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Bestellung und Abstellung eines überlassenen Geschäftsführers

HARUNPAČIĆ (WIEN)
  1. Bleiben bei der Überlassung des AN an einen Dritten die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem verleihenden AG und dem AN aufrecht und darf der Dritte nur ihm delegierte fremde Rechte ausüben, so bleibt der Verleiher idR auch der sozialversicherungsrechtliche DG des AN.

  2. Die hier vorliegenden Rechtsbeziehungen zwischen „Verleihunternehmen“ (Gemeinde), Entleihgesellschaft und dem „entliehenen“ Geschäftsführer unterscheiden sich von sonstigen Leiharbeitsverhältnissen dadurch, dass die Beschäftigergesellschaft auf Grund eigener Rechtsbeziehungen zu diesem aus dem Bestellungsakt zum Geschäftsführer ein Recht auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführers der GmbH erworben hatte.

  3. Ein Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs 2 ASVG zum Entleiher als DG iSd § 35 Abs 1 ASVG ist anzunehmen, wenn dem Entleiher – wie hier – auf Grund eigener Rechtsbeziehungen mit dem DN ein unmittelbarer (und nicht bloß vom Verleiher abgeleiteter) Rechtsanspruch auf die Arbeitsleistung zusteht.

1. Unstrittig ist, dass der Erstmitbeteiligte seit dem Jahr 1977 als weisungsgebundener DN in einem (abhängigen) Beschäftigungsverhältnis zur Stadt B (im Folgenden nur: Stadt) steht; er verfügt dabei seit dem Jahr 1994 über einen Sondervertrag mit der Stadt.

Die Stadt ist Alleingesellschafterin der – mit Erklärung vom 10.7.1998 errichteten und seit dem 30.9.1998 im Firmenbuch eingetragenen – Zweitmitbeteiligten (im Folgenden nur: GmbH).

Der Erstmitbeteiligte ist der einzige Geschäftsführer der GmbH und vertritt diese seit der Eintragung im Firmenbuch am 30.9.1998 selbständig. Hintergrund seiner Bestellung zum Geschäftsführer war, dass er bereits zuvor im Rahmen seines Dienstverhältnisses mit der Stadt (ua) mit der Führung der städtischen Bäderanlage betraut war und deren Betrieb im Jahr 1998 von der GmbH übernommen wurde. Zur Fortführung der diesbezüglichen Tätigkeit wurde der Erstmitbeteiligte mit seinem Einverständnis seitens der Stadt mit „Personalüberlassungsvertrag“ (vom 21.9.1998) und „Dienstverfügung“ der GmbH zur Dienstleistung zugeteilt. Das Ausmaß der Zuteilung betrug zunächst 25 % und ab dem 1.1.2007 70 % einer Vollzeitbeschäftigung. Mit seiner sonstigen Arbeitskapazität war bzw ist der Erstmitbeteiligte weiterhin für die Stadt tätig.

Der Erstmitbeteiligte bezieht – auch für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH – ein monatliches Entgelt von der Stadt, die auch alle Abgaben und Beiträge entrichtet. Die GmbH ersetzt entsprechend ihrer Verpflichtung aus dem Personalüberlassungsvertrag der Stadt laufend die dieser durch die Personalüberlassung entstehenden Kosten.

2.1. Mit Bescheid vom 20.6.2011 stellte die Revisionswerberin fest, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH vom 1.1.2007 bis laufend gem § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG der Pflichtversicherung in der Vollversicherung (KV, UV und PV) sowie gem § 1 Abs 1 lit a AlVG der AlV unterliege. Die Revisionswerberin führte dazu im Wesentlichen aus, ein Beschäftigungsverhältnis iSd § 35 Abs 1 ASVG werde durch den Einstellungsakt begründet. Vorliegend sei der Einstellungsakt in der Bestellung des Erstmitbeteiligten zum Geschäftsführer samt Eintragung in das Firmenbuch zu erblicken. [...]

