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Überlassene Arbeitskräfte und Betriebsübergang beim Beschäftiger

GERT-PETERREISSNER (INNSBRUCK)
  1. Das besondere Element des Sachverhalts in der Rs Albron sah der EuGH darin, dass der dort betroffene AN, der bei einem Unternehmer arbeitsvertraglich beschäftigt war, ständig an einen anderen Unternehmer abgestellt worden war. Damit machte der EuGH klar, dass im Regelfall die nichtvertraglichen AN, die nicht ständig, also bloß vorübergehend abgestellt sind, vom Betriebsübergang auf Seite des Beschäftigers nicht erfasst werden, also dort beschäftigt bleiben, wo sie auch vor dem Übergang vertraglich beschäftigt waren.

  2. Ist somit ein AN nicht ständig an einen Beschäftiger überlassen, wird sein Arbeitsverhältnis von einem Betriebsübergang im Bereich des Beschäftigers nicht erfasst.

Der Kl stand seit 1983 bei der Nebenintervenientin bzw deren Rechtsvorgängern in einem Angestelltenverhältnis. Im Jahr 2014 wurde er von der Nebenintervenientin an die A-KG zur Arbeitsleistung überlassen. Die A-KG wurde bis zum 30.6.2015 als Subauftragnehmerin der I-GmbH herangezogen, um Leistungen aufgrund eines zwischen dem AM* und der I-GmbH bestehenden Dienstleistungsvertrags (kurz: AM*-Projekt) zu erbringen. Der Kl wurde im Rahmen seiner Überlassung an die A-KG bei dieser in der Organisationseinheit „Service-*“ eingesetzt, in der bis zum 30.6.2015 Leistungen im Rahmen dieses AM*-Projekts erbracht wurden.

Aufgrund einer Neuausschreibung wurde der zuvor von der A-KG im Rahmen des AM*-Projekts verrichtete Subauftrag mit Wirkung vom 1.7.2015 an die Bekl als neue Subauftragnehmerin der I-GmbH erteilt. Bei diesem Wechsel der Subauftragnehmer handelt es sich (unstrittig) um einen Betriebsteilübergang iSd § 3 Abs 1 AVRAG.

Um diesen Auftrag auch tatsächlich ab 1.7.2015 erfüllen zu können, übernahm die Bekl zertifizierte Trainer von der A-KG, die bereits zuvor von dieser im Rahmen des AM*-Projekts eingesetzt worden waren. In einer schriftlichen mit der A-KG abgeschlossenen Vereinbarung erklärte die Bekl, gemäß den gesetzlichen Bestimmungen als AG mit allen Rechten und Pflichten in die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse der dem übergehenden Betriebsteil zugeordneten Mitarbeiter laut Anlage 1 einzutreten. Die A-KG verschwieg der Bekl bewusst, dass sie in diese Anlage 1 auch den gar nicht bei ihr angestellten Kl aufgenommen hatte. Sie wollte damit erreichen, dass auch dessen Arbeitsverhältnis mit der Nebenintervenientin von der Bekl übernommen wird.

Die A-KG und die Nebenintervenientin hatten im Jahr 2014 bis zumindest 21.10.2015 dieselbe Alleingesellschafterin.

Der Kl begehrt mit seiner vorliegenden Klage die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis seit 1.7.2015 gegenüber der Bekl im ungekündigten Zustand aufrecht bestehe. [...]

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

[...]

Gegen die E des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Nebenintervenientin, mit der sie die Abänderung des Berufungsurteils iS einer Klagsstattgabe begehrt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. [...]

Die Revision ist gem § 502 Abs 1 ZPO zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

In ihrer Revision stützt sich die Nebenintervenientin weiterhin auf die EuGH-E Albron. Auch der Kl sei von ihr an die A-KG „ständig abgestellt“ gewesen. Die BetriebsübergangsRL solle nach ihrem Schutzzweck in erster Linie dem Verlust des Arbeitsplatzes als Folge eines „Inhaberwechsels“ vorbeugen. Zudem habe der EuGH in der E Della Rocca (EuGH 11.4.2013, C-290/12) bestätigt, dass das Verhältnis zwischen überlassener Arbeitskraft und Beschäftiger als „Arbeitsverhältnis“ zu qualifizieren sei.

