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Zur arbeitszeitrechtlichen Qualifikation von Umkleidezeiten

SUSANNEAUER-MAYER (SALZBURG)
§ 2 AZG; § 2 KA-AZG; § 32 NÖ L-BG; § 14 Nö LVBG; Art 2 RL 2003/88/EG
  1. Sind AN verpflichtet, die zu tragende Dienstkleidung ausschließlich im Betrieb zu wechseln, so zählt das Umkleiden einschließlich damit verbundener Wegzeiten zu den Erfüllungshandlungen des arbeitsvertraglich Geschuldeten und folglich zur Arbeitszeit.

  2. Bei Einschränkung der vertraglichen Verpflichtungen auf die „Kernarbeit“ würde der Begriff der Arbeitszeit unzureichend erfasst.

  3. Die vermeintliche Beliebigkeit der Dauer des Umkleidens spricht nicht gegen die Wertung als Arbeitszeit.

Die Bekl betreibt 19 Landeskliniken [...]. In der jeweiligen Anstaltsordnung ist angeordnet, dass die DN die für ihre Berufsgruppe vorgesehene Dienst- und Schutzkleidung zu tragen haben. Das Tragen der Dienst- und Schutzkleidung außerhalb des Krankenhausareals ist nicht zulässig. Die Dienstkleidung muss vor Arbeitsbeginn angezogen werden. Die gebrauchte Dienstkleidung muss in der Klinik abgelegt werden und darf aus hygienischen und rechtlichen Gründen nicht mit nach Hause genommen werden.

Pkt 3.7. der Persönlichen Hygienerichtlinien sieht dazu vor:

„Umgang mit Privat- und Dienstkleidung.Die Dienstkleidung wird vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt. Sie muss während der Arbeit getragen werden. Das Tragen von Privatkleidung über der Dienstkleidung ist unzulässig. Wird Privatkleidung getragen, so muss diese vollständig von der Dienstkleidung bedeckt sein [...]. Dienstkleidung und Privatkleidung sind getrennt voneinander aufzubewahren. Die Dienstkleidung muss regelmäßig und bei sichtbarer Verschmutzung sofort gewechselt werden. Dienstkleidung darf nur im Krankenhaus getragen werden und ist ausschließlich durch die Wäscherei des Krankenhauses desinfizierend zu reinigen.“

Das Anlegen der Dienstkleidung erfolgt im Auftrag und Interesse der Bekl als DG aus hygienischen, organisatorischen und rechtlichen Gründen. In hygienischer Hinsicht steht fest, dass Dienstkleidung eine gewisse Schutzwirkung vor möglicher Kontamination des Personals selbst und der Außenwelt hat (Heraustragen der Keime in die Außenwelt). In organisatorischer Hinsicht dient das Tragen der Dienstkleidung einem „nach außen hin Kenntlich-Machen“ der Krankenhausbediensteten gegenüber Patienten, Besuchern, Rettungs- und Krankentransportdiensten etc. Zum rechtlichen Aspekt steht fest, dass die Aufbereitung von Dienstkleidung (fachgemäße Reinigung und Lagerung), die von der Bekl den DN zur Verfügung gestellt wird, unter Einhaltung validierter Rahmenbedingungen in Wäschereien mit entsprechendem Hygienezertifikat vom AG auf dessen Kosten vorzunehmen ist. Die Bediensteten müssen ihre Dienstkleidung täglich wechseln [...].256

Das Erstgericht stellte anhand von zwei Kliniken beispielhaft die verschiedenen Wegzeiten zwischen Wäscheautomaten, Zentralgarderoben und Abteilungen fest, die im geringsten Fall eine Minute [...], im längsten Fall 23 Minuten [...], sonst zwischen zwei und zehn Minuten betrugen.

Der Kl beantragte mit der vorliegenden Klage nach § 54 Abs 1 ASGG die folgende Feststellung:

Es wird festgestellt, dass die in Landeskliniken (Krankenanstalten) privatrechtlich beschäftigten DN der Bekl Anspruch auf Einrechnung jener Zeiträume in die Dienstzeit haben, die unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der DN zum An- und Auskleiden erforderlich ist, soweit ihnen das Tragen einer speziellen Dienst- und Schutzkleidung vorgeschrieben wird und ein An- und Auskleiden außerhalb des Landesklinikums (der Krankenanstalt) nicht gestattet ist; dies einschließlich der innerbetrieblichen Wegzeiten von der Umkleidestelle oder einer Wäscheausgabestelle bis zum dienstlichen Tätigkeitsbereich bzw umgekehrt, von diesem zu einer Umkleidestelle oder einer Wäscheabgabestelle. [...]

Die Bekl bestritt, beantragte Klagsabweisung [...].

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt [...].

Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung der Bekl [...] keine Folge [...].

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Gem § 2 Z 1 Krankenanstalten-ArbeitszeitG (KAAZG) gilt als Arbeitszeit iSd Bundesgesetzes die Zeit vom Dienstantritt bis zum Dienstende ohne die Ruhepausen.

