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Überprüfung der Vordienstzeitenanrechnung – (uneingeschränktes) Einsichtsrecht des Betriebsrats in die Dienstverträge?

GÜNTHERLÖSCHNIGG/CHRISTINASCHNITTLER (LINZ/GRAZ)
  1. Das Recht zur Überprüfung der Vordienstzeitenanrechnung durch den BR ergibt sich bereits aus der Generalklausel des umfassenden Überwachungsrechts nach § 89 ArbVG.

  2. Zur Überprüfung ist dem BR nach § 89 Z 1 ArbVG Einsicht in die dazu erforderlichen Unterlagen (hier die „Vordienstzeiten-Beiblätter“ zum Dienstvertrag) zu gewähren.

Der Kl ist BR für jene Mitarbeiter der Bekl, die von der S*gesellschaft mbH [...] beschäftigt werden.

Die Bekl folgte (und folgt) jedem der vom klagenden BR vertretenen Mitarbeiter zu Beginn des Dienstverhältnisses den schriftlichen Dienstvertrag und ein Beiblatt mit den Vordienstzeiten (Beginn und Ende, AG, usw) aus, in dem die Vordienstzeitenanrechnung ersichtlich ist. Im Dienstvertrag finden sich Informationen wie Urlaubsstichtag, Vorrückungsstichtag und Jubiläumsstichtag, nicht jedoch, bei welchem DG, in welcher Funktion und wie lange der DN vor Beginn des Dienstverhältnisses bei der Bekl beschäftigt war.

Der klagende BR hat die Möglichkeit, durch ein im Betrieb installiertes Administrationssystem bestimmte Daten der DN (ua den Vorrückungsstichtag, den Urlaubsstichtag, den Jubiläumsstichtag, das Eintrittsdatum, die besoldungsrechtliche Einstufung, allfällige Ergänzungszulagen und das Datum der nächsten Vorrückung) abzufragen. Allein durch diese Informationen ist es dem BR aber noch nicht möglich, zu überprüfen, welche Vordienstzeiten in welchem Ausmaß die Bekl beim jeweiligen DN angerechnet hat. Für diese Prüfung benötigt der Kl das jeweilige Vordienstzeiten-Beiblatt.

Die Bekl verweigert dem Kl sowohl die Einsichtnahme in die Dienstverträge als auch in die Vordienstzeiten-Beiblätter.

Der klagende BR begehrt von der Bekl, ihm Einsicht in die Dienstverträge sowie in die Vordienstzeitenanrechnungen der von ihm vertretenen Mitarbeiter zu gewähren. Nach § 89 Z 2 ArbVG sei er befugt, die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen, daher auch die Einhaltung der Arbeitsverträge der Mitarbeiter, zu überwachen. Dem Kl gehe es um die Anrechnung der Vordienstzeiten. Dies sei die „einzige Problematik“ des gegenständlichen Verfahrens. Ohne Einsichtnahme in die Vordienstzeiten-Beiblätter könne der Kl – unter Berücksichtigung der E des EuGH vom 5.12.2003, C-514/12, SALK – die korrekte Einstufung der einzelnen Mitarbeiter nicht überprüfen.

Die Bekl bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass dem BR ein Überwachungsrecht nur für Regelungen zustehe, deren sachlicher Anwendungsbereich der Betrieb sei. Einzelvertragliche Vereinbarungen, die nicht gleichmäßig für den Betrieb, sondern nur für den einzelnen DN gelten, fielen nicht darunter.

Das Erstgericht wies das [...] Klagebegehren ab. Ein Recht, einzelvertragliche Vereinbarungen, die nicht gleichmäßig für den Betrieb gelten, zu überwachen, stünde dem BR ohne Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter nicht zu. Der Dienstvertrag sei keine „sonstige arbeitsrechtliche Vereinbarung“ iSd § 89 Z 2 ArbVG.496

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Kl nicht Folge. Ein uneingeschränktes (ohne Beschränkung auf die zur Berechnung der Bezüge erforderlichen Unterlagen und auch hinsichtlich jener Mitarbeiter, die schon rein theoretisch von der Problematik einer Anrechnung von Vordienstzeiten gar nicht betroffen sein könnten) Einsichtsrecht des BR in die Dienstverträge der einzelnen Mitarbeiter ergebe sich weder aus § 89 Z 1 noch aus § 89 Z 2 ArbVG. Der Dienstvertrag enthalte auch Informationen und (sensible) Daten des DN, die der BR nicht zur Wahrnehmung seiner Interessenvertretungsaufgaben benötige.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil die Frage, ob dem BR ein uneingeschränktes Einsichtsrecht in die Dienstverträge der Mitarbeiter zukomme, vom OGH bislang nicht beantwortet worden sei.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Kl mit dem Antrag, dem Klagebegehren vollinhaltlich, „in eventu“ zumindest teilweise im Umfang der Einsichtsgewährung in die Vordienstzeitenanrechnung stattzugeben. [...]

