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Schutzbereich der Unfallversicherung bei Rehabilitationsmaßnahmen

RUDOLFMÜLLER (WIEN/SALZBURG)
  1. Wird in einer Einrichtung, die an sich (auch) der Rehabilitation oder der Gesundheitsvorsorge dient, eine Krankenbehandlung vorgenommen und verwirklicht sich dabei ein Risiko, dem grundsätzlich jeder Patient typischerweise bei einem stationären Aufenthalt zufolge möglichen Behandlungsfehlers ausgesetzt ist, besteht für dieses Risiko mangels Zusammenhangs mit der Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge kein Unfallversicherungsschutz.

  2. Steht hingegen der therapeutische Fehler, der den „Arbeitsunfall“ verursachte, in ursächlichem Zusammenhang mit einer Maßnahme zur Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge in einer Einrichtung iSd § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG, dann liegt ein Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 1 ASVG vor und der Träger der Einrichtung kann sich gem § 335 Abs 3 ASVG auf das DG-Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG berufen.

Der erstbekl Sozialversicherungsträger bewilligte dem Kl im Rahmen der Gesundheitsvorsorge gem § 307d ASVG einen Kuraufenthalt in dem von der Zweitbekl betriebenen Kurzentrum B. Der Kl hielt sich zu diesem Zweck von 26.9.2012 bis 17.10.2012 im Kurzentrum auf. Er war dabei gem § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversichert in der UV.

Der Kl leidet seit Jahren an Diabetes mellitus mit den bekannten Komplikationen einer peripheren Polyneuropathie und Angiopathie. Das bewirkt eine Empfindungsstörung in den Füßen, sodass der Kl beispielsweise Temperaturen nicht wahrnehmen kann. Aufgrund dieser Vorerkrankung mussten dem Kl bereits mehrere Zehen amputiert werden. Bei Durchführung eines wie vom Kl absolvierten Kuraufenthalts findet eine Anfangs-, eine Zwischen- und eine Abschlussuntersuchung durch einen Kurarzt statt. Dabei werden die therapeutischen Maßnahmen, die während des Kuraufenthalts erfolgen werden, verordnet. Dem Kl wurde bei einer solchen kurärztlichen Untersuchung ein Kohlensäurewannenbad verordnet. Ein solches Kohlensäurewannenbad wird in eigens dafür vorgesehenen Edelstahlwannen durchgeführt. Dabei handelt es sich um Doppelmantelwannen, wobei zwischen den beiden Schichten Heizrohre verlaufen und durch in den Heizrohren befindlichem Wasserdampf die Wanne erhitzt wird. Während des Einlaufens des Wassers wird mit dem Aufheizen begonnen, wenn dann das Wasser abgedreht ist, wird auch der Aufheizvorgang beendet. Während des Aufheizvorgangs kann der Wannenboden eine Temperatur von über 80 °C bei einer Badewassertemperatur von über 50 °C erreichen. Bei Erreichen einer Badewassertemperatur von 34 °C beträgt die Wannenbodentemperatur 62 °C, nach Beendigung des Aufheizvorgangs beträgt die Wannenbodentemperatur nach 5 Sekunden 50 °C, nach 10 Sekunden 41 °C und nach 15 Sekunden 38 °C.

Am 1.10.2012 begab sich der Kl zu den Therapieräumen, um sein verordnetes Kohlensäurewannenbad zu nehmen. Er zog sich aus und wurde dann von der Therapeutin in den Anwendungsraum hineingerufen. Die Therapeutin sagte zum Kl, er könne schon einsteigen. Gleichzeitig drehte sie die Wasserzufuhrhähne ab. Der Kl stieg in die Wanne. Er bemerkte an seinem Gesäß, dass der Wannenboden sehr warm war. Er stützte sich daraufhin mit den Armen ab und hob das Gesäß an, die Füße beließ er im Wasser. An seinen Füßen konnte er diese höhere Temperatur aufgrund seiner Empfindungsstörung nicht bemerken. Nicht feststellbar ist, welche Temperatur exakt der Wannenboden bei Einsteigen des Kl hatte. Sie lag jedenfalls über 45 °C und damit hoch genug, dass der Kl im Bereich der rechten Großzehe am Fußballen eine schwere Verbrennung Grad III erlitt, die er aufgrund seiner Empfindungsstörung zunächst nicht spüren konnte, sondern erst später bemerkte.

Zwischen den Bekl besteht ein Rahmenvertrag, der die Durchführung medizinischer Kurheilverfahren zur Behandlung und Betreuung von Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen mit den Zuweisungsindikationen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats regelt. In § 6 dieses Vertrags ist festgehalten, dass die Versicherungsträger bestimmte Tagespauschalsätze für Versicherte und Begleitpersonen zuzüglich Umsatzsteuer,490Kurtaxe, sonstige Abgaben und allenfalls einen Unfallversicherungsbeitrag gem § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG leisten.