2.2. Gegen diesen Bescheid erhob die GmbH Einspruch mit dem wesentlichen Vorbringen, durch die Zuteilung zur GmbH sei das Dienstverhältnis des Erstmitbeteiligten mit der Stadt nicht verändert worden. [...]

3.1. Mit Bescheid vom 7.2.2012 gab der Landeshauptmann dem Einspruch keine Folge. [...]

3.2. Gegen den Bescheid des Landeshauptmanns erhob die GmbH Berufung und brachte vor, sie sei kein Dienstverhältnis mit dem Erstmitbeteiligten eingegangen, vielmehr habe dessen Dienstverhältnis mit der Stadt unverändert fortbestanden. [...]

4.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der GmbH Folge [...].

4.2. Die belangte Behörde stellte in Ergänzung des unstrittigen Sachverhalts fest, dass der Erstmitbeteiligte seit dem 1.9.2011 bis laufend der GmbH im Ausmaß von 50 % einer Vollzeitbeschäftigung dienstzugeteilt sei. Er erhalte hierfür von der Stadt – neben seinem sonstigen Bezug als Gemeindebediensteter – eine monatliche „Aufwandsentschädigung“ von € 1.498,– (14-mal jährlich).

Die Stadt als Alleingesellschafterin der GmbH werde durch den Bürgermeister vertreten, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der GmbH sei. Wesentliche unternehmerische Entscheidungen, wie etwa Tarifgestaltung, Personalplanung und Personaleinsatz sowie Festlegung der Öffnungszeiten, würden vom Aufsichtsrat beraten und beschlossen. Dies ergebe sich auch aus der im Gesellschaftsvertrag normierten weitreichenden Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats.

Eine Trennung der Tätigkeit des Erstmitbeteiligten als Amtsleiter der Gemeinde und als Geschäftsführer der GmbH sei in zeitlicher und räumlicher Hinsicht gegeben.

4.3. Rechtlich folgerte die belangte Behörde, die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers sei von der schuldrechtlichen Position zu unterscheiden. [...] Die organschaftliche Stellung als Geschäftsführer an sich begründe trotz der Verpflichtung zur Beachtung der Beschlüsse und des organschaftlichen Weisungsrechts der Generalversammlung noch keine persönliche Abhängigkeit. [...]

5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die – wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene – „Übergangsrevision“ (§ 4 Abs 1 VwGbk-ÜG) mit dem Antrag, die angefochtene E iSd Feststellung der Pflichtversicherung in der Vollversicherung nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG und der AlV nach § 1 Abs 1 lit a AlVG abzuändern. [...]486

6. Der VwGH hat erwogen:

6.1. [...]

6.2. Die Revisionswerberin macht im Wesentlichen geltend, das Bestehen eines Dienstverhältnisses des Erstmitbeteiligten in persönlicher Abhängigkeit sei unbestritten geblieben. [...] Vorliegend sei daher lediglich strittig, wer als DG zu erachten sei. Dazu habe der VwGH bereits im Erk 93/08/0182 und (zu einem ähnlichen Sachverhalt) im Erk 2006/08/0113 grundlegende Aussagen getroffen. Demnach sei ein Dienstverhältnis eines verliehenen GmbH-Geschäftsführers zur Beschäftigergesellschaft anzunehmen, wenn der Gesellschaft auf Grund eigener Rechtsbeziehungen aus dem Bestellungsakt ein unmittelbarer nicht bloß (wie bei sonstigen Leiharbeitsverhältnissen) vom Verleiher abgeleiteter Rechtsanspruch auf die Arbeitsleistung gegen den Geschäftsführer zustehe. [...]

6.3. Diesen Rechtsmittelausführungen kommt – wie in der Folge zu zeigen sein wird – Berechtigung zu.

7.1. Gem § 35 Abs 1 ASVG gilt als DG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der DN in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der DG den DN durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist.

7.2. Vorliegend ist nicht strittig, dass der Betrieb „für Rechnung“ der GmbH geführt wird, zumal diese nach rechtlichen Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird, sie also das Risiko des Betriebs trifft (vgl etwa das hg Erk vom 19.10.2011, 2008/08/0030, mwN).

