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Arbeitgeberkündigung während des Krankenstandes: Vorrang des Feiertagsentgelts nur bis Vertragsende

MONIKADRS (WIEN)
  1. Den bekl AG trifft die Beweislast für die Frage der ausnahmsweisen Arbeitspflicht seiner AN am Feiertag.

  2. Ein gesetzlicher Feiertag, für den mangels Arbeitspflicht keine Dienstverhinderung und damit kein Krankenentgeltanspruch bestehen, schiebt das Ende der Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) um einen Tag hinaus.

  3. Für Feiertage nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gebührt kein Feiertagsentgelt nach § 9 Abs 1 ARG, selbst wenn sie noch in die Zeit vor dem Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs gem § 5 EFZG fallen. Diese Feiertage sind daher in die Entgeltfortzahlungsdauer des EFZG einzuberechnen und verlängern die Anspruchsdauer nach § 2 Abs 1 EFZG nicht.

Die Kl war bei der Bekl von 2.7.2015 bis 14.12.2016 als Küchenhilfe beschäftigt. Sie befand sich in dem am 2.7.2016 beginnenden Arbeitsjahr von 12. [...] bis 20.9.2016 (neun Tage), von 22. [...] bis 27.11.2016 (sechs Tage) und von 29.11. [...] bis zumindest 25.1.2017 in Krankenstand. Am 29.11.2016 sprach die Bekl die Kündigung aus.

Die Kl begehrt Entgeltfortzahlung [...] für die Zeit von 29.11. [...] bis 27.12.2016 (29 Kalendertage einschließlich der Feiertage am 8.12. [...] und 26.12.2016) [...] in voller Höhe und von 28.12. [...] bis 25.1.2017 (29 Kalendertage einschließlich des Feiertags am 6.1.2017) in halber Höhe. [...]

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren [...] teilweise statt. [...] Da die Kl innerhalb des am 2.7.2016 beginnenden letzten Arbeitsjahres vor dem 29.11.2016 bereits 15 Tage Entgeltfortzahlung konsumiert habe, ende ihr Anspruch auf Fortzahlung des vollen Entgelts des laufenden Bezugs von insgesamt 6 Wochen (42 Tage) am 25.12.2016. Danach gebühre der Kl von 26.12.2016 bis 22.1.2017 für 4 Wochen (28 Tage) das halbe Entgelt. [...]

Das Berufungsgericht gab [...] der Berufung der Kl gegen den klageabweisenden Teil der Berufungsentscheidung Folge, hob das Ersturteil im Umfang von 126,75 € brutto samt Zinsen [...] auf, wies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht vertrat [...] die Auffassung, dass der Entgeltfortzahlungszeitraum des § 2 Abs 1 EFZG jedenfalls aufgrund von Feiertagen, die nach dem arbeitsrechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses gelegen seien, nicht verlängert werden könne, weil der AN an diesen Tagen keinen Anspruch auf Feiertagsentgelt nach § 9 Abs 1 ARG habe. Was hingegen die Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Feiertag am 8.12.2016 betreffe, so werde an der E 9 ObA 2060/96y festgehalten. Danach sei für einen in einen Krankenstand fallenden Feiertag das Entgelt weiter zu bezahlen und dieser Tag nicht vom Entgeltfortzahlungsanspruch gem § 2 Abs 1 EFZG in Abzug zu bringen. [...] Die Rechtssache sei aber noch nicht spruchreif. Die Regelung des § 9 Abs 1 ARG gelange nämlich nur dann zur Anwendung, wenn an diesem Feiertag keine Arbeitspflicht des AN bestanden habe. Sei der AN jedoch (ausnahmsweise) am Feiertag zur Arbeit eingeteilt, falle für ihn die Arbeitsleistung aufgrund der Krankheit, nicht aber wegen des231 Feiertags aus. Im fortgesetzten Verfahren sei daher mit den Parteien zu erörtern, ob die Kl verpflichtet gewesen wäre, am 8.12.2016 zu arbeiten.