Gem § 32 Abs 1 NÖ L-BG und § 14 Abs 1 Nö LVBG ist Dienstzeit die Zeit der Dienststunden, der Überstunden und des Bereitschaftsdienstes (Abs 6), während derer der Vertragsbedienstete verpflichtet ist, seiner dienstlichen Tätigkeit nachzugehen.

Wenngleich diese Definitionen mit jener der Arbeitszeit in § 2 Abs 1 Z 1 AZG als Zeit „vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“ nicht deckungsgleich sind, wird damit jeweils im Kern beschrieben, dass die Arbeitszeit beginnt, sobald der AN in Entsprechung der arbeitsvertraglichen Verpflichtung seine Arbeit aufnimmt oder dem AG zur Aufnahme der Arbeit zur Verfügung steht [...].

2. Beim Verständnis von Arbeitszeit ist auch auf Art 2 Z 1 der RL 2003/88/EG [...] Bedacht zu nehmen [...]. Der EuGH hat dazu in der Rs C-266/14Tyco mwN wiederholt, dass die RL keine Zwischenkategorie zwischen den Arbeitszeiten und den Ruhezeiten vorsieht (Rn 26). Dafür, dass der AN während der Arbeitszeit dem AG zur Verfügung stehen muss, ist der Umstand entscheidend, dass der AN verpflichtet ist, sich an einem vom AG bestimmten Ort aufzuhalten und sich zu dessen Verfügung zu halten, um gegebenenfalls sofort seine Leistungen erbringen zu können (Rn 35). Ein AN steht also nur dann seinem AG zur Verfügung, wenn er sich in einer Lage befindet, in der er rechtlich verpflichtet ist, den Anweisungen seines AG Folge zu leisten und seine Tätigkeit für ihn auszuüben (Rn 36). Dagegen spricht es dafür, dass der betrachtete Zeitraum keine Arbeitszeit iSd RL ist, wenn die AN ohne größere Zwänge über ihre Zeit verfügen und ihren eigenen Interessen nachgehen können (Rn 37) [...].

3. Der OGH hat in zwei Entscheidungen (9 ObA 89/02g; 9 ObA 133/02b [Zirkusmusiker: Anziehen der Uniform vor einer Vorstellung im Wohnwagen]) festgehalten, dass die Zeit, die ein AN vor seinem Eintreffen an der Arbeitsstätte zum Anziehen seiner Arbeitskleidung benötigt, im Allgemeinen nicht als Arbeitszeit zu werten ist. Konstellationen, in denen dies allenfalls anders zu sehen wäre – etwa die Notwendigkeit einer großen Zeitaufwand erfordernden Kostümierung –, müssten behauptet und bewiesen werden.

Diese Rsp indiziert die Notwendigkeit einer Differenzierung.

4. In der Literatur zählt Grillberger in Grillberger, AZG3 § 2 Rz 3, unter Verweis auf diese Rsp die allenfalls notwendige persönliche Vorbereitung, wie etwa das Anziehen einer speziellen Arbeitskleidung, noch nicht zur Arbeitszeit.

Schrank, Arbeitszeitgesetze4 § 2 Rz 6, lässt eine Ausnahme nur für besonders aufwändige dienstgeberseitige Arbeitsbekleidungs- oder spezifische Hygieneanforderungen gelten.

Ähnlich stellt Löschnigg, Arbeitsrecht13 6/370, für die Qualifikation von Vorbereitungshandlungen als Arbeitszeit auf die Notwendigkeit zeitintensiver und arbeitsleistungsspezifischer Vorbereitungshandlungen ab.

In einer ausführlichen Stellungnahme spricht sich auch Resch, Umkleidezeit und Beginn der Arbeitszeit, RdW 2015, 109 (mwN zur dt Literatur) gegen eine Qualifikation von Umkleidezeiten als Arbeitszeit aus. Der AN sei während des Umkleidens noch nicht arbeitsbereit [...]. Zu Recht erfolge im österreichischen Arbeitsrecht keine Atomisierung des Arbeitszeitbegriffs [...] Den nationalen Gepflogenheiten entspreche es, dass die normalen und üblichen Vorbereitungshandlungen, zu denen auch das Umkleiden bzw Anziehen von Dienstkleidung gehöre, nicht zur Arbeitszeit gehören. Auch stehe die Beliebigkeit der Dauer des Umkleidens nicht im Einflussbereich des AG. Die AN würden sich typischerweise vehement gegen ein Drängen des AG auf ein rasches Umkleiden wehren. [...]

Nach Gerhartl, Was zählt als Arbeitszeit? ecolex 2015, 693, weisen Umkleidezeiten kein ausreichendes Ausmaß an Nahebeziehung zur arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit auf. Der AN erscheine nicht unbekleidet zur Arbeit, müsse sich also zu Hause ohnehin jedenfalls bekleiden [...]. Nur wenn der AN seine Arbeitskleidung nicht mit nach Hause nehmen dürfe, [...] liege eine arbeitsrechtlich relevante und somit als Arbeitszeit zu qualifizierende Umkleidetätigkeit vor. [...]