Der Erstmitbeteiligte erhält für die Tätigkeit im Betrieb der GmbH auch ein regelmäßiges Entgelt. Dass er das Entgelt nicht direkt von der GmbH selbst ausbezahlt bekommt, sondern von dritter Seite (der Stadt) bezieht (wobei diese die Kosten laufend von der GmbH rückerstattet erhält), ist für die Beurteilung der DG-Eigenschaft iSd § 35 Abs 1 ASVG nicht von Relevanz (vgl das hg Erk vom 19.12.2012, 2009/08/0254).

8.1. Ein „Beschäftigungsverhältnis“ iSd § 35 Abs 1 ASVG wird durch den „Einstellungsakt“ (Aufnahme der Beschäftigung) begründet und bleibt so lange aufrecht, als ein übereinstimmender Wille vorliegt, dass (abhängige) Dienste entgeltlich geleistet und entgegengenommen werden (vgl etwa die hg Erk vom 4.12.1957, VwSlg 4495/A, und vom 19.1.1989, VwSlg 12.848/A).

8.2. Der VwGH geht bei „Leiharbeitsverhältnissen“ – das Vorliegen eines solchen wird von der GmbH behauptet – trotz der vereinbarungsgemäßen Leistungserbringung im Betrieb eines Dritten von der (weiteren) DG-Eigenschaft des Verleihers aus, weil der DN nur diesem gegenüber zur Erbringung von Dienstleistungen vertraglich verpflichtet sei, der DN der Zurverfügungstellung an den Dritten zugestimmt habe und die Gebundenheit gegenüber dem Dritten nur die Konkretisierung der gegenüber dem Verleiher unverändert weiter bestehenden persönlichen Abhängigkeit darstelle (vgl das hg Erk vom 23.5.1985, VwSlg 11.778/A).

Bleiben bei der vorübergehenden Überlassung des AN an einen Dritten die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem verleihenden AG und dem AN aufrecht und darf der Dritte nur ihm delegierte fremde Rechte ausüben, so bleibt der Verleiher idR auch der sozialversicherungsrechtliche DG des AN (vgl das hg Erk vom 4.10.2001, 96/08/0351). Der AN kommt durch die Tätigkeit beim Beschäftiger rechtlich nur seiner Arbeitspflicht gegenüber dem Verleiher nach, wobei die Weisungen des Entleihers als solche des Verleihers (als AG) zu beurteilen sind, diesen auch sämtliche AG-Pflichten weiterhin treffen und eine unmittelbare vertragliche Rechtsbeziehung zwischen AN und Beschäftiger fehlt (vgl neuerlich das hg Erk 96/08/0351 sowie auch OGH RIS-Justiz RS0050620).

8.3. Die soeben dargestellte Rsp kommt freilich dann nicht zur Anwendung, wenn es um die Überlassung eines AN geht, der bei der Beschäftigergesellschaft (auch) die Funktion eines Geschäftsführers ausüben soll. Wie der VwGH in stRsp vertritt (vgl die bereits genannten Erkenntnisse 93/08/0182 und 2006/08/0113, auf deren Begründung gem § 43 Abs 2 VwGG im Einzelnen verwiesen wird), unterscheiden sich die hier zu beurteilenden Rechtsbeziehungen zwischen dem Verleiher (der Stadt), der Beschäftigergesellschaft (der GmbH) und dem entliehenen Geschäftsführer (dem Erstmitbeteiligten) von sonstigen Leiharbeitsverhältnissen vor allem dadurch, dass die Beschäftigergesellschaft ein direktes Recht auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführers auf Grund eigener Rechtsbeziehungen zu diesem aus dem Bestellungsakt zum Geschäftsführer erworben hat. Der Geschäftsführer ist bereits auf Grund dieses unmittelbaren Rechtsverhältnisses zur Dienstleistung verpflichtet, und nicht erst auf Grund seiner Rechtsbeziehung zum Verleiher. Der vom organschaftlichen Bestellungsakt zum Geschäftsführer zu unterscheidende schuldrechtliche Anstellungsvertrag, der auch konkludent geschlossen werden kann, begründet keine vom Bestellungsvorgang verschiedene Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers, sondern regelt nur die näheren Umstände, unter denen die Leistung des Geschäftsführers zu erbringen ist (siehe auch das hg Erk vom 20.5.1980, VwSlg 10.140/A). Daher ist es rechtlich gar nicht denkbar, die die Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers in Bezug auf den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten bei der Erbringung der Geschäftsführungstätigkeit betreffenden Umstände als selbständigen Gegenstand des mit einem Dritten fortbestehenden Arbeitsvertrags anzusehen. Ein Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs 2 ASVG zum Entleiher als DG iSd § 35 Abs 1 ASVG ist somit anzunehmen, wenn dem Entleiher auf Grund eigener Rechtsbeziehungen mit dem persönlich abhängigen DN ein unmittelbarer (und nicht bloß vom Verleiher abgeleiteter) Rechtsanspruch auf die Arbeitsleistung zusteht.

