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Gefährdungshaftung nach EKHG auch für den beim Betrieb tätigen DN bei Fehler der Beschaffenheit, Versagen der Vorrichtungen oder bei außergewöhnlicher Betriebsgefahr

FERDINANDKERSCHNER (LINZ)
  1. § 3 Z 3 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG nicht anzuwenden für beförderte, beim Betrieb tätige DN) ist iSd Wertungen des § 9 EKHG teleologisch zu reduzieren.

  2. Der Haftungsausschluss gem § 3 Z 3 EKGH ist auch bei einer nicht unmittelbar im Zeitpunkt des Unfalls beförderten Person zu bejahen, wenn die eigentliche berufliche Tätigkeit auch während der Beförderung ausgeübt wird und ein enger faktischer Zusammenhang mit der schadenskausalen beruflichen Tätigkeit mit der Beförderung steht.

Mit seiner am 5.6.2014 eingebrachten Klage begehrte der Kl von der hier Bekl sowie der G* Schadenersatz aus dem Titel des Schmerzengeldes sowie des Verdienstentgangs. Seit 11.10.1982 sei er (bis zu seiner Pensionierung) als Beamter im Dienst der Zweitbekl gestanden. Aufgrund einer gesetzlichen Zuweisung habe er den Dienst bei der Erstbekl verrichtet; diese sei ein Eisenbahnunternehmen. Seine Aufgabe sei es gewesen, in der Zentralwerkstätte der Erstbekl Verschubtätigkeiten defekter Straßenbahnzüge zu koordinieren und durchzuführen. Am 15.5.2012 habe er einen Dienstunfall erlitten, bei dem er verletzt worden sei. Zum Unfall sei es dadurch gekommen, dass ein Triebwagen in der Verschubhalle von einem Kollegen zu stark angeschoben worden sei. Als der Kl dies bemerkt habe und ein händisches Abbremsen gescheitert sei, seien er und ein anderer Kollege auf den Triebwagen aufgesprungen, um diesen mit dem elektronischen und dem manuellen Betriebssystem zu bremsen. Diese Systeme seien allerdings defekt gewesen. Nachdem der rollende Triebwagen die Verschubhalle verlassen hatte, sei er vom Triebwagen abgesprungen und auf eine Verschubbühne gedrängt worden. In der Folge sei er vom rollenden Triebwagen im Bereich der linken Schulter erfasst worden. Ihn treffe kein Verschulden am Unfall. Demgegenüber habe der Kollege, der den defekten Triebwagen angeschoben habe, die einschlägigen Vorschriften missachtet. Er mache seine Ansprüche gegen die Zweitbekl als DG und gegen die Erstbekl als Halterin der Straßenbahn, insb nach den Bestimmungen des ABGB und des EKHG, geltend. Im bereits abgeführten bisherigen Verfahren wurde zunächst ausgesprochen, dass das Erstgericht für die Klage gegen die Zweitbekl sachlich unzuständig ist; die Rechtssache wurde auf Antrag des Kl an das nicht offenbar unzuständige AmtshaftungsG überwiesen.

Gegen die Erstbekl wurde die Klage im bereits abgeführten Verfahren zufolge Unzulässigkeit des Rechtswegs insoweit zurückgewiesen, als die geltend gemachten Ansprüche auf das ABGB wegen Verletzung der Fürsorgepflicht gestützt wurden. Dazu wurde der außerordentliche Revisionsrekurs des Kl mit Beschluss des OGH vom 29.9.2015, 8 ObA 65/15i, zurückgewiesen.

Soweit sich die Klage gegen die Erstbekl auf die Bestimmungen des EKHG bezog, wurde die von der Bekl erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verworfen. Gegenstand des noch anhängigen Verfahrens ist somit nur mehr die Klage gegen die hier Bekl (ursprüngliche Erstbekl), soweit sich die Klage auf Ansprüche nach den Bestimmungen des EKHG bezieht.