Der Kl begehrte von den Bekl 27.022,21 € sA zur ungeteilten Hand an Schadenersatz wegen der Verbrennung an der rechten großen Zehe. Davon entfallen 25.000 € auf Schmerzengeld, der Rest summiert sich aus verletzungskausalen Kosten für hypothetische Haushaltshilfe, Medikamentenkosten, Arztkosten und pauschalen Unkosten. [...]

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwischen der Erstbekl und dem Kl bestehe kein Vertrag. Der Erstbekl sei keine Pflichtverletzung vorwerfbar. Die Zweitbekl sei iSd § 335 Abs 3 ASVG als Träger der Einrichtung anzusehen, in der die Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge erfolge. Es liege ein Arbeitsunfall vor. Der Zweitbekl komme das DG-Haftungsprivileg zugute, weshalb sie nur bei Vorsatz hafte, wofür kein Hinweis bestehe. Auch aus Gefährdungshaftung bestehe kein Anspruch.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es billigte die Ansicht, dass zwischen dem Kl und der Erstbekl weder ein Vertragsverhältnis noch eine öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung bestehe, aufgrund derer die Erstbekl gegenüber dem Kl zu Behandlungsleistungen verpflichtet gewesen wäre. [...]

Der Kl sei gem § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG in der UV teilversichert gewesen. Gem § 335 Abs 3 ASVG stehe die Zweitbekl als Träger der Einrichtung, in der die medizinische Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge erfolge, für die Anwendung des DG-Haftungsprivilegs bei den nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherten Personen dem DG gleich. Ihr komme daher das DG-Haftungsprivileg gem § 333 Abs 1 ASVG zugute. Nach dieser Bestimmung sei der DG dem Versicherten zum Ersatz des Schadens, der diesem durch eine Verletzung am Körper infolge eines Arbeitsunfalls (oder durch eine Berufskrankheit) entstanden sei, nur verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall (die Berufskrankheit) vorsätzlich verursacht habe. § 175 Abs 1 ASVG definiere den Arbeitsunfall als Unfall, der sich in örtlichem, zeitlichem und ursächlichem Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignet habe. Aus der E 2 Ob 218/06g gehe hervor, dass Maßnahmen, die im Rahmen der medizinischen Rehabilitation angeordnet werden, den geforderten örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang zur versicherten Beschäftigung nach § 335 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG grundsätzlich herstellten. Im zitierten Fall sei ein Arbeitsunfall nur mangels des „Plötzlichkeitserfordernisses“ verneint worden. Im gegenständlichen Fall habe der Kl seine Verbrennung durch das wenige Sekunden dauernde Einwirken eines zu heißen Bades erlitten. Die für das Vorliegen eines Unfalls geforderte plötzliche schädigende Einwirkung auf den Körper des Kl von außen sei daher zu bejahen. Nicht vom Unfallversicherungsschutz – und somit auch nicht vom DG-Haftungsprivileg – umfasst wäre das Risiko ärztlicher Fehlberatung oder mangelhafter ärztlicher Aufklärung. In der Aussage der behandelnden Therapeutin, der Kl könne schon ins Wannenbad steigen, sei kein Ausdruck medizinischer Expertise zu sehen. Es liege bloß eine faktische Anordnung vor. Die Verletzung des Kl sei daher nicht auf ärztliche Fehlberatung, sondern auf einen Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 1, § 333 Abs 1 ASVG zurückzuführen.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu. [...]

Der Kl beantragt in seiner Revision, dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Bekl beantragen in der Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil es klarstellender Äußerungen zur Haftung einer Trägereinrichtung für Rehabilitation und Gesundheitsvorsorge bedarf. Sie ist aber nicht berechtigt.

[...]

3. Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht einen Arbeitsunfall bejaht.

3.1 Die Erstbekl gewährte dem Kl eine Maßnahme iSd § 307d Abs 1 ASVG durch Bewilligung seiner Unterbringung in der von der Zweitbekl betriebenen Kuranstalt. Unstrittig ist, dass der Kl durch diese Unterbringung gem § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG in der UV teilversichert war.

3.2 Die Einbeziehung des Unfallversicherungsschutzes für Personen, die in einer Einrichtung untergebracht sind, die der medizinischen Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge dient, erfolgte durch die 33. ASVG-Novelle (BGBl 1978/684). Sie hatte den Hintergrund, dass nach der früher in Geltung stehenden Regelung Patienten, die in vorwiegend der Rehabilitation dienenden Krankenanstalten untergebracht waren, zwar im Rahmen der mit einer solchen Unterbringung verbundenen arbeitstherapeutischen Maßnahmen als Teilnehmer an Umschulungs- bzw Nachschulungs- oder sonstigen beruflichen Ausbildungslehrgängen eines Sozial-versicherungsträgers unter Unfallversicherungsschutz standen, dass jedoch im Hinblick auf die Fortentwicklung und die damit verbundene Differenzierung der Rehabilitationsmethoden eine Abgrenzung zu jenen Patienten, die im Rahmen des Therapiebetriebs Tätigkeiten verrichten, die nicht ohne weiteres als berufliche Schulungsmaßnahmen verstanden werden können, schwierig geworden war. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass auch bei solchen anderen Formen der Therapie (zB Bewegungstherapie) ein Versicherungsbedürfnis besteht (ErlRV 1084 BlgNR 14. GP 30; vgl dazu auch Müller, DRdA 2008/24 [EAnm]).