Das Berufungsgericht ließ in Ansehung des aufhebenden Teils der Entscheidung den Rekurs an den OGH gem § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 ZPO zu, weil die Frage, wie im Falle eines Krankenstands an einem Feiertag vorzugehen sei, im Schrifttum kontroversiell diskutiert werde und dazu nur eine E des OGH vorliege.

Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs der Bekl mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. [...]

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Bekl ist zulässig; er ist, soweit er auch die Aufhebung bekämpft, berechtigt.

1. § 2 Abs 1 EFZG bestimmt, dass ein AN, der nach Antritt des Dienstes durch Krankheit (Unglücksfall) an der Leistung seiner Arbeit verhindert ist, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, seinen Anspruch auf das Entgelt bis zur Dauer von sechs Wochen behält. Der Anspruch auf das Entgelt erhöht sich auf die Dauer von acht Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis fünf Jahre, von zehn Wochen, wenn es 15 Jahre und von zwölf Wochen, wenn es 25 Jahre ununterbrochen gedauert hat. Durch jeweils weitere vier Wochen behält der AN den Anspruch auf das halbe Entgelt.

Nach § 9 Abs 1 ARG behält der AN für die infolge eines Feiertags oder der Ersatzruhe (§ 6) ausgefallene Arbeit seinen Anspruch auf Entgelt.

Fraglich ist, welche Regelung konkret anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen beider Entgeltfortzahlungstatbestände zusammentreffen, also ein AN an einem Feiertag krank ist und ob dieser Feiertag bei der Maximaldauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs nach § 2 Abs 1 EFZG einzurechnen ist oder der Feiertag das Ende der Entgeltfortzahlung um einen Tag hinausschiebt.

2. Der OGH hat diese Fragen in der E 9 ObA 2060/96y unter Berufung auf die in der Literatur von Vogt (Feiertag im Krankheitsfall, ecolex 1993, 472 f und 631 ff mwH) und Eibensteiner (Vergütung eines Feiertags im Krankheitsfall, ecolex 1994, 410 ff) vertretenen Ansichten bereits beantwortet: Da die Arbeit an einem Arbeitstag, der auf einen Feiertag fällt, schon a priori ausfällt, ist es ohne Belang, ob der AN an diesem Tag gesund oder krank ist. Der dazu erhobene Einwand, die Arbeit sei nicht wegen des Feiertags, sondern wegen der Krankheit ausgefallen, könnte nur für den Fall zutreffen, dass Feiertagsarbeit zulässigerweise vereinbart worden wäre. Die gegenteilige Ansicht, dass im Fall der Kumulation von Krankenstand und Feiertag allein die Bestimmungen des EFZG anzuwenden seien, hätte überdies einen gleichheitswidrigen (gesunde – kranke AN) Wertungswiderspruch zur Folge, so dass auch aus diesem Grund einer verfassungskonformen Interpretation der Vorzug einzuräumen ist.

3.1. Dieser Rechtsauffassung schloss sich auch der VwGH an (VwGH 23.4.2003 98/08/0287).

3.2. Auch die herrschende Lehre tritt für einen Vorrang des Feiertagsentgelts vor dem Krankenentgelt ein (Drs in ZellKomm2 § 8 AngG Rz 88; dies, Entgeltfortzahlung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, DRdA 2011, 285 ff [287]; Kallab/Hauser, EFZG5 § 2 Erl 12, § 3 Erl 4; Burger in Reissner, AngG2 § 8 Rz 9; Kuras, Arbeitsverhältnis27 Kap 7.1; Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 6/627; Pfeil in ZellKomm2 § 9 ARG Rz 5).

3.3. Die Kritik an dieser Rsp (insb Schrank, Krankenstände: Verlängern Feiertage wirklich die Entgeltfortzahlungsdauer? ecolex 2001, 387 ff [391]; ders, Arbeitszeit Kommentar4 § 9 ARG Rz 22; Binder, Zur Bemessung und Dauer von Entgeltfortzahlungsansprüchen, ZAS 2007/17, 100 ff [109 f]; Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 8 Rz 24) stützt sich im Wesentlichen auf die Bestimmung der Anspruchsdauer der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach „Wochen“. Es bedürfte daher einer gesetzlichen Unterbrechungsanordnung für den Lauf des Krankenentgeltzeitraums, um eine solche zu bewirken. Diese fehle jedoch.