Das Erstgericht wies das noch anhängige Klagebegehren – ausgehend vom Vorbringen des Kl und ohne Durchführung eines Beweisverfahrens – ab. § 3 Z 3 EKHG sehe einen Haftungsausschluss vor, wenn der Verletzte zur Zeit des Unfalls beim Betrieb der (hier) Eisenbahn tätig gewesen sei. Dabei sei jene Person beim Betrieb der Eisenbahn tätig, die bei der Beförderung ihre berufliche Tätigkeit ausübe. Die Voraussetzungen für diesen Haftungsausschluss seien im Anlassfall gegeben, weil der Kl in das Verschubgeschehen, das letztlich zu seiner Verletzung geführt habe, eingegriffen habe und darin eingebettet gewesen sei. Schadenersatzansprüche nach dem EKHG gegen die Eisenbahnunternehmerin schieden daher aus.

Das Berufungsgericht bestätigte diese E. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zum Verhältnis des § 3 EKHG zu § 9 EKHG keine einheitliche Rsp des OGH vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Kl ist zulässig, weil eine Klarstellung des OGH zur teleologischen Reduktion des § 3 Z 3 EKHG in den Fällen des § 9 EKHG (vor allem außergewöhnliche Betriebsgefahr) geboten erscheint. Die Revision ist iSd subsidiären Aufhebungsantrags auch berechtigt. [...]

2. Soweit die Klage gegen die hier Bekl auf die Verletzung von Fürsorgepflichten nach dem ABGB gestützt wurde, liegt bereits eine rechtskräftige E über die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs vor. In der dazu ergangenen E des OGH zu 8 ObA 65/15i wurde ua ausgeführt, dass für die hier Bekl als „Beschäftigerin sui generis“ zufolge gesetzlicher Zuweisung des Kl keine eigenständige Fürsorgepflicht besteht. Bei den Fürsorgepflichten der Bekl in Bezug auf ihr zugewiesene öffentlich-rechtliche Bedienstete handelt es sich um die abgeleiteten Fürsorgepflichten des öffentlich-rechtlichen DG. Ihre Verletzung – durch den DG oder ein diesem zurechenbares Organ – ist als Amtshaftungsanspruch gegen den DG geltend zu machen.

3.1 Zu den Ansprüchen auf der Grundlage des EKHG stützen sich die Vorinstanzen auf den Haftungsausschluss des § 3 Z 3 EKHG. Nach dieser Bestimmung ist im Fall der Tötung oder Verletzung eines durch die Eisenbahn oder das Kraftfahrzeug beförderten Menschen das EKHG hinsichtlich der beförderten Eisenbahn oder des beförderten Kraftfahrzeugs502insofern nicht anzuwenden, als der Verletzte zur Zeit des Unfalls beim Betrieb der Eisenbahn oder beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war.

Diese Bestimmung normiert somit einen Ausschluss der Haftung nach dem EKHG, also eine Ausnahme vom Grundsatz der Gefährdungshaftung (RIS-Justiz RS0109833). Nach ihrem Zweck haben die beim Betrieb der Eisenbahn oder beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätigen Personen die Folgen ihrer eigenen Tätigkeit, war diese nun sorglos oder sorgfältig, grundsätzlich selbst zu tragen (RIS-Justiz RS0108193).

„Beim Betrieb tätig“ bedeutet, dass der Verletzte oder Getötete während der schadenskausalen Beförderung, die einen bestimmungsgemäßen Vorgang darstellt (RIS-Justiz RS0058156), seine eigene berufliche Tätigkeit ausübt. Wird die Person hingegen ohne Arbeitsverrichtung bloß wie ein Gast befördert, so ist sie nicht beim Betrieb tätig (RIS-Justiz RS0108191). Der Haftungsausschluss gem § 3 Z 3 EKHG ist nach der Rsp auch bei einer nicht unmittelbar im Zeitpunkt des Unfalls beförderten Person zu bejahen, wenn die eigentliche berufliche Tätigkeit auch während der Beförderung ausgeübt wird und ein enger faktischer Zusammenhang der schadenskausalen beruflichen Tätigkeit mit der Beförderung besteht (RIS-Justiz RS0124240; 9 ObA 52/11d).

3.2 Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen schon ausgehend vom Vorbringen des Kl gegeben sind. Der Kl war Verschubarbeiter in vorgesetzter Stellung. Seine Aufgabe bestand nicht nur in der Organisation, sondern auch in der Durchführung von Verschubtätigkeiten defekter Straßenbahnzüge. Das Aufspringen (noch in der Verschubhalle) auf den rollenden Triebwagen, um diesen abzubremsen, ist noch als Tätigkeit beim Betrieb anzusehen. Das Verschieben von defekten Straßenbahnzügen (Triebwägen und Anhängern) ist in der Zentralwerkstätte der Bekl ein üblicher Betriebsvorgang, bei dem die Verschubarbeiter auf den verschobenen Garnituren auch mitfahren, also befördert werden, und dabei ihre berufliche Tätigkeit ausüben. Der Umstand, dass der Kl nach seinem Vorbringen aufgrund der Gefahrensituation vom Triebwagen (auf eine Verschubbühne iS einer verschiebbaren Gleisbühne) abgesprungen ist, ändert an der Beurteilung nichts, weil in dieser Hinsicht ein enger faktischer Zusammenhang mit der Beförderung besteht.

Der Haftungsausschluss nach § 3 Z 3 EKHG ist im Anlassfall demnach zu bejahen.

4.1 Nach dem Wortlaut des § 3 Z 3 EKHG führt der Haftungsausschluss dazu, dass das EKHG nicht anzuwenden ist. Das Berufungsgericht leitet da raus ab, dass auch § 9 EKHG nicht zur Anwendung gelange. Aus diesem Grund „stelle sich die Frage der Haftung der Bekl nach § 9 EKHG“ nicht. Die gegenteilige Rsp des 2. Senats des OGH werde von den arbeitsrechtlichen Senaten des OGH abgelehnt.

4.2 Richtig ist, dass der 2. Senat des OGH seit 2 Ob 109/04z – unter Hinweis auf § 333 Abs 3 ASVG idF der 48. ASVG-Novelle – die Ansicht vertritt, dass es bei risikoerhöhenden Umständen auf Seiten des Halters bzw Betriebsunternehmers ungeachtet des § 3 Z 3 EKHG als sachgerechte Lösung erscheint, dem beim Betrieb Tätigen die Gefährdungshaftung zu eröffnen und ein allfälliges Mitverschulden des Geschädigten nach § 7 EKHG iVm § 1304 ABGB angemessen zu berücksichtigen. Die „risikoerhöhenden Umstände“ iS von außergewöhnlicher Betriebsgefahr, Fehlern in der Beschaffenheit oder Versagen der Vorrichtungen beruhen nach dieser Rsp auf der Wertung des § 9 EKHG, nach der diese Risiken jedenfalls der Betriebsunternehmer oder Halter zu tragen hat, ohne dass ihm der Entlastungsbeweis offensteht (RIS-Justiz RS0120591; 2 Ob 13/12v).

Daraus folgt, dass der Betriebsinhaber oder Halter das Risiko der außergewöhnlichen Betriebsgefahr, die durch das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten oder eines Tieres ausgelöst wurde, sowie das Risiko eines Fehlers in der Beschaffenheit oder des Versagens der Vorrichtungen jedenfalls zu tragen hat (vgl Schauer in Schwimann/Kodek4 § 3 EKHG, Rz 14). In diesen Fällen trifft den Betriebsunternehmer oder Halter die Gefährdungshaftung des EKHG (RIS-Justiz RS0120591; 2 Ob 13/12v).

In der befürwortenden Literatur (Reischauer, Neuerungen im Bereich des AG-Haftungsprivilegs im Zusammenhang mit Kfz-Verkehr und Integritätsabgeltung,

; Schauer in Schwimann/Kodek4 § 3 EKHG Rz 14) wird dieser Lösungsansatz damit begründet, dass in den erwähnten Fällen des § 9 EKHG eine teleologische Reduktion des § 3 Z 3 EKHG zu erfolgen habe, sodass der Betriebsunternehmer bzw Halter diese Risiken jedenfalls selbst zu tragen habe, während das Element der Zurechnung zum Geschädigten in den Hintergrund trete (2 Ob 109/04z).

4.3 Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts resultiert der dargestellte Lösungsansatz nicht aus einer (vom Berufungsgericht abgelehnten) „Anwendung“ des § 9 EKHG, sondern aus einer teleologischen Reduktion allein des § 3 Z 3 EKHG aufgrund der Wertungen des § 9 EKHG im Verein mit § 333 Abs 3 ASVG (siehe dazu Neumayr in Schwimann, TaKomm ABGB3 § 3 EKHG Rz 4). Dementsprechend erkennt das Berufungsgericht in dieser Hinsicht selbst, dass § 9 EKHG lediglich einen (weiteren) Haftungsausschluss im Fall eines unabwendbaren Ereignisses normiert. Es ist also nicht richtig, dass der 2. Senat des OGH von einer „Anwendung“ des § 9 EKHG ausgehe, die Senate 8 und 9 eine solche „Anwendung“ hingegen ausschließen würden.

5. Die frühere E 2 Ob 203/02w verfolgte noch einen anderen Lösungsansatz als die oben dargestellte neuere Judikatur des 2. Senats. In 2 Ob 203/02w wurde die Haftung (des Haftpflichtversicherers) des AG für einen Arbeitsunfall mit einem Kraftfahrzeug unmittelbar aus § 333 Abs 3 ASVG idF der 48. ASVG-Novelle abgeleitet. Dazu wurde die verschuldensunabhängige Risikohaftung des Auftraggebers (AG) nach § 1014 ABGB als „gesetzliche Haftpflichtbestimmung“ iSd § 2 Abs 1 KHVG [Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz] und damit die daraus resultierenden Ansprüche generell als solche mit einer erhöhten Haftpflicht qualifiziert, weil für Ansprüche nach § 1014 ABGB im Zusammenhang mit einem Verkehrsmittel eine Haftpflichtdeckung des Haftpflichtversicherers bestehe.503

Die E 8 ObA 117/02t lehnte 2 Ob 203/02w zu Recht ab, wobei dafür Überlegungen nach § 1014 ABGB maßgebend waren. Während § 3 Z 3 EKHG die [normale] Gefährdungshaftung des Halters [bzw Betriebsunternehmers] für Personenschäden des beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs [bzw einer Eisenbahn] Tätigen ausschließe, würde der AG und dessen Haftpflichtversicherer bei Anwendung des § 1014 ABGB über die bloße Gefährdungshaftung des Halters hinaus selbst dann haften, wenn der verletzte Betriebsgehilfe selbst den Unfall verschuldet hätte. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die Risikohaftung des AG nach § 1014 ABGB unter Anwendung der Grundsätze des DHG nur dann bejaht werde, wenn der AG ohne den Einsatz der Sachen des AN zur Besorgung der aufgetragenen Arbeit eigene Sachen hätte beistellen und damit das Schadensrisiko selbst hätte tragen müssen.

6.1 Diese früheren Entscheidungen des OGH betreffen somit nicht die Frage der Haftung für die Risiken des § 9 EKHG (vor allem außergewöhnliche Betriebsgefahr). Zu der sich darauf beziehenden neueren Rsp des OGH seit 2 Ob 109/04z besteht auch keine widersprüchliche Judikatur des OGH.

6.2 Der hier erkennende Senat schließt sich insb der Meinung von Schauer (in Schwimann/Kodek4 § 3 EKHG, Rz 8 und 14) an, wonach Ansprüche aus der normalen Gefährdungshaftung des EKHG (gewöhnliche Betriebsgefahr) durch § 3 Z 3 EKHG ausgeschlossen werden, hingegen Schäden aus dem Risiko der außergewöhnlichen Betriebsgefahr, eines Fehlers der Beschaffenheit oder des Versagens der Vorrichtungen jedoch in jedem Fall, also auch im Verhältnis zu einer beim Betrieb tätigen Person, vom Betriebsunternehmer oder Halter zu tragen sind. Insoweit wird die neuere Judikatur des 2. Senats des OGH gebilligt.

7. Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten in dieser Frage der Überprüfung durch den OGH nicht Stand.

Für den Anlassfall ergibt sich daraus Folgendes: Der Kl hat im gegebenen Zusammenhang vorgebracht, dass die elektronischen und manuellen Bremssysteme des rollenden Triebwagens defekt gewesen seien, weshalb der Triebwagen aus der Verschubhalle gerollt und es zum Unfall gekommen sei. Damit kann das auf das EKHG gestützte Klagebegehren nicht schon ausgehend vom Vorbringen des Kl abgewiesen werden. Vielmehr ist der Sachverhalt im Hinblick auf eine mögliche Haftung der Bekl für die geltend gemachten Ansprüche nach den Wertungen des § 9 EKHG zu ermitteln. Insoweit macht der Kl zu Recht sekundäre Feststellungsmängel geltend. Aus diesem Grund waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht das Beweisverfahren zu den hier maßgebenden Fragen abzuführen und dazu den Sachverhalt zu ermitteln haben.

ANMERKUNG

Vorweg kurz die durchaus nicht ganz so einfachen Zusammenhänge:

1. § 331 Abs 1 ASVG nimmt bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten den betroffenen DN – außer bei Vorsatz des DG – Schmerzengeldansprüche. Das wird allgemein als unsachlich empfunden.

2. § 333 Abs 3 ASVG gibt dem DN aber diese wieder zurück, wenn der Arbeitsunfall mit einem Verkehrsmittel passiert, für das gesetzliche erhöhte Haftpflicht besteht.

3. Die Gefährdungshaftung nach EKHG wird aber wieder von § 3 Z 3 für beim Betrieb Tätige ausgeschlossen, wenn sie zu den „beförderten Menschen“ gehören: Dann wieder kein Schmerzengeld. Ob im vorliegenden Fall der Kl wirklich „befördert“ worden ist, könnte mit guten Gründen hinterfragt werden. Verneint man das (Ausnahmen iSd AN-Schutzes eng auszulegen!), so würde das EKHG gelten und ein Haftungsausschluss des DG als Halter wäre nur nach § 9 EKHG wegen unabwendbarem Ereignis möglich. Versagen der Vorrichtungen oder ein Fehler in der Beschaffenheit der Eisenbahn schließen nach § 9 Abs 1 eine Haftungsbefreiung aus bzw eine außergewöhnliche Betriebsgefahr nach Abs 2 leg cit.

4. § 3 schließt in den von ihm geregelten Fällen die Anwendung aber von vornherein generell aus: „dieses Bundesgesetz ... nicht anzuwenden“. Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Wäre der Kl nicht auf den Triebwagen aufgesprungen, könnte man wohl schwer von einer Beförderung sprechen. In einem solchen Fall gäbe es wieder Anspruch auf Schmerzengeld.

Nur obiter: Wenn wirklich – wie behauptet – ein Kollege des Kl den Triebwagen zu stark angeschoben hat und damit das Unfallgeschehen „ins Rollen“ gebracht hat (Ingerenz), wäre dessen Fehlverhalten dem DG gem § 1313a ABGB zuzurechnen und damit wieder wegen Verschuldenshaftung Anspruch auf Schmerzengeld gegeben – freilich nach dem OGH nur im Wege der Amtshaftung.

Auch der AN-Kollege würde nach dem ABGB wohl unbeschränkt haften, da zwischen ArbeitskollegInnen das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) nicht greift (vgl Kerschner, DHG2 [2004] § 1 Rz 20). Der schädigende Arbeitskollege könnte beim DG nach dem Gesetz nur regressieren, wenn auch diesen eine Haftung trifft (vgl wieder Kerschner, DHG2 § 4 Rz 7 ff).