3.3 Gem § 335 Abs  3 ASVG steht bei den nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG in der UV Teilversicherten für die Anwendung der Abs 1 und 2 sowie der §§ 333 und 334 der Träger der Einrichtung, in der die Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge erfolgt, dem DG gleich. Daraus folgt, dass sich die Zweitbekl, die gem § 74 Abs 3 Z 2 ASVG idF 33. ASVG-Novelle auch beitragspflichtig ist, als Trägerin der Rehabilitationseinrichtung bei Vorliegen eines „Arbeitsunfalls“ auf das DG-Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG berufen könnte, weil der Schaden des Kl hier nicht vorsätzlich verursacht wurde (OGH2 Ob 218/06g = RIS-Justiz RS0121738).491

3.4 Verfahrensentscheidend ist somit, ob die Verbrennungen, die der Kl durch das Kohlensäurewannenbad erlitt, als Folge eines Arbeitsunfalls zu qualifizieren sind.

a) Für den Bereich der UV ist ein Unfall ein zeitlich begrenztes Ereignis – eine Einwirkung von außen, ein abweichendes Verhalten, eine außergewöhnliche Belastung –, das zu einer Körperschädigung geführt hat (RIS-Justiz RS0084348). Von einem Unfall wird nur gesprochen, wenn die Gesundheitsschädigung durch ein plötzliches, dh ein zeitlich begrenztes Ereignis bewirkt wurde. Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung ist dem Unfallbegriff gerade keine „schicksalhafte Entwicklung eines Leidens“ inhärent (vgl RIS-Justiz RS0110320). Im vorliegenden Fall dauerte der durch den heißen Wannenboden, also „von außen“ verursachte Verbrennungsvorgang an der rechten Großzehe, nur wenige Sekunden und war daher ein plötzliches Ereignis. Schon darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu dem zu 2 Ob 218/06g = DRdA 2008/25, 316 (R. Müller) entschiedenen Fall eines Herzinfarkts, der nicht das Ergebnis einer plötzlichen Überanstrengung, sondern einer längeren Entwicklung und Fehlbehandlung war. Auch der vom Revisionswerber zitierte Rechtssatz RIS-Justiz RS0114053 (T4) spricht nicht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts: Dass im dortigen Fall (1 Ob 247/06i) der Sturz auf dem Duschvorleger ein Unfall war, war nicht strittig. Es wurde jedoch ein Arbeitsunfall verneint, weil der Sturz im Zimmer des Rehabilitanten mit den ärztlich angeordneten therapeutischen Behandlungen in keinem inneren Zusammenhang stand.

b) Weitere Voraussetzung für die Anwendung des DG-Haftungsprivilegs ist, dass der Unfall ein Arbeitsunfall war, für den Unfallversicherungsschutz nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG bestand. Gem § 175 ASVG sind Arbeitsunfälle Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. In sinngemäßer Anwendung dieser Definition auf Unfälle in Rehabilitationszentren erstreckt sich der Unfallversicherungsschutz nur auf Ausübungshandlungen des Versicherten, die mit der geschützten Tätigkeit im zeitlichen, örtlichen und ursächlichen Zusammenhang stehen. Das Versicherungsbedürfnis wird durch die Maßnahmen medizinischer Rehabilitation oder der Gesundheitsvorsorge begründet, denen der Versicherte in der Anstalt unterzogen wird (10 ObS 238/00y = RIS-Justiz RS0114053; im Anlassfall verneint für einen bei einem Spaziergang außerhalb der therapeutisch angeordneten Behandlungen erlittenen Sturz; ebenso in 1 Ob 247/06i für einen Sturz auf einem Duschvorleger). Im vorliegenden Fall war das verordnete Wannenbad unmittelbar Rehabilitationsmaßnahme. Das Steigen in die Wanne war daher eine Ausübungshandlung des versicherten Kl, die mit der geschützten Tätigkeit im zeitlichen, örtlichen und ursächlichen Zusammenhang stand.

c) Die in der E 2 Ob 218/06g vertretene Rechtsansicht, das Risiko ärztlicher (Fehl-)Behandlung sei nicht vom gesetzlichen Versicherungsschutz umfasst, handle es sich doch bei diesem Risiko um ein solches, dem grundsätzlich jeder Patient typischerweise bei einem stationären Aufenthalt zufolge möglichen Behandlungsfehlers ausgesetzt sei, kann nicht – wie vom Kl erkennbar gewünscht – dahin verallgemeinert werden, dass bei einer therapeutischen Fehlbehandlung in Einrichtungen iSd § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG niemals Unfallversicherungsschutz besteht: Die therapeutische Behandlung ist das zentrale Element der Rehabilitation. Wollte man Behandlungsfehler generell vom Unfallversicherungsschutz ausnehmen (so erkennbar Mosler in SV-Komm [115. Lfg] § 8 ASVG Rz 40 unter Berufung auf 2 Ob 218/06g), bestünde in vielen Fällen eines vom Gesetzgeber explizit der UV unterstellten Ereignisses im Rahmen einer Maßnahme der Rehabilitation kein Versicherungsschutz.