4. Diese Überlegungen geben keinen Anlass, von der E 9 ObA 2060/96y abzugehen. Entscheidend ist nach Ansicht des Senats noch immer die Überlegung, dass dem EFZG zugrunde liegt, dass ein Tag, an dem normalerweise gearbeitet würde, von der Entgeltfortzahlung erfasst wird, wenn wegen Krankheit (oder Unfall) nicht gearbeitet werden kann. Eine Arbeitsverhinderung kann nur in Zeiten bestehen, in denen der AN zur Arbeitsleistung überhaupt verpflichtet ist (9 ObA 11/13b; 9 ObA 10/18p). An einem Feiertag, an dem der AN im Regelfall nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, ist er auch nicht „an der Leistung seiner Arbeit verhindert“ (vgl § 2 Abs 1 EFZG).

5. Der OGH kann gem § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache – wie es hier der Fall ist – zur Entscheidung reif ist (RIS-Justiz RS0043853). Im Rekursverfahren gegen Aufhebungsbeschlüsse gilt das Verschlechterungsverbot nicht (RIS-Justiz RS0043853 [T10, T12]).

6.1. Die Kl hat sich schon im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich auf die vom OGH in der E 9 ObA 2060/96y vertretene Rechtsauffassung gestützt. Es wäre diesfalls an der Bekl gelegen, ein Vorbringen dahin zu erstatten, dass die Kl ausnahmsweise am 8.12.2016 eine Arbeitspflicht getroffen hätte (vgl RIS-Justiz RS0120056 [T4]; RS0037300 [T2, T41]). Die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch das Berufungsgericht, um einer Partei erst das Nachholen von allenfalls versäumtem Vorbringen zu ermöglichen, ist nicht zulässig (RIS-Justiz RS0042444; Kodek in Rechberger, ZPO4 § 496 Rz 4).

Für die Frage der ausnahmsweisen Arbeitspflicht der Kl am Feiertag des 8.12.2016 trifft daher die Bekl die Beweislast. Dieser gesetzliche Feiertag, für den somit keine Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs 1 EFZG gebührt, schiebt daher das Ende der Entgeltfortzahlung um einen Tag hinaus. Der Kl gebührt daher – auf Grundlage der unstrittigen Berechnung der Vorinstanzen – ein weiterer Betrag von 50,70 € an Entgeltfortzahlung.232

6.2. Die Feiertage, die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegen (26.12.2016 und 6.1.2017), sind hingegen in die Entgeltfortzahlungsdauer einzuberechnen und verlängern daher die Anspruchsdauer nach § 2 Abs 1 EFZG nicht. Für einen Feiertag, der nicht in den Zeitraum des noch aufrechten Arbeitsverhältnisses fällt, gebührt kein Feiertagsentgelt nach § 9 Abs 1 ARG. Der auf diese Feiertage von der Kl geltend gemachte Teilbetrag von 76,05 € (ein Feiertag 2016 zu 100 % und ein Feiertag 2017 zu 50 %) ist daher abzuweisen.

Dem Rekurs der Bekl war daher Folge zu geben, der berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschluss aufzuheben und zufolge Spruchreife durch Endurteil in der Sache selbst [...] zu entscheiden.

