Aktuelle Entwicklungen im Arbeitszeitrecht
Aktuelle Entwicklungen im Arbeitszeitrecht
Einleitung
Arbeitszeitgesetznovelle 2018
Entfallen Regelungen in Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf entfallenen Zulassungsnormen beruhen?
Wie ist das Ablehnungsrecht in Bezug auf Überstunden auszuüben?
Wie ist das Wahlrecht auszuüben?
Rollierender oder fixer Zeitraum für die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden
Wann entstehen Überstunden bei Gleitzeit?
Arbeitsruhegesetznovelle 2018
Ablehnungsrecht in Betrieben mit Betriebsrat?
Wie ist das Ablehnungsrecht in Bezug auf Überstunden auszuüben?
Ermöglicht das Beschäftigen von AN an Wochenenden und Feiertagen auch das Offenhalten von Betriebsstätten mit Kundenkontakt?
Arbeitsruhegesetznovelle 2019 („persönlicher Feiertag“)
Durfte der Gesetzgeber in Kollektivverträge eingreifen?
Ist der Versöhnungstag so zu beurteilen wie der Karfreitag?
Gibt es Grenzen für die Wahl des persönlichen Feiertags?
Was ist die Rechtsfolge von Formmängeln im Zusammenhang mit dem persönlichen Feiertag?190
Zusammenfassung
Arbeitszeitgesetznovelle 2018
Arbeitsruhegesetznovelle 2018
Arbeitsruhegesetznovelle 2019 („persönlicher Feiertag“)
Trotz aller Komplexität geht es bei der Arbeitszeit fast immer um drei Fragen: 1. Was sind die Grenzen der Arbeitszeit? 2. Wie wird Arbeitszeit vergütet? 3. Wer bestimmt Lage und Ausmaß der Arbeitszeit? Die aktuellen Novellen zum AZG und zum ARG (persönlicher Feiertag) betreffen vor allem die Fragen Grenzen und Bestimmung, nur punktuell die Frage der Vergütung. Im Fokus stand bisher die Ausweitung der Grenzen durch Anhebung der täglichen Höchstarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche (§ 7 Abs 12 AZG). Eine dogmatische Wende zeigt sich indes auch in der Frage, wer die Arbeitszeit bestimmt: Die bedingungslosen Ablehnungsrechte bezüglich Überstunden sowie Wochenend- und Feiertagsarbeit, das neue Wahlrecht bezüglich der Überstundenvergütung sowie das Recht auf einseitigen Antritt eines „persönlichen Feiertags“ zeigen, dass der Gesetzgeber tendenziell individuelle Rechte stärken will. Der Wegfall von Zulassungsnormen für die kollektivvertragliche und betriebliche Ebene zeigt, dass im Gegenzug die kollektive Rechtsgestaltung geschwächt wird.
Man kann diese Linie gutheißen oder kritisieren, sie entspricht aber mehreren Trends in der Gesellschaft – der Individualisierung, der höheren Qualifikation und stärkeren Position der AN am Arbeitsmarkt, erhöhten Kundenansprüchen und den Bedürfnissen einer modernen und internationalen Wirtschaft.
Die neuen Spielräume erleichtern die betriebliche Praxis. Vereinfacht wurde das Arbeitszeitrecht allerdings nicht.* Auch die Neuregelungen werfen viele neue Fragen auf, von denen einige strittige, praxisrelevante hier behandelt werden.
Breit behandelt wurde die Frage des Schicksals von Regelungen in Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf entfallenen Zulassungsnormen beruhen, konkret auf § 7 Abs 2 AZG (zusätzliche Überstunden durch KollV), § 7 Abs 4 AZG (Sonderüberstunden durch Betriebs- oder Einzelvereinbarung) und § 12 Abs 2a AZG (Ermächtigung des KollV zur Ruhezeitverkürzung im Gastgewerbe). Ein großer Teil der Literatur geht vor allem unter Verweis auf die Herzog-Mantel-Theorie vom völligen Untergang von Regelungen in Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen aus.* Am anderen Ende des Spektrums wird die Fortgeltung der Regelungen vertreten, wobei man sich insb auf § 32c Abs 10 AZG stützt, wonach Regelungen, die AN begünstigen, von der Novelle nicht berührt werden. Nach Felten hat § 32c Abs 10 AZG allerdings nur deklaratorische Wirkung.*Mathy und Trost vertreten, dass die bis dato notwendigen Betriebsvereinbarungen nach § 7 Abs 4 AZG alt mit 1.9.2018 zu fakultativen Betriebsvereinbarungen nach § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG mutiert sind.*
Eindeutig ist aus meiner Sicht, dass Betriebsvereinbarungen nach § 7 Abs 4 AZG und Kollektivvertragsregelungen auf Grund von § 7 Abs 2 AZG ihre öffentlich-rechtliche Wirkung verloren haben.* Strafbar sind nur Tatbestände nach § 28 AZG in der aktuellen Fassung, die den § 32c Abs 10 AZG nicht umfassen.