Das Ziel des Gesetzgebers, dem Rehabilitanten des Therapiebetriebs Unfallversicherungsschutz zu gewähren, erfordert eine sinngemäße Anwendung der für den echten Arbeitsunfall geltenden Grundsätze. Die Inanspruchnahme einer Therapiemaßnahme in einer Einrichtung iSd § 8 Abs 1 lit c ASVG ist der Arbeitstätigkeit im Betrieb des AG gleichzusetzen, die Einrichtung ist also „AG“. Konsequenterweise ist daher auch die Anordnung der Therapeutin, der Kl könne in die Wanne steigen, einer sachlichen Anweisung des AG (Vorgesetzten) gleichzuhalten, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag steht (vgl dazu Müller in SV-Komm [115. Lfg] § 175 ASVG Rz 16 mwN). Unter diesem Gesichtspunkt ist aber auch die Aussage zutreffend, es bestehe für ein Risiko, dem jeder Patient bei einer Fehlbehandlung anlässlich eines stationären Aufenthalts ausgesetzt sei, kein Unfallversicherungsschutz: Um einen „Arbeitsunfall“ in einem Rehabilitationszentrum annehmen zu können, muss sich nämlich ohnedies ein Risiko verwirklichen, dem gerade nicht jeder Patient bei einem stationären Aufenthalt in einer Krankenanstalt ausgesetzt ist, nämlich das ganz spezifische Risiko des Rehabilitanten während des Therapiebetriebs in einer Einrichtung iSd § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG.

d) Nach Auffassung des Senats ist daher wie folgt zu differenzieren: Unfallversicherungsschutz besteht für Ausübungshandlungen, die in einem Zusammenhang mit medizinischer Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge stehen. Korrespondierend dazu sind gem § 335 Abs 3 ASVG die Träger der Einrichtung, in der die Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge erfolgt, dem DG gleichgestellt. Im Schutzbereich liegen daher nur Maßnahmen, die entweder der Rehabilitation oder der Gesundheitsvorsorge dienen. Eine Krankenbehandlung ist hingegen schon nach dem Wortlaut des § 335 Abs 3 ASVG („Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge“) und dem Zweck des durch § 8 Abs 3 lit c ASVG gewährten Unfallversicherungsschutzes (vgl 3.2) nicht erfasst. Hier fehlt es in Wahrheit an dem für „Arbeitsunfälle“ in Rehabilitationseinrichtungen geforderten ursächlichen Zusammenhang mit der Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge.

e) Wird daher in einer Einrichtung, die an sich (auch) der Rehabilitation oder der Gesundheitsvorsorge dient, eine Krankenbehandlung vorge-492nommen und verwirklicht sich dabei ein Risiko, dem grundsätzlich jeder Patient typischerweise bei einem stationären Aufenthalt zufolge möglichen Behandlungsfehlers ausgesetzt ist, besteht für dieses Risiko mangels Zusammenhangs mit der Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge kein Unfallversicherungsschutz.

Diese Konstellation lag der E 2 Ob 218/06g (DRdA 2008/24 [zust R. Müller]; anders wohl die die Revision zurückweisende E 2 Ob 213/06x) zugrunde: Der Kl dieses Verfahrens wurde nach einem akuten Vorderwandinfarkt in einer Einrichtung untergebracht, die sowohl Krankenanstalt für Herz- und Kreislauferkrankungen als auch Zentrum für kardiologische Rehabilitation war. Ursache des nach der Entlassung aus dieser Einrichtung erlittenen weiteren Vorderwandinfarkts des Kl war die Unterlassung einer umfassenden medizinischen Behandlung, insb die Unterlassung der Implantation eines medizinisch indizierten Stents. Die der bekl Einrichtung vorgeworfene ärztliche Fehlbehandlung stand daher in keinem ursächlichen Zusammenhang mit ihrer Funktion als kardiologisches Rehabilitationszentrum, sondern betraf eine ärztliche Fehlleistung der Einrichtung in ihrer Funktion als kardiologische Krankenanstalt.

f) Steht hingegen der therapeutische Fehler, der den „Arbeitsunfall“ verursachte, in ursächlichem Zusammenhang mit einer Maßnahme zur Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge in einer Einrichtung iSd § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG, kann sich der Träger der Einrichtung gem § 335 Abs 3 ASVG auf das DG-Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG berufen.

Im Einzelfall kann nun die Abgrenzung der Krankenbehandlung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation durchaus schwierig sein (vgl Felten/Mosler, Grenzen der Krankenbehandlung, DRdA 2015, 476 [487 f]; Ivansits, Zur Abgrenzung der Krankenbehandlungen von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, JAS 2017, 270).

Im hier zu beurteilenden Fall bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das verordnete Kohlensäurewannenbad Teil einer Krankenbehandlung des Kl war. Vielmehr handelt es sich um eine typische Rehabilitationsmaßnahme im Zusammenhang mit der laut Rahmenvertrag zwischen der Erst- und Zweitbekl vereinbarten Zuweisungsindikation „Kurverfahren für den Stütz- und Bewegungsapparat“.