Mazal, Umkleidezeit als Arbeitszeit, in Kietaibl/Schörghofer/Schrammel, Rechtswissenschaft und Rechtskunde, Liber Amicorum für Robert Rebhahn, 63 (66 ff), führt [...] aus, die RL wolle nicht undifferenziert alle Zeiten des Zur-Verfügung-Stehens in die Arbeitszeit einbeziehen; umgekehrt sollten aber Zeiten, in denen der AN eine für den AG relevante Aufgabe erfülle, dem Arbeitszeitbegriff der RL nicht entzogen sein. Von einer Aufgabenerfüllung könne man nur sprechen, wenn der AN257in der Gestaltung der Zeit in einem Mindestmaß an Intensität nicht autonom, sondern für den AG agiere. Es müsse sich um Zeiten handeln, in denen der AN Handlungen setze, die nicht Ausfluss seiner eigenen Gestaltung seien, sondern Ausfluss der Fremdbestimmung durch den AG [...]. Das Anlegen einer Dienstkleidung in einer Krankenanstalt für Ärzte und Pflegepersonal sei eine Tätigkeit, die im Auftrag und Interesse des DG erfolge. Dieser sei aus hygienischen und organisatorischen Gründen [...] verpflichtet, unter seiner Verantwortung gereinigte und für die jeweiligen Berufsgruppen einheitliche Dienstkleidung zur Verfügung zu stellen [...]. Darüberhinaus erfolge mit berufsgruppenspezifischer Dienstkleidung ausreichend organisatorische Klarheit in der Zuordnung von Personal bestimmter Kategorien sowohl für Patienten als auch für das Personal selbst. Das Tragen spezifischer Dienstkleidung [...] sei auch ausnahmslos vorgeschrieben. An- und Auskleiden in Krankenanstalten seien daher dem Arbeitszeitbegriff zuzurechnende Tätigkeiten.

Auch Klein in Heilegger/Klein, AZG4 § 2 Rz 9, differenziert, in wessen Interesse die Durchführung von Tätigkeiten bzw Wahrnehmung von Funktionen durch den AN erfolge. Vollends deutlich werde die Zuordnung, wenn der AG nicht nur eine spezifische Arbeitskleidung vorschreibe, sondern zugleich anordne, dass diese jedenfalls im Betrieb zu verbleiben habe und dort an- und auszuziehen sei [...].

Das Berufungsgericht folgte schon in einer früheren rechtskräftigen E unter ausführlicher Analyse auch der deutschen Lehre und Rsp der Ansicht Mazals (9 Ra 149/16x mwN zur Rsp des BAG) [...].

5. Auch der erkennende Senat schließt sich im vorliegenden Fall insb den Erwägungen von Mazal an. Hervorzuheben ist, dass die AN hier nicht nur arbeitsvertraglich verpflichtet sind, Dienstkleidung zu tragen, sondern auch, dass sich diese Verpflichtung [...] darauf erstreckt, die Dienstkleidung ausschließlich im Krankenhaus zu wechseln. Damit ist nicht nur das An- und Ablegen der Dienstkleidung als solches vorgegeben. Der AN kann auch nicht mehr entscheiden, ob er die Dienstkleidung zu Hause oder im Betrieb an- und ablegt [...]. Dass der Weisung des AG eine öffentlich-rechtliche Rechtsvorschrift zugrunde liegt, unterstreicht dabei nur, dass der Umkleidevorgang vor Ort primär in seinem Interesse liegt. Die arbeitsvertragliche Verpflichtung des AN zum Umkleiden vor Ort geht hier weiter mit der Verpflichtung zum Abholen und Zurückgeben der Dienstkleidung im Betrieb einher, sie umfasst daher auch die damit verbundenen Wegstrecken zwischen den Umkleidestellen, Wäscheautomaten und der eigentlichen Arbeitsstelle. All das geht über die bloße Möglichkeit des Umkleidens im Betrieb hinaus. Ist ein AN aber so weit gebunden, dass er bei einer solchen Handlung auch über seinen Aufenthaltsort nicht selbst entscheiden kann, ist ein solches Mindestmaß an Intensität der Fremdbestimmung gegeben, dass eine arbeitsleistungsspezifische Tätigkeit oder Aufgabenerfüllung für den AG zu bejahen ist.

6. Zählt das Umkleiden einschließlich der Wegzeiten damit aber bereits zu den Erfüllungshandlungen des arbeitsvertraglich Geschuldeten, trifft es entgegen der Revision der Bekl nicht zu, dass die DN während des Umkleidens und der Wegzeiten nicht in der Lage wären, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Sollte dem die Erwägung zugrunde liegen, dass die vertraglichen Verpflichtungen auf die „Kernarbeit“ im eigentlichen Sinne einzuschränken seien, würde der Begriff der Arbeitszeit unzureichend erfasst.

7. Angesichts der festgestellten Weg- und Umkleidezeiten ist auch keine Atomisierung des Arbeitszeitbegriffs (vgl Resch, Umkleidezeit und Beginn der Arbeitszeit, RdW 2015, 109 ff, 111 ff) zu befürchten. Auch die vermeintliche Beliebigkeit der Dauer des Umkleidens spricht nicht gegen die Wertung als Arbeitszeit, weil das Tempo einer Arbeitsleistung idR eine individuelle Komponente hat und „Trödeln“ grundsätzlich nicht mit der Disqualifikation der geleisteten Zeit als Arbeitszeit zu sanktionieren ist. Ob sich AN dann gegen ein Drängen des AG auf rasches Umkleiden wehren würden, ist hier ebenso wenig zu beurteilen wie allfällige Unterbrechungen der Arbeitszeit (Rauchpausen oä) vor Aufnahme oder nach Beendigung der Arbeit auf den Stationen.

8. Zusammenfassend sind die Umkleidezeiten und die damit verbundenen innerbetrieblichen Wegzeiten im vorliegenden Fall primär im Interesse des DG gelegene arbeitsleistungsspezifische Tätigkeiten. Sie weisen ein solches Maß an Fremdbestimmung auf, dass es gerechtfertigt ist, sie als Arbeitszeit iSd genannten Bestimmungen anzusehen. [...]

ANMERKUNG
1.
Grundsätzliches

Das Vorliegen von „Arbeitszeit“ hat in der Praxis immense Bedeutung. So droht AG bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Höchstgrenzen der Arbeitszeit (vgl insb §§ 7, 9 AZG; Art 6 RL 2003/88/EG) oder der vorgeschriebenen Ruhepausen und Ruhezeiten (vgl nur §§ 11, 12 AZG sowie das ARG; Art 3 bis 5 RL 2003/88/EG) eine Verwaltungsstrafe (siehe vor allem § 28 Abs 2 AZG). Darüber hinaus knüpft sich daran aber auch die Frage, inwieweit bestimmte Zeiträume auf die Dienstzeit anzurechnen und folglich zu vergüten sind. Weder das AZG noch die RL 2003/88/EG enthalten zwar (mit Ausnahme der zu gewährenden Zuschläge) Vorgaben hinsichtlich des gebührenden Entgelts; deren Festlegung obliegt daher primär dem KollV bzw nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips der Einzelvereinbarung (vgl zB EuGHC-518/15, Matzak, EU:C:2018:82; OGH8 ObA 61/13yDRdA 2014/41, 420 [Schindler]; OGH8 ObA 23/15p ZAS 2016/41, 236 [Wolf ] mwN). Dabei sind sachliche Differenzierungen, insb solche nach dem Ausmaß der Inanspruchnahme des/der AN, keineswegs ausgeschlossen. Bei Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung haben AN aber nach überzeugender Rsp für die gesamte Arbeitszeit Anspruch auf das für ihre Dienstleistung vorgesehene („Normal“-)258 Entgelt (zB OGH 30.3.2011, 9 ObA 25/11h; OGH8 ObA 321/01s Arb 12.266; RIS-Justiz RS0021667; RS0021595; RS0021399; zur Frage der Umgehung gebührender Zuschläge näher Felten in Grillberger [Hrsg], AZG3 § 10 Rz 21 ff). Im Lichte des LSD-BG hat auch dies neben einer zivilrechtlichen eine verwaltungsstrafrechtliche Dimension.

2.
Auslegungsbedürftigkeit des Begriffs Arbeitszeit

Ungeachtet der geschilderten Auswirkungen ist der Begriff der Arbeitszeit nur vergleichsweise rudimentär geregelt: § 2 Abs 1 Z 1 AZG definiert „Arbeitszeit“ als „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“. Wann tatsächlich von „Arbeit“ durch den/die AN auszugehen ist, bleibt allerdings offen. Aus Regelungen wie §§ 5, 5a, 20a und 20b AZG ist immerhin abzuleiten, dass der österreichische Gesetzgeber grundsätzlich auch Zeiten der Arbeitsbereitschaft und (passive) Reisezeiten, nicht aber Zeiten bloßer Rufbereitschaft als Arbeitszeit ansieht. Eine Definition der Begriffe Arbeits- und Rufbereitschaft fehlt jedoch ebenso wie eine solche der Ruhepause und Ruhezeit. Nichts anderes gilt letztlich für die Vorgaben in Sondergesetzen, mögen die dortigen Festlegungen auch, wie im gegenständlichen Fall jene des NÖ L-BG bzw Nö LVBG, im Wortlaut von § 2 Abs 1 AZG abweichen und teilweise ein wenig konkreter sein.