Das unterscheidet auch diese Fälle von der aktuellen E des VwGH zur Beschäftigung am Samstagnachmittag im Einzelhandel.* Nach § 22f Abs 3 ARG kann der KollV Sonderbestimmungen für die Beschäftigung von AN am Samstagnachmittag festsetzen. Auch wenn nicht als Zulassungsnorm formuliert, schreibt der VwGH dieser Norm öffentlich-rechtliche Wirkung zu. Man muss diese Entscheidung nicht gutheißen, aber § 22f ARG wird in den Strafbestimmungen nach § § 27 ARG genannt, während § 7 Abs 2 und 4 AZG alt, auf die sich Betriebsvereinbarungs- und Kollektivvertragsregelungen stützen, nicht mehr existieren.
Über die verbleibende zivilrechtliche Restwirkung solcher Regelungen lässt sich diskutieren, sie hat aber meist nur theoretische Bedeutung: Insofern Betriebsvereinbarungen nach § 7 Abs 4 AZG alt besondere Vergütungen enthielten, waren sie ohnehin freie Betriebsvereinbarungen und hatten ihre Grundlage im Einzelvertrag, sodass § 32c Abs 10 AZG, der sich auf Betriebsvereinbarungen bezieht, ins Leere geht.*
Eine weitere Rechtsfolge wäre, dass ein AN sanktions- und begründungslos Arbeitsleistungen ablehnen kann, mit denen etwa kollektivvertragliche Höchstgrenzen überschritten werden. Auch daraus ergibt sich kein Mehrwert, da § 7 Abs 6 AZG ohnehin das Recht auf Ablehnung von Überstunden über 10 bzw 50 Stunden ohne Angabe von Gründen vorsieht.191
Die Ablehnungsrechte der AN, vulgo „Freiwilligkeit“, wurden im Zuge der Arbeitszeitgesetznovelle heftig, allerdings mehr ideologisch als sachlich diskutiert. Das Instrument selbst ist nicht neu: Seit 1995 haben AN im Einzelhandel das Recht, die Beschäftigung am 8. Dezember abzulehnen.* 2007 wurde auf Grundlage einer Sozialpartnereinigung ein Ablehnungsrecht in Bezug auf Sonderüberstunden in Betrieben ohne BR verankert (§ 7 Abs 6a AZG alt). Und natürlich konnten AN immer schon normale Überstunden aus berücksichtigungswürdigen Gründen ablehnen.* Offenbar wurde in Ablehnungsrechten bisher ein Mehrwert gesehen. Das gilt daher auch für die individuellen Rechte, die die AZG-Novelle brachte.
§ 7 Abs 6 AZG sieht ein Benachteiligungsverbot und einen Motivkündigungsschutz für AN vor, die vom Ablehnungsrecht Gebrauch machen. Es lässt aber die Ausübung des Ablehnungsrechts offen und das, wie ich meine, zurecht. Die Vielfalt an Varianten entzieht sich einer generellen Regelung. Überstunden entstehen ausdrücklich nach Anordnung, konkludent durch Arbeitsanfall, vorhersehbar oder spontan, etc.
Diese Vielfalt erschwert eine Regelung der Ausübung, weshalb für die Praxis allgemeine Rechtsgrundsätze, insb der Grundsatz von Treu und Glauben, heranzuziehen sind:* Ausgangsposition für die Anordnung von Überstunden durch den AG ist die meist im Dienstvertrag verankerte Pflicht des AN, Überstunden zu leisten. Dadurch entsteht aber nur eine Pflicht dem Grunde nach, die durch die Ablehnungsrechte nach § 6 Abs 2 und § 7 Abs 6 AZG eingeschränkt wird. Ein dienstvertraglicher Vorwegverzicht auf diese Rechte ist unwirksam.* Damit stellt sich aber die Frage, wann bzw unter welchen Bedingungen der AG fix mit der Arbeitsleistung des AN rechnen kann, wann also der AN an eine Anordnung nach § 7 Abs 6 AZG oder eine Zusage seinerseits gebunden und das Ablehnungsrecht konsumiert ist.
Für eine Bindung des AN bzw ein schützenswertes Vertrauen des AG in die Arbeitsleistung erscheinen mir drei Faktoren wesentlich: Wie konkret ist die Anordnung, enthält sie Lage und Ausmaß der geforderten Arbeitsleistung? Wie zeitnahe ist die Anordnung, kann also der AN die Begleitumstände überblicken? Hat der AN der Arbeitsleistung zugestimmt oder seine Bereitschaft offengelassen?
Die drei Faktoren bilden ein bewegliches System: Nach Schrank steht das Ablehnungsrecht nur einmal zu und ist mit Zustimmung konsumiert.* Dem ist zuzustimmen, sofern die Zustimmung konkret war – der AN verfügt im Zeitpunkt seiner Zustimmung über die wesentlichen Informationen, wie zeitliche Lage und voraussichtliches Ausmaß – und überschaubar –, die Begleitumstände des Einsatzes waren für den AN vorhersehbar. In dem Fall liegt ja ein doppeltes Einverständnis vor – im Dienstvertrag dem Grunde nach und später der zeitlichen Lage nach –, das den AN nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, konkreter im Rahmen seiner Treuepflicht, bindet. Eine grundlose Ablehnung ist nun nicht mehr möglich, nur mehr eine Ablehnung aus besonderem Grund nach § 6 Abs 2 AZG, etwa, wenn sich Parameter wesentlich ändern.