ANMERKUNG

Meist ist es der Schutzbereich des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG (Unfall bei einer betrieblichen Tätigkeit, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter ausübt), der in Regressverfahren und damit eher von anderen Senaten aufgrund der Einwendung des Haftungsausschlusses nach § 333 ASVG ausgelotet wird, als vom zuständigen Fachsenat. Eine Parallele scheint § 8 Abs 1 Z 3 lit c letzter Fall ASVG zu werden, zumindest wenn man die letzten (insgesamt aber seltenen) Entscheidungen des OGH zu dieser Bestimmung betrachtet. § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG bezieht eine mittlerweile sehr heterogene Gruppe von Menschen in die Teilversicherung in der UV ein.* Der Gesetzestext lässt zunächst verschiedene Gruppen von Personen erkennen, die gemeinsam als „Teilnehmer an Umschulungs-, Nachschulungs- und sonstigen beruflichen Ausbildungslehrgängen“ charakterisiert sind. Sie befinden sich in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen von Gebietskörperschaften, oder des Arbeitsmarktservice (AMS), oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, oder der Sozialversicherungsträger sowie der gesetzlichen beruflichen Vertretungen der DG und der DN. Schulungen in Dienst- oder Lehrverhältnissen sind ausgenommen, weil diese ja ohnehin gem § 4 Abs 1 iVm § 7 ASVG in der UV zumindest teilversichert sind. Versichert sind ferner die Lehrenden in solchen Einrichtungen und die Volontäre (idR ebenfalls Ausbildungstätigkeiten, die nicht entgolten werden).

Ein systematisch denkender Jurist müsste sich fragen: Was haben eigentlich in diesem Zusammenhang am Ende der Bestimmung „Personen, die in einer Einrichtung untergebracht sind, die der medizinischen Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge dient“ verloren?

Ein eher am Wortlaut orientierter Jurist könnte sich auch fragen, was die Anknüpfung „ferner“ nach „desgleichen die Volontäre“ bedeutet? „Könnte“ deshalb, weil man den im Schlusssatz umschriebenen Schutzbereich als eiliger Leser auf den ersten Blick durchaus soweit verstehen kann, wie der Zweite Senat in dieser E. Nur eine nähere Untersuchung ergibt, dass die Entscheidung problematisch ist, wozu freilich der Gesetzgeber einiges beigetragen hat. Die E des OGH behandelte insgesamt drei Rechtsfragen, von denen hier nur die (entscheidende) unfallversicherungsrechtliche näher untersucht wird.

1.
Zur Entstehungsgeschichte der Norm

Die strittige Teilversicherung kam mit dem SRÄG 1978, BGBl 1978/684 (33. Novelle zum ASVG) ins Gesetz. Bis dahin endete der Text des § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG bei den Volontären. Nach den Materialien zur 33. Novelle (ErläutRV 1084 BlgNR 14. GP 30) hätten die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) der Arbeiter und die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) darauf hingewiesen, dass die in Rehabilitationseinrichtungen untergebrachten Personen während einer Beschäftigungstherapie gem § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG [ergänze: seit dem Stammgesetz des ASVG] als „Teilnehmer an Umschulungs-, Nachschulungs- und sonstigen beruflichen Ausbildungslehrgängen der Sozialversicherungsträger“ versichert seien, dass aber „im493Hinblick auf die Fortentwicklung und die damit verbundene Differenzierung der Rehabilitationsmethoden eine Abgrenzung der in Rede stehenden Personen [Anm: also der schon bisher Versicherten] zu jenen Patienten die im Rahmen des Therapiebetriebes Tätigkeiten verrichten, die nicht ohne weiters als berufliche Schulungsmaßnahmen verstanden werden können, immer schwieriger“ werden. Andererseits bestehe auch bei anderen Formen der Therapie „(zB Bewegungstherapie)“ ein Versicherungsbedürfnis.

Die Erwähnung der Bewegungstherapie deutet die Richtung an, in die es offenbar gehen sollte: mit Beschäftigungstherapie vergleichbare beschäftigungsähnliche Risikosituationen, wie sie typischerweise in Rehabilitationseinrichtungen vorkommen.

2.
Auslegung aus dem Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“

2.1. Warum wollte der Versicherungsschutz seit der 33. Novelle zum ASVG aber nicht auch Kunstfehler bei medizinisch-therapeutischen Maßnahmen erfassen? Die gesetzliche SV war seit ihrem Ursprung als eine Versicherung angelegt, die in der KV, UV und seit 1909 auch in der PV an Beschäftigung (ursprünglich: von DN) anknüpft. Der Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“ iSd Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG (genauer: „Sozialversicherungs- und Vertragsversicherungswesen“) stammt aus dem Stammgesetz des B-VG 1920 und ist daher nach der Systematik der Rechtsordnung, wie sie zur Zeit des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenzverteilung am 1.10.1925 der Bundesverfassung bestanden hat, auszulegen (zu dieser „Versteinerungstheorie“ genannten Auslegungsmethode VfGH 1956/VfSlg 3121 uva).

