LöschniggArbeitsrecht

13. Auflage, Verlag des ÖGB, Wien 2017, e-book + Online-Datenbank, 1.140 Seiten, gebunden, € 119,–

WOLFGANGKOZAK (WIEN)

Der neue Löschnigg ist erschienen und ist umfangreicher denn je. Auf 1.082 Seiten werden Arbeitsrecht selbst und daran anschließende Rechtsgebiete – teils sehr kompakt – erläutert. Sogar das LSD-BG findet sich wieder, überaschenderweise lokalisiert im Kapitel „Arbeitsrecht und Auslandsbeziehung“. Nach einem kurzen Innehalten muss der Rezensent aber anerkennen, dass diese Überlegung durchaus treffend und charmant ist. Da zwar nunmehr generell der Anspruch auf das kollektivvertragliche Entgelt im LSD-BG festgelegt ist, aber die Mehrzahl der Regelungen Auslandsbeziehungen betreffen, insb dann, wenn man die Normen über die internationale Behördenzusammenarbeit mitbeachtet, ist die Überlegung schlüssig. Auf knapp sieben Randzahlen verteilt, findet sich das Wichtigste über diese Teilkodifikation. Selbst die Haftung findet in diesem Kürzestüberblick noch Erwähnung. Für den zugestandenen Raum ist die Informationsbreite daher erstaunlich hoch. Unter dem gewählten Fokus „Arbeitsrecht und Auslandsbeziehungen“ ist auch nachvollziehbar und verständlich, dass die für die österreichische Rechtsordnung im Schrifttum immer wieder angeführte Besonderheit des LSD-BG bzw der alten Normen des AVRAG, nämlich die verwaltungsrechtliche Strafbarkeit von Unterentlohnung, keine Erwähnung findet. Vom Aufbau des Gesetzes, also dem Dualismus von notwendiger zivilrechtlicher Durchsetzbarkeit von AN-Ansprüchen bei zu geringer Entlohnung auf der einen Seite gegenüber einem selbständigen Anspruch des Staates auf Bestrafung bei Verwirklichung des Delikts der Unterentlohnung iS von § 29 LSD-BG, andererseits wäre es mE aber doch argumentierbar, diesen Fakt aufzunehmen. Vielleicht besteht ja in einer weiteren Neuauflage die Möglichkeit der Aufnahme dieses nicht unwesentlichen, gerade von Wirtschaftsseite vielmals kritisierten Teils des Gesetzes – wie sich auch im aktuellen Regierungsprogramm zeigt, in welchem das Vorhaben enthalten ist –, die Strafbarkeit der Unterentlohnung (ausgenommen im Zusammenhang mit Bautätigkeit) wieder auf das Niveau des reinen Mindestlohns/Mindestgehalts abzusenken.

Aber nun zu etwas anderem: Der Aufbau des Buches beinhaltet in den Kapiteln „Begriff und Werden des Arbeitsrechts“, „Arbeitsrecht und Rechtsordnung“ eine allgemeine Einführung in jene Rechtsbereiche bzw Abgrenzungen, die aus arbeitsrechtlicher Sicht unbedingt mit zu beachten sind. Gerade in Zeiten, in welchen „Veränderung“ alles ist und Kontinuität mittlerweile mit der Formulierung „Stillstand“ verunglimpft wird, ist es von nicht zu unterschätzendem Wert, Grundpositionen und Abgrenzungen – hier unter dem Fokus des Arbeitsrechts – zu erörtern. Auch dies geschieht in denkbar knappster Form, die Erläuterungen sind aber dafür in bewundernswerter Deutlichkeit enthalten. Löschnigg formuliert hier, dass gerade die Einrichtung der nicht-territorialen Selbstverwaltung, namentlich der Kammern als Teil der erkennbaren Sozialstaatsmaxime, zu sehen ist. In diesem Zusammenhang wird auch auf die indirekte Anerkennung in der Verfassung und die darin enthaltene Förderungspflicht des Staates zugunsten der Sozialpartner erwähnt (Art 120 ff B-VG). Wie wichtig aber gerade die Ausgeglichenheit der einzelnen Sozialpartner untereinander für ein konsensuales Miteinander ist, zeigt sich aktuell, da die Regierung der Einrichtung der Sozialpartnerschaft an sich – vorsichtig gesprochen – kritisch gegenübersteht und bemüht ist, dieses historisch gewachsene Gleichgewicht auch unter Vermeidung der bisher eingehaltenen Konsultationsprozesse zugunsten der AG-Seite der Sozialpartnerschaft zu verändern. Insofern fällt die weitere Erläuterung der Sozialpartnerschaft durch den Autor durchaus ausführlicher aus, quasi als Fortsetzung im Kapitel Verbände im Arbeitsleben, wobei der Fokus aber auf der Darstellung freiwilliger und staatlich eingerichteter nicht-territorialer Selbstverwaltung liegt. Was durchaus im gesellschaftlichen Diskurs auffällig ist, setzt sich auch in einem kleinen Detail hier im Buch fort: Die Sozialpartnerschaft hat als Institution so ein Eigenleben entwickelt, dass die einzelnen Partner, die diese bilden, im Bewusstsein der Menschen in diesem Zusammenhang nicht gesehen werden. Auch hier findet sich nicht erörtert, welche Verbände die Sozialpartnerschaft bilden. Dies ist zwar nur ein kleines Detail, aber mE wichtig, da irrtümlicherweise Lobbyistenverbände, wie zB die Vereinigung österreichischer Industrieller zur Sozialpartnerschaft, gezählt werden, die aber nicht Teil dieser – informellen – Institution sind. Dies wäre dann doch ein Wunsch des Rezensenten, in diesem Detail etwas ausführlicher zu sein.

Die angesprochenen Wünsche trüben aber nicht den hervorragenden Gesamteindruck des Werkes, das mit 1.700 Gramm allein auch äußerlich ein Schwergewicht der Arbeitsrechtsliteratur darstellt. Hier ist dem Verlag zu danken, dass er zusätzlich zum Printprodukt auch ein E-Book zu Verfügung stellt, dass auch auf mobilen Geräten gut nutzbar ist. Der Download des E-Books funktioniert prompt und ist wirklich (wie gewohnt) überaus nutzerfreundlich. Die Chancen, dass das Printprodukt dauerhaft das Regal ziert, sind gege-541ben. Zusätzlich steht eine Online-Datenbank zur Verfügung. Diese wird aber nicht gleich freigeschaltet, sondern erst bis zu zwei Werktagen später (Verständigung mittels separatem E-Mail). Ist dieses eingelangt, dann gibt es zum Buch auch eine Online-Datenbank, die zwischen den Auflagen des Print-Produkts und E-Books aktualisiert wird und durch Notizen personalisiert werden kann. Ebenfalls steht eine Benachrichtigung über Neuheiten und eine ausgefeilte Suche zur Verfügung.

Insgesamt hält man so nicht nur das gewohnte arbeitsrechtliche Qualitätsprodukt in der Hand, es gibt auch mittlerweile umfangreiche digitale Funktionen, die eine neue Herangehensweise ermöglichen. Nicht zuletzt besteht der Vorteil, das Buch im Rahmen der mobilen Geräte mitnehmen zu können, ohne dass man das Gewicht des Buches herumtragen muss. Löschnigg to go in bester Qualität.