ANMERKUNG

In der E geht es einerseits um die Frage, wie bei einem Zusammentreffen von einer Dienstverhinderung durch Krankheit und einem Feiertag, an dem der AN (auch) aufgrund des Feiertags nicht zu arbeiten hat, vorzugehen ist und andererseits, welche Auswirkungen das Ende eines Arbeitsverhältnisses (hier 14.12.) auf den Entgelt(fortzahlungs-) anspruch des AN hat. Das neue an dieser E ist der zweite Teil, da der OGH nun erstmals auch über das Zusammentreffen einer Dienstverhinderung durch Krankheit mit einem Feiertag nach dem Arbeitsvertragsende entschieden hat. Im Anlassfall hat der OGH für den vor dem Vertragsende liegenden Feiertag (hier 8.12.) in Fortsetzung seiner früheren Rsp das Feiertagsentgelt zugesprochen, was dazu geführt hat, dass es für diesen Tag zu keiner Anrechnung auf das nach dem EFZG gebührende Entgeltfortzahlungskontingent gekommen ist und der AN daher der (volle) Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG für einen weiteren Tag zugesprochen wurde. Für die nach dem Vertragsende liegenden Feiertage (hier 26.12. und 6.1.) hat der OGH hingegen den Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem Arbeitsruhegesetz (ARG) (§ 9: Feiertagsentgelt) verneint und in der Folge den Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG (§ 5: Krankenentgelt) bejaht. Gleich vorweg ist festzuhalten, dass der OGH beide Fallkonstellationen mE zutreffend gelöst hat.

1.
Entgeltfortzahlung bei aufrechtem Arbeitsverhältnis

Bei aufrechtem Arbeitsverhältnis kommt es bei einem Zusammentreffen von Krankenstand und Feiertagen zu einer Kollision verschiedener Entgeltfortzahlungsbestimmungen: nämlich § 2 EFZG und § 9 ARG. Im Gegensatz zum UrlG, wo zB eigene Kollisionsregelungen für den Fall der Erkrankung bzw sonstiger entgeltfortzahlungspflichtiger Dienstverhinderungen während des Urlaubs (§ 4 Abs 2 und § 5 UrlG) bzw für den Feiertag während des Urlaubs (Urlaubsanspruch in Werktagen – siehe § 2 UrlG) vorgesehen sind, fehlt eine entsprechende Regelung sowohl im ARG als auch zB in den Entgeltfortzahlungsbestimmungen bei einer Dienstverhinderung durch Krankheit (EFZG, AngG, ABGB). Welche Entgeltfortzahlungsbestimmung ist also in diesen Kollisionsfällen anzuwenden?

Sowohl der Vorrang des Feiertagsentgelts als auch der des Krankenentgelts wird zum Teil mit dem Argument der fehlenden Kausalität bei der jeweils anderen Ursache begründet („was wäre wenn“: Würde man den Feiertag bzw den Krankenstand wegdenken, hätte der AN auch nicht gearbeitet, da er dann durch Krankheit bzw Feiertag an der Arbeitsleistung verhindert gewesen wäre). Dazu ist anzumerken, dass sich im Falle einer „doppelten“ Kausalität nicht nur eine Ursache wegdenken lässt, damit der AN wieder in der Lage bzw dazu verpflichtet wäre, seiner Arbeit nachzugehen. Vogt (ecolex 1993, 472 f; ecolex 1994, 631 ff) weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass es keinen Unterschied machen kann, ob der AN „einfach“ oder „doppelt“ nicht arbeitet. Folgt man nämlich der Argumentationslinie der mangelnden Kausalität, so hätte ein AN bei Zusammentreffen zweier Entgeltfortzahlungsfälle nie einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dies widerspricht mE aber dem Zweck der Entgeltfortzahlungsbestimmungen, den AN anlässlich bestimmter vom Gesetz normierter Ereignisse für eine gewisse Zeit vor wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen und ihm daher jenes Entgelt zu gewähren, das ihm auch ohne Dienstverhinderung gebührt hätte. Dh aber auch, dass eine der Entgeltfortzahlungsbestimmungen greifen muss. Die Kausalitätsprüfung hat daher mE in der Art und Weise stattzufinden, dass man prüft, ob ohne Vorliegen eines gesetzlich normierten Dienstverhinderungsgrundes (Krankheit, Feiertag etc) eine Arbeitspflicht des AN bestanden hätte. In diesem Fall hat der AN einen Entgeltfortzahlungsanspruch. Zu prüfen ist dann in einem zweiten Schritt nur noch nach welcher Entgeltfortzahlungsbestimmung.

