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Ehrenbeleidigung durch Sohn des Geschäftsführers nicht dem Arbeitgeber zurechenbar – Austritt unberechtigt

MANFREDTINHOF

Der angestellte Kl trat infolge einer ehrenbeleidigenden Äußerung des Sohnes des Geschäftsführers der Bekl gem § 26 Z 4 AngG vorzeitig aus dem Dienstverhältnis aus. Der Sohn des Geschäftsführers war bei der Bekl gewerberechtlicher Geschäftsführer. Er hatte den Kl als „charakterlose Sau“ bezeichnet, weil dieser das Unternehmen ehestmöglich verlassen wollte. Mit der vorliegenden Klage machte der Kl die sich aus einem berechtigten vorzeitigen Austritt ergebenden Ansprüche geltend. Die Bekl müsse sich die Äußerung zurechnen lassen. Der Sohn des Geschäftsführers der Bekl sei faktisch geschäftsführend tätig gewesen und daher als Repräsentant der Bekl anzusehen. Die Bekl beantragte Klagsabweisung, weil ihr die Äußerung nicht zurechenbar sei. Außer Streit steht, dass die getätigte Äußerung eine erhebliche Ehrverletzung iSd § 26 Z 4 AngG darstellt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl Folge. Der OGH hielt die Revision der Bekl für zulässig und berechtigt und stellte das Ersturteil wieder her.8

AG iSd § 26 Z 4 AngG ist grundsätzlich nur der Geschäftsinhaber (bei juristischen Personen die vertretungsbefugten Organe), also derjenige, der die Verantwortung für das gesamte Unternehmen trägt und in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen und weitere Ehrverletzungen in Zukunft zu verhindern. Ihm gleichgestellt sind jene Personen, die kraft ihrer Befugnisse und ihrer Stellung gegenüber den anderen AN als zur selbstständigen Geschäftsführung berufene Stellvertreter anzusehen sind, also solche Personen, die zur selbstständigen Ausübung von Unternehmer- und insb AG-Funktionen berechtigt sind. Derartige Funktionen kamen dem Sohn des Geschäftsführers nicht zu, er war insb nicht befugt, Mitarbeiter einzustellen oder zu kündigen.

Darüber hinaus können auch von Repräsentanten des AG begangene Ehrverletzungen diesem zugerechnet werden und den Angestellten zum sofortigen Austritt berechtigen. Repräsentanten sind Personen, die in der Organisation der juristischen Person eine leitende Stellung innehaben und dabei mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet sind. Die Funktion des Sohnes als gewerberechtlicher Geschäftsführer als solche vermittelt diesen Zusammenhang nicht und ist hier auch sonst nicht geeignet, die DG-Eigenschaft nach § 26 Z 4 AngG zu begründen. Aus dieser Funktion lässt sich auch nicht ableiten, dass der Sohn des Geschäftsführers Personalverantwortung für den Kl gehabt hätte. Aus den Feststellungen geht hier auch nicht hervor, dass der Sohn des Geschäftsführers gegenüber dem Kl sonst eine leitende Stellung mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis gehabt hätte, war der Kl doch in der Verwaltungsabteilung tätig, in der seine direkte Vorgesetzte die Exgattin des Geschäftsführers war. Der Kl suchte von sich aus ein Gespräch mit dem Sohn des Geschäftsführers der Bekl in einer Angelegenheit (Beendigung des Dienstverhältnisses), die keinen Zusammenhang mit der fachlichen Ausübung des Gewerbes (§ 39 Abs 1 GewO 1994) aufwies und bei der letzterem auch sonst keine entsprechende Anordnungs- oder Entscheidungsbefugnis zukam. Eine Zurechnung aufgrund einer Repräsentantenstellung des Sohnes des Geschäftsführers der Bekl an diese kommt danach nicht in Betracht.

Der Kl kann sich auch nicht auf einen vom AG selbst oder einen vom Sohn des Geschäftsführers geschaffenen bzw geduldeten äußeren Tatbestand berufen. Solchen Erwägungen wäre nur nachzugehen, wenn der rechtfertigende Tatbestand mit Zutun desjenigen zustande gekommen ist, dem der Schutz zum Nachteil gereicht. Das wäre hier die Bekl, vertreten durch ihren Geschäftsführer. Derartiges lässt sich aus dem Sachverhalt jedoch nicht ableiten. Entgegen dem Vorbringen des Kl steht nicht fest, dass sich der Sohn gegenüber dem Kl als Chef („Juniorchef“) präsentiert und „aufgespielt“ hat. Dass der Sohn das Vorstellungsgespräch mit dem Kl (mit-)geführt und mit seiner Mutter Vorschläge von Stellenbewerbern ausgearbeitet hat, ändert nichts daran, dass die Entscheidungsbefugnis über die Einstellung des Kl beim Geschäftsführer lag und es auch dieser war, der dem Kl die Einstellungszusage machte. Andere ausreichende Gründe für die Schaffung eines entsprechenden äußeren Tatbestands durch den Geschäftsführer liegen nicht vor. Der Sohn des Geschäftsführers der Bekl ist dieser daher nicht in ihrer Eigenschaft als AG des Kl iSd § 26 Z 4 AngG zuzurechnen.