Dazu hat der Senat Folgendes erwogen:

1. Geht ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber über (Betriebsübergang), so tritt dieser als AG mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein (§ 3 Abs 1 AVRAG). Die BetriebsübergangsRL 2001/23/EG definiert in Art 2 Abs 1 lit d den Begriff „AN“ als jede Person, die in dem betreffenden Mitgliedstaat auf Grund des einzelstaatlichen Arbeitsrechts geschützt ist. Damit ist der AN-Begriff nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu beurteilen (EuGHC-242/09, Albron, Rn 23; EuGHC-108/10, Scattolon, Rn 39; RIS-Justiz RS0110829; Gahleitner in ZellKomm2 § 3 AVRAG Rz 33; Binder/Mair in Binder/Burger/Mair, AVRAG3 § 3 Rz 27 mwN). Diese Definition des AN liegt auch der RL 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Leiharbeit (kurz: LeiharbeitsRL) zugrunde (Art 3 Abs 1 lit a). Art 2 Abs 2 der BetriebsübergangsRL und Art 3 Abs 2 der LeiharbeitsRL normieren, dass diese Richtlinien das einzelstaatliche Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmungen des Arbeitsvertrags und des Arbeitsverhältnisses sowie auch des AN unberührt lassen.

2. AN, die im Betrieb des Veräußerers zwar eingegliedert sind, nicht aber zum Veräußerer, sondern zu einem Dritten in arbeitsvertraglicher Beziehung stehen, gehen nach nationalem Verständnis grundsätzlich nicht mit über. Leih-AN werden also von der Eintrittsautomatik in der Regel nicht erfasst, wenn nicht der Überlasserbetrieb, sondern bloß der Beschäftigerbetrieb übergeht (vgl Binder/Mair in Binder/Burger/Mair, AVRAG3 § 3 Rz 40; Holzer/Reissner, AVRAG2 § 3 Rz 10; Gahleitner in ZellKomm2 § 3 AVRAG Rz 38; Gahleitner/Leitsmüller, Umstrukturierung und AVRAG, Rz 218; Jöst, Inhaber im Sinne des § 3 Abs 1 AVRAG und des Art 1 Abs 1 der Betriebsübergangsrichtlinie – Arbeitgeber oder Betriebsinhaber, ZAS 1999, 38 ff).

Aus der E Della Rocca lässt sich für den vorliegenden Fall nichts Abweichendes entnehmen (EuGH 11.4.2013, C-290/12).236

Richtig ist, dass der EuGH im Zusammenhang mit der Überlassung von AN allgemein von einem „doppelten Arbeitsverhältnis“ spricht (Rs Della Rocca, Rn 40); im Übrigen werden aber dort Fragen befristeter Arbeitsverträge behandelt.

3. In der Rs Albron hat der EuGH entschieden, dass bei einem Betriebs(teil)übergang iSd BetriebsübergangsRL eines einem Konzern angehörenden Unternehmens auf ein Unternehmen, das diesem Konzern nicht angehört, als „Veräußerer“ iS von Art 2 Abs 1 lit a dieser RL auch ein Konzernunternehmen betrachtet werden kann, zu dem die AN ständig abgestellt waren, ohne mit diesem durch einen Arbeitsvertrag verbunden gewesen zu sein, obwohl es in diesem Konzern ein Unternehmen gab, an das die betreffenden AN durch einen Arbeitsvertrag gebunden waren (Rn 32).

Dieser E lag aber ein besonders gelagerter Sachverhalt zugrunde:

Innerhalb des niederländischen Konzerns Heineken International ist das gesamte Personal bei einem einzelnen Konzernunternehmen namens HNB beschäftigt. Dieses fungiert als zentraler AG und stellt Personal zu den verschiedenen Betriebsgesellschaften des Heineken-Konzerns in den Niederlanden ab. Auch Herr Roest war bei diesem zentralen AG HNB beschäftigt und wurde zur Heineken Nederland, die die Lieferung von Mahlzeiten an Beschäftigte des Heineken-Konzerns durchführte, abgestellt. Die Lieferung von Mahlzeiten erfolgte ab März 2005 aber nicht mehr von Heineken Nederland, sondern diese Aufgabe wurde durch Vertrag an ein anderes Unternehmen namens Albron übertragen, das nicht dem Konzern angehörte.