Die Bestimmungen über die Höhe der Entgeltfortzahlung (zB Ausfallsprinzip) helfen da nicht weiter, da diese lediglich den Berechnungsmodus des dem AN für den Arbeitsausfall am Feiertag bzw Krankenstand zustehenden Entgelts festlegen.

Die zahlreichen, vor allem von Schrank (ecolex 2001, 387 ff) gegen den Vorrang des Feiertagsentgelts vorgebrachten Argumente, dass zB der Begriff „Wochen“ ein von der Arbeitspflicht oder Arbeitszeiteinteilung unabhängiger, allein kalendermäßig bestimmter Begriff sei, dass mit dem wochenweisen Entgeltfortzahlungsanspruch auf eine zeitlich zusammenhängende, Stunden oder Einzeltage überschreitende längere Dauer abgestellt wird und dass die zufällige zeitliche Lagerung eines Feiertages zu Lasten des AN gehe, da der Gesetzgeber eben nur eine bestimmte Anzahl von Wochen gesichert habe und ein Feiertag diesen Anspruch nicht „verlängern“ könne, überzeugen alle nicht. Ein Krankenstand dauert eben regelmäßig nicht genau ein Vielfaches von Wochen. Ein Krankenstand kann sich auch auf einen einzelnen Tag, uU sogar auf einzelne Stunden beschränken (wenn die Erkrankung erst im Laufe des Tages ausbricht).

Folgt man der These des OGH (Vorrang des Feiertagsentgelts), kommt es durch einen arbeitsfreien Feiertag auch weder zu einer Erhöhung noch zu233 einer Reduzierung der Dauer des Krankenentgeltanspruchs, abhängig davon, ob der AN nun an diesem Tag schon aus einem anderen Grund (zB Krankheit) an der Dienstleistung verhindert ist oder nicht. Bei der Vorrangfrage geht es auch nicht darum, dem AN einen Anspruch auf einen „zeitverschobenen Feiertag“ zu gewähren, sondern nur darum, welche Entgeltfortzahlungsbestimmung bei Kollisionsfällen anzuwenden ist. Bei einem Vorrang des Feiertagsentgelts wird nur für den konkreten Feiertag (und nicht für einen anderen zeitverschobenen Tag) das Feiertagsentgelt gewährt. Wenn überhaupt, handelt es sich beim Vorrang des Feiertagsentgelts um einen „zeitverschobenen Krankenstandstag“. Auch der Hinweis, dass einem AN nach der Rsp für dieselbe Zeit nicht Kündigungsentschädigung und eine Entschädigung der Postensuchtage zustehe, ändert nichts am Ergebnis. Sie besagt eben auch nur, dass ein AN für ein und denselben Zeitraum keinen mehrfachen Ersatz beanspruchen kann.

Auch das Argument, dass der kranke AN durch den Vorrang des ARG wirtschaftlich besser gestellt wäre als ein gesunder AN, bei dem der Feiertag auf einen sonst arbeitsfreien Tag fällt, überzeugt mE nicht. Dies ist die unmittelbare Folge des § 9 ARG, der das Feiertagsentgelt nur jenen AN gewährt, die am Feiertag grundsätzlich zu arbeiten hätten. Vor demselben Problem steht man immer, wenn ein Dienstverhinderungsgrund an einem arbeitsfreien Tag auftritt; eine Entgeltfortzahlung kommt eben nur dann in Betracht, wenn der AN trotz grundsätzlicher Arbeitspflicht an der Dienstleistung verhindert ist.

Folgt man hingegen der Ansicht, dass dem Krankenentgelt der Vorrang zukäme, so müsste man auch bei einem AN, der regelmäßig nur an Feiertagen bzw am Wochenende erkrankt, entsprechend viele Kalendertage vom Entgeltfortzahlungskontingent abziehen, sodass man bei entsprechender Anzahl an Erkrankungen an Feiertagen und am Wochenende in der Folge uU bei der ersten Erkrankung an einem Arbeitstag den Entgeltfortzahlungsanspruch verneinen müsste, obwohl der AN bis dahin keinen einzigen Arbeitstag wegen einer Dienstverhinderung der Arbeit fern geblieben ist. ME darf eben nicht übersehen werden, dass den AN an Feiertagen (ebenso wie am Wochenende) idR keine Arbeitspflicht trifft, an der er verhindert sein könnte.

