24

Kriterien für eine sozialversicherungsfreie Abgangsentschädigung

REGINAZECHNER

Der spätere Beschwerdeführer (BF) war ab 1.3.2013 bei einem Fußballklub als Fußballtrainer beschäftigt. Mit dem DG wurde vertraglich vereinbart, dass eine Beendigung des Dienstverhältnisses nur zum Ende der Spielsaison (31.5.) zulässig ist. Am 7.6.2016 wurde für die Spielsaison 2016/2017 eine Vereinbarung über die (weitere) Dauer der Tätigkeit als Trainer geschlossen und die monatlichen Bezüge auf insgesamt € 2.340,- brutto (plus Punkteprämie) angehoben. Am 30.6.2016 wurde das Dienstverhältnis vom DG beendet, da man sich ua aufgrund personeller Änderungen im Vorstand nicht mehr an die Vereinbarung gebunden fühle. Der BF brachte eine Klage am ASG Wien ein, in der er ua die Feststellung begehrte, dass das Dienstverhältnis ungekündigt aufrecht fortbesteht sowie in eventu, dass der ehemalige DG schuldig ist, dem BF den bis zum Ende der Spielsaison 2016/2017 vereinbarten Lohn zuzüglich aliquoter Sonderzahlungen zu bezahlen. Am 7.11.2016 wurde ein Vergleich geschlossen, in dem sich der DG zu einer Zahlung von € 18.000,- netto sowie € 2.000,- an Anwalts- und Gerichtskosten – fällig in drei Raten am 15.11.2016, 15.12.2016 und 15.1.2017 – verpflichtete. Die Beendigung zum 30.6.202016 blieb aufrecht. Auf Grundlage der vereinbarten Vergleichssumme wurden vom ehemaligen DG in Form einer Kündigungsentschädigung für den Zeitraum von 1.7.2016 bis 31.5.2017 Sozialversicherungsbeiträge entrichtet.

In der Folge hat das AMS mit Bescheid vom 25.9.2017 den Arbeitslosengeldbezug im Zeitraum 1.7.2016 bis 30.7.2017 gem § 24 Abs 2 AlVG widerrufen und die im gegenständlichen Zeitraum zu Unrecht bezogene Leistung in Höhe von € 12.770,94 gem § 25 Abs 1 AlVG zurückgefordert, da der Bezug einer Kündigungsentschädigung Arbeitslosigkeit ausschließe.

In seiner Beschwerde brachte der BF vor, dass der im Vergleichsweg zugesprochene Betrag nicht als Kündigungsentschädigung iSd § 12 Abs 1 Z 2 AlVG, sondern als eine (den Bezug von Arbeitslosengeld nicht ausschließende) beitragsfreie Abgangsentschädigung iSd § 49 Abs 3 Z 7 ASVG zu werten und die Rückforderung daher zu Unrecht erfolgt sei.

Das BVwG wies die Beschwerde ab.

Wird ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich über den dem DN nach Beendigung des Dienstverhältnisses gebührenden Arbeitslohn abgeschlossen, so verlängert sich gem § 11 Abs 2 ASVG die Pflichtversicherung um den Zeitraum, der durch den Vergleichsbetrag (Pauschbetrag) gedeckt ist. Die Pflichtversicherung besteht auch weiter für die Zeit eines Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt sowie für die Zeit des Bezuges einer Kündigungsentschädigung.

Nach der Rsp des VwGH sind derartige Vergleichssummen als Entgelt aus dem Dienstverhältnis iSd § 49 Abs 1 ASVG anzusehen, sofern es sich nicht ausdrücklich um Entgelt iSd § 49 Abs 3 ASVG handelt, welches von der Beitragspflicht ausgenommen ist, wie etwa die Gewährung einer Abgangsentschädigung (VwGH 23.4.2003, 2000/08/0045; VwGH 14.5.2003, 2000/08/0103). Eine derartige Deklarierung des Vergleichsbetrags wurde im gegenständlichen Fall nicht vorgenommen.

Zur Anerkennung als beitragsfreie Abgangsentschädigung hat die Rsp zwei Voraussetzungen entwickelt. Entweder war eine solche Leistung in der verglichenen Höhe tatsächlich strittig oder sie wurde erkennbar als Gegenleistung dafür vereinbart, dass der DG dem DN damit im Kündigungsanfechtungsverfahren sein Prozessrisiko der Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses „abkauft“. In diesem Fall wird der Geldbetrag also tatsächlich für das Einverständnis des DN zur Beendigung des Dienstverhältnisses geleistet (VwGH 11.7.2012, 2009/08/0117; VwGH 11.12.2013, 2013/08/0167), dh dafür, dass ein DN aus dem Dienstverhältnis ausscheidet oder von einer weiteren Prozessführung betreffend Fortbestehen des Dienstverhältnisses Abstand nimmt (VwGH 14.5.2003, 2000/08/0103). Beide Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall nicht vor, da weder eine freiwillige Abfertigung strittig war noch der Betrag für das Einverständnis zur Beendigung des Dienstverhältnisses geleistet wurde, da das Dienstverhältnis ohnehin am 31.5.2017 geendet hätte.

§ 25 Abs 1 zweiter Satz AlVG sieht in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird, die Rückforderung zuerkannter Leistungen vor. Eine nachträgliche Vereinbarung eines Beschäftigungsverhältnisses iSd Bestimmung kann für einen Zeitraum, in dem ein Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht bestanden hat, nur in der Weise geschehen, dass entweder die Dauer des Arbeitsverhältnisses entsprechend verlängert wird (woraus sich dann der auf § 1151 ABGB gegründete Entgeltanspruch des DN ergibt) oder dass zwar am früheren Beendigungszeitpunkt festgehalten, der DN aber im Ergebnis so gestellt wird, als wäre er in einem weiteren Zeitraum beschäftigt gewesen, dh dass ihm sein Entgeltanspruch für diesen weiteren Zeitraum so gewährt wird, als ob eine Beschäftigung stattgefunden hätte oder nur aus einem Grund iSd § 1155 ABGB unterblieben wäre (VwGH 13.8.2003, 2000/08/0064).

IdS ist auch der getroffene Vergleich zu deuten: Der BF hatte in eventu die Bezahlungen des Lohns zuzüglich Sonderzahlungen bis zum Ende der Spielsaison 2016/2017 begehrt. Mit dem abgeschlosse-34nen Vergleich wurde dem Begehren teilweise entsprochen. Der ausbezahlte Nettobetrag exklusive Kosten entspricht dem Nettoentgelt inklusive Sonderzahlungen im Zeitraum Juli 2016 bis März 2017. ISd der oben zitierten Rsp wurde der DN also trotz Festhaltens am Beendigungsdatum zum 30.6.2016 so gestellt, als wäre er im Streitzeitraum bis 31.3.2017 in einem Dienstverhältnis gestanden. Die Pflichtversicherung wurde daher gem § 11 Abs 2 ASVG bis Ende März verlängert und es liegt der Rückforderungstatbestand des § 25 Abs 1 zweiter Satz vor. Sowohl der Widerruf als auch die Rückforderung waren daher berechtigt und die Beschwerde abzuweisen.