Nun verpflichtet das Gesetz den AN nicht, unmittelbar nach Anordnung der Überstundenleistung zu erklären, ob er der Anordnung nachkommt oder diese ablehnt. Wiederum aus der Treuepflicht heraus sollte er seine Entscheidung dem AG aber möglichst so rechtzeitig bekannt geben, dass dieser noch disponieren kann. Dabei ist die Mindestfrist von zwei Wochen nach § 19c Abs 2 Z 2 AZG ein Indiz dafür, wie lang im Vorhinein der AN eine schon bekannte Aufforderung zur Arbeitsleistung annehmen oder ablehnen sollte, ein Einsatz also als überschaubar anzusehen ist. Eine kurzfristig angeordnete Überstunde kann natürlich nur kurzfristig abgelehnt werden unabhängig davon, ob der AG noch disponieren kann oder nicht. Durch die Kurzfristigkeit der Anordnung liegt die (fehlende) Disposition ganz in der Risikosphäre des AG, es sei denn, es liegt ein Notstand vor (§ 20 AZG).
Rufbereitschaft und Dienstreisen sind typische Anwendungsfälle für den Grundsatz, dass eine Vereinbarung der zeitlichen Lage nach den AN binden muss. Mit der Vereinbarung der Rufbereitschaft für einen bestimmten Zeitraum ist das Ablehnungsrecht konsumiert, weil der AN den Zeitraum, in dem seine Arbeitspflicht und damit Überstunden entstehen können, kennt und der AG sich auf die Arbeitsbereitschaft des AN verlassen können muss.* Das gilt ebenso für die Einwilligung in eine Dienstreise, die ja meist zeitlich determiniert ist, aber erfahrungsgemäß – schon allein verkehrsbedingt – zu einer Überschreitung von 10 oder 50 Stunden führen kann.*
Einiges von dem oben Gesagten gilt auch für das Recht des AN, für Überstunden über 10 bzw 50 Stunden zwischen der Vergütung in Geld oder durch Zeitausgleich zu wählen (§ 10 Abs 4 AZG). Dabei werden vor allem zwei Fragen kontroversiell diskutiert: Bis wann muss der AN das Wahlrecht ausüben? Was gilt bei Pauschalvereinbarungen?
Das Wahlrecht ist bis zum Ende des Abrechnungszeitraums auszuüben. Zweck dieser Frist ist die rechtzeitige Disposition der Lohnverrechnung. Daher kann nur das Ende des Monats, in dem die Überstunde geleistet wurde, gemeint sein.* Damit hat der AN jedenfalls bis nach der Leistung Zeit für seine Entscheidung. Wäre das Ende des (in der Regel Folge-)Monats gemeint, in dem das Entgelt vielfach192 erst fällig wird, könnte der AN den Zeitausgleich noch zu einem Zeitpunkt wählen, wenn das Entgelt bereits überwiesen ist. Das würde dem Zweck der Regelung widersprechen, die den AN ausdrücklich zu einer möglichst frühzeitigen Ausübung verpflichtet, um, wie die Erläuternden Bemerkungen ausführen, die Lohnverrechnung nicht zu erschweren.*
Fraglich ist auch, inwiefern das Wahlrecht zusteht, wenn die geleisteten Überstunden von der Pauschalvergütung abgedeckt sind. Vorweg ist hier eine Vergütung in Geld vereinbart. Analog den obigen Erwägungen zum Ablehnungsrecht kann der AN vorweg nicht wirksam auf das Wahlrecht verzichten. Eine ad hoc-Wahl von Geld erübrigt sich angesichts der Grundvereinbarung. Da die Vergütung unabhängig von der geleisteten Arbeitszeit fix ist, hat der AN den Anreiz, die Vergütung durch Zeitausgleich zu wählen. Eine solche Wahl ist legitim und ändert auch nichts an der Pauschalvergütung, weil sich im Falle des Zeitausgleichs ja das selbe Arbeitsvolumen ergibt, wie wenn der AN im Rahmen einer Pauschalvergütung Überstunden über 10 bzw 50 Stunden schon vorweg ablehnt.
Anders wäre nur der Fall zu beurteilen, wenn der AN Arbeitsleistungen über 10 bzw 50 Stunden gehäuft entweder ablehnt oder eine Vergütung in Zeitausgleich wählt, obwohl diese Arbeitsleistungen von einer Pauschalvergütung abdeckt sind. Dann ergibt sich eine vom Gesetzgeber wohl nicht bezweckte Äquivalenzstörung. Zu verweisen ist hier auf die Judikatur zu Pauschalvergütungen bei Elternteilzeit.* Demnach trägt der AG bei einer Pauschalvergütung zwar das Risiko des Nichtanfalls von Überstunden, das die Fälle Ablehnung und Vergütung in Zeitausgleich einschließt. Bei erheblicher Störung des Synallagmas könnte er aber die Pauschalvergütung widerrufen. Für diesen Fall sollten die Parteien eine Pauschalvereinbarung treffen, die nur Arbeitsleistungen bis 10 bzw 50 Stunden abdeckt.*
Durch die Anhebung der Höchstgrenzen gewinnt die aus der Arbeitszeit-RL* stammende Grenze von 48 Stunden eine besondere Bedeutung (§ 9 Abs 4 AZG). Die 48 Stunden sind innerhalb eines Durchrechnungszeitraums von 17 Wochen einzuhalten. Strittig ist dabei die Frage, ob der Durchrechnungszeitraum fix ist, das Jahr etwa in drei Blöcke eingeteilt werden kann, oder ob der Durchrechnungszeitraum rolliert, also in jeglichem 17 Wochen-Zeitraum die 48 Stunden einzuhalten sind.