Der EuGH begründete nun seine E damit, dass das gem Art 3 Abs 1 BetriebsübergangsRL bestehende Erfordernis entweder eines Arbeitsvertrags oder, alternativ und somit gleichwertig, eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Übergangs zur Annahme führe, dass nach dem Willen des Unionsgesetzgebers eine vertragliche Beziehung zum Veräußerer nicht unter allen Umständen dafür erforderlich sei, dass den AN der durch die BetriebsübergangsRL gewährte Schutz zugutekommen könne (Rn 24). Aus der BetriebsübergangsRL gehe nicht hervor, dass das Verhältnis zwischen Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis ein Subsidiaritätsverhältnis wäre und dass daher im Falle eines Übergangs bei mehreren AG systematisch auf den vertraglichen AG abgestellt werden müsste. Somit hindere in einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens der Rs Albron die BetriebsübergangsRL nicht daran, dass der nichtvertragliche AG, an den die AN ständig überstellt seien, als „Veräußerer“ iSd BetriebsübergangsRL betrachtet werden könne. Ein Übergang eines Unternehmens iSd BetriebsübergangsRL setze insb einen Wechsel der juristischen oder persönlichen Person voraus, die für die wirtschaftliche Tätigkeit der übertragenen Einheit verantwortlich sei und die in dieser Eigenschaft als AG der AN dieser Einheit Arbeitsverhältnisse mit diesen – gegebenenfalls ungeachtet des Fehlens vertraglicher Beziehungen mit diesen AN – begründe. Somit könne der Stellung eines vertraglichen AG für die Zwecke der Bestimmung der Person des Veräußerers nicht systematisch Vorrang gegenüber der Stellung eines für diese Tätigkeit verantwortlichen nichtvertraglichen AG gebühren. Dies werde bestätigt durch den dritten Erwägungsgrund der BetriebsübergangsRL, der die Notwendigkeit hervorhebe, die AN bei einem „Inhaberwechsel“ zu schützen. Dieser Begriff könne in einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens der Rs Albron den nichtvertraglichen AG bezeichnen, der für die Durchführung der übertragenen Tätigkeit verantwortlich sei. Wenn daher in einem Konzern zwei AG nebeneinander bestünden, von denen der eine vertragliche Beziehungen und der andere nichtvertragliche Beziehungen zu den AN dieses Konzerns unterhalte, könne als „Veräußerer“ iSd BetriebsübergangsRL auch der AG betrachtet werden, der für die wirtschaftliche Tätigkeit der übertragenen Einheit verantwortlich sei und der in dieser Eigenschaft Arbeitsverhältnisse mit den AN dieser Einheit begründe, und zwar im Fall ständiger Überstellung auch bei Fehlen vertraglicher Beziehungen zu diesen AN (Rn 25-31).

4.1. Das österreichische Schrifttum verweist zur E Albron überwiegend darauf, dass es sich um einen „atypischen Fall“ einer ständigen konzerninternen Überlassung handle. Erfolge die Abstellung (innerhalb oder außerhalb eines Konzerns) hingegen nicht ständig, so werde beim Übergang einer wirtschaftlichen Einheit im Bereich des Beschäftigers die BetriebsübergangsRL nicht greifen. Insoweit müsse es also beim üblichen nationalen Verständnis bleiben, dass sich ein Betriebsübergang beim Beschäftiger nicht auf die dorthin überlassenen Arbeitskräfte auswirke (vgl Binder/Mair in Binder/Burger/Mair, AVRAG3 [2016] § 3 Rz 40 FN 148; Reissner, Aktuelle Entwicklungen im Betriebsübergangsrecht, in Wachter/Reissner, Innsbrucker Jahrbuch zum Arbeitsrecht und Sozialrecht 2015 [2016] 128 f; Köck, Individualarbeitsrecht im Konzern – Ausgewählte alte und aktuelle Probleme, ZAS 2014/11, 66;

Felten
, Arbeit und Soziales, in Eilmansberger/Herzig, Europarecht, Jahrbuch 2011, 302; vgl auch Gruber, Betriebsübergang mit „Konzern-Leiharbeitern“, ASoK 2010, 434 ff; Heilegger, Betriebsübergang von im Konzern überlassenen Arbeitnehmern, DRdA 2011, 316 ff; Schörghofer, Grenzfälle der Arbeitskräfteüberlassung 99).

4.2. Auch im deutschen Schrifttum wird überