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Nur teilweiser Anspruchsverlust durch verspätete gemeinsame Hauptwohnsitzmeldung

MURATIZGI

Die Tochter des Kl wurde am 2.6.2015 geboren. Die Mutter bezog für diese vom 7.8.2015 bis 1.9.2016 pauschales Kinderbetreuungsgeld in der Variante 15 + 3.

Der Vater (und Kl) beantragte am 9.9.2016 die Zuerkennung von pauschalem Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 2.9.2016 bis zur höchstmöglichen Bezugsdauer. Die Tochter war erst seit 8.9.2016 beim Kl „hauptwohnsitzlich“ gemeldet.

Mit dem angefochtenen Bescheid lehnte die bekl Wiener Gebietskrankenkasse den Antrag des Kl auf Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld ab. Zwischen 2.9. und 7.9.2016 habe kein gemeinsamer Haushalt iSd § 2 Abs 6 KBGG zwischen Vater und Tochter bestanden.

Das Erstgericht sprach dem Kl pauschales Kinderbetreuungsgeld für die Tochter in der Höhe von € 26,60 täglich (Variante 15 + 3) für den Zeitraum vom 8.9. bis 25.11.2016 zu. Das Mehrbegehren auf Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld auch für die Zeiträume vom 2.9. bis 7.9.2016 sowie vom 26.11. bis 1.12.2016 wies es hingegen unbekämpft ab.

Das von der Bekl gegen den klagestattgebenden Teil des Urteils angerufene Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und ließ auch die Revision an den OGH nicht zu.

In ihrer außerordentlichen Revision brachte die Bekl im Wesentlichen vor, dass der unmissverständliche Wortlaut des § 5b Abs 3 KBGG ein lückenloses zeitliches Anknüpfen der Bezugsteile der Eltern voraussetze; an dem fehle es hier, sodass die Voraussetzungen für die Verlängerung des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld nicht gegeben seien. Mit diesem Argument sah der OGH keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt, sodass er die außerordentliche Revision zurückwies.

Zur Frage, ob der nicht durchgehende Bezug von Kinderbetreuungsgeld durch beide Eltern im Anwendungsbereich des § 5 Abs 2 KBGG idF BGBl I 2009/116 anspruchsschädlich sei, hält der OGH zum wiederholten Mal fest, dass „die Verlängerung der Anspruchsdauer über die Vollendung des 30. Lebensmonats hinaus“ nicht voraussetzt, dass der Bezug von Kinderbetreuungsgeld durch den zweiten Elternteil unmittelbar an den Zeitraum des tatsächlichen Bezugs durch den anderen Elternteil anschließt.

Hinsichtlich der näheren Begründung verweist der OGH auf seine jüngst ergangene E vom 26.6.2018 zu 10 ObS 46/18i, in der er zusammengefasst ausgeführt hat, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen hat, für einzelne Zeiträume auf das Kinderbetreuungsgeld zu verzichten (§ 2 Abs 5 KBGG idF BGBl I 2009/116), wodurch der Anspruch auf43Kinderbetreuungsgeld vorübergehend oder vorzeitig endet (§ 5 Abs 6 KBGG idF BGBl I 2009/116). Der Verzicht bewirkt zwar eine Unterbrechung oder Lücke im Kinderbetreuungsgeldbezug, die für sich alleine aber einer Fortsetzung des Bezugs nicht entgegensteht. Darüber hinaus bewirke ein Verzicht die Verkürzung des Anspruchszeitraums. Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, den Fall einer durch einen Verzicht entstandenen Bezugslücke anders behandeln zu wollen als jenen Fall, in dem der Bezug durch den anderen Elternteil als Folge einer verspäteten Antragstellung nicht nahtlos an den vorangegangenen Bezugszeitraum anschließt.

Im Ergebnis setzt der OGH den gegenständlichen Fall einer verspäteten gemeinsamen „hauptwohnsitzlichen“ Meldung trotz fristgerechter Antragstellung den Fällen der verspäteten Antragstellung sowie den Fällen einer durch Verzicht entstandenen Bezugslücke gleich. Die Rechtsfolge ist zwar ein teilweiser, aber kein völliger Anspruchsverlust.