Das Sozialministerium vertritt, dass die Durchrechnung der Wochenarbeitszeit innerhalb fester Durchrechnungszeiträume zu erfolgen hat. Denn nach § 26 Abs 1 AZG sind Beginn und Dauer von Durchrechnungszeiträumen aufzuzeichnen, was bei flexibler Durchrechnung bedeutungslos wäre.* Die fixe Methode ist sowohl für die Praxis als auch für die Kontrolle einfacher.
Keine Klärung brachte der EuGH in einer aktuellen E:* Demnach können die Mitgliedstaaten zwar wählen, ob sie einen fixen oder rollierenden Durchrechnungszeitraum vorsehen. Im Falle eines sechsmonatigen Durchrechnungszeitraums* ist aber zu gewährleisten, dass die Höchstarbeitszeit während jedes Sechsmonatszeitraums eingehalten wird. Das wiederum ist aber nur bei der rollierenden Methode garantiert.
Ergebnis: Beträgt der Durchrechnungszeitraum 17 Wochen (oder vier Monate), ist der Durchrechnungszeitraum fix vorzusehen. Ein rollierender Zeitraum, der den AN ja noch besser schützt, ist möglich, wenn dessen Beginn festgehalten wird (§ 26 Abs 1 AZG). Ein verlängerter Durchrechnungszeitraum ist nach dem EuGH hingegen im Ergebnis rollierend zu rechnen.
Klein geht in seinem Beitrag in der Tiefe auf die Gleitzeit ein. Die Frage der Überstunden bei Gleitzeit wird daher nur kurz thematisiert.
So lapidar Gleitzeit geregelt ist, so groß ist die Bandbreite an Fragen und Meinungen, vor allem zur Frage, wann bei Gleitzeit Überstunden anfallen. Die tägliche Normalarbeitszeit darf zehn Stunden nicht überschreiten. Eine Verlängerung auf zwölf Stunden ist zulässig, wenn ganze Gleittage vorgesehen sind und ein Verbrauch in Verbindung mit dem Wochenende möglich ist (§ 4b Abs 5 AZG).
Strittig ist, ob zehn oder zwölf Stunden als Normalarbeitszeit gelten, wenn eine Gleitzeitvereinbarung auf die gesetzlichen Grenzen verweist und die Voraussetzungen für zwölf Stunden erfüllt. Die Mehrheit des Schrifttums geht in dem Fall von zwölf Stunden aus.* Wenn eine Normen- und Vertragsauslegung keine näheren Aufschlüsse ergibt, ist dem zuzustimmen. Die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen, die übliche Koppelung von Betriebsvereinbarungen an die gesetzliche Höchstgrenze, die auch den üblichen Willen der Vertragsparteien widerspiegelt, sprechen im Zweifel für die höhere Grenze.*
Strittig zwischen den Parteien wichtiger Kollektivverträge* ist weiters die Frage, ob zwölf Stunden Normalarbeitszeit in der Gleitzeit wirksam vereinbart werden können, wenn der KollV ausdrücklich193 oder durch Verweis auf das AZG alt von zehn Stunden Normalarbeitszeit bei Gleitzeit spricht. Diese Frage ist Gegenstand eines beim OGH anhängigen Feststellungsverfahrens. Diesbezüglich sei auf die Beiträge von Klein und Schrank verwiesen.* Klar ist, dass diese Regelungen ursprünglich Zulassungsnormen für eine Erweiterung der Normalarbeitszeit waren. Die Formulierungen der betroffenen Kollektivverträge sind unterschiedlich und werfen weitere komplexe Fragen, etwa nach der Rechtswirkung von kollektivvertraglichen Verweisen auf Gesetze, auf.
Statuiert ist nunmehr, dass Überstunden vorliegen, wenn der AG Arbeitsstunden anordnet, die über die Normalarbeitszeit gem § 3 Abs 1 AZG, also über acht bzw 40 Stunden, hinausgehen. Die Regel entscheidet eine kontrovers diskutierte Frage, wirft aber die Folgefrage auf, wann eine Arbeitsleistung so angeordnet ist, dass es zu einer Überschreitung von acht Stunden kommt.
Dazu pars pro toto ein Beispiel: Die fiktive Normalarbeitszeit ist 8 bis 17 Uhr (abzüglich einer Stunde Mittagspause). Fall 1: Der AG ordnet eine Dienstreise von 7 bis 12 Uhr an. Der AN arbeitet aus eigenem Antrieb bis 17 Uhr. Fall 2: Der AG ordnet eine Dienstreise von 13 bis 18 Uhr an. Der AN beginnt aus eigenem Antrieb bereits um 8 Uhr.
