Kozak (Hrsg)Sicherung des Bestandes von Arbeitsverhältnissen

Verlag des ÖGB, Wien 2018, 84 Seiten, kartoniert, € 24,90

KARINBURGER-EHRNHOFER (WIEN)

In diesem Buch, herausgegeben von Wolfgang Kozak, finden sich zwei Beiträge zum Thema Kündigungsanfechtung und zwei Beiträge, die sich mit den arbeits- bzw sozialversicherungsrechtlichen Aspekten der Wiedereingliederungsteilzeit befassen.

Im ersten Beitrag setzt sich Klaus Bachhofer mit der Regelungshistorie des § 105 Abs 3b ArbVG auseinander und versucht, den wahren Bedeutungsgehalt dieser Regelung zur Möglichkeit einer Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit durch AN, die bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses bereits das 50. Lebensjahr vollendet haben, herauszuarbeiten. Unter Heranziehung der Auslegungsregeln des § 6 ABGB, der Gesetzesmaterialien zur Stammversion sowie des Art 30 GRC kommt Bachhofer zu dem Ergebnis, dass die Regelung in § 105 Abs 3b ArbVG nicht dazu führen soll, dass bei den von § 105 Abs 3b ArbVG erfassten AN das Alter in keiner Weise bei der Beurteilung der Sozialwidrigkeit von Bedeutung ist, sondern dass das Alter bei diesen AN so wie bei „normalen“ AN (also solchen, die bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses jünger als 50 sind) Berücksichtigung finden muss. Auch nach Ausführung anderslautender Lehrmeinungen (vgl Schrank, ZAS 2007, 9, der schon bezüglich der Stammfassung dieser Norm [§ 105 Abs 3 ArbVG idF BGBl I 2003/71] davon ausgeht, dass für die betroffenen AN die Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit gänzlich ausgeschlossen sei, sowie Rauch, ASoK 2017, 187, der in § 105 Abs 3b ArbVG die Grundlage dafür sieht, bei den betroffenen AN eine Prüfung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung gänzlich ohne Berücksichtigung des Alters vorzunehmen) ist diese Ansicht vor allem unter Hinweis auf die EB zum AB (1497 25. GP 2) zu BGBl I 2017/37 überzeugend. Demnach soll bei der von § 105 Abs 3b ArbVG letzter Satz erfassten Personengruppe im Zuge279 eines Sozialvergleichs oder der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung das Alter nicht mehr gesondert, sondern nach demselben Maßstab wie bei jüngeren AN herangezogen werden. § 105 Abs 3b ArbVG letzter Satz führt demnach allein dazu, dass die mit einem höheren Lebensalter verbundenen Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess für AN, die bei der Begründung der Beschäftigung das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, nicht besonders berücksichtigt werden. Die sonstigen, mit einem höheren Lebensalter verbundenen Nachteile im Zuge einer Kündigung (zB Nachteile bezüglich der Pensionsbemessungsgrundlage wegen zu erwartender Einkommensverluste) sind hingegen im Rahmen der Gesamtprüfung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung mit zu berücksichtigen.

Maria Nazari-Montazer arbeitet im zweiten Beitrag heraus, dass AG im Zuge von Kündigungen, die aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung oder auch Pensionierung ausgesprochen werden, ein großes Augenmerk auf die sie treffende soziale Gestaltungspflicht legen müssen. Die Autorin weist diesbezüglich auf die im Rahmen der sozialen Gestaltungspflicht angesprochenen Fürsorge- und Förderpflichten der AG hin. Sie gibt dabei aber zu bedenken, dass aus ihnen nicht gefordert werden kann, dass der Betrieb für die Weiterbeschäftigung eines/einer durch zB Krankheit oder Behinderung beeinträchtigten AN gänzlich umorganisiert werden muss. Den Minimalrahmen für die von den AG in diesem Zusammenhang zu erwartenden Anspannungen gibt dabei der Arbeitsvertrag vor. Dies führt allerdings zu einem spannenden Ergebnis: Sind die von dem/der AN im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschuldeten Tätigkeiten im Arbeitsvertrag sehr weit formuliert, sichert sich die AG-Seite eine breite Basis für zulässige Weisungen. Will in diesem Fall der/ die AG eine/n etwa durch Krankheit, Alter oder Behinderung beeinträchtigte/n AN kündigen, erschwert diese weite Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag dieses Vorhaben, da die AG-Seite zur Erfüllung der bei diesen Kündigungen geforderten sozialen Gestaltungspflicht nachweisen muss, dass eine Beschäftigung im Rahmen der vereinbarten Tätigkeiten ohne Schaden für den Betrieb nicht mehr möglich ist. So stellt eine – meist im Interesse des/der AG – weit formulierte Arbeitspflicht, im Fall einer mit Krankheit, Behinderung oder sonstiger Minderung der Arbeitsfähigkeit (etwa durch Erreichen eines höheren Lebensalters) begründeten Kündigung einen höheren Schutz für die AN-Seite dar.

