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Abfertigungsanspruch bei Arbeitnehmerkündigung wegen Inanspruchnahme der Invaliditätspension auch bei Zuspruch der Pension mittels Vergleichs

CHRISTOSKARIOTIS

Der Antrag des Kl auf eine Invaliditätspension wurde von der der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) zunächst abgelehnt. Im anschließenden Gerichtsverfahren verpflichtete sich die PVA nach Vorliegen von Sachverständigengutachten in einem Vergleich zur Leistung einer Invaliditätspension ab 1.9.2015. Der Kl kündigte am 19.8.2015 das Arbeitsverhältnis wegen Inanspruchnahme der Invaliditätspension zum nächstmöglichen Termin.

Der bekl AG lehnte einen Abfertigungsanspruch des Kl ab und begründete ihre Rechtsansicht insb damit, dass der Tatbestand des § 23a Abs 1 Z 2 AngG nicht erfüllt sei, weil das betreffende Gerichtsverfahren „lediglich“ durch Vergleich endete und kein positiver Pensionsbescheid bzw kein stattgebendes Urteil des Gerichts vorliegt.

Die Vorinstanzen haben dem Kl übereinstimmend die Abfertigung zugesprochen. Der OGH wies die Revision des Bekl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.

§ 23a AngG enthält – als Ausnahmebestimmung zu § 23 Abs 7 AngG – den Abfertigungsanspruch bei AN-Kündigung (ua) wegen Pensionsantritts. § 23a Abs 1 Z 2 AngG verlangt hierfür, dass das Dienstverhältnis „wegen Inanspruchnahme“ einer Pension (iSv lit a oder b der Z 2) durch Kündigung seitens des DN endet.

Der Begriff „Inanspruchnahme“ ist dahin auszulegen, dass der AN ein ihm im Gesetz eingeräumtes Recht auf Gewährung der Pension geltend macht, wofür eine entsprechende Antragstellung bei der PVA und die gehörige Fortsetzung des vom Sozialversicherungsträger über diesen Antrag eingeleiteten Verfahrens notwendig ist. Der bloße Wille zur Inanspruchnahme einer Pension allein wahrt den Abfertigungsanspruch zwar nicht, der Abfertigungsanspruch hängt aber auch nicht von der bescheidmäßigen Gewährung der Pension ab.

Bei positiver Erledigung eines Pensionsantrags nach Selbstkündigung eines DN besteht der Abfertigungsanspruch unabhängig davon zu Recht, ob die tatsächlichen materiellen Voraussetzungen für die Pensionsgewährung vorlagen oder der DN bei Stellung seines Pensionsantrags gutgläubig war. Dass eine positive Erledigung in diesem Sinne nur bei Ergehen eines positiven Pensionsbescheides oder eines den Pensionsanspruch bestätigenden sozialgerichtlichen Urteils vorliegen soll, nicht aber im – hier gegebenen – Fall, dass das sozialgerichtliche Verfahren mit einem inhaltsgleichen Vergleich endete, ist zu verneinen. Nach der Rsp ist die bescheidmäßige Erledigung des Pensionsverfahrens für den Abfertigungsanspruch des DN gegen den DG gar nicht zwingende Voraussetzung. Eine solche Bindung widerspräche auch der gesetzgeberischen Intention bei Einführung des § 75 Abs 3 ASGG, wonach Rechtsstreitigkeiten durch gerichtlichen Vergleich ganz oder teilweise beigelegt werden können. Ein „bloß“ auf einem mit der Pensionsversicherungsanstalt abgeschlossenen Vergleich beruhender Pensionsanspruch ist gegenüber einem solchen, der mit Bescheid oder mit Urteil zuerkannt wurde, insoweit gleichwertig.

Zusammenfassend hielt der OGH somit fest, dass es für die Erfüllung des Tatbestands des § 23a Abs 1 Z 2 nicht von Bedeutung ist, ob das Pensionsverfahren durch Bescheid, durch Gerichtsurteil oder durch Vergleich beendet wird. Vielmehr vermag auch ein gerichtlicher Vergleich Tatbestandswirkung zu entfalten.