Die Bekl beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision des Kl zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Kl ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Die Frage, ob im erstgerichtlichen Verfahren zu bestimmten Punkten ein schlüssiges Tatsachengeständnis iSd § 267 ZPO vorlag, ist eine Verfahrensfrage (RIS-Justiz RS0040078). Da ein derartiger Verfahrensfehler aber bereits vom Berufungsgericht verneint wurde, ist dem Kl eine Rüge in dritter Instanz verwehrt (2 Ob 20/13z; RIS-Justiz RS0042963).

2. Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kl gemeint ist (RIS-Justiz RS0037440). Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (RIS-Justiz RS0037551). Maßgebend für den Entscheidungsspielraum des Gerichts sind daher der vom Kl vorgetragene Sachverhalt und die hiefür angegebenen Tatsachen (RIS-Justiz RS0037610 [T34]). Nur dann, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt wurde, was im Zweifel nicht anzunehmen ist, ist es dem Gericht nach der herrschenden Rsp verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben (RIS-Justiz RS0037610 [T36, T43]).

Der Kl hat sein Begehren in der Klage zwar auf § 89 Z 2 ArbVG gestützt. Aus der Klagserzählung und seinem weiteren Vorbringen im Verfahren geht jedoch hervor, dass er seine ihm als BR von § 89 ArbVG eingeräumte, nicht auf die Z 2 beschränkte Überwachungsbefugnis geltend macht. § 89 Z 1 bis 4 ArbVG konkretisiert als demonstrative Aufzählung (arg: „insbesondere“) nur die Generalklausel des ersten Satzes des § 89 ArbVG. Dass der Kl seinen Klagsanspruch ausschließlich auf § 89 Z 2 ArbVG beschränken wollte, ist daher nicht anzunehmen. Das Begehren des Kl ist somit auch nach der Bestimmung des § 89 Z 1 ArbVG zu prüfen.

3.1. Der 1. Abschnitt des 3. Hauptstücks des II. Teils des ArbVG (§§ 89 bis 93) enthält Bestimmungen über die Allgemeinen Befugnisse der Arbeitnehmerschaft. § 89 ArbVG gibt dem BR das Recht, die Einhaltung der die AN des Betriebs betreffenden Rechtsvorschriften zu überwachen. Insb stehen ihm nach den Z 1 bis 4 folgende Befugnisse zu: [...]

3.2. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die Einführung des ArbVG (RV 840 BlgNR 13. GP 81), der noch eine etwas andere Formulierung des § 89 ArbVG zugrunde lag, wird das Überwachungsrecht des BR umfassend mittels einer Generalklausel umschrieben und durch die beispielsweise Aufzählung einzelner Überwachungsbefugnisse ausgeformt. Die umfassende Formulierung der Generalklausel soll ein umfassendes Überwachungsrecht des BR bezüglich der Einhaltung aller die AN berührenden Normen (zB arbeits-, steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Inhalts) sicherstellen; es kommt daher nicht darauf an, ob sich solche Normen aus Gesetz, VO, KollV, Satzung, Mindestlohntarif oder BV, Bescheid oder Einzelarbeitsvertrag, oder etwa aus schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen BR und Betriebsinhaber ergeben. Das Recht auf Einsichtnahme in die Gehaltsunterlagen wird auch auf andere die AN betreffende Aufzeichnungen ausgedehnt, sofern deren Kenntnis für den BR zu einer zweckentsprechenden Ausübung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse nötig ist.

4.1. Der klagende BR begründet seinen Anspruch nach § 89 ArbVG nicht mit einem ihm zustehenden Recht auf Kontrolle der Einhaltung von konkreten einzelvertraglich vereinbarten Bestimmungen in den Arbeitsverträgen der von ihm vertretenen Mitarbeiter. Er möchte lediglich überprüfen, ob die Bekl hinsichtlich der Anrechnung der Vordienstzeiten die unionsrechtlichen (Gleichbehandlungs-)Vorschriften in Bezug auf das Entgelt der Mitarbeiter einhält. Schon nach der Generalklausel des § 89 ArbVG („Rechtsvorschriften“) ist der klagende BR zur Überprüfung berechtigt. Dies stellt auch die Bekl nicht in Abrede.

4.2. Die dem BR von § 89 ArbVG eingeräumten Überwachungsrechte kann dieser wirkungsvoll aber nur dann wahrnehmen, wenn er in Kenntnis der dafür erforderlichen Information ist bzw sich diese durch Einsicht in die entsprechenden Unterlagen beschaffen kann. Nur wenn er also in sämtliche abrechnungsrelevanten Dokumente und Aufzeichnungen des Betriebs Einsicht nehmen kann, kann er auch seiner Pflicht (6 ObA 1/14m mwN), die Einhaltung der die AN des Betriebs betreffenden Rechtsvorschriften zu überwachen, nachkommen.