So weist zB auch Vogt (ecolex 1993, 472 f) darauf hin, dass dem EFZG eine konkrete Betrachtung zugrunde liege; der bezahlte Freistellungsanspruch des EFZG steht daher nur denen zu, die an diesem Tag normalerweise zu arbeiten hätten. Dass das ARG hingegen nicht auf eine konkrete Unmöglichkeit bzw Unfähigkeit zur Arbeitsleistung abstellt, kann man schon aus § 7 ARG ableiten, wonach grundsätzlich allen AN eine Feiertagsruhe gebührt. Die Feiertagsruhe des § 7 ARG gilt daher unabhängig davon, ob der AN an diesem Tag zur Arbeit verpflichtet gewesen wäre und unabhängig davon, ob der AN tatsächlich (zB durch religiöse Handlungen) an der Dienstleistung verhindert ist. Dies wird vom Gesetzgeber unwiderleglich vermutet. Nur für den Fall, dass durch die Feiertagsruhe (konkret) Arbeit ausfällt, sieht § 9 ARG einen Entgeltfortzahlungsanspruch der betroffenen AN vor. Dh nur beim Entgeltfortzahlungsanspruch wird auf den konkreten Einzelfall abgestellt. Eine Dienstverhinderung durch Krankheit liegt hingegen nur dann vor, wenn ein AN im Anlassfall an seiner jeweils geschuldeten Dienstleistung verhindert ist, was eine konkrete Arbeitspflicht des (erkrankten) AN am fraglichen Tag voraussetzt. Nur wenn der AN am konkreten Tag die geschuldeten Dienste nicht erbringen kann, liegt eine Dienstverhinderung iSd EFZG vor. Vogt ist daher insoweit zuzustimmen, als das Krankenentgelt nur dann gebührt, wenn der AN durch Krankheit an der Leistung seiner Dienste verhindert ist. Die Leistungsverpflichtung ist jeweils an den konkreten Umständen im Einzelfall zu prüfen; dh die Dienstverhinderung ist immer in Bezug auf die zu leistende Arbeit zu betrachten.

Dem Einwand, dass der Vorrang des Feiertagsentgelt zu dem „absurden“ Ergebnis führe, dass einem nach Verbrauch des Krankenentgeltkontingents weiterhin arbeitsunfähigen AN zwar kein Anspruch auf Krankenentgelt mehr gebühre, aber an Feiertagen ein Feiertagsentgelt, wodurch für den Feiertag die Entgeltfortzahlungspflicht des AG kurzfristig wieder aufleben würde, ist zu entgegnen, dass dies keine Frage des Vorrangs der Entgeltfortzahlungsbestimmungen sei, sondern die davon unabhängig zu prüfende Frage nach der fortzuzahlenden Entgelthöhe. Außerdem zeigt ein Vergleich mit dem Urlaubsrecht, dass einem AN trotz Ausschöpfung des Krankenentgelts noch ein voller Entgelt(fortzahlungs)anspruch nach dem UrlG zustehen kann, was seit dem SRÄG 1995 in § 2 Abs 2 letzter Satz sogar ausdrücklich normiert wurde, da spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses der volle Entgeltanspruch (in Form der Urlaubsersatzleistung) wieder auflebt. Dem entspricht auch § 4 Abs 2 UrlG, der Urlaubsvereinbarungen trotz Dienstverhinderung zulässt, wenn der AN keinen Entgeltfortzahlungsanspruch aus anderen Gründen mehr hat. Diese Regelung ergäbe keinen Sinn, wenn dem AN in der Folge kein Urlaubsentgelt zustehen würde.