Der AG hat in beiden Fällen Beginn bzw Ende außerhalb der fiktiven Normalarbeitszeit angeordnet, aber keine Überschreitung von acht Stunden. Die hat er lediglich mitverursacht, ebenso wie der AN selbst, dem es ja frei stand, früher zu gehen oder später zu kommen.* So wie in dem Fall wird die Kausalität häufig geteilt und somit fraglich sein. War die aufgetragene Arbeitsmenge in acht Stunden bewältigbar? Hätte der AN sie auf den nächsten Tag oder die nächste Woche verschieben können? Hatte der AN Einfluss auf die Festlegung eines Termins zur Randzeit?
Eine Differenzierung zwischen Normalarbeitszeit und Überstunden ist in der Praxis der Gleitzeit somit schwierig und aufwändig, betrifft aber meist nur eine überschaubare Anzahl an Stunden. Für die spezifische Frage der angeordneten Überstunden bei Gleitzeit empfiehlt sich ein Genehmigungsprozess, der für alle Beteiligten klarstellt, dass es sich um Überstunden handelt.* Für die generelle Frage von Überstunden bei Gleitzeit empfiehlt sich eine Entschärfung durch Pauschalvergütungen, die die Überstunden selbst oder auch nur die Zuschläge abdecken und die bei Gleitzeit ohnehin häufig sind.
Die Änderungen im ARG 2018 standen im Schatten der Novelle zum AZG. Sie waren auch nicht so kontroversiell, weil sich die Sozialpartner 2017 im Zuge ihrer Verhandlungen, die leider nur beinahe zu einer Einigung führten, schon darauf geeinigt hatten. Bekanntlich kann nun bei vorübergehend auftretendem besonderem Arbeitsbedarf die viermalige Beschäftigung während der Wochenend- und Feiertagsruhe mit BV, in Betrieben ohne BR mit schriftlicher Einzelvereinbarung zugelassen werden (§ 12b Abs 1 ARG). Pfeil hat sich eingehend mit fast allen Aspekten befasst.* Im Weiteren wird daher nur die Reichweite des Ablehnungsrechts und ein allfälliges Offenhalten von Betriebsstätten mit Kundenkontakt thematisiert.
In Betrieben ohne BR können AN zusätzlich solche Arbeitsleistungen ohne Angabe von Gründen ablehnen (§ 12b Abs 3 ARG). Das Gesetz sieht kein Ablehnungsrecht in Betrieben mit BR vor. Die Literatur spricht sich aber teilweise im Analogieschluss für ein solches Recht aus.* Die Differenzierung nach Existenz eines BR geht aber klar aus dem Wortlaut hervor und ist nicht neu. Schon der alte § 7 Abs 6a AZG räumte nur AN in Betrieben ohne BR – zusätzlich zur notwendigen schriftlichen Einzelvereinbarung – das Recht ein, Sonderüberstunden abzulehnen.
Der Grund für die Differenzierung liegt wohl darin, dass die schriftliche Einzelvereinbarung des AN zur Arbeitsleistung auch verpflichtet. Die BV nach § 12b Abs 1 ARG hingegen lässt die Beschäftigung nur zu.* Denkbar ist, dass eine solche BV gleichzeitig auch als BV nach § 97 Abs 1 Z 2 bzw 13 ArbVG konzipiert ist, die eine konkrete Arbeitsverpflichtung begründet.* In dem Fall ergibt sich eine besondere Verantwortung des BR.* Alternativ ergibt sich die konkrete Arbeitspflicht aus einer Vereinbarung mit dem betroffenen AN, wobei eine schlüssige Zustimmung des AN dazu ausreicht.*
Unabhängig davon verbleiben dem AN auch in Betrieben mit BR die Ablehnungsrechte bezüglich Überstunden (§ 6 Abs 2, 7 Abs 6 AZG) oder Mehrstunden (§ 19d Abs 3 AZG).* Daher besteht kein Bedarf an einem zusätzlichen Ablehnungsrecht und in der Folge keine systemwidrige Lücke, die durch Analogie zu schließen wäre.
Das Gesetz sagt nichts darüber aus, wie das Ablehnungsrecht in Betrieben ohne BR auszuüben ist.194
Nach Pfeil kommt es auf eine Abwägung der Interessen des AN an der Freizeit und der Interessen des AG an der Arbeitsleistung und der Einhaltung der getroffenen Vereinbarung an.* Er zieht die Grenze beim Rechtsmissbrauch.
Aus meiner Sicht ist an die Ausübung des Ablehnungsrechts der strengere Maßstab von Treu und Glauben anzulegen. Die Erwägungen sind dieselben wie beim Ablehnungsrecht bezüglich Überstunden. Hier kommt aber noch dazu, dass die Ablehnung eine schriftliche Vereinbarung einseitig auflöst, die – im Gegensatz zur dienstvertraglichen Überstundenpflicht – bereits eine Konkretisierung enthält, nämlich das Ereignis, im Falle wiederkehrender Ereignisse zumindest den Anlass.