Der gänzliche Ausschluss der Haftung nach EKHG für beförderte, beim Betrieb tätige Personen wird allgemein als zu hart empfunden und man sucht daher nach methodisch zulässigen Wegen, in bestimmten Fällen doch zu einem Schmerzengeldanspruch des verletzten DN zu kommen.

Die Abgrenzung zwischen beförderten und nicht beförderten Personen erscheint – wie der Fall zeigt – ja oft recht schwierig und fast willkürlich. Und die Arbeitsunfälle mögen sehr unterschiedlich sein; dazu nur einige Varianten:

  1. Versagen der Vorrichtungen oder Mangel der Beschaffenheit mit oder ohne Verschulden des verletzten DN.

  2. Der DN ist zumindest (auch) kausal für den Unfall.

  3. Der DN hat nicht alle nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt eingehalten.504

  4. Der Unfall geht auf eine außergewöhnliche Betriebsgefahr iSd § 9 Abs 2 EKHG zurück. Solche Fälle (Verhalten eines Dritten oder eines Tieres) scheinen in der Praxis außerordentlich selten und oft recht konstruiert.

Der 8. Senat hat sich für eine teleologische Restriktion des § 3 Z 3 EKHG entschieden („Ausschluss des Ausschlusses“): Ausnahmsweise Geltung des EKHG auch für beförderte, beim Betrieb tätige Personen, wenn ein Fehler in der Beschaffenheit, ein Versagen der Vorrichtungen oder eine außergewöhnliche Betriebsgefahr vorliegt. Das sind Elemente des § 9 EKHG, der sich aber nur mit der Haftungsbefreiung des DG befasst, gerade nicht aber mit einer Haftungsgründung.

Der Wortlaut des § 3 Z 3 EKHG schließt eindeutig die Anwendbarkeit des Gesetzes somit auch die des § 9 EKHG aus. Die vom OGH vertretene teleologische Reduktion ist eine besondere Form der Analogie, es fehlt nach dem Gesetzeszweck eine Ausnahme (vgl Kerschner/Kehrer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB3 – Klang §§ 6, 7 Rz 69 ff). Im Zweifel ist gegen Analogie und daher auch gegen eine teleologische Reduktion zu entscheiden. Nirgends findet sich ein positiv-rechtlicher Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber in Beförderungsfällen gem § 3 Z 3 EKHG eine Ausnahme machen wollte. Der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Betriebsgefahr! Und das vielleicht aus guten Gründen der Rechtssicherheit! Wer kann denn wirklich klar zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Betriebsgefahr unterscheiden?

Die Lehre sucht nach sachlichen Argumenten (vgl vor allem Schauer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 3 EKHG Rz 9 und 14; Reischauer,

): Vor allem die Gefahrbeherrschung durch den beim Betrieb Tätigen wird ins Treffen geführt, wie auch die Entlohnung und bewusstes Gefahraussetzen („sehendes Auge“; vgl dazu auch S. Riedler, EvBl 2018/85, 601 [603 f]). Wie aber schaut die „sachgerechte Interessenabwägung“ aus, wenn der Mangel in der Beschaffenheit oder der Fehler in der Vorrichtung vom verletzten DN hätte bemerkt werden können oder diese tatsächlich bemerkt hat? Dies zeigt, dass die Kriterien des § 9 Abs 1 EKHG nur Konsequenzen des Gefährdungszusammenhangs sind und wenig bis gar nichts mit der außergewöhnlichen Betriebsgefahr nach § 9 Abs 2 EKHG zu tun haben.

Solche Zwecke könnte der Gesetzgeber möglicherweise verfolgen, hat sie aber nicht verfolgt. Das „subjektive Vernunftrecht“ hat etwas ergeben, was nach der Wertung des Gesetzgebers höchst zweifelhaft ist. So schließen sich Koziol/Apathy/Koch (Österreichisches Haftpflichtrecht III [2018] 57) Schauer nur soweit an, wenn der Unfall auf kein Verhalten der beim Betrieb tätigen Person zurückzuführen ist. Genau das war hier aber nicht der Fall.