8.4. Vorliegend ist daher nach der aufgezeigten Rsp in der gegebenen Fallkonstellation von der sozialversicherungsrechtlichen DG-Eigenschaft der GmbH als Beschäftigerunternehmen des von der487Stadt überlassenen und zum Geschäftsführer der GmbH bestellten Erstmitbeteiligten auszugehen. Was die – von der belangten Behörde unzutreffend negierte – persönliche Abhängigkeit des Erstmitbeteiligten betrifft, so wurde im Verwaltungsverfahren gar nicht bestritten (strittig war lediglich, wem die DG-Eigenschaft zukomme), dass der Erstmitbeteiligte nicht nur seine fortlaufende Tätigkeit für die Stadt, sondern auch die – im jeweiligen Umfang seiner Dienstzuteilung an deren Stelle getretene – Tätigkeit für die GmbH in persönlicher Abhängigkeit erbringe. So wurde insb nicht behauptet, dass der Erstmitbeteiligte die Tätigkeit als Geschäftsführer frei von persönlichen Weisungen – im Rahmen eines freien Dienstvertrags, eines Werkvertrags oder Auftragsverhältnisses – ausübe. Auch die getroffenen Feststellungen legen nahe, dass der Erstmitbeteiligte bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer nicht nur iS einer „stillen Autorität“ (vgl dazu etwa das hg Erk vom 21.11.2007, 2005/08/0051) den Weisungs- und Kontrollrechten der Alleingesellschafterin und des Aufsichtsrats der GmbH unterliegt, sondern derartige Rechte auch tatsächlich ausgeübt werden. Folglich ist aber fallbezogen – ohne weitergehende Auseinandersetzung – davon auszugehen, dass der Erstmitbeteiligte im jeweiligen Umfang seiner Zuteilung mit dem betreffenden Teil seiner Arbeitskapazität in einem abhängigen Dienstverhältnis iSd § 4 Abs 2 ASVG zur GmbH steht, wohingegen in Ansehung der sonstigen nicht von der Zuteilung erfassten Arbeitskapazität ein Beschäftigungsverhältnis mit der Stadt fortbesteht.

9.1. Nach dem soeben Gesagten ist vom Vorliegen abhängiger Dienstverhältnisse sowohl mit der GmbH als auch mit der Stadt auszugehen, wobei jedoch die Beschäftigungen zeitlich und räumlich getrennt ausgeübt werden und jeweils andere Arbeitsleistungen zum Gegenstand haben. [...]