Diesbezüglich sei auch auf § 16 Abs 3 UrlG verwiesen, der dem AN gerade für den Fall des Ausschöpfens des Entgeltfortzahlungskontingents anlässlich einer Pflegefreistellung die Möglichkeit einräumt, unter bestimmten Voraussetzungen einseitig auf Urlaub zu gehen. Diese Bestimmung macht ebenfalls nur Sinn, wenn der Urlaub in der Folge auch zu bezahlen ist. Der Zweck der Regelung (Entgeltsicherung, um sich ungestört der Pflege seines Kindes widmen zu können, ohne sich Gedanken um die finanzielle Absicherung machen zu müssen) wäre hingegen (weitgehend) verfehlt, wenn die Inanspruchnahme des einseitigen Urlaubsantritts gem § 16 Abs 3 UrlG gleichzeitig zum Verlust des Urlaubsentgelts gem § 6 UrlG führen würde. Ein Freistellungsanspruch ohne Entgeltanspruch bestand außerdem schon vor Einführung des § 16 Abs 3 UrlG (aufgrund der höherrangigen Verpflichtung gegenüber dem Kind) und stellt darüber hinaus auch keinen Urlaubsanspruch iSd UrlG dar.

Das Ausfallsprinzip ist daher mE entsprechend weit zu verstehen; dh es ist generell auf jenes Entgelt abzustellen, das dem AN ohne jegliche234 vom Gesetzgeber geschützte Dienstverhinderung gebührt hätte.

Der OGH tritt daher mE zu Recht bei einem Zusammentreffen von Feiertagen und einer Dienstverhinderung durch Krankheit bei aufrechten Dienstverhältnissen für einen Vorrang des Feiertagsentgelts vor dem Krankenentgelt ein (weiterführend dazu Drs in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 8 AngG Rz 88 mwN; Drs, Entgelt ohne Arbeit [2006] 443 ff mzwN). Ist ein AN daher an einem Feiertag (hier 8.12.) krank, hat er Anspruch auf das Feiertagsentgelt (§ 9 ARG), dh jenes Entgelt, das ihm ohne jegliche vom Gesetzgeber geschützte Dienstverhinderung gebührt hätte. Dies gilt jedoch nur, wenn der AN auf Grund des Feiertags frei gehabt hätte. Voraussetzung ist also, dass die Arbeit an dem fraglichen Feiertag – unabhängig vom Gesundheitszustand des AN – entfallen wäre. Diese arbeitsfreien Feiertage sind in der Folge auch nicht auf die Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs des EFZG (Krankenentgelt) anzurechnen, weshalb das Ende der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG um diesen Feiertag hinausgeschoben wird.

Müsste ein AN hingegen grundsätzlich (dh ohne Dienstverhinderung durch Krankheit) auch am fraglichen Feiertag arbeiten (zB aufgrund des für den AN geltenden Schichtplans), dann gebührt ihm für diesen Tag ausnahmsweise das Krankenentgelt (inklusive des für die am Feiertag zu leistende Arbeit gebührenden Entgelts). In der Folge ist dieser grundsätzlich arbeitspflichtige Feiertag auch auf die Anspruchsdauer des EFZG anzurechnen.

2.
Entgeltfortzahlung nach Ende des Arbeitsverhältnisses

Im Anlassfall hat der AG zu Beginn des Krankenstandes eine Kündigung ausgesprochen; das Arbeitsverhältnis endete bereits vor dem Ende des Krankenstandes. Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses enden aber grundsätzlich auch alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und somit auch die Entgeltpflicht des AG, soweit nicht Sonderregelungen etwas Anderes normieren. So sieht zB § 5 EFZG vor, dass der AG bei Dienstverhinderungen durch Krankheit, Unfall, Berufskrankheit und Arbeitsunfall unter bestimmten Voraussetzungen (zB AG-Kündigung während des Krankenstandes) das Entgelt ausnahmsweise über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus fortzahlen muss. Für AN, die nicht in den Geltungsbereich des AngG fallen, gilt dies gem § 1156 ABGB auch für Dienstverhinderungen durch andere wichtige, die Person des AN betreffende Gründe gem § 1154b Abs 5 ABGB (siehe Drs in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 9 AngG Rz 8 und § 1156 ABGB Rz 3 mwN: die allgemeine Regelung des § 1156 ABGB wird nur in Bezug auf den Krankenstand verdrängt; zur fehlenden sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von ArbeiterInnen und Angestellten siehe Drs, Arbeiter und Angestellte [1999] insb 116 ff).