Nach Art 2 Z 1 AZ-RL 2003/88/EG ist als „Arbeitszeit“ dagegen jede Zeitspanne anzusehen, „während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“. Dem steht nach Z 2 leg cit die „Ruhezeit“ als „jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit“ gegenüber. Eine Zwischenkategorie kennt die RL nach stRsp des EuGH nicht. Zeiten können hier daher nur entweder als Arbeitszeit oder als Ruhezeit angesehen werden (vgl EuGHC-303/98, Simap, ECLI:EU:C:2000:528; EuGHC-266/14, Tyco, EU:C:2015:578; EuGH Rs Matzak; anders Art 3 lit a Lenker-RL 2002/15/EG). Anhand welcher Kriterien die Abgrenzung konkret vorzunehmen ist, geht aus der RL ebenfalls nicht hervor.

Der Begriff der Arbeitszeit ist damit sowohl nach dem Unions- als auch dem nationalen Recht stark auslegungsbedürftig. Es vermag daher kaum zu überraschen, dass er die nationalen Höchstgerichte und den EuGH in diversen Facetten bereits vielfach beschäftigt hat. Gemeinsam ist den diskutierten Fällen dabei vor allem das Grundproblem des Umgangs mit Zeiten, in denen AN zwar keine „Kernarbeitsleistungen“ im engsten Sinn erbringen, in der einen oder anderen Weise aber dennoch (auch) im Interesse des/der AG tätig werden bzw gewissen Bindungen oder Einschränkungen unterliegen. So stellte sich etwa wiederholt die Frage nach dem Vorliegen von Arbeitszeit im Fall vereinbarter (Ruf-)Bereitschaftsdienste (statt vieler VwGH91/19/0248-0250

; OGH8 ObA 61/13yDRdA 2014/41, 420 [Schindler]; OGH9 ObA 71/04pDRdA 2006/16, 210 [Schwarz]; EuGH Rs Matzak) oder bei an den dienstlichen Gegebenheiten orientierten Unterbrechungen der Arbeitsleistung (zB OGH9 ObA 102/03w Arb 12.422; OGH8 ObA 26/16fDRdA-infas 2016/166, 272 [Tinhof]; OGH9 ObA 9/18sDRdA-infas 2018/112, 224). In jüngerer Zeit ist die Beurteilung von Wegzeiten zum und vom Arbeitsort stark in den Fokus gerückt (zB OGH9 ObA 8/18v ARD 6614/5/2018; OGH9 ObA 148/11x Arb 13.049; OGH9 ObA 47/11v ASoK 2012, 452 [Rauch]; EuGH Rs Tyco).

Zur Frage, inwieweit Umkleidezeiten im Zusammenhang mit zu tragender Dienstkleidung als Arbeitszeit anzusehen sind, hatte der OGH dagegen bisher nur in zwei Judikaten eher en passant festgehalten, die Zeit, die AN vor ihrem Eintreffen am Arbeitsplatz zum Anlegen der Arbeitskleidung benötigten, sei im Allgemeinen nicht als Arbeitszeit zu werten (OGH9 ObA 89/02gDRdA 2003, 177; OGH9 ObA 133/02b ARD 5385/2/2003). An einschlägiger Rsp des EuGH fehlt es zur Gänze.

3.
Umkleidezeit als Arbeitszeit?
3.1.
Verpflichtendes Umkleiden im Betrieb stellt Arbeitszeit dar

In der vorliegenden E musste sich der OGH nunmehr erstmals näher mit der arbeitszeitrechtlichen Qualifikation von Umkleidezeiten bei notwendigem Kleidungswechsel im Betrieb auseinandersetzen: Die betroffenen AN waren aufgrund detaillierter Vorgaben der Krankenhäuser zum Tragen spezifischer Dienstkleidung verpflichtet. Die Kleidung durfte aus hygienischen und rechtlichen Gründen nicht mit nach Hause genommen und ausschließlich durch die Wäscherei des Krankenhauses gereinigt werden. Sie musste somit stets im Betrieb an- und abgelegt werden. Konkret ging es um Zeiträume von wenigen Minuten bis zu immerhin rund einer halben Stunde täglich.

Völlig überzeugend kommt der OGH dazu unter Bezugnahme auf mehrere Literaturstellen (vgl die Nachweise im Entscheidungstext) zum Ergebnis, dass es sich in der gegebenen Konstellation sowohl bei den Zeiten des Umkleidens als solches als auch bei den damit im Zusammenhang stehenden (inner- bzw zwischenbetrieblichen) Wegzeiten um Arbeitszeit handelt. Vergleichbares hat das OLG Wien (9 Ra 149/16x DRdA-infas 2017, 314 [Kaya] = ARD 6593/7/2018 [Lindmayr]) bereits Anfang 2017 hinsichtlich der ebenfalls verpflichtend im Betrieb anzulegenden Dienstkleidung von Küchenpersonal festgehalten.