Nach § 89 Z 1 ArbVG ist der BR berechtigt, in die vom Betrieb geführten Aufzeichnungen über die Bezüge der AN und die zur Berechnung dieser Bezüge erforderlichen Unterlagen Einsicht zu nehmen und sie zu überprüfen. Diese verpflichtende Konnexität zwischen Einsicht und Erforderlichkeit stellt eine inhaltliche Einschränkung des Überwachungsrechts nach § 89 Z 1 ArbVG dar (Grünanger, Einsichtsrecht[e] in Gehaltsdaten und Personalakten? Die Rechte des Betriebsrats und einzelner Arbeit-497nehmer, ZAS 2014, 292 [293 f]). In der Lehre wird in diesem Zusammenhang ebenfalls von einem Einsichtsrecht in die „entsprechenden Berechnungsunterlagen“ (Marhold/Friedrich, Österreichisches Arbeitsrecht3 669) bzw in „alle Unterlagen, die zur Überprüfung der Richtigkeit der Berechnung sowie der Richtigkeit und Pünktlichkeit der Auszahlung des Entgeltes und der sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Abgaben nötig sind“ (Hruška-Frank, Einsichtsrecht des Betriebsrates in Aufzeichnungen über Bezüge der ArbeitnehmerInnen im Betrieb, infas 2008, 43 [45]) gesprochen.

Zur Überprüfung der korrekten Anrechnung von Vordienstzeiten durch die Bekl benötigt der klagende BR im konkreten Fall aber nicht zwangsläufig auch die Einsicht in die Einzelarbeitsverträge. Dafür genügen die ihm vom DG im Rahmen des im Betrieb installierten Administrationssystems ohnehin bereits zur Verfügung gestellten Informationen im Zusammenhang mit der hier klagsweise begehrten Einsicht in die Vordienstzeitenanrechnungen (Vordienstzeiten-Beiblätter). Dies lässt auch der in der Revision gestellte „Eventualantrag“ eindeutig erkennen. Weshalb der Kl im konkreten Fall zur Überprüfung der Vordienstzeitenanrechnungen zudem auch die Einzelarbeitsverträge einsehen müsste, legt die Revision nicht dar. Die überschießende Außerstreitstellung der Bekl, dass der Kl für die Prüfung der Anrechnung der Vordienstzeiten durch die Bekl den jeweiligen Dienstvertrag samt Vordienstzeiten-Beiblatt benötigt, bindet hier daher nicht (vgl RIS-Justiz RS0107489).

4.3. Die Frage der Einsicht in die Arbeitsverträge durch den BR wird in der Literatur kontroversiell diskutiert. Ein Teil vertritt die Ansicht, dass Arbeitsverträge vom Überwachungsrecht nicht erfasst sind (Strasser in Floretta/Strasser, ArbVG-Handkommentar § 89 ArbVG Punkt 5.3., 475 f; Strasser/Jabornegg, Arbeitsrecht II4 367; Marhold/Friedrich, Österreichisches Arbeitsrecht3 670; Lang, Kein uneingeschränktes Einsichtsrecht des Betriebsrats in Arbeitsverträge – Eine genauere Betrachtung des § 89 ArbVG, ASoK 2016, 470 ff; Risak in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, System- und Praxiskommentar Kap XIX Rz 132). Dagegen bezieht sich nach einem anderen Teil des Schrifttums das Überwachungsrecht auch auf die Einhaltung der einzelnen Arbeitsverträge (Cerny in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, Arbeitsverfassungsrecht III4 § 89 ArbVG Erl 8; Hruška-Frank, Einsichtsrecht des Betriebsrates in Aufzeichnungen über Bezüge der ArbeitnehmerInnen im Betrieb, infas 2008, 43 [45]; Löschnigg, Datenermittlung im Arbeitsverhältnis [2009] 196 ff; Drs, Einsichtsrechte des Betriebsrats, DRdA 2014, 261 [264]; dies in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 89 Rz 25; DRdA 2015/33 [Goricnik]; Mosler in Tomandl, ArbVG § 89 Rz 5; Kietaibl, Arbeitsrecht I9 153; Auer-Mayer in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht5 § 89 Rz 2). Die Frage, ob dem BR in einer anderen Konstellation das Recht auf Einsicht auch in die Arbeitsverträge der von ihm vertretenen Mitarbeiter zukommt bzw ob dem BR ein Überwachungsrecht betreffend die Einhaltung einzelvertraglicher Vereinbarungen zusteht, muss hier aber nicht näher erörtert werden.

Da sich die Revision des Kl jedenfalls teilweise als berechtigt erweist, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen iS einer teilweisen Klagsstattgabe im Umfang des begehrten Einsichtsrechts in die Vordienstzeitenanrechnungen (Vordienstzeiten-Beiblätter) der vom Kl vertretenen Mitarbeiter der Bekl abzuändern. Das darüber hinausgehende, auch auf Einsichtsgewährung in die Dienstverträge gerichtete Mehrbegehren ist hingegen abzuweisen. [...]