Wolfgang Kozak setzt sich am Beginn seines Beitrags zu den arbeitsrechtlichen Belangen der Wiedereingliederungsteilzeit mit der Frage der Anwendbarkeit der Wiedereingliederungsteilzeit auf bestimmte Arbeitsverhältnisse auseinander, wobei er nur bezüglich der nicht von der ausdrücklichen Regelung des § 1 Abs 1 Z 4 AVRAG erfassten ehemaligen Vertragsbediensteten des Bundes sowie bei den Lehrlingen eine unklare Rechtslage attestiert, die ergänzungsbedürftig erscheint. Hinsichtlich der in seinem Beitrag herausgearbeiteten inhaltlichen Schwierigkeiten bei den Regelungen zur Wiedereingliederungsteilzeit sei an dieser Stelle das Erfordernis des Vorliegens eines ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses hervorgehoben. Problematisch können hier in der Praxis wohl vor allem zulässige Kettendienstverträge sein, denn diese werden gerade nicht als ununterbrochene Arbeitsverhältnisse angesehen und müssten daher konsequenterweise auch als jeweils eigene, neu beginnende Arbeitsverhältnisse behandelt werden. Kozak geht in diesem Fall aufgrund der sE zu bejahenden zeitlichen Kontinuität dennoch von einem einheitlichen, ununterbrochenen Arbeitsverhältnis aus. Dies ist bei arbeitszeitabhängigen Ansprüchen allerdings nur die Folge von unzulässigen Kettendienstverträgen (vgl RIS-Justiz RS0021824). Wo der Gesetzgeber darüber hinaus frühere Beschäftigungszeiten (also auch Zeiten aus zulässigen Kettenbefristungen) für dienstzeitabhängige Ansprüche ausdrücklich berücksichtigt wissen will, finden sich entsprechende Regelungen (vgl etwa § 3 Abs 1 UrlG für die Bemessung des zustehenden Urlaubsausmaßes), weshalb bei den Ansprüchen, bei denen keine ausdrückliche anderslautende Regelung getroffen wurde, kein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis angenommen werden darf. Reihen sich daher zulässigerweise befristete Arbeitsverhältnisse, die jeweils kürzer als drei Monate dauern – ein Umstand, der in der Praxis etwa bei einer langdauernden Beschäftigung von ein und derselben Person im Rahmen des Dienstleistungsscheckgesetzes vorkommen kann – aneinander, besteht im Rahmen dieser kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisse keine Möglichkeit, eine Wiedereingliederungsteilzeit zu vereinbaren. Für die in diesem Zusammenhang ebenfalls relevanten Saisonbetriebe stellt ein Verweis in § 13a Abs 8 auf § 14c Abs 4 AVRAG sicher, dass es – unter bestimmten Voraussetzungen – bei der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Wiedereingliederungsteilzeit zu einer Berücksichtigung früherer Beschäftigungsverhältnisse zu dem/der AG kommt. In Summe gibt der dritte Beitrag des vorliegenden Buches einen umfassenden Überblick über die „To Dos“ sowie die zu beachtenden arbeitsrechtlichen Stolpersteine im Rahmen der Vereinbarung einer Wiedereingliederungsteilzeit, wenn auch auf Basis der Rechtslage vor der letzten Novelle BGBl I 2018/54.

Der vierte und letzte Beitrag in diesem Buch, verfasst von Wolfgang Panhölzl, zeigt auf, dass die Wiedereingliederungsteilzeit ein wirkungsvolles Instrument zur Aufrechterhaltung von Beschäftigungsverhältnissen trotz Vorliegens eines krankheitsbedingten längeren Ausscheidens aus dem Arbeitsprozess sein kann. Wie auch Kozak weist Panhölzl ausdrücklich darauf hin, dass es nicht Zweck der Wiedereingliederungsteilzeit ist, einen Teilzeitkrankenstand zu ermöglichen, sondern vielmehr, die Schwelle für den Wiedereinstieg in den Beschäftigungsprozess zu senken. Dieser Zweck darf dann auch nicht dadurch konterkariert werden, dass AN gezwungen werden, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden, um Wiedereingliederungsgeld zu beziehen, weshalb die Ausschlussbestimmung des § 143d Abs 2 ASVG so auszulegen ist, dass eine zwar zugesprochene, aber aufgrund des Wunsches der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht bezogene Berufsunfähigkeitspension nicht dazu führt, dass das Wiedereingliederungsgeld ruht. Weiters wird aufgezeigt, dass die gesetzliche Konstruktion, wonach die Wirksamkeit der Wiedereingliederungsteilzeit nicht zwingend mit dem Beginn des Anspruchs auf Wiedereingliederungsgeld zusammenfällt, in der Praxis zu problematischen Situationen führen kann. Ob es die durch BGBl I 2018/54eingefügte Klarstellung, dass Wiedereingliederungsteilzeit innerhalb eines Monats nach Ende der Arbeitsun-280fähigkeit angetreten werden muss, künftig erleichtert, den Beginn der Arbeitszeitreduktion (= Antritt der Wiedereingliederungsteilzeit) mit dem Beginn des Leistungsanspruchs (auf Wiedereingliederungsgeld) ohne zwischenzeitlichen Schwebezustand gleichzuschalten, wird sich zeigen; den Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld – so wie von Panhölzl gefordert – an die Wirksamkeit der Wiedereingliederungsteilzeit zu knüpfen, erscheint aber jedenfalls zielführend. Bei der abschließenden Veranschaulichung der Berechnung des Wiedereingliederungsgeldes wurde bei den Balkendiagrammen leider auf einen Farbdruck verzichtet, weshalb die Grafiken selbst mithilfe der schriftlichen Erklärungen nicht immer klar zu interpretieren sind. Dies mindert den hohen Informationsgehalt dieses Buches aber nur in ganz geringem Ausmaß.