9.2. Entgegen der Auffassung der GmbH liegt der Bejahung ihrer DG-Eigenschaft auch nicht etwa die Annahme zugrunde, dass die organschaftliche Bestellung zum Geschäftsführer allein zum Entstehen eines Dienstverhältnisses führe. Richtig ist, dass die Geschäftsführerbestellung allein (noch) kein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit begründet hat. Allerdings hat – wie schon erörtert – die Gesellschaft bereits durch den Bestellungsakt einen Anspruch auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführers erworben, der durch den Anstellungsvertrag näher (hier als abhängiges Dienstverhältnis) ausgestaltet wird (vgl dazu Julcher in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm [179. Lfg] § 35 ASVG Rz 35). Wie der OGH hervorgehoben hat, werden die zur Organfunktion hinzutretenden schuldrechtlichen Beziehungen nur ausnahmsweise fehlen; nimmt der Geschäftsführer aufgrund der Bestellung seine Tätigkeit stillschweigend auf, so ist darin wohl auch die Annahme einer Offerte zum Abschluss eines Anstellungsvertrags zu sehen (vgl OGH vom 2.12.1997, 10 ObS 189/97k). Wird – wie hier – im Rahmen dieses konkludent zustande gekommenen Vertrags die vom Geschäftsführer aus dem Bestellungsverhältnis geschuldete Arbeitsleistung in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs 2 ASVG erbracht, so ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zum Beschäftigerunternehmen zu bejahen (vgl zum Ganzen neuerlich die hg Erkenntnisse 93/08/0182 und 2006/08/0113).

10. [...]

11. Insgesamt war daher der Revision stattzugeben. [...]

ANMERKUNG

Der VwGH hatte zu prüfen, ob eine von einer Stadt an eine GmbH überlassene Arbeitskraft, die auf Basis der Überlassung zum Geschäftsführer derselben bestellt worden war, in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu ihr stand. Er bejahte diese Frage zu Unrecht.

1.
Zur Bestellung

Die Bestellung zum (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH erfolgt nach § 15 Abs 1 GmbHG durch Beschluss der Gesellschafter. Ist der zu bestellende Geschäftsführer – wie in diesem Fall – kein Gesellschafter und nimmt er daher an der Beschlussfassung nicht teil, kann der Bestellungsbeschluss nicht als Rechtsgeschäft zwischen ihm und der Gesellschaft betrachtet werden (vgl Straube/Ratka/Stöger/Völkl in Straube, WK GmbHG § 15 Rz 21). Insofern das Rechtsgeschäft nicht im Beschluss, sondern in der Bestellung begründet ist, bedarf es zu ihrer Wirksamkeit der Annahme des darin ausgedrückten Angebots durch den dadurch nominierten Geschäftsführer (vgl OGH 15.3.1989, 9 ObA 55/89; OGH 14.10.1993, 8 Ob 621/93).

Der VwGH betonte vehement (6.2.; 6.3.; 8.3.; 8.4.; 9.1.), die den überlassenen Geschäftsführer beschäftigende GmbH habe aus dem Bestellungsakt kein von der ihn ihr überlassenden Stadt abgeleitetes, sondern ein direktes Recht auf dessen Arbeitsleistung erworben, ohne den Inhalt des der Bestellung inhärenten Rechtsgeschäfts näher geprüft zu haben.

2.
Zur Anstellung

Die Bestellung begründet zwar die Organstellung und damit ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, lässt aber Raum für die vertragliche Ausgestaltung der Anstellung (vgl zB Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht2 [2017] Rz 4/152), die ihr von vornherein zu Grunde liegen oder (erst) nachträglich zugrunde gelegt werden könnte. Zwar überlagert das aus der Organfunktion begründete Rechtsverhältnis das Anstellungsverhältnis (vgl 9.2.), steht ihm aber keineswegs entgegen (vgl Mazal, Organmitglieder als überlassene Arbeitskräfte, ecolex 2001, 763). Dieser Auffassung (in) der Lehre scheint der VwGH in diesem Fall mit der Bemerkung entgegengetreten zu sein, der Geschäftsführer sei der GmbH gegenüber „bereits“ auf Grund seiner Bestellung und488„nicht erst“ infolge der Überlassung zur Leistung verpflichtet worden (8.3.). Bedenkt man nämlich, dass die Überlassung der Bestellung vorangegangen ist (1.), kann es dem VwGH hierbei wohl nur darum gegangen sein, besonders zu betonen, dass es „nicht denkbar“ sei, die die persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers begründenden Umstände „als selbstständigen Gegenstand des mit einem Dritten fortbestehenden Arbeitsvertrages“ anzusehen (8.3.).