Zugesprochen wurde kein Eventualbegehren, sondern ein Teil des Begehrens.

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Der OGH hatte sich im Anlassfall mit der Frage, ob dem (klagenden) BR gem § 89 ArbVG ein (uneingeschränktes) Einsichtsrecht in die Dienstverträge der von ihm vertretenen Mitarbeiter sowie in die „Vordienstzeiten-Beiblätter“, welche gemeinsam mit dem schriftlichen Dienstvertrag ausgefolgt wurden, zu gewähren sei, zu befassen. Die Einsicht wurde begehrt, um die Einstufung in das Dienst- und Besoldungsrecht des Landes (Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark [Stmk. L-DBR], stmk. LGBl 2003/29; ersichtlich aus dem erstgerichtlichen Urteil) auf ihre Richtigkeit überprüfen zu können. Konkret ging es dem BR um die Anrechnung der Vordienstzeiten unter Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben iSd E des EuGH vom 5.12.2013, C-514/12, SALK.

Während die Vorinstanzen ein Einsichtsrecht in die Dienstverträge verneinten, gab das Höchstgericht dem Klagebegehren teilweise statt und sah eine Einsicht in die „Vordienstzeiten-Beiblätter“ in Kombination mit den im betrieblichen Administrationssystem ersichtlichen Daten – auf die der BR Zugriff habe – als für die Überprüfung der Einstufung ausreichend an. Die in der Literatur strittige Frage nach einem (uneingeschränkten) Einsichtsrecht des BR in die Dienstverträge ließ der OGH – seiner Meinung nach – unbeantwortet.

2.
Historischer Interpretationsansatz

Der Hinweis des OGH auf die Materialien gibt Anlass zur Betrachtung der Entstehungsgeschichte dieses Mitwirkungsrechts und damit Anlass zur Suche nach Ansätzen für eine historische Interpretation. Fündig wird man hiebei schon im Betriebsrätegesetz 1919, StGBl 1919/283. Bereits das BRG 1919 enthielt in § 3 Abs 1 die dem § 38 ArbVG nicht unähnliche Generalklausel, wonach die Betriebsräte berufen sind, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen der Arbeiter und Angestellten im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern. In der nachfolgenden, demonstrativen Aufzählung der Aufgaben fand sich in Z 7 leg cit auch das Recht „die Lohnlisten zu prüfen und die Lohnauszahlung zu kontrollieren“. Der Prüfung der Lohnlisten konnte man unterstellen, dass die inhaltliche Richtigkeit geprüft werden konnte (siehe auch Adler, BRG [1962] 12; EA Salzburg4985.5.1923 Arb 3203) und nicht nur, dass ein AN auf den Lohnlisten aufschien. In einer Zeit, in der die Entgeltauszahlung bar erfolgte, wurde nicht nur die Ordnungsmäßigkeit des Entgelts, sondern auch die Abwicklung der Lohnzahlung explizit der Mitwirkung des BR unterstellt. Dass es sich aus der Sicht des Gesetzgebers um eine wesentliche Befugnis gehandelt hat, ist ua daran erkennbar, dass sie nicht nur den Betriebsräten, sondern auch den Vertrauensmännern zustand.

Die Mitwirkung der Belegschaftsvertretung wurde zusätzlich im Steuerrecht (!) verankert. Nach § 234 des Personalsteuergesetzes, RGBl 1896/220 idF der Novelle StGBl 1920/372 waren die Betriebsräte berechtigt, in die „Listen über die durchgeführten Steuerbezüge, sowie die steuerpflichtigen Bezüge, an denen sie vorgenommen wurden ...“ Einsicht zu verlangen. Ergänzend verfügte die Durchführungsverordnung des Finanzministeriums, BGBl 1924/74 in Art 5, dass es den Betriebsräten (wie den Steuerbehörden) erlaubt war „von den Dienstgebern Einsicht in die Stammblätter zu verlangen“. Diese Stammblätter waren nicht als Arbeitsvertrag oder als Dienstzettel iSd § 6 Abs 3 AngG zu verstehen, sie beinhalteten aber detailliert sämtliche Bezüge des AN (bis hin zur Frage, wer „Haushaltsvorstand“ war oder ob „anrechenbare“ Verwandte existierten) und sahen auch die Unterschrift des AN vor. Seit Anbeginn des Mitwirkungsrechtes hatte damit der BR Zugriff auf sämtliche entgeltrelevante Daten in detaillierter Form.

Selbst in der Zeit des Austrofaschismus behielt das Werksgemeinschaftsgesetz, BGBl 1934/153, diese Befugnis (der Vertrauensmänner) in § 6 Abs 2 Z 6 bei (siehe hiezu auch EA Leoben 11.4.1935, Arb 4515). § 14 Abs 1 Z 9 des BRG 1947, BGBl 1947/97, war ohnedies mit dem Wortlaut im ArbVG fast ident.

Diese Rechtskontinuität zeigt jedenfalls sehr deutlich, welch wichtiges Anliegen dem Gesetzgeber die Entgeltkontrolle durch die Belegschaftsvertretung war. Soweit Unterlagen vorhanden waren, ging auch der historische Gesetzgeber stets davon aus, dass sie dem BR zur Verfügung zu stellen waren. Der Gesetzgeber der Ersten Republik hat bei den Stammblättern sogar unwiderleglich vermutet, dass sie für eine zielführende Belegschaftsvertretung maßgeblich sind, ohne einen konkreten Bedarf zu prüfen.

3.
Strukturelle und begriffliche Ansätze

§ 89 Satz 1 ArbVG räumt dem BR in Form einer Generalklausel ein Überwachungsrecht bezüglich der Einhaltung der die AN des Betriebes betreffenden Rechtsvorschriften ein. Zweck dieses Überwachungsrechts ist es, dem BR die Möglichkeit zu geben, die korrekte Behandlung der AN durch den Betriebsinhaber zu überprüfen, Missstände zu beseitigen sowie die Rechtsdurchsetzung einzelner AN zu ermöglichen (vgl etwa Drs, Einsichtsrechte des Betriebsrats, DRdA 2014, 261 [264]; dies in Strasser/Jabornegg/Resch [Hrsg], Kommentar zum ArbVG1 § 89 Rz 2). Der Terminus „Rechtsvorschriften“ ist unabhängig von der Art der Rechtsquellenebene zu verstehen und umfasst (unmittelbar rechtsverbindliche) unionsrechtliche Vorschriften, Verfassungsgesetze und einfache Gesetze, Verordnungen sowie Normen der kollektiven Rechtsgestaltung. Eine Einschränkung des Überwachungsrechts ergibt sich daraus, dass die Rechtsvorschriften die AN des Betriebes betreffen müssen. Dies ist jedoch weit zu verstehen, sodass nicht nur arbeitsrechtliche Bestimmungen (etwa AngG, ASchG, MSchG), sondern auch andere Normen, die den AN betreffen, umfasst sind (zB sozialversicherungs- und abgabenrechtliche Bestimmungen; vgl Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, Rz 24 und 26 ff). Auch allgemeine arbeitsrechtliche Grundsätze wie der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sind eingeschlossen (vgl Löschnigg, Datenermittlung im Arbeitsverhältnis [2009] 196). Die Generalklausel beinhaltet ein laufendes und präventives Kontrollrecht des BR. Zur Geltendmachung bedarf es weder Verdachtsmomente noch konkreter Anlassfälle (vgl Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, Rz 3 und 30).

Die Generalklausel – so bereits seit dem BRG 1919 (siehe unter 2.) – wird durch eine demonstrative Aufzählung (arg: „insbesondere“) von Befugnissen in den Z 1 bis 4 konkretisiert (siehe ErläutRV 840 BlgNR 13. GP 81). Z 1 berechtigt den BR zur Einsichtnahme in die vom Betrieb geführten Aufzeichnungen über die Bezüge der AN und die zur Berechnung dieser Bezüge erforderlichen Unterlagen zur Überprüfung der Richtigkeit und Kontrolle der Auszahlung. Der Begriff der „Bezüge“ ist weit zu verstehen und umfasst sowohl fixe Entgeltbestandteile, Leistungslöhne, Provisionen, Überstundenentgelte als auch freiwillige Leistungen (vgl etwa Auer-Mayer in Gahleitner/Mosler [Hrsg], ArbVG Bd 35 [2015] Rz 9; aA EA Wien V Re 78/86 Arb 10.550) und Aufwandsentschädigungen (vgl Löschnigg, Datenermittlung 197). Die Überprüfung der Bezüge betrifft insb die richtige Einstufung in das Lohn- und Gehaltsschema (Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, Rz 40), aber auch etwa die Einhaltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes oder der Bestimmungen des GlBG. Das Einsichtsrecht erstreckt sich auf alle vom Betrieb geführten Aufzeichnungen über die Bezüge (zB Lohn- und Gehaltslisten, auch wenn diese automationsunterstützt geführt werden) und die zur Berechnung der Bezüge erforderlichen Unterlagen (vgl etwa Auer-Mayer, aaO Rz 9 f). Als erforderliche Unterlagen sind etwa Arbeitszeit- und Krankenstandsaufzeichnungen, jene über die Einstufung sowie die Vordienstzeiten anzusehen (Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, Rz 36). Das Einsichtsrecht nach § 89 Z 1 ArbVG ist nicht auf einen bestimmten Zeitraum oder ein bestimmtes Ausmaß beschränkt. Die Grenze bilden jedoch die zur Erreichung des Überprüfungs- und Kontrollzwecks notwendigen Maßnahmen und das Schikaneverbot (vgl EA Wien Re 88/70 Arb 8771; Löschnigg, Arbeitsrecht13 [2017] Rz 11/032). Das Einsichtsrecht kann unabhängig von der Zustimmung des einzelnen AN ausgeübt werden (siehe etwa Löschnigg, Datenermittlung 197).