Für die Auffassung des OGH spricht zunächst schon die bisherige Rsp. Diese stellt für die Abgrenzung zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit letztlich vor allem darauf ab, ob die AN im betreffenden Zeitraum verpflichtet sind, den Anweisungen ihres/ihrer AG Folge zu leisten oder weitgehend frei über ihre Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen können. Demnach sind insb Bereitschaftszeiten bei geforderter persönlicher Anwesenheit des/der AN am Arbeitsplatz oder einem anderen von dem/der AG vorgegebenen Ort, um gegebenenfalls259 sofort Leistungen erbringen zu können, als Arbeitszeit zu qualifizieren (vgl EuGH Rs Simap; EuGHC-151/02, Jaeger, EU:C:2003:437; EuGH Rs Matzak; VwGH91/19/0248-0250

; VwGH91/19/0130 ZfVB 1994/11; OGH8 ObA 225/94 RdW 1995, 67; OGH8 ObA 61/13yDRdA 2014/41, 420 [Schindler]). Umso mehr muss dies aber für Zeiten gelten, in denen der/die AN sich nicht nur (etwa schlafend, Zeitung lesend oder Kaffee trinkend) zum Empfang von Anweisungen des/der AG am Arbeitsplatz bereithält, sondern in Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten bestimmte vorgesehene Tätigkeiten ausführt. Nichts anderes tun AN aber, wenn sie die zu tragende Dienstkleidung nach Maßgabe der Vorgaben des/der AG – mögen diese auf rechtlichen Normierungen oder auch schlicht auf einem entsprechenden Willensentschluss des/der AG beruhen – am vorgesehenen Ort abholen (bzw sie dorthin zurückbringen) und sich umkleiden.

Das verpflichtende Umkleiden im Betrieb gehörte im konkreten Fall schlicht ebenso zu den dienstlichen Pflichten der AN wie darauf folgende Tätigkeiten der Krankenpflege oÄ. Es verbietet sich daher auch eine Argumentation, wonach der/die AN während des Umkleidens noch nicht arbeitsbereit und deshalb das Vorliegen von Arbeitszeit zu verneinen sei (so, allerdings unter der Annahme, dass die Arbeitskleidung auch zu Hause angezogen werden kann, Resch, Umkleidezeit und Beginn der Arbeitszeit, RdW 2015, 111). Völlig zu Recht weist der OGH auch darauf hin, dass der Arbeitszeitbegriff durch eine Auslegung nur unzureichend erfasst würde, wonach nur „Kernarbeitsleistungen“ zur Arbeitszeit zählten (vgl auch Gerhartl, ecolex 2015, 694 f; zu eng daher Schrank, AZG5 § 2 Rz 10 ff; Resch, RdW 2015, 111 ff). Auf die Frage, inwieweit durch das angeordnete Umkleiden aus Sicht des/der AN eine zeitliche Mehrbelastung entsteht (vgl Wolf in Mazal/Risak, Arbeitsrecht Kap XI Rz 14a), kann es in dieser Konstellation – abgesehen davon, dass infolge des Umkleidens im Betrieb stets ein zusätzlicher Umkleidevorgang notwendig wird – ebenfalls nicht mehr ankommen. Daher erübrigen sich auch Überlegungen dahingehend, ob die AN mit Blick auf die später anzulegende Dienstkleidung zu Hause uU schneller angezogen sind, weil sie sich etwa ein Nachdenken über die passende Kleidungswahl ersparen. Ebenso ist hier unerheblich, ob sie sich wegen Tragens der Dienstkleidung die Anschaffung eigener Kleidung ersparen.

Dass nicht zuletzt auch das zT gegen das Vorliegen von Arbeitszeit ins Treffen geführte Argument der Beliebigkeit der Dauer des Umkleidens (vgl Resch, RdW 2015, 112) nicht durchschlägt, kann ebenfalls nur unterstrichen werden. Wie der OGH sehr pointiert festhält, hat „Trödeln“ per se keine Auswirkungen auf die arbeitszeitrechtliche Beurteilung, sondern ist allenfalls eine Frage der Einflussmöglichkeiten des/der AG auf die Arbeitsgeschwindigkeit bzw eine solche möglicher arbeitsrechtlicher Sanktionen. Im Übrigen ändert es, soweit sich AN arbeitsbereit am Arbeitsplatz zur Verfügung halten müssen (und bereithalten) – womit mangels freier Verfügbarkeit eben gerade keine Ruhepause bzw Ruhezeit vorliegt – auch nichts am Bestehen von Arbeitszeit, wenn die Arbeitsleistung (uU in Verletzung der arbeitsrechtlichen Pflichten) zwischenzeitig unterbrochen wird (idS auch EuGHC-175/16, Hälvä, EU:C:2017:617). Ob der/die AN hier „Däumchen dreht“, Entspannungsübungen macht, Zeitung liest oder im Internet surft, ist erneut keine Frage des Vorliegens von Arbeitszeit, sondern eine solche möglicher Konsequenzen (idS auch Wolf in Mazal/Risak, Arbeitsrecht Kap XI Rz 14; aA Resch, RdW 2015, RdW 2015, 112 f). Natürlich ist es dem/der AG grundsätzlich unbenommen, den AN anstelle des Tolerierens bestimmter Arbeitsunterbrechungen die Gelegenheit zu selbstgewählten – und tatsächlich entsprechend zur freien Disposition stehenden (!) – „echten“ (Kurz-)Pausen zu geben und diese nicht auf die Arbeitszeit anzurechnen.

