36

Keine Anrechnung der Einkünfte aus reiner Beteiligung als Kommanditistin für die Ermittlung der Zuverdienstgrenze beim KBGG

MURATIZGI

Die Kl ist Kommanditistin und AN der A KG. Als AN hat die Kl im Jahr 2012 von 1.1. bis 9.2. ein Gehalt von insgesamt € 3.456,39 brutto erhalten. Aus der Beteiligung an der KG ergab sich für die Kl für das Jahr 2012 ein Gewinnanteil von € 11.296,78. Die Zurechnung dieses Gewinns erfolgte unabhängig von der Entfaltung einer Tätigkeit der Kl. Der Gewinnanteil wurde der Kl nicht ausgezahlt, er verbleibt in der Gesellschaft. Im Einkommensteuerbescheid der Kl für das Jahr 2012 wurde dieser Gewinnanteil mit dem Betrag von € 11.296,78 als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ neben den von der Kl aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielten Einkünften der Berechnung der Einkommensteuer zugrunde gelegt.

Mit Bescheid vom 16.9.2016 widerrief die bekl Niederösterreichische Gebietskrankenkasse die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes als Ersatz des Erwerbseinkommens für den Zeitraum von 22.11. bis 31.12.2012 in der Höhe der Überschreitung der Zuverdienstgrenze und verpflichtete die Kl zum Rückersatz von € 1.762,-.

Die Kl begehrte in der dagegen gerichteten Klage die Feststellung, dass diese Rückersatzverpflichtung nicht zu Recht bestehe. Sie brachte zusammengefasst vor, dass es sich bei dem von ihr für das Jahr 2012 erzielten Gewinnanteil um Einkünfte aus Kapitalvermögen handle, die nicht beachtlich iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG seien. Daran ändere der Umstand nichts, dass diese Einkünfte als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb zu versteuern gewesen seien. Maßgeblich sei, dass die Kl im Zeitraum von 22.11. bis 31.12.2012 keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und dass ihr der Gewinnanteil entsprechend dem Gesellschaftsvertrag nicht ausgezahlt worden sei.

Die Bekl wandte dagegen ein, dass sowohl sie als auch die Gerichte an den Bescheid des Finanzamts gebunden seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht gab der von der Bekl gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung keine Folge.

Der OGH erachtete die vom Berufungsgericht zugelassene Revision für unzulässig.

Im Wesentlich ist Gegenstand dieser E zum einen die Bindungswirkung an den Einkommensteuerbescheid der Abgabenbehörde und zum anderen die Beachtlichkeit der Einkünfte im Hinblick auf die Zuverdienstgrenze.

Zu der Frage der Bindungswirkung an den Bescheid des Finanzamts hat der OGH bereits mehrfach – auch zum KBGG – betont, dass aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozial(versicherungs) gesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen iSd EStG 1988 und dem Erwerbseinkommen iSd Sozialversicherungsgesetze erhebliche Unterschiede bestehen können, sodass die Versicherungsträger (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) bei der Ermittlung des relevanten Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen als die Steuerbehörden im Abgabenverfahren kommen können. Entsprechend seiner ständigen Judikatur verneint der OGH auch eine Bindung der Gerichte an einen Einkommensteuerbescheid der Abgabenbehörde bei der Ermittlung der Einkünfte im Hinblick auf die Zuverdienstgrenze.

Gestützt auf seine stRsp führt der OGH zur zweiten Frage weiters aus, dass die als Kommanditist erzielten Einkünfte, wenn sich dessen Tätigkeit auf den bloßen Einsatz seines Kommanditanteils beschränkt, kein Erwerbseinkommen aus sonstiger selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit darstellen. Sozialversicherungsrechtlich ist in diesem Fall von einem bloßen Einkommen aus Kapitalvermögen auszugehen.

Dementsprechend stellt der OGH klar, dass die von der Kl allein aus ihrer Stellung als Kommanditistin erzielten steuerpflichtigen „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ im konkreten Einzelfall nicht für die Berechnung der Zuverdienstgrenze heranzuziehen sind. Dabei sieht er zu den Wertungen des KBGG44auch keinen Widerspruch, wonach Eltern die Zuverdienstgrenze überschreiten, wenn sie während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld Erwerbseinkünfte (§ 24 Abs 1 Z 3 KBGG) erzielen, während der Bezug insb auch von Einkünften aus Kapitalvermögen nicht mehr schadet, weil es sich dabei nach der Ansicht des Gesetzgebers gerade nicht um Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit handelt. Nicht unerwähnt lässt der OGH auch den Umstand, dass die Einkünfte der Kl aufgrund einer gesellschaftsrechtlich zulässigen Vereinbarung real gar nicht zukamen.