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Entlassung wegen beharrlicher Verweigerung vertraglicher Dienstpflichten

RICHARDHALWAX
§ 63 Abs 2 lit d NÖ LVBG

Die 1955 geborene Kl war ab 1995 bei der Bekl, einer Stadtgemeinde, als Bürokraft angestellt. Die Kl wurde nach dem NÖ Landes-Vertragsbedienstetengesetz, LGBl 2300 (NÖ LVBG) als Ärzteschreibkraft eingereiht.

Mit Schreiben vom 22.3.2012 wurde festgehalten, dass die Kl ab sofort zusätzlich zum Röntgensekretariat für die Verwaltung des Röntgenarchivs sowie für das Schlaflabor zuständig sei. Am 22.3.2012 wurde die Kl schriftlich ermahnt, weil sie ihrem Arbeitsauftrag im Schul- und Gynäkologie/Geburtshilfearchiv nicht nachgekommen sei. Eine weitere schriftliche Ermahnung mit Androhung der Entlassung erfolgte am 17.12.2012, weil die Kl den Auftrag einer Oberärztin, Befunde beizuschaffen, nicht befolgt hatte.

Im Mai 2014 wurde die Kl beauftragt, alte Röntgenbilder des Röntgenarchivs zu entsorgen. Sie erklärte, dass dies nicht ihre Aufgabe sei. Sie erhielt daraufhin am 2.6.2014 eine schriftliche Dienstanweisung, mit dem Auftrag, die aussortierten Röntgenbilder in bereitgestellten Containern abzulegen, der sie nicht Folge leistete. Sie gab auch zu verstehen, in Zukunft nicht die Absicht zu haben, dieser Anweisung zu entsprechen, dies in Kenntnis der Ermahnungen und mit der Nichtbefolgung einhergehenden dienstlichen Konsequenzen.

Mit Schreiben vom 12.6.2014, das der Kl am 13.6.2014 übergeben wurde, erklärte die Bekl, das Dienstverhältnis nach § 63 Abs 2 NÖ LVBG mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Als Begründung wurden eine mehrmalige Arbeitsverweigerung und die Nichtbefolgung von Dienstanweisungen geltend gemacht.

Die Kl begehrte die Feststellung, dass das Dienstverhältnis über den 13.6.2014 hinaus aufrecht besteht. Sie habe ihre Dienstpflicht immer ordnungsgemäß erfüllt. Die Entsorgung alter Röntgenbilder habe nicht ihrer Verwendung entsprochen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Kl gab das Berufungsgericht Folge. Die Kl sei als Ärzteschreibkraft angestellt gewesen. Die Stellenbeschreibung biete keine Anhaltspunkte dafür, dass sie auch für Entsorgungsarbeiten in einem der Archive eingesetzt werden könne. Die „Tätigkeitserweiterung“ vom 22.3.2012 sei eine vom Dienstvertrag nicht gedeckte einseitige Anordnung. Damit stelle aber die Weigerung der Kl, nicht vom Vertrag gedeckte Tätigkeiten durchzuführen, keinen Entlassungsgrund dar. Der OGH erachtete die außerordentliche Revision der Bekl als zulässig und auch berechtigt.

Nach § 63 Abs 2 lit d NÖ LVBG liegt ein wichtiger Grund, der den DG zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses (Entlassung) berechtigt, insb vor, wenn der Vertragsbedienstete sich weigert, seine Dienstverrichtungen ordnungsgemäß zu versehen oder sich dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten zu fügen. Bei der Feststellung des als vereinbart anzusehenden Tätigkeitsbereichs ist nicht nur die tatsächliche Verwendung ausschlaggebend. Aus der bloßen Tatsache der längeren Verwendung des AN an einen bestimmten Arbeitsplatz kann nämlich für sich allein noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass sich der auf diese Weise als vereinbart anzusehende Aufgabenkreis des AN auf diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit beschränkt habe. Insb bei unkündbaren Arbeitsverhältnissen legt die Rsp den Umfang der Arbeitspflicht des AN weiter aus.

Nach der Stellenbeschreibung, auf die sich die Kl selbst im Verfahren berufen hat, gehörte zu ihren Aufgaben ua auch die ordnungsgemäße Archivierung von Röntgenfilmen und CD‘s. Der Bekl ist darin zuzustimmen, dass die Verantwortung für ein Archiv und die ordnungsgemäße Archivierung auch die Verantwortung für das Ausscheiden der nicht mehr zu archivierenden Unterlagen beinhaltet. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kl Tätigkeiten angewiesen wurden, zu denen sie vertraglich verpflichtet war. Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass diese Arbeit der Kl auch nicht körperlich unzumutbar war. Es war daher von der Verweigerung der Erfüllung der vertraglichen Dienstpflichten und der Weigerung der Befolgung dienstlicher Weisungen durch die Kl auszugehen.

Richtig ist laut OGH, dass für die Berechtigung einer Entlassung ein Sachverhalt verwirklicht sein muss, der seinem Gewicht nach eine Weiterbeschäftigung des Vertragsbediensteten unzumutbar erscheinen lässt. Auch kleinere Dienstpflichtverletzungen können bei Beharrlichkeit das Gewicht einer gröblichen Dienstpflichtverletzung erreichen (OGH 27.6.2013, 8 ObA 39/13p).

Wenn die Kl sich darauf beruft, dass die verweigerte Tätigkeit nur geringfügig gewesen sei, war es gerade die Beharrlichkeit ihrer Weigerung, trotz schriftlicher Dienstanweisung, Beiziehung des BR und Hinweis auf die mit einer Weigerung verbundenen Folgen, die die Gröblichkeit der Dienstpflichtverletzung ausmacht. Insgesamt war daher von einer Berechtigung der Entlassung auszugehen.27