geht dabei um die „Rechtsfolgen fehlender Legalzessionsnormen“. Soweit es sich um Verletzte handelt, für die eine Leistung eines Sozialversicherungsträgers zu erbringen ist, kommt es bekanntlich zur Legalzession der Schadenersatzansprüche gem § 332 Abs 1 ASVG. Huber behandelt an Hand einschlägiger Judikatur jene Fälle, in denen der Verletzte wegen der Schädigung Leistungen anderer (öffentlicher) Einrichtungen erhält, für die aber keine einschlägige Zessionsregel besteht. Der Verfasser bringt Licht ins Dunkel der teilweise recht verwickelten Probleme. Im Ergebnis tritt er für eine möglichst weitgehende Entlastung der Leistungserbringer ein, sodass zB die Notstandshilfe nicht neben einer Schadenersatzleistung bezogen werden kann.

Für den arbeitsrechtlich tätigen Juristen ist auch der Beitrag Rolfs und Marcelli (Universität Köln) von Interesse. Eine „Gestörte Gesamtschuld“ liegt nämlich insb dann vor, wenn mehrere Schädiger einen Schaden verursachen und ein Schädiger ein gesetzliches Haftungsprivileg genießt. Das ist bei Arbeitsunfällen der DG bzw ein Aufseher im Betrieb. Sind ein Haftungsprivilegierter und ein Zweitschädiger gemeinsam für den Schaden verantwortlich, muss nach österreichischer Judikatur der Zweitschädiger den Schaden zur Gänze ersetzen, ohne dass er einen Regressanspruch gegen den Haftungsprivilegierten hat. Bei vergleichbarer Rechtslage kommt es in der BRD freilich zu einem anderen Ergebnis. Es gibt gute Gründe, die österreichische Linie zu korrigieren.

Für eine Korrektur der Judikatur plädieren auch Harrer und Neumayr (Universität Salzburg). Sie wollen die „Haftung des Geschäftsführers im Lauterkeitsrecht“ und zwar die Haftung im Außenverhältnis abschaffen. Ob sie mit ihren Argumenten den OGH zu einer Abkehr von einer schon seit langem judizierten Linie bewegen können, bleibt abzuwarten.

Aus der Fülle der weiteren Beiträge ist wohl für jeden Juristen die ausführliche Übersicht über die „Zustellung im österreichischen Zivilverfahren“ von Hubertus Schumacher und Eva Klingler (Universität Innsbruck) eine nützliche Informationsquelle. Spezialisten auf dem Gebiet der KFZ-Haftpflichtversicherung werden wohl mit Interesse die Abhandlung von Looschelders (Universität Düsseldorf) studieren, die die „Abwicklung internationaler Verkehrsunfälle vor deutschen und österreichischen Gerichten“ zum Gegenstand hat.

Die hier kurz dargestellten Beiträge sind wohl ein ausreichender Beleg dafür, dass diese Festschrift für jeden Juristen, der sich mit Schadenersatzrecht beschäftigt, eine Fundgrube darstellt, an der man nicht vorbeigehen sollte.