Undenkbar dürfte dies allerdings nur dann sein, wenn man die Meinung vertritt, die Bestellung begründe per se, sohin ohne Rücksicht auf die Anstellung, ein Arbeitsverhältnis zur GmbH. Eine solche Rechtsansicht hat der VwGH jedoch vor dem Hintergrund seiner eigenen Vorjudikatur (VwGH 17.1.1995, 93/08/0182; VwGH 1.4.2009, 2006/08/0113) ausdrücklich abgelehnt (9.2.). Gleichwohl ist in diesem Zusammenhang seine Notiz, der Anstellungsvertrag begründe „keine vom Bestellungsvorgang verschiedene Hauptleistungspflicht“, sondern regle lediglich „die näheren Umstände, unter denen die Leistung des Geschäftsführers zu erbringen“ sei, missverständlich, weil er daraus die rechtliche Unmöglichkeit des Fortbestandes persönlicher Abhängigkeit zum Überlasser „gefolgert“ hat (8.3.). Er führte aus, dass in diesem Fall sowohl der Überlasser als auch der Beschäftiger als DG zu betrachten seien, nicht aber hinsichtlich derselben Dienstleistung des Geschäftsführers (9.1.). Nun ist es zwar vorstellbar, dass mit einer Bestellung stillschweigend auch eine Anstellung hinsichtlich des betroffenen Teils der Dienstleistung zu ihrer Verrichtung in persönlicher Abhängigkeit begründet wird. Wenn es dazu aber zumindest einer „konkludenten“ Einigung zwischen den Beteiligten bedarf (vgl 9.2.), hat der VwGH nicht restlos geklärt, wieso es bei fehlender Einigung darüber, dass der Geschäftsführer fortan in persönlicher Abhängigkeit zur GmbH tätig sein soll, undenkbar sein soll, dass die GmbH zwar aufgrund der Bestellung einen direkten (unmittelbaren; nicht abgeleiteten) Anspruch auf die Leistung des Geschäftsführers, mangels eines direkten Anstellungsvertrages jedoch nur einen abgeleiteten (mittelbaren) Anspruch auf die Erbringung dieser Dienstleistung in persönlicher Abhängigkeit hat.

Das Rechtsverhältnis zwischen dem Geschäftsführer als Organ der GmbH und ihr als Gesellschaft kann ihn durchaus zur Dienstleistung verpflichten (vgl Schrammel, Bestellung und Abberufung von GmbH-Geschäftsführern aus arbeitsrechtlicher Sicht, ecolex 1990, 697). Erst aus den im Anstellungsvertrag geregelten Rahmenbedingungen für diese Dienstleistung ergibt sich aber, ob und wem gegenüber der Geschäftsführer seine Dienste auf Basis eines Arbeitsvertrages zu leisten hat (vgl Resch, Drittanstellung von Organpersonen und Arbeitsrecht, GesRZ 2005, 76).

3.
Zur Würdigung

Nachdem der VwGH ausgeführt hatte, dass die Gesellschaft durch den Bestellungsakt einen direkten Anspruch auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführers erworben habe, zitierte er den OGH (2.12.1997, 10 ObS 189/97k)dahingehend, dass ein Geschäftsführer, der seine Tätigkeit nach der Bestellung aufnehme, damit „wohl auch“ stillschweigend die Offerte zum Abschluss eines Anstellungsvertrages annehme (9.2.). Daran anknüpfend ging der VwGH im gegebenen Fall von einem konkludent zustande gekommenen Vertrag über Dienste in persönlicher Abhängigkeit aus.

Man kann seinen Willen zwar nicht nur ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen, sondern auch stillschweigend erklären; dies nach § 863 Abs 1 ABGB aber nur durch solche Handlungen, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig lassen. In Anbetracht des Umstandes, dass im vorliegenden Fall alle Beteiligten eine Drittanstellung und damit das Tätigwerden des Geschäftsführers bei der GmbH als von Seiten der Stadt überlassene Arbeitskraft angestrebt haben, stellt sich jedoch die Frage, ob und inwiefern sich der Geschäftsführer tatsächlich der GmbH gegenüber zur Dienstleistung verpflichtet hat.