3.2.
Änderung bei möglicher Wahl des Um kleideorts?

Der gegenständlich durch den OGH zu beurteilende Fall stellte freilich von den denkbaren „Umkleide-Konstellationen“ noch den vergleichsweise am Einfachsten zu beurteilenden dar. Schwieriger wird die arbeitszeitrechtliche Bewertung dann, wenn man den Ausgangsfall dahingehend modifiziert, dass die AN sich gerade nicht im Betrieb umkleiden müssen. Der OGH hat in den bereits erwähnten Entscheidungen 9 ObA 89/02g und 9 ObA 133/02b in Bezug auf (Zirkus-)Musiker, die ihre Uniformen in ihrem Wohnwagen anzogen, bevor sie sich in die Manege begaben, das Vorliegen von Arbeitszeit verneint. Dies freilich unter dem Vorbehalt, dass Konstellationen in denen dies, etwa wegen der Notwendigkeit einer einen großen Zeitaufwand erfordernden Kostümierung, allenfalls anders zu sehen wäre, behauptet und bewiesen werden müssten. Das OLG Wien ist in 9 Ra 149/16x (13.1.2017) vom Nichtvorliegen von Arbeitszeit in Fällen ausgegangen, in denen AN (konkret im Logistikbereich) freigestellt wird, ob sie die Arbeitskleidung zu Hause oder erst im Betrieb anlegen. In diesem Fall diene das Umkleiden ebenso einem eigenen Bedürfnis der AN und gehöre daher nicht zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Auf die Frage der Auffälligkeit der Arbeitskleidung war daher nach Ansicht des Gerichts in der gegebenen Konstellation nicht näher einzugehen. In der Literatur wird ebenfalls vielfach vertreten, dass Umkleidezeiten als (bloße) persönliche Vorbereitungshandlungen nur im Fall besonders aufwändiger Umkleidevorgänge als Arbeitszeit anzusehen sind (vgl neben den im Entscheidungstext zitierten Quellen etwa Wolf in Mazal/Risak, Arbeitsrecht Kap XI Rz 14a).

ME ist freilich eine differenzierte Betrachtung indiziert: Auszugehen ist zunächst davon, dass allein der Umstand, dass sich der/die AN nicht im Betrieb aufhalten muss, unbestritten noch nicht zur Verneinung von Arbeitszeit führt (vgl § 2 Abs 2 AZG). Auch das An- und Ablegen verpflichtend zu tragender Arbeitskleidung zu Hause oder an einem sonst wählbaren Ort geht ferner auf spezifische dienstliche Vorgaben zurück (und unterscheidet sich daher auch wesentlich von den durch Resch260 [RdW 2015, 111 f] genannten Beispielen des Zähneputzens, Schminkens oder Frisierens). Die AN sind in ihrem Handeln auch hier nicht völlig frei, sondern agieren im Interesse und auf Anweisung ihres/ihrer AG. Sie erbringen damit abermals zwar noch nicht (nicht mehr) ihre „Kernarbeitsleistung“, stehen dem/der AG aber idS zur Verfügung, dass sie seiner/ihrer Anordnung Folge leisten (vgl zur Relevanz der Weisungsbindung etwa auch EuGH Rs C-266/14, Tycosowie OGH9 ObA 8/18v ARD 6614/5/2018, zum Vorliegen von Arbeitszeit bei den Anweisungen des/der AG unterliegenden Fahrten vom Wohnort der AN zum Kunden). Hieran ändert per se auch nichts, dass aus dem Tragen von Dienstkleidung wegen Schonung der Privatkleidung Vorteile für die AN resultieren.

Führt man sich die Rsp zur Abgrenzung von Arbeitszeit in Form von Arbeitsbereitschaft und – keine Arbeitszeit darstellender – Rufbereitschaft vor Augen (vgl nur zuletzt EuGH Rs Matzak), ist für das Vorliegen von Arbeitszeit freilich nicht jegliche Bindung der AN ausreichend. Vielmehr ist entscheidend, wie stark die Verfügungsmöglichkeiten über ihre Freizeit durch die Vorgaben des/der AG eingeschränkt werden. Können die AN grundsätzlich selbst über den Ort des Umkleidens entscheiden, die zu tragende Dienstkleidung also insb anstelle ihrer Privatkleidung zu Hause an- und ausziehen, nehmen ihre Dispositionsmöglichkeiten im Vergleich zum notwendigen innerbetrieblichen Umkleiden erheblich zu. Das Ankleiden als solches liegt weiters unzweifelhaft vor allem (auch) im Interesse der AN. Soweit es private Kleidung betrifft, ist es folglich nach einhelliger Auffassung nicht als Arbeitszeit zu qualifizieren. Ergeben sich nun aber durch die Verpflichtung zum Tragen spezieller Dienstkleidung keine über das ohnedies notwendige An- und Auskleiden hinausgehenden relevanten Beschränkungen, ist auch die Annahme von Arbeitszeit nicht sachgerecht. Daraus folgt jedoch keineswegs, dass das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung bei freier Ortswahl nur dann als Arbeitszeit anzusehen ist, wenn es im Vergleich zum Tragen selbstgewählter Kleidung einen (gar erheblich) größeren Zeitaufwand erfordert.