Das Ablehnungsrecht ergibt insb für Vereinbarungen Sinn, die unkonkret sind, weil sie Lage und Ausmaß offenlassen oder unüberschaubar sind, zB weil sie sich auf wiederkehrende Ereignisse beziehen (jährliche Messeteilnahme, Inventur). Hat der AN hingegen alle wesentlichen Informationen und willigt er in die Arbeitsleistung im überschaubaren, zeitlichen Abstand zum Einsatz ein, ist er daran gebunden und sein Ablehnungsrecht konsumiert. Ergibt sich ein Hinderungsgrund, muss der AN den AG so rechtzeitig informieren, dass dieser noch disponieren kann.*
Die Beschäftigungsmöglichkeit nach § 12b ARG gilt nicht für Verkaufstätigkeiten nach dem Öffnungszeitengesetz (Abs 2), sprich keine offenen Geschäfte an Sonn- und Feiertagen. Aber gilt das auch für Dienstleistungsbetriebe mit Kundenkontakt wie FrisörInnen, Reisebüros, Bankfilialen, etc? § 2 Abs 1 Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz (BZG)* erlaubt gewerbliche Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen, „zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von AN an Sonntagen und Feiertagen zulässig ist
“. Unter den Voraussetzungen des § 12b ARG ist die bis zu viermalige Beschäftigung von AN in Dienstleistungsbetrieben zulässig, ergo auch die gewerbliche Tätigkeit, die in der Betreuung von KundInnen und dem Offenhalten von Betriebsstätten besteht.
Nun könnte man einwenden, dass bei Entstehung des BZG der Gesetzgeber davon ausging, dass Möglichkeit und Zeitpunkt der Beschäftigung von einer Norm determiniert sind (zB § 13a ARG zum 8. Dezember oder einem KollV nach § 12a ARG) und nicht bloß vom Willen von AG und BR oder AN. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Ausnahme von Tätigkeiten nach dem Öffnungszeitengesetz gem § 12b Abs 2 ARG erst dann einen Sinn ergibt, wenn die Möglichkeit, AN zu beschäftigen, gleichzeitig auch ein Offenhalten von Betriebsstätten ermöglicht. Ein bloßes Beschäftigen in einer Verkaufsstelle ohne Offenhalten, etwa zum Zweck der Inventur, ist ja von der Möglichkeit nach § 12b ARG erfasst. Und selbst wenn der Gesetzgeber, als er Verkaufstätigkeiten nach § 12b Abs 2 ARG ausnahm, auf Dienstleistungsbetriebe mit Kundenkontakt vergessen hätte, könnte man die Ausnahme für Verkaufstätigkeiten nicht per analogiam auf Dienstleistungsbetriebe erweitern, weil Analogieschlüsse im Verwaltungsstrafrecht nicht zulässig sind.*
Doch es geht weiter: Nach dem OGH ist eine gewerbliche Tätigkeit, für die die Beschäftigung von AN zulässig ist, unabhängig davon zulässig, ob im Betrieb tatsächlich AN beschäftigt werden.* MaW: Das Frisörlokal darf auch offen sein, wenn nur der Unternehmer arbeitsbereit steht. Allerdings führt die Frage, wie oft diese Möglichkeit pro Jahr besteht, in ein Paradoxon: § 12b ARG ermöglicht ein viermaliges Beschäftigen je AN. Besteht nur ein AN, kann der Betrieb theoretisch bis zu viermal offenhalten, ohne – entsprechend der OGH-Linie – den AN tatsächlich einsetzen zu müssen. Ein Einpersonenunternehmen könnte hingegen nach der Rechnung (je AN) gar nicht offenhalten, was wiederum dem OGH widerspricht, wonach es bei § 2 Abs 1 BZG auf die tatsächliche Beschäftigung nicht ankommt.
Der EuGH hat bekanntlich entschieden,* dass § 7 Abs 3 ARG alt, der nur Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften am Karfreitag einen freien Tag und iVm § 9 Abs 1 und 5 ARG bei Arbeitsleistung das doppelte Entgelt einräumte, der Gleichbehandlungs-RL und der EU-Grundrechtecharta widersprach.* Der Gesetzgeber hat in der Folge § 7 Abs 3 ARG durch eine neue Regelung ersetzt und gleichlautende Bestimmungen in Kollektivverträgen und Betriebsvereinbarungen für unwirksam erklärt (§ 33a Abs 28 ARG).
Dabei haben Marhold und Pfeil* eingewandt, dass dies ein Eingriff in die Tarifautonomie sei, der mit der verfassungsrechtlich garantierten Koalitionsfreiheit, dem Recht auf Kollektivverhandlungen nach Art 28 EU-Grundrechtecharta sowie der Menschenrechtskonvention unvereinbar sei. Zuzustimmen ist Marhold und Pfeil insofern, als der Gesetzgeber in das geschützte Recht der Tarifautonomie nicht eingreifen sollte.