Der VwGH nahm die persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers als gegeben an und führte aus, die GmbH sei iSd § 35 Abs 1 ASVG als DG anzusehen, weil der Betrieb „für Rechnung“ derselben geführt werde; es schade schließlich nicht, dass der DN das Entgelt nicht von ihr selbst ausbezahlt bekomme (7.1.; 7.2.). Hierbei schenkte er der Passage in der besagten Rechtsvorschrift, wonach DG (nur) sei, wer den DN „in Dienst genommen“ habe, in Ansehung seiner Argumente etwas zu wenig Beachtung. Es geht nicht nur um die Übereinkunft zur Dienstleistung (8.1.), sondern um solche als „DN“ und damit in persönlicher Abhängigkeit zum Beschäftiger, auf dessen Rechnung der Betrieb geführt wird (vgl Julcher in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 35 ASVG Rz 13, 35). Im gegenständlichen Fall hat der VwGH vertreten, dass sowohl der Überlasser als auch der Beschäftiger als DG anzusehen seien, jedoch hinsichtlich jeweils „anderer Arbeitsleistungen“ des DN (9.1.). Das wirft die Frage auf, wie der nachträgliche Konsens über die Teilung des ursprünglich einheitlichen Dienstverhältnisses zum Überlasser und damit zur Reduktion eines Teils des Dienstverhältnisses bei gleichzeitiger Begründung eines im entsprechenden Ausmaß neuen Dienstverhältnisses zum Beschäftiger zu begründen ist.

Hier wird eine Argumentationslücke des VwGH ersichtlich, weil er den Anspruch der GmbH auf Leistungen in persönlicher Abhängigkeit aus dem Umstand folgert, dass klar sei, dass der Dienstleistende „auch“ seine Tätigkeit zur GmbH in persönlicher Abhängigkeit erbracht habe (8.4.), ohne an dieser Stelle zu belegen, woraus abzuleiten wäre, dass er sich bezüglich dieser Dienste (nur) der GmbH und nicht (auch) der Stadt gegenüber zur Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet hätte. Im selben Absatz sagte der VwGH ua, dass der Geschäftsführer hinsichtlich seiner Tätigkeit bei der GmbH Weisungs- und Kontrollrechten „der Alleingesellschafterin“, also der Stadt, unterliege489und „derartige Rechte auch tatsächlich ausgeübt“ worden seien. Erst ganz am Schluss hat der VwGH die Frage der konkludenten (Neu-)Anstellung bei der GmbH angerissen (9.2.), wenngleich nur im Verhältnis zwischen Beschäftiger und Geschäftsführer; die vertragliche(n) Beziehung(en) zum Überlasser blendete er dabei aus.

Dem Sachverhalt zufolge hatte die GmbH bei der Bestellung der überlassenen Arbeitskraft zum Geschäftsführer jedenfalls nicht im Sinn, sie direkt (unmittelbar) in persönlicher Abhängigkeit in Dienst zu nehmen. Selbst wenn sie diese Ansicht gehegt haben sollte, hätte der VwGH näher auf die Perspektive des DN eingehen müssen: Hat sich der Geschäftsführer seinerseits tatsächlich zweifelsohne der GmbH gegenüber zur Dienstleistung in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet? Er war nach wie vor in einem beträchtlichen zeitlichen Ausmaß für die Stadt als DN tätig, welche alleinige Gesellschafterin der GmbH war und deren Bürgermeister den Vorsitz im Aufsichtsrat innehatte. Konnte er vor diesem Hintergrund den ihn betreffenden Bestellungsakt zugleich als konkludentes Angebot zur Anstellung bei der GmbH deuten und hat er dieses hinreichend klar angenommen? Es gibt sichtlich Gründe, daran zu zweifeln.