2.2. Dies lässt zwar eine – seither erfolgte – „intrasystematische Fortentwicklung“ dieses Kompetenztatbestandes (zu den Grenzen intrasystematischer Fortentwicklung des Kompetenztatbestandes „Sozialversicherungswesen“ vgl VfGH 2009/VfSlg 18.738 sowie VfGH 2002/VfSlg 16.474; zur Zulässigkeit der Einbeziehung auch selbständig Erwerbstätiger vgl VfGH 1960/VfSlg 3670) iS einer sozialpolitisch geprägten Ausweitung auf Tatbestände nicht aus, die zwar nur in einem sehr weiten Sinne noch als Beschäftigung gelten können, aber vergleichbaren Risiken ausgesetzt sind (vgl die Erweiterung der Pflichtversicherung auf Schüler, Studenten und auf andere Beschäftigungen außerhalb des Arbeitsmarktes, ferner den Katalog der gleichgestellten Arbeitsunfälle, wie zB die Lebensrettung in § 176 Abs 1 ASVG oder ganz allgemein die Versicherung von altruistischen Tätigkeiten im Allgemeininteresse – vgl dazu eingehend Tomandl, Das Leistungsrecht der österreichischen Unfallversicherung [1977] 1 ff).

2.3. Die wesensbestimmenden Elemente des Kompetenztatbestandes „Sozialversicherungswesen“ unterscheiden sich aber grundlegend von jenen des Vertragsversicherungswesens und sind daher von diesem auch abzugrenzen: Der die SV prägende Solidaritäts- und auch der Versorgungsgedanke (VfGH 1972/VfSlg 6947; VfGH 1973/VfSlg 7047; VfGH 1997/VfSlg 14.802) lassen zB eine Differenzierung der Beiträge nach Risikogruppen nicht zu (VfGH 1960/VfSlg 3670; VfGH 1985/VfSlg 10.451; VfGH 1991/VfSlg 12.739 mwN sowie VfGH 2000/VfSlg 15.859); an die Stelle der Grundsätze der Äquivalenz von Versicherungs- und Beitragsleistung (vgl VfGH 1964/VfSlg 4714; VfGH 1997/VfSlg 14.802; VfGH 2000/VfSlg 15.859) treten die Prinzipien der Einkommens- und der Risikosolidarität (vgl dazu VfGH 1991/VfSlg 12.739; VfGH 2000/VfSlg 15.859, II.3.2.; VfGH 2009/VfSlg 18.786). Gesetze unter diesem Kompetenztatbestand unterliegen daher vorgegebenen Einschränkungen, dafür aber nicht den versicherungsmathematischen einschließlich wahrscheinlichkeitstheoretisch orientierten Grundsätzen, die für die Vertragsversicherung gelten (vgl zB für die vertragliche KV und UV die §§ 92 iVm 101 bis 103 Versicherungs-Aufsichtsgesetz 2016 [VAG 2016], BGBl I 2015/34). Dem Kompetenztatbestand „Sozialversicherungswesen“ können daher – sollen die Grenzen zur Vertragsversicherung nicht in unzulässiger Weise verschwimmen – weder beliebige Schutzbereiche zugeordnet werden, noch könnte unter diesem Tatbestand eine staatliche Versicherung eingerichtet werden, die den Regeln der Vertragsversicherung folgt. Der im Kompetenztatbestand erfasste Grundtatbestand der gesetzlichen SV schlösse es daher aus, zB die Berufshaftpflicht freier Berufe im Rahmen der gesetzlichen SV zu organisieren.

2.4. Es wäre daher eine Überschreitung des Kompetenztatbestandes Sozialversicherungswesen, wenn zB Personenschäden von Patienten aufgrund medizinischer Fehlbehandlungen in den Gestaltungsformen der gesetzlichen SV erfasst würden. Ersatzansprüche, wie jene aus medizinischer Fehlbehandlung, sind daher vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund versicherungsrechtlich dem Bereich des Vertragsversicherungswesens zuzuordnen. Vor diesem Hintergrund muss daher § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG verstanden und ausgelegt werden, wenn es um die Frage geht, ob und inwieweit therapeutische Fehlleistungen in Rehabilitationseinrichtungen als Arbeitsunfälle entschädigt werden können.

3.
Die Entstehung des Zweiten Senates und die Vorjudikatur

3.1. Der Zweite Senat behandelt in der vorliegenden E das kompetenzrechtliche Problem überhaupt nicht. Die mE unrichtige Lösung der Rechtsfrage folgt aber nicht nur daraus, sondern überdies aufgrund eines Missverständnisses über die Vorjudikatur:

3.1.1. Der Senat beruft sich auf seine Vorentscheidung 2 Ob 218/06g (DRdA 2008/24 [zust R. Müller]). Dieser war aber eine E des für SV zuständigen Zehnten Senates des OGH zu 10 ObS 238/00y (SSV-NF 14/110 = ZAS 2002/4, 25 [Taxerer] – Unfall bei einem Spaziergang außerhalb der Rehabilitationseinrichtung)vorangegangen, worin der Fachsenat ausgeführt hatte – und dieses Zitat übernahm der Zweite Senat auch in 2 Ob 218/06g –, dass sich der Unfallversicherungsschutz im Rahmen der Unterbringung in einer solchen medizinischen494Rehabilitationsanstalt „nur auf Ausübungshandlungen des Versicherten, die mit der geschützten Tätigkeit [medizinischen Rehabilitation] im zeitlichen, örtlichen und ursächlichen Zusammenhang stehen“ (§ 175 Abs 1 ASVG) erstreckt.