Arbeitszeit ist vielmehr, neben diesem Fall, auch dann anzunehmen, wenn infolge der Vorgaben des/der AG ein (zusätzlicher) Umkleidevorgang zum „normalen“ An- und Auskleiden hinzutritt. Da nach dem Gesagten nicht jede Beschränkung der Verfügungsfreiheit der AN zur Annahme von Arbeitszeit führt, kann hier wiederum der Umstand allein nicht ausreichen, dass sich diese tatsächlich (vor allem) im Betrieb umkleiden (zB weil die zu tragende Arbeitskleidung dem „Stil“ in der Freizeit zuwiderläuft). Geht der Umkleidevorgang primär auf eine persönliche Entscheidung der AN zurück, ist der damit verbundene Zeit(mehr)aufwand deren (Freizeit-)Sphäre zuzurechnen. Ziehen sich AN aber etwa deshalb im Betrieb um, weil die zu tragende Dienstkleidung nach Außen erkennbar einen spezifischen Firmenbezug herstellt oder sonst besonders auffällig oder ungewöhnlich ist, ist von Arbeitszeit auszugehen (vgl auch die im Ergebnis ähnliche Rsp des deutschen BAG; zuletzt etwa BAG 25.4.2018, 5 AZR 245/17 mwN). In der Freizeit können AN das Tragen derartiger Kleidung nämlich berechtigterweise ablehnen. Selbiges muss aber gelten, wenn sich AN deshalb umkleiden, weil mit einem Tragen der Dienstkleidung in der Freizeit andere maßgebliche Beschränkungen ihrer Dispositionsmöglichkeiten einhergehen. So etwa, wenn die Arbeitskleidung nur während der Arbeit und am Arbeitsweg getragen werden darf (oder sogar muss), sie in bestimmten „Kontexten“ des täglichen Lebens (zB in öffentlichen Lokalen, Supermärkten etc) nicht getragen werden darf oder sie eine Zurücklegung des Arbeitsweges nur mit bestimmten Verkehrsmitteln (wie ein das Fahren mit dem Fahrrad unmöglich machender enger Rock) zulässt. Im Endeffekt bedarf es hier somit einer wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung des Gewichts der „betrieblichen Komponente“, wobei jedoch die Messlatte nicht zu hoch angesetzt werden darf. Immerhin ist (Grund-)Ursache des mit dem Umkleiden entstehenden zeitlichen Aufwands in allen Fällen die arbeitgeberseitige Anordnung zum Tragen der Dienstkleidung.

Entscheiden sich AN dagegen eigeninitiativ dafür, die Dienstkleidung (nur) anstelle ihrer privaten Kleidung zu tragen, ist mangels über das normale An- und Auskleiden hinausgehender Beschränkungen der frei verfügbaren Zeit auch keine Arbeitszeit anzunehmen. Hieran wird grundsätzlich auch nichts ändern, wenn die Kleidung etwa einen Firmenbezug aufweist und deren Tragen in der Öffentlichkeit daher dem/der AG durchaus entgegenkommt (idS wieder auch BAG 25.4.2018, 5 AZR 245/17 mwN). Anderes hat freilich wiederum zu gelten, wenn der/die AG das Anlegen derartiger, iSd Gesagten grundsätzlich ein innerbetriebliches Umkleiden rechtfertigender, Arbeitskleidung vor Erreichen des Betriebes – etwa zu Werbezwecken oder auch nur zur Vermeidung von Arbeitszeit – anordnet (idS auch Klein in Heilegger/Klein, AZG4 § 2 Rz 9). Vielmehr noch wäre in letztgenannter Konstellation auch das Vorliegen von Arbeitszeit hinsichtlich der auf Weisung des/der AG in der Arbeitskleidung zurückzulegenden Wege zu prüfen.

4.
Fazit

Zusammenfassend ist der E des OGH sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung vollinhaltlich zuzustimmen. Spannend bleibt vor allem, wie der OGH Fälle beurteilen wird, in denen AG ihren AN den Ort des Umkleidens freistellen. Würden hier Umkleidevorgänge nur berücksichtigt, wenn diese tatsächlich einen erheblich größeren Zeitaufwand erfordern als normales An- und Auskleiden, griffe dies jedenfalls zu kurz. Eine entsprechende Einschränkung ist aus der nur beispielhaften Nennung eben dieses Sonderfalls in bisherigen Judikaten auch nicht abzuleiten. Es bleibt daher zu hoffen, dass das Höchstgericht das Vorliegen von Arbeitszeit, trotz vielfacher Betonung (nur) der besonderen Zeitintensität des Umkleidevorgangs als maßgeblichen Faktor in der Literatur, auch bei möglichem außerbetrieblichem Umkleiden nicht allein daran festmachen wird.261