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Erfolgsprämie als Sonderleistung ist bei der Ermittlung der Zuverdienstgrenze für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld nicht zu berücksichtigen

MURATIZGI

Die bekl Tiroler Gebietskrankenkasse widerrief mit Bescheid die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes als Ersatz des Erwerbseinkommens für den Zeitraum vom 1.1. bis 13.8.2012 wegen der Überschreitung der Zuverdienstgrenze und verpflichtete die Kl zum Rückersatz von € 7.211,66.

Die Kl, die sich während des gesamten Jahres 2012 aus Anlass der Geburt ihrer Tochter am 14.8.2011 in Karenz befand und keiner Erwerbstätigkeit nachging, erhielt im April 2012 eine aus dem Jahr 2011 resultierende Sonderzahlung in Höhe von € 6.105,30 brutto. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Erfolgsprämie für das Jahr 2011 sowie der lohnverrechnerischen Berücksichtigung eines Weihnachtsgeschenks im Jahr 2011. Von diesem Bruttobetrag wurde bei der Auszahlung die Lohnsteuer in Höhe von € 2.202,15 in Abzug gebracht und der Kl der Nettobetrag von € 3.850,50 überwiesen. Darüber hinaus hatte die Kl im Jahr 2012 keine Einkünfte.

Mit dem Einkommensteuerbescheid der Kl für das Jahr 2012 wurde die Einkommensteuer für dieses Jahr mit € 2.202,- festgesetzt und ausgesprochen, dass das Einkommen im Jahr 2012 € 5.331,79 betrug.

Die Kl brachte zusammengefasst vor, dass es sich bei der im April 2012 erhaltenen Zahlung um eine einmalige Sonderleistung gem § 67 EStG gehandelt habe, die für die Beurteilung der Überschreitung der Zuverdienstgrenze außer Betracht zu bleiben habe.

Die Bekl wandte dagegen ein, dass sowohl sie als auch die Gerichte an den Bescheid des Finanzamts, und zwar auch an dessen Begründung, gebunden seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht gab der von der Bekl gegen diese E erhobenen Berufung nicht Folge und ließ auch die Revision nicht zu. Da die Bekl das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzeigen konnte, wies der OGH die außerordentliche Revision zurück.

Zu der Frage der Bindungswirkung an den Bescheid des Finanzamts hat der OGH bereits mehrfach – auch zum KBGG – betont, dass aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozial-(versicherungs-)gesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen iSd EStG 1988 und dem Erwerbseinkommen iSd Sozialversicherungsgesetze erhebliche Unterschiede bestehen können, sodass die Versicherungsträger (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) bei der Ermittlung des relevanten Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen als die Steuerbehörden im Abgabenverfahren kommen können. Entsprechend seiner ständigen Judikatur verneint der OGH auch eine Bindung der Gerichte an einen Einkommensteuerbescheid der Abgabenbehörde bei der Ermittlung der Einkünfte im Hinblick auf die Zuverdienstgrenze.

Zu den Einkünften der Kl führt der OGH aus, dass in einem Fall, in dem ein AN neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben AG sonstige, insb einmalige Bezüge (zB 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) erhält, eine gem § 67 Abs 1 EStG zu besteuernde Sonderleistung vorliege. Sonstige Bezüge seien daher solche Lohnteile, die zwar aufgrund eines Dienstverhältnisses und vom selben AG, aber neben und zusätzlich zum laufenden Lohn aus diesem Dienstverhältnis gezahlt werden.

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass die einmalige Zahlung einer aus dem Vorjahr resultierenden Erfolgsprämie und eines Weihnachtsgeschenks des AG nach diesen Kriterien eine Sonderleistung gem § 67 Abs 1 EStG darstellen, hält der OGH daher für vertretbar.

Abschließend weist der OGH auf die Bestimmung des § 8 Abs 1 Z 1 KBGG hin, wonach bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auf die während des Kinderbetreuungsgeldbezugs nach steuerrechtlichen Grundsätzen erzielten Einkünfte (Lohnsteuerbemessungsgrundlage) abzustellen ist. Gem § 8 Abs 1 Z 1 Satz 2 KBGG bleiben sonstige Bezüge iSd § 67 EStG 1988 jedoch außer Ansatz.45