3.1.2. In § 8 Abs 1 Z 3 lit c letzter Fall ASVG versichert ist also – verstehe ich den Fachsenat richtig – mitnichten die „Rehabilitation“ an sich, sondern es sind – wie dies in den oben erwähnten Gesetzesmaterialien der 33. Novelle zum ASVG auch angedeutet ist – nur „Ausübungshandlungen“ des Patienten versichert, soweit diese dem Begriff der Rehabilitation zugeordnet werden können, also nicht etwa aus eigenem Antrieb unternommene Spaziergänge. Diese Differenzierung des Zehnten Senates ermöglicht es, Ausübungshandlungen einer Beschäftigung in einem weiten Sinne, wie zB neben jenen, die Teil der Beschäftigungstherapie sind, auch Unfälle beim Turnen oder Schwimmen, oder einer sonstigen „Bewegungstherapie“ (wie die Materialien meinen) in den Versicherungsschutz einzubeziehen und die Anwendung sonstiger therapeutischer, insb medizinischer Maßnahmen davon zu unterscheiden.

3.1.3. In dem auf die E des Zehnten Senates nachfolgenden Vorjudikat des Zweiten Senates 2 Ob 218/06g heißt es dazu: „Nach geltendem österreichischem Sozialversicherungsrecht ist ein derartiges Risiko ärztlicher (Fehl-)Behandlung [...] nicht vom gesetzlichen Versicherungsschutz mitumfasst, handelt es sich doch bei diesem Risiko um ein solches, dem grundsätzlich jeder Patient typischerweise bei einem stationären Aufenthalt zufolge möglichen Behandlungsfehlers ausgesetzt ist, das aber eben nicht die strengen, zuvor wiedergegebenen Legaldefinitionskriterien des § 175 Abs 1 ASVG zu erfüllen vermag.“ So weit, so richtig.

3.1.4. In der vorliegenden E zieht der Zweite Senat aus dieser Vorjudikatur den folgenden (Fehl-)Schluss: „Im Schutzbereich liegen daher nur Maßnahmen, die entweder der Rehabilitation oder der Gesundheitsvorsorge dienen“ und er grenzt diesen Schutzbereich nur von der (unstrittig nicht unfallversicherten) Krankenbehandlung ab. Diese Sicht ist aber zu eng, da es – wie auch die Vorentscheidung des Zweiten Senates selbst zeigt – nicht um die Abgrenzung der Rehabilitation von der Krankenbehandlung geht, sondern um die Abgrenzung von Ausübungshandlungen einer Beschäftigung (im weitesten Sinne verstanden) der Patienten einerseits, von Maßnahmen der Therapie andererseits.

3.2. Maßnahmen der Therapie sind solche, die entweder dem Arzt oder sonstigem medizinischen Personal vorbehalten sind und hinsichtlich derer in einer Kuranstalt für Rehabilitation kein anderes Risiko der Fehlbehandlung besteht, wie in einer sonstigen Krankenanstalt oder im niedergelassenen Bereich. ISd Ärztegesetzes sind das nicht nur Maßnahmen der Krankenbehandlung ieS (also ärztliche Hilfe, Heilmittel etc), sondern auch jene therapeutischen Maßnahmen, die auf ärztlicher Verordnung beruhen, aber nicht notwendigerweise von Ärzten durchgeführt werden müssen, wie zB physiotherapeutische oder balneologische Verabreichungen etc (vgl zu nichtärztlichen medizinischen Berufen zB das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, BGBl I 2012/89, zuletzt geändert durch BGBl I 2018/37, und das BG über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste [MTD-Gesetz], BGBl 1992/460). Der Umstand, dass eine Tätigkeit auch von einem Nichtarzt ausgeübt werden kann, bedeutet nicht etwa zwangsläufig, dass es sich dabei um eine nichtärztliche Tätigkeit handelt (vgl VwGH 15.12.2016, Ra 2016/11/0128 – Psychotherapie).

