21Kündigung wegen Dienstunfähigkeit: Vergangene Krankenstände ohne Berücksichtigung der Art und Ursachen der Erkrankungen reichen für negative Zukunftsprognose nicht aus
Kündigung wegen Dienstunfähigkeit: Vergangene Krankenstände ohne Berücksichtigung der Art und Ursachen der Erkrankungen reichen für negative Zukunftsprognose nicht aus
Die Kl war seit 2000 bei der Bekl beschäftigt und wurde als Straßenbahnfahrerin zur Dienstleistung zugewiesen. Auf das Dienstverhältnis kamen die Bestimmungen der VBO Wien zur Anwendung.
Die Kl war 2011 an 73 Tagen und 2012 an 96 Tagen im Krankenstand, dann in Karenz, ferner war sie 2015 26 Tage und 2016 97 Tage im Krankenstand. Seit 2.3.2017 befindet sie sich wegen psychischer Probleme im Krankenstand. Sie hat die Bekl über die konkreten Ursachen der jeweiligen Erkrankungen nie in Kenntnis gesetzt.
Mit Schreiben vom 15.2.2017 kündigte die Bekl das Dienstverhältnis der Kl gem § 42 Abs 2 Z 2 VBO Wien zum 31.7.2017 auf, weil diese zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten gesundheitlich ungeeignet sei.
Die Kl begehrte daraufhin klagsweise die Feststellung, dass das Dienstverhältnis über den 31.7.2017 hinaus aufrecht sei, da sie zum Kündigungszeitpunkt wieder dienstfähig gewesen wäre und keine negative Zukunftsprognose hinsichtlich zukünftiger Krankenstände abgegeben werden könne, da ihren Krankenständen gänzlich unterschiedliche Ursachen zugrunde gelegen seien.
Die Bekl behauptete, dass die in den letzten Jahren weit über dem Durchschnitt gelegenen und eine steigende Tendenz aufweisenden Krankenstände den Kündigungsgrund der Dienstunfähigkeit erfüllten. Unterschiedliche Ursachen der Krankenstände würden auf einen schlechten Allgemeinzustand der Kl deuten, sodass auch in Zukunft hohe Krankenstände im Ausmaß von mehr als sieben Wochen pro Jahr zu befürchten wären.
Das Erst- wie auch das Berufungsgericht schlossen sich dem an und entschieden im klagsabweisenden Sinne. Das Berufungsgericht führte aus, dass eine Kündigung nach § 42 Abs 2 Z 2 VBO Wien auch dann zulässig sei, wenn der AN zwar grundsätzlich für seine Arbeit körperlich geeignet sei, ihn aber laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß auftretende Krankenstände an der Dienstleistung hinderten. Es sei daher auch nicht zwingend die Einholung eines ärztlichen Gutachtens erforderlich, um eine Zukunftsprognose zu erstellen. Dies wäre auch bei objektiver Betrachtung der Krankenstände in der Vergangenheit und ihren Ursachen möglich.
Die von der Kl erhobene außerordentliche Revision wurde vom OGH zugelassen und iSd subsidiär gestellten Aufhebungsantrags als berechtigt angesehen.
Für den OGH war der festgestellte Sachverhalt noch unzureichend, um sich der von den Vorinstanzen angenommenen negativen Zukunftsprognose über die weitere Dienstfähigkeit der Kl anzuschließen. Diese wurde seiner Meinung nach alleine auf Grundlage der vergangenen Krankenstände und ohne Berücksichtigung der Art der Erkrankungen samt deren Ursachen erstellt. Alleine daraus kann noch nicht die Beurteilung gewonnen werden, bei der Kl werde (aufgrund ihres schlechten gesundheitlichen Allgemeinzustands) auch in Zukunft mit weit überhöhten Krankenständen zu rechnen sein. Immerhin hat sich die Kl darauf berufen, zum Kündigungszeitpunkt dienstfähig gewesen zu sein und von einer günstigen Zukunftsprognose auszugehen, wobei sie sich auf die Einholung medizinischer Sachverständigengutachten berief.
Diese Einwände der Kl blieben für den OGH von den Vorinstanzen noch ungeprüft. Die Kündigung wäre für den Gerichtshof nur dann gem § 42 Abs 2 Z 2 VBO Wien gerechtfertigt, wenn die Kl zum Kündigungszeitpunkt entweder grundsätzlich für ihre Arbeit körperlich ungeeignet oder aufgrund ihres Gesundheitszustandes weiterhin mit überhöhten Krankenständen in der Zukunft zu rechnen war.31