Der weite Begriff der Unterlagen deckt grundsätzlich auch den Arbeitsvertrag, den Dienstzettel499und sonstige Unterlagen aus dem Personalakt ab. Damit steht diese Begriffsbildung in einem gewissen Spannungsverhältnis zu § 89 Z 4 ArbVG (siehe unten bzw unter 4.).

Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht ergeben sich dabei keine Einschränkungen, versteht man § 89 ArbVG als Teil des Beschäftigtendatenschutzes iSd Öffnungsklausel des Art 88 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) (vgl Löschnigg/Tischitz, Betriebliche Videoüberwachung zwischen Betriebsverfassung und Datenschutz – Zugleich eine Besprechung von VwGHRo 2016/04/0051 JusIT 2018, 153).

Nach Z 2 des § 89 hat der BR die Einhaltung der für den Betrieb geltenden Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen und sonstigen arbeitsrechtlichen Vereinbarungen zu überwachen. Die hA schließt aus der Formulierung „hat“, dass für § 89 ArbVG insgesamt eine Verpflichtung zur Überwachung besteht (vgl zB Auer-Mayer, aaO Rz 4 mwN).

Gem § 89 Z 4 ArbVG ist dem BR eine Einsicht in die Personalakten – sofern im Betrieb geführt – nur bedingt, nämlich mit Einverständnis des einzelnen AN, zu gewähren. Der Begriff der Personalakten ist gesetzlich nicht definiert, kann aber als Gesamtheit sämtlicher personenbezogener Daten verstanden werden, die der AG einem AN zuordnet. Insofern ist auch der Begriff des Personalakts überholt und sollte iSd Datenschutzrechtsdogmatik zum Personenbezug, zu den Speichermedien etc einer Revision unterzogen werden. Zweifellos ist auch die Ausfertigung des Arbeitsvertrages, die der AG für sich behält, als Teil des Personalaktes zu betrachten (zur Problematik des Entgelts als Vertragsdatum, das sowohl dem AG als auch dem AN zugeordnet werden kann vgl Löschnigg, Datenermittlung 150). § 89 ArbVG versucht, ausdifferenzierte und ausgewogene Lösungen für die unterschiedlichen Interessenlagen im Arbeitsverhältnis zu schaffen. Einen wesentlichen Ansatz hiebei bildet eben das bedingte Mitwirkungsrecht des BR, das gewährleisten soll, dass das datenschutzrechtlich geprägte Geheimhaltungsinteresse des AN in gewissen Fällen dem Belegschaftsinteresse, das der BR vertritt, vorgeht. Mit besonderer Deutlichkeit ist dies in der ArbVG-Novelle BGBl 1986/394zum Ausdruck gekommen. Seit damals stellt § 91 Abs 2 ArbVG klar, dass die Dateneinsicht mit Zustimmung des AN die Regel bildet, jene ohne Zustimmung des AN hingegen die Ausnahme (Löschnigg, Die Mitbestimmung des Betriebsrates bei Personaldatensystemen – Neuerungen der ArbVG-Novelle 1986 [1986] 20). Damit stellt sich stets die Frage nach der Reichweite der Ausnahme, im konkreten Fall nach jener des § 89 Z 1 ArbVG.

4.
Teleologische Argumente

Schon die Entstehungsgeschichte zeigt, dass die Mitwirkung des BR bei der Kontrolle des Entgelts zu den ältesten Befugnissen zählt, die das österreichische Recht kennt. Dies ist auch durchaus verständlich. Die Leistung des Entgelts zählt zu den Hauptpflichten des AG, das Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis bildet regelmäßig die einzige Einnahmequelle für den AN und damit seine finanzielle Basis; gleichzeitig wird die Höhe des Entgelts als sozialer Indikator interpretiert. Die innerbetrieblichen Funktionen und Faktoren des Entgelts sind vielfältig. Sie reichen von Motivationsförderung, Leistungssteigerung und Belohnung bis zu Äquivalenten für Betriebstreue. Das Entgelt beinhaltet aber auch großes Diskriminierungspotential. Schließlich bildet das Entgelt einen wesentlichen bzw in vielen Unternehmen den wesentlichsten Kostenfaktor, sodass Konkurrenzverhalten zwischen Wirtschaftsunternehmen teils über die Lohnkosten ausgetragen wird.