3.3. Für unseren Fall ist das in § 2 des MTD-Gesetzes geregelte Berufsbild des physiotherapeutischen Dienstes einschlägig: Es umfasst die eigenverantwortliche Anwendung aller physiotherapeutischen Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung im intra- und extramuralen Bereich, unter besonderer Berücksichtigung funktioneller Zusammenhänge auf den Gebieten der Gesundheitserziehung, Prophylaxe, Therapie und Rehabilitation. Hiezu gehören insb mechanotherapeutische Maßnahmen, wie alle Arten von Bewegungstherapie, Perzeption, manuelle Therapie der Gelenke, Atemtherapie, alle Arten von Heilmassagen, Reflexzonentherapien, Lymphdrainagen, Ultraschalltherapie, weiters alle elektro-, thermo-, photo-, hydro- und balneotherapeutischen Maßnahmen (um die es im vorliegenden Fall geht) sowie berufsspezifische Befundungsverfahren und die Mitwirkung bei elektrodiagnostischen Untersuchungen. Weiters umfasst er ohne ärztliche Anordnung die Beratung und Erziehung Gesunder in den genannten Gebieten.

3.4. Nun ist zwar auch die in den Gesetzesmaterialien genannte Bewegungstherapie Teil des physiotherapeutischen Berufsbildes. Das ändert aber nichts daran, dass die Grenzen des Kompetenztatbestandes und auch die Gleichbehandlung im Verhältnis zu extramural durchgeführten Therapien gewahrt bleiben müssen. Denn liest man oben die beiden Rechtssätze, dann dürfte nicht nur bei der Krankenbehandlung im eigentlichen Sinne, sondern auch bei den anderen medizinisch-therapeutischen Maßnahmen das Risiko einer Fehlbehandlung in der Rehabilitationsanstalt von dem in anderen Einrichtungen bzw im ambulanten Bereich nicht sehr verschieden sein. Körperschäden aus einem Unfallgeschehen, das im Zuge der therapeutischen Maßnahmen durch Kunstfehler des therapeutischen ärztlichen oder nichtärztlichen Personals verursacht wird, gehören mE da wie dort in den Bereich der Berufshaftpflicht und nicht in den der SV. Die Abgrenzung von Körperschäden aus Kunstfehlern zu solchen aus sonstiger (beliebiger) Ursache in einer Rehabilitationseinrichtung mag nicht immer leicht sein – aber diese Schwierigkeit ist dem Gesetzgeber geschuldet. Es handelt sich der Sache nach um eine Abgrenzung des Schutzbereichs der UV vom nicht versicherten Bereich; die Zurechnung hätte wie auch sonst in solchen Fällen nach dem Grundsatz der wesentlichen Bedingung zu erfolgen.

4.
Ergebnis

4.1. Die E geht mE zu weit. Bei der Interpretation des Schutzbereichs des § 8 Abs 1 Z 3 lit c letzter Fall ASVG darf man nicht zwischen therapeuti-495schen Maßnahmen, die durch Ärzte und solchen, die durch ärztliches Hilfspersonal vorgenommen werden, unterscheiden; vor dem Hintergrund der kompetenzrechtlichen Schranken sollten wir nämlich in beiden Fällen nicht im Schutzbereich der gesetzlichen SV sein, wenn der Körperschaden auf eine Behandlung zurückzuführen ist, die nicht lege artis erfolgte. Und die Anweisung an den Patienten, wann er in die Badewanne zum Kohlensäurebad zu steigen hat, ist zwangsläufig Teil der Therapie; sie liegt selbst dann in der Verantwortung des Physiotherapeuten, wenn im Einzelfall erfahrene Hilfskräfte damit betraut werden sollten. Diese Anweisung lässt sich mE vom therapeutischen Geschehen nicht trennen.

Geht man davon aus, dann hat der OGH dem Träger der Kuranstalt für den Schaden des Kl, der durch die balneologische Fehlbehandlung entstanden ist, zu Unrecht das Haftungsprivileg des § 333 ASVG zuerkannt.

4.2. Der Gesetzgeber der 33. Novelle zum ASVG hätte den Umfang der Ergänzung des Versicherungsschutzes gegenüber dem ersten Fall des § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG wohl besser nicht nur in den Materialien, sondern auch im Gesetzeswortlaut deutlicher zum Ausdruck bringen sollen, als dies mit der systematischen Einordnung und der „ferner“-Anknüpfung an Fälle der Teilversicherung, die freilich allesamt Beschäftigungen sind, geschehen ist.

4.3. Es bleibt nur die Hoffnung, dass der Zweite Senat des OGH seine Rsp, die gemessen an den Vorerkenntnissen infolge dieser E „uneinheitlich“ ist, künftig korrigiert. Er sollte auf die vom Zehnten Senat in 10 ObS 238/00y angedeutete restriktivere Linie einschwenken. Hielte man die Bestimmung für nicht hinreichend bestimmt (was durchaus nahe läge), so wäre sie nach dem Maßstab des Art 18 Abs 1 B-VG verfassungsrechtlich bedenklich. Das von mir skizzierte Abgrenzungsproblem beim Kompetenztatbestand, welches erst zu einem Auslegungsproblem des § 8 Abs 1 Z 3 lit c letzter Fall ASVG führt, wurde vom VfGH in diesem Zusammenhang noch nie entschieden. Vielleicht findet sich ein Senat, der sie dem VfGH in einem Gesetzesprüfungsantrag nach Art 140 B-VG zur endgültigen Klärung vorlegt. Bis dahin bleibt das Bedenken.