Am ehesten könnte man mit Reischauer darauf abstellen, ob der DN jede nach den Umständen erdenkliche Sorgfalt eingehalten hat (

, dagegen aber wieder Schauer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 3 EKHG Rz 14). Somit muss der Weg immer komplexerer Differenzierung fortgeschritten werden. Die Rechtssicherheit spricht dagegen. Damit liegt mE bei der vertretenen teleologischen Reduktion eine Korrektur der gesetzgeberischen Konfliktentscheidung vor (vgl dazu Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit juristischer Methodenlehre10 [2018] 546 Rz 9030).

Ein anderer Weg – der aber vom 8. Senat abgelehnt worden ist – wäre, der eindeutigen Wertung der 48. ASVG-Novelle zu folgen: Das Haftungsprivileg des DG nach § 333 ASVG hat keine Berechtigung, wenn ohnehin eine Haftpflichtversicherung den Schaden deckt (vgl näher Kerschner/Wagner, DRdA 2001, 569 f). Das setzt freilich – wie auch der 8. Senat zutreffend erkannt hat – voraus, dass die Risikohaftung nach § 1014 ABGB analog auch Personenschäden einschließt. Der 8. Senat hat das – gegen einen Großteil der Lehre – so vor allem auch F. Bydlinski (Risikohaftung des Arbeitgebers [1986] 17, weiters Oberhofer, Faber, Kerschner; siehe die Nachweise in Kerschner/Wagner, DRdA 2001, 569 FN 8 und 10) – abgelehnt (vgl OGH 19.12.2002, 8 ObA 117/02t und in der vorliegenden E)! Die Argumente des OGH überzeugen insofern nicht; dagegen bereits ausführlich und überzeugend Kissich, Risikohaftung des Arbeitgebers analog auch für Personenschäden, ZVR 2005, 184 ff. Personenschäden sind auch im direkten Anwendungsbereich des § 1014 ABGB völlig eindeutig zu ersetzen. Zudem müssen die Gesundheitsschäden im Risikozusammenhang liegen, dh sie dürfen nicht dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen sein. Es wird daher eine spezifische und strikte arbeitsbedingte Risikoerhöhung zu fordern sein, die hier im vorliegenden Fall natürlich völlig eindeutig erfüllt ist. Selbstverschulden beim Unfall führt natürlich auch zur Kürzung des Ersatzes gem § 1304 ABGB analog, stark überwiegendes Verschulden kann auch zum gänzlichen Haftungsentfall führen.

Wenn der OGH darauf verweist, dass Haftung nach § 1014 ABGB „nur dann bejaht werde“, wenn der AG ohne den Einsatz der Sachen des AN zur Besorgung der aufgetragenen Arbeit eigene Sachen hätte beistellen und damit das Schadensrisiko hätte selbst tragen müssen, so ist das eine petitio principii: Man kann nicht Personenschäden damit von vornherein ausschließen, dass nur Sachschäden erfasst werden! Das ist ja nur ein mögliches Ergebnis. Und die Fragestellung gilt eben auch parallel für Personenschäden. Schließlich ist dem 8. Senat einzuwenden, dass schuldhaftes Verhalten – wie oben gezeigt – auch bei den Kriterien des § 9 Abs 1 EKHG vorkommen kann und wohl oft wird.

Zuletzt nochmals das entscheidende Sachargument: Der Gesetzgeber hat § 333 Abs 3 ASVG für Fälle aufgemacht, in denen der DG letztlich nicht selbst belastet wird. Das Schmerzengeld hat die Versicherung zu tragen. Warum soll man dann das Schmerzengeld, soweit es vom Versicherungsvertrag gedeckt ist, den DN vorenthalten? Ausführlich zur Frage, ob auch die Risikohaftung unter die gesetzliche Haftpflichtversicherung fällt, bei Kerschner/Wagner, DRdA 2001, 570 ff.505