Zu unterscheiden ist hier aber zwischen Eingriffen in materielle Kollektivvertragsregelungen195 und Beschränkungen des Rechts, Tarifverträge zu schließen. Rechte der Kollektivvertragsparteien und mögliche Inhalte von Kollektivverträgen sind in einem einfachen Gesetz, dem ArbVG, geregelt. Diesbezügliche Eingriffe sind daher mit einfachem Gesetz möglich und häufig passiert, freilich meist zulasten der AG-Seite, zuletzt etwa bezüglich der Entgeltfortzahlung bei Dienstverhinderung und der Kündigungsfristen in ArbeiterInnen-Kollektivverträgen.*
Die Tarifautonomie schützt das Recht, Tarifverträge zu schließen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah etwa eine Verletzung darin, dass ein türkisches Gericht einem KollV die Rechtswirksamkeit abgesprochen hatte mit der Begründung, BeamtInnen hätten gar kein Recht, eine Gewerkschaft zu gründen.*
Der EuGH entschied, dass die Grundrechtecharta einer altersdiskriminierenden Regelung in einem Tarifvertrag entgegenstehe. Eine diesbezügliche Einschränkung der kollektivvertraglichen Regelungsbefugnis stelle keine Beeinträchtigung der Tarifautonomie nach Art 28 Grundrechtecharta dar.*
Es gibt viele Grundlagen dafür, dass EU-Recht Tarifverträgen vorgeht. Die EU-Gleichbehandlungsrichtlinien verpflichten Mitgliedstaaten ausdrücklich dazu, ihre Umsetzung in Tarifverträgen und die EU-Konformität von Tarifverträgen sicherzustellen.* Dementsprechend entschied der EuGH, dass das Recht auf Kollektivverhandlungen nach Art 28 Grundrechtecharta im Einklang mit dem Unionsrecht auszuüben ist.* Die Grundrechtecharta stand daher dem Eingriff in diskriminierende Kollektivvertragsregelungen zum Karfreitag nicht entgegen, sondern verpflichtete sogar dazu, verletzten diese Regelungen doch das Diskriminierungsverbot nach Art 23 der Grundrechtecharta selbst.
Man hätte den Sozialpartnern mehr Zeit für die Sanierung der Kollektivverträge einräumen können, wie Marhold betont, doch fehlte diese Zeit schlicht, weil die EuGH-E weniger als drei Monate vor dem Karfreitag, auf den sie sich bezog, erging.
Fazit: Der Eingriff des Gesetzgebers in Kollektivvertragsregelungen war zulässig und wohl auch geboten.*
Ein General-KollV aus 1953 räumt Angehörigen der israelitischen Glaubensgemeinschaft am Versöhnungstag einen zusätzlichen Feiertag ein. Im selben General-KollV ist der Karfreitag für AltkatholikInnen geregelt.* Viele vertreten daher, dass dieses Privileg genauso EU-rechtswidrig sei wie das Karfreitagsprivileg.*
Doch unterscheidet sich die Rechtslage in zwei Punkten: Zum einen ist der Versöhnungstag im Gegensatz zum Karfreitag nicht im ARG verankert. Zum anderen berechtigt Art 7 Abs 1 der RL 2000/78 zu spezifischen Maßnahmen, die Benachteiligungen wegen der Religion ausgleichen.* Der EuGH hat zwar in der Karfreitagsregelung keine solche Maßnahme gesehen. Die historisch einzigartige Erfahrung der Angehörigen der israelitischen Glaubensgemeinschaft könnte aber auch rechtlich zu einem anderen Ergebnis führen.
In Umsetzung des Urteils des EuGH hat der Gesetzgeber den freien Karfreitag für Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften gestrichen und dafür den „persönlichen Feiertag“ eingeführt.* Nach § 7a Abs 1 ARG kann der AN den Zeitpunkt eines Urlaubstags pro Jahr einseitig bestimmen.
Ist der AN frei in seiner Wahl? Nach dem Willen des Gesetzgebers ist dies zu bejahen. Es ist auch zulässig, dass mehrere AN den Urlaubsantritt an ein und demselben Fenstertag oder am Heiligabend erklären, selbst wenn sie damit den Betriebsablauf beeinträchtigen. Dennoch gibt es Schranken:* Sprechen sich mehrere AN bezüglich ihres Urlaubsantritts ab, um den AG unter Druck zu setzen oder ihm zu schaden, wäre das nicht nur im Widerspruch zum individuellen Charakter (persönlicher Feiertag) des Rechts, sondern auch ein Verstoß gegen die Treuepflicht, in die etwa auch das allgemeine Schikaneverbot nach § 1295 Abs 2 ABGB einfließt. Organisiert der BR einen kollektiven Urlaubsantritt mit dem selben Zweck, würde er die Friedenspflicht verletzen.*
Der AN hat den Zeitpunkt des „persönlichen Feiertags“ spätestens drei Monate im Vorhinein schriftlich bekanntzugeben (§ 7a Abs 1 ARG). Was ist die Anforderung an die Schriftform und was sind die Rechtsfolgen, wenn der AN zwar eindeutig einen persönlichen Feiertag bekannt gibt, dabei aber das Schriftformgebot oder die Dreimonatsfrist nicht einhält?
Zweck des Schriftformgebots ist, dass der Adressat zuverlässig Inhalt der Erklärung und Person, von der sie ausgeht, entnehmen kann.* Schriftlich-196keit bedeutet daher üblicherweise Unterschriftlichkeit.* Bei einer Kündigung mittels SMS und WhatsApp-Nachricht sah der OGH die Schriftform nicht erfüllt.*
Das Schriftformgebot für die Bekanntgabe des Antritts der Elternteilzeit (§ 15j Abs 4 MSchG) hat der OGH aber anders interpretiert:* Demnach sei Schriftlichkeit nicht erforderlich, wenn sich der AG auf ein mündliches Verlangen der AN, also auf eine Teilzeitvereinbarung, einlässt, deren Zweck eindeutig die Kinderbetreuung ist.
