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Mitwirkungsrechte des Betriebsrates im Universitätsrat – Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte

MARTINACHLESTIL

Die BR der bekl Universität sowie deren Betriebsratsvorsitzende begehren die Feststellung von Mitwirkungsrechten im Universitätsrat gem § 21 Abs 15 UG 2002, so etwa das Recht auf rechtzeitige Information zu Tagesordnungspunkten im Vorhinein, das Recht auf unmittelbare Zusendung des Sitzungsprotokolls nach Unterfertigung durch den Vorsitzenden, das Recht auf Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden auch an Sitzungen des Universitätsrats im Zusammenhang mit der Wahl des Rektors. Der ordentliche Rechtsweg sei zulässig, weil nicht hoheitliche, das Universitätsgeschehen inhaltlich gestaltende Akte Grundlage der Klagebegehren seien, sondern Rechte der Kl als AN-Vertreter.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Der Universitätsrat werde bei der Abwicklung und Organisation seiner Sitzungen, hinsichtlich derer die Kl Teil-24nahmerechte geltend machen, als Organ der Universität iSd § 21 Abs 1 UG 2002 im Rahmen der Selbstverwaltung der Universität tätig. Da dieser Tätigkeit öffentlich-rechtlicher Charakter zukomme, sei die Rechtssache den ordentlichen Gerichten entzogen. Das OLG als Rekursgericht gab dem dagegen von den Kl erhobenen Rekurs Folge. Den Betriebsräten der Universitäten werde durch § 21 Abs 15 UG 2002 ein zusätzliches Instrument zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Belegschaft iSd § 38 ArbVG eingeräumt. Streitigkeiten aus der Betriebsverfassung seien nach § 50 Abs 2 ASGG Arbeitsrechtssachen, die von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden seien. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil oberstgerichtliche Rsp zur Geltendmachung von Mitwirkungsrechten der Betriebsräte gem § 21 Abs 15 UG 2002 fehle.

Nach dem OGH ist der Revisionsrekurs zulässig, aber nicht berechtigt. Ob die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen sind, also der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zulässig ist, hängt davon ab, ob ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch iSd § 1 JN erhoben wird. Bürgerlich-rechtliche (Privatrechtliche) Ansprüche sind dadurch gekennzeichnet, dass sich gleichberechtigte Rechtssubjekte gegenüberstehen, während im öffentlichen Recht ein übergeordnetes Rechtssubjekt einseitige Gestaltungsakte setzen kann, denen das untergeordnete Rechtssubjekt unterworfen ist; zum öffentlichen Recht gehören aber auch Ansprüche, denen zwar das Charakteristikum der einseitigen Rechtsunterworfenheit fehlt, die aber mit typisch öffentlich-rechtlichen Ansprüchen in so untrennbarem Zusammenhang stehen, dass auch sie dem öffentlichen Recht zugewiesen werden müssen.

Bei den durch § 21 Abs 15 UG 2002 den Betriebsratsvorsitzenden eingeräumten Mitwirkungsrechten handelt es sich somit um Rechte von Belegschaftsvertretern, die mit der Interessenwahrnehmungskompetenz nach dem ArbVG unmittelbar in Zusammenhang stehen, damit die Vorsitzenden der beiden bestehenden Betriebsräte ihren Aufgaben nachkommen können. Ungeachtet ihrer Einbettung in die organisationsrechtlichen Vorschriften bestehen diese Befugnisse nicht gegenüber bestimmten Organen, sondern im Wesentlichen gegenüber dem Betriebsinhaber. Die Betriebsratsvorsitzenden wurden dadurch auch nicht zu Mitgliedern des Universitätsrats, sodass diese Mitwirkungsrechte inhaltlich nicht zur inneren Organisation des Universitätsrats zählen, sondern echte Mitwirkungsrechte von Belegschaftsvertretern gegenüber dem AG sind (vgl Kucsko-Stadlmayer, Die Mitwirkungsbefugnisse der Betriebsratsvorsitzenden im Universitätsrat, zfhr 2011, 217 [219]).

Derartige Befugnisse sind grundsätzlich ihrem Wesen nach privatrechtlicher Art, weil hier ein Belegschaftsorgan dem Betriebsinhaber bzw dem AG – entsprechend dem arbeitsverfassungsrechtlichen Konzept des ArbVG – gleichberechtigt gegenübersteht. Dem stünde eine mittels Bescheid der bekl Universität getroffene Entscheidung über die jeweiligen Mitwirkungsrechte des Betriebsratsvorsitzenden nach § 21 Abs 15 UG 2002 entgegen.

Dass der Universitätsrat ein Organ der bekl Universität ist und als solches öffentlich-rechtliche und damit hoheitliche Aufgaben besorgt, steht der Entscheidung des Gesetzgebers, dem BR bzw dessen Vorsitzenden privatrechtliche Mitwirkungsbefugnisse gegenüber dem Betriebsinhaber einzuräumen, nicht entgegen. Die klagsgegenständlichen Ansprüche sind daher bürgerlich-rechtliche Ansprüche, für die mangels anderer ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung der ordentliche Rechtsweg nach § 1 JN zulässig ist.