Keine entsprechende Regelung ist hingegen für das Feiertagsentgelt vorgesehen. Wie bereits im Zeller Kommentar dargelegt, liegt hier wohl keine „planwidrige Unvollständigkeit“ vor, weshalb mE eine analoge Anwendung der Bestimmung über den Entgeltfortzahlungsanspruch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus auch für andere als im Gesetz ausdrücklich geregelten Fälle des Unterbleibens der Dienstleistung nicht in Frage kommt. Das gilt auch für den Entgeltfortzahlungsanspruch des § 9 Abs 1 ARG (Feiertagsentgelt).

Damit liegt nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses kein Kollisionsfall verschiedener Entgeltfortzahlungsbestimmungen mehr vor. In Frage kommt nur noch die Entgeltfortzahlungsverpflichtung gem § 5 EFZG. Dem Einwand der fehlenden Kausalität („der AN hätte aufgrund des Feiertags an diesem Tag ohnedies nicht gearbeitet“) ist ebenso wie bei aufrechtem Arbeitsverhältnis – siehe Kapitel 1 – entgegenzuhalten, dass bei „doppelter“ Kausalität (Krankenstand und Feiertag) nur zu prüfen ist, ob ohne Vorliegen eines gesetzlich normierten Dienstverhinderungsgrundes (Krankheit, Feiertag etc) eine Arbeitspflicht des AN bestanden hätte.

Da nun aber nur eine Entgeltfortzahlungsbestimmung greift, kann der nächste Prüfungsschritt (welche Entgeltfortzahlungsbestimmung gilt) unterbleiben. Der OGH hat daher für die nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses (14.12.) liegenden Feiertage (26.12. und 6.1.) zu Recht den Anspruch auf Feiertagsentgelt (§ 9 Abs 1 ARG) verneint, obwohl sie noch in die Zeit vor dem Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs gem § 5 EFZG fallen. Diese nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses liegenden Feiertage sind daher in die Entgeltfortzahlungsdauer des EFZG einzuberechnen und verlängern die Anspruchsdauer nach dem EFZG nicht.

3.
Fehlerhafte Beendigung – Kündigungsentschädigung

Zu Recht weist aber bereits Tinhof (DRdA-infas 2018, 227) darauf hin, dass das entfallende Feiertagsentgelt uU im Wege der Kündigungsentschädigung geltend gemacht werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis – anders als im vorliegenden Fall – nicht durch korrekte AG-Kündigung, sondern durch unberechtigte Entlassung, vom AG verschuldeten Austritt oder fristwidrige AG-Kündigung beendet worden wäre. In diesen Fällen steht dem AN jenes „entgangene Entgelt“ in Form eines Schadenersatzanspruches zu, das ihm bei einer ordnungsgemäßen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auszuzahlen gewesen wäre. Liegt also ein Feiertag in der fiktiven Kündigungsfrist, ist dieser Fall wie unter Pkt 1 (aufrechtes Arbeitsverhältnis) abzurechnen (dh Vorrang des Feiertagsentgelts), nur dass es sich dabei eben um keinen Entgelt-, sondern um einen Schadenersatzanspruch handelt. Dem AN gebührt dann zunächst Kündigungsentschädigung für das entgangene Feiertagsentgelt und dann später Kündigungsentschädigung für das entgangene Krankenentgelt für den hinausgeschobenen Tag der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG, soweit dann nicht ohnedies die Entgeltfortzahlungsbestimmung des § 5 EFZG greift (zB fristwidrige AG-Kündigung während des Krankenstandes).235