Die Schriftform bei der Meldung des persönlichen Feiertags soll diesen formell von einem normalen Urlaubsantrag unterscheiden, sodass der AG klar erkennt, dass er das Verlangen nicht abweisen kann und, falls der AN auf sein Ersuchen dennoch arbeitet, dem AN das doppelte Entgelt zahlen muss (§ 7a Abs 2 ARG). Wendet man die OGH-E zur Elternteilzeit an, kann ein Formmangel geheilt werden, wenn der AG sich auf die Erklärung des AN einlässt. Bietet der AG im Vorhinein etwa ein elektronisches Antragssystem an, genügt dieses. Auch wenn der AN den persönlichen Feiertag frist- oder formwidrig anmeldet und der AG akzeptiert, ergibt sich in der Praxis kein Problem. Das Ergebnis unterscheidet sich nicht von einer normalen Urlaubsvereinbarung, nur ist der persönliche Feiertag konsumiert, weil dies auch dem Willen der Parteien entspricht.*
Schwieriger ist der Fall, wenn der AN formwidrig den persönlichen Feiertag bekannt gibt und in der Folge an dem Tag arbeitet. Hier kommt es mE da rauf an, ob die Erklärung für den AG klar war und er sich trotz Formmangels für den AN sichtbar auf den persönlichen Feiertag einlässt. Haben beide bewusst die Arbeitsleistung am persönlichen Feiertag vereinbart, sodass dieser konsumiert ist, ist der Formfehler geheilt, dem AN gebührt das doppelte Entgelt. Lehnt der AG die Erklärung des persönlichen Feiertags hingegen ab, etwa weil sie nicht schriftlich erfolgte, liegt es am AN, eine wirksame schriftliche Erklärung abzugeben.
Zweck der Dreimonatsfrist ist es, dem AG die rechtzeitige Disposition zu ermöglichen. Erklärt der AN den persönlichen Feiertag fristwidrig, ergibt sich dasselbe Bild mit dem Unterschied, dass eine solche Erklärung nicht sanierbar ist: Lässt sich der AG auf das Verlangen ein, ist der Mangel geheilt. Lehnt der AG ab, muss der AN einen persönlichen Feiertag in mindestens dreimonatigem Abstand wählen.
Betriebsvereinbarungen und Regelungen in Kollektivverträgen, die auf entfallenen Zulassungsnormen beruhen, verlieren jedenfalls ihre öffentlich-rechtliche Wirkung. Eine allfällige zivilrechtliche Restwirkung hat kaum praktische Bedeutung.
Ablehnungsrechte gab es schon bisher. Die Ausübung der Ablehnungsrechte, die die Novelle zum AZG und ARG brachte, ist nicht geregelt. Sie unterliegt den Regeln der Rechtsgeschäftslehre und dem Grundsatz von Treu und Glauben.
Das Wahlrecht zwischen Vergütung in Geld oder mit Zeitausgleich steht auch bei Pauschalvergütung zu. Ergibt sich durch erhebliche Zeitausgleiche eine Äquivalenzstörung, könnte der AG die Vereinbarung der Pauschalvergütung widerrufen.
Der Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen für die Einhaltung der Höchstgrenze von 48 Stunden kann fix, aber auch rollierend berechnet werden, sofern dessen Beginn aufgezeichnet wird.
Schwierig ist die Abgrenzung zwischen Normalarbeitszeit und Überstunden bei Gleitzeit. Strittig ist, ob zwölf Stunden Normalarbeitszeit zulässig sind, wenn der KollV von zehn Stunden Normalarbeitszeit spricht. Schwierig ist auch die Bestimmung, wann Überstunden über acht Stunden angeordnet sind. Es empfehlen sich ein klarer Genehmigungsprozess oder eine Pauschalvergütung.
Das Recht, den Einsatz an Wochenenden und Feiertagen grundlos abzulehnen, besteht nur in Betrieben ohne BR, auch, weil die BV nach § 12b Abs 1 ARG in Betrieben mit BR die AN grundsätzlich noch nicht zum Einsatz verpflichtet.
Für die Ausübung des Ablehnungsrechts gelten wiederum die Regeln der Rechtsgeschäftslehre und von Treu und Glauben.
Die Möglichkeit, an bis zu vier Wochenenden und Feiertagen zu beschäftigen, berechtigt auch zur gewerblichen Tätigkeit und damit zum Offenhalten etwa von Frisörgeschäften, Reisebüros und Bankfilialen.
Der Gesetzgeber sollte in Kollektivverträge grundsätzlich nicht eingreifen, es war aber rechtens, EU-widrige Regelungen in kollektiven Normen für unwirksam zu erklären.
Der rechtliche (und politische) Unterschied zwischen dem Karfreitag für ProtestantInnen und dem Versöhnungstag für Angehörige der israelitischen Gemeinde liegt in der einzigartigen historischen Erfahrung letzterer.
Der persönliche Feiertag ist frei wählbar. Kollektive Urlaubsantritte, die dem Betrieb schaden, können aber der Treuepflicht, der Friedenspflicht und dem Schikaneverbot widersprechen.
Von der Schriftform bezüglich der Erklärung des persönlichen Feiertags kann entsprechend der Rsp zur Elternteilzeit einvernehmlich abgerückt werden.197