Dieser kleine Ausschnitt an Vorgaben, Funktionen und Möglichkeiten der Instrumentalisierung von Entgelten zeigt durchaus schon das Risiko für den AN, dass die Entgelthöhe nicht den rechtlichen Vorgaben oder den Interessen der Gesamtbelegschaft entspricht. Die hohe Priorität dieser Mitwirkung des BR kommt auch darin zum Ausdruck, dass diese Befugnis in so ausdrücklicher Form in der beispielhaften Auflistung des § 89 ArbVG aufgenommen wurde und dies an erster Stelle. Für das Verhältnis der Z 1 zur Z 4 des § 89 ArbVG kann dies nur bedeuten, dass die Mitwirkungskompetenz des BR in der Entgeltfrage vorrangig ist und dass die Zustimmung des AN nicht erforderlich ist, wenn der BR zur Ausübung der Befugnis nach Z 1 leg cit in die „Personalakte“ iSd Z 4 leg cit Einsicht nehmen muss.

Bei der Beurteilung, in welche Unterlagen dem BR Einsicht zu gewähren ist, stellt der OGH auf das Tatbestandselement der Erforderlichkeit ab („erforderliche Unterlagen“; vgl Z 1) und führt dazu mit Verweis auf Grünanger (Einsichtsrecht[e] in Gehaltsdaten und Personalakten? Die Rechte des Betriebsrats und einzelner Arbeitnehmer, ZAS 2014, 293) aus, dass von einer „verpflichtenden Konnexität zwischen Einsicht und Erforderlichkeit als inhaltliche Einschränkung des Überwachungsrechts“ auszugehen sei (siehe Pkt 4.2. der E). Der Umfang des Einsichtsrechts ergibt sich im vorliegenden Fall somit daraus, welcher Informationen es zur Überprüfung der Einstufung nach dem Stmk. L-DBR in Hinblick auf die Vordienstzeitenanrechnung notwendigerweise bedarf. Dazu benötigt wird jedenfalls die Kenntnis über die dem AG bekanntgegebenen Vordienstzeiten samt Art (früherer AG und Funktion) und Ausmaß der früheren Beschäftigung(en) sowie die Einstufung des AN und der Vorrückungsstichtag.

5.
„Vordienstzeiten-Beiblatt“ als Teil des Dienstvertrages?

Aus der Bezeichnung „Vordienstzeiten-Beiblätter zum Dienstvertrag“ kann nicht eindeutig erschlossen werden, ob diese als integraler Bestandteil des Vertrages zu qualifizieren sind. Das im vorliegenden Fall anzuwendende Stmk. L-DBR, welches der OGH – aufgrund der seiner Ansicht nach nicht bestehenden Erforderlichkeit einer Einsicht in die Dienstverträge – in der E nicht anführt, sieht in § 11 Abs 1 die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung des Dienstvertrages an die DN vor und500legt in Abs 2 bestimmte, zwingend in die Vertragsurkunde aufzunehmende Inhalte fest. Ua sind nach Z 7 der Wirkungsbereich, die Funktionsgruppe, die Gehaltsklasse sowie die Gehaltsstufe anzuführen.

Die landesgesetzlichen Bestimmungen sind zum Großteil dem VBG auf Bundesebene nachgebildet (vgl Aschauer, Millionennachzahlungen in Salzburg nach EuGH-Urteil, ASoK 2014, 171 f). Es überrascht daher nicht, dass auch das VBG die schriftliche Ausfertigung des Dienstvertrages vorsieht und in § 4 Abs 2 Z 5 VBG eine ähnliche Regelung zur Angabe der Einstufung enthält. Der Dienstvertrag hat demnach jedenfalls Bestimmungen darüber zu enthalten, „für welche Beschäftigungsart der Vertragsbedienstete aufgenommen wird und welchem Entlohnungsschema, welcher Entlohnungsgruppe [...] er [...] zugewiesen wird“. Ziehensack (Praxiskommentar zum Vertragsbedienstetengesetz [2015] § 4 Rz 123) fasst diese Angaben unter dem Schlagwort der „Einstufung“ zusammen.

§ 19 Abs 1 VBG sieht weiters vor, dass für die Einstufung und die weitere Vorrückung das Besoldungsdienstalter maßgebend ist, welches nach § 26 VBG die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten, für die Vorrückung wirksamen Zeiten, zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten umfasst. Für die Angabe der Einstufung ist die Vordienstzeitenanrechnung daher notwendige Voraussetzung. Dies ist ebenso im Anwendungsbereich des Stmk. L-DBR – auch ohne Parallelbestimmung zu den §§ 19 und 26 VBG – der Fall (vgl §§ 155, 256 Stmk. L-DBR).

Die Zwecksetzung dieser Bestimmung(en) zur zwingenden Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung des Dienstvertrages entspricht teilweise jener zur Ausstellung eines Dienstzettels iSd AVRAG (welches gem § 1 Abs 2 AVRAG auf Arbeitsverhältnisse zu Ländern nicht zur Anwendung gelangt; vgl Ziehensack, aaO Rz 20). Sowohl der Dienstzettel als auch die schriftliche Ausfertigung des Dienstvertrages nach § 11 Stmk. L-DBR (bzw § 4 VBG) enthalten die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeits- bzw Dienstverhältnis. Nach § 2 Z 7 AVRAG ist auch in den Dienstzettel die „allfällige Einstufung in ein generelles Schema“ aufzunehmen. Da dafür – wie auch für die Einstufung nach dem VBG bzw dem Stmk. L-DBR – die Anrechnung der bekanntgegebenen Vordienstzeiten unumgänglich ist, trifft den AG die Pflicht, diese zu den wesentlichen Rechten des AN zählenden Angaben sachlich richtig in den Dienstzettel zu übernehmen (vgl OGH8 ObA 190/97t wbl 1998, 45).

Der Dienstzettel stellt, im Vergleich zum konstitutiv wirkenden Arbeitsvertrag, keine Rechtsfolgen nach sich ziehende Willenserklärung, sondern eine Wissenserklärung über den schon zuvor vereinbarten Vertragsinhalt dar (vgl OGH9 ObA 180/08y ecolex 2009, 516). Dem Dienstzettel kommt daher eine nur deklaratorische Bedeutung zu (siehe Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 5/090 mwN). Ähnliches gilt für die schriftliche Ausfertigung des Dienstvertrages nach § 11 des Stmk. L-DBR (bzw § 4 VBG). Das Dienstverhältnis kommt auch ohne schriftliche Ausstellung des Dienstvertrages zustande (Ziehensack, aaO § 4a VBG Rz 4/10 und § 4 Rz 12 f sowie 119). Wird ein schriftlicher Dienstvertrag abgeschlossen, so ist ihm allerdings seine konstitutive Wirkung nicht abzusprechen. Die grundsätzliche Verpflichtung zur schriftlichen Ausfertigung vereinigt nur die vertragsbegründende mit der beweissichernden und klarstellenden Funktion.

Bestimmte Umstände, aus denen sich rechtliche Auswirkungen ergeben können, sind jedenfalls (von vornherein) im Vertrag klarzustellen. Insb gilt dies für die Einstufung in das Gehaltssystem, da davon die Höhe der Entlohnung abhängt (vgl ErläutRV 544 BlgNR 5. GP 16). Die Vordienstzeitenanrechnungen sind als im Rahmen der Entlohnungsfrage gezwungenermaßen anzustellende Berechnungen und daher als Teil des vertraglich Vereinbarten anzusehen.

Ob dieses elementare Kriterium für die Entgeltfindung im schriftlichen oder in einem mündlichen Arbeitsvertrag mit deklaratorischem Urkundenkonnex Eingang findet, ist einerlei. Es ist und bleibt Vertragsinhalt. Für den öffentlichen Dienst ist allerdings zu beachten, dass der Vertragsinhalt – bei Übernahme einer bestimmten Tätigkeit – durch das VBG abschließend geregelt ist und nur durch die Konstruktion des Sondervertrags (insb iSd § 36 VBG) durchbrochen wird. Die starke Determinierung der Vertragsinhalte durch das Gesetz ändert aber nichts an dem Umstand, dass es sich um Vertragsinhalte handelt. Dies gilt in besonderem Maße für die Vordienstzeiten, da die Angaben derselben eine Entscheidung des AN darstellen und nur die Begrenzung der Anrechnung Teil der gesetzlichen Vorgaben ist.

6.
Gegensätzliche Auffassungen in der Lehre

Die Frage, ob der BR zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entgelte/Bezüge auch ohne Zustimmung des einzelnen AN in den jeweiligen Arbeitsvertrag Einsicht nehmen kann, wird in der Lehre extrem kontroversiell diskutiert (siehe teilweise oben). Die Hinweise des OGH sind durchaus ausreichend, zumal das Höchstgericht davon ausgegangen ist, dass die Vordienstzeiten-Blätter nicht Teil des Dienstvertrages waren. Eine Wiederholung im Anmerkungsteil kann daher unterbleiben. Ergänzend ist aber auf die treffenden Ausführungen von Goricnik (DRdA 2015, 259) zum obiter dictum in OGH 17.9.2014, 6 ObA 1/14m, wonach § 99 Abs 4 ArbVG keine Grundlage des BR für ein Einsichtsrecht in den Dienstzettel darstellt, zu verweisen.

7.
Conclusio

Geht man von der hier vertretenen Auffassung aus, dass die Vordienstzeiten-Blätter einen Teil des Dienstvertrages darstellen, dann würde der OGH erstmalig ein Einsichtsrecht des BR in den Dienstvertrag ohne Zustimmung des AN bejahen. Da die Vordienstzeiten-Blätter vom Höchstgericht aber als sonstige gehaltsrelevante Unterlagen verstanden werden, bleibt das Verhältnis von Z 1 und 4 des § 89 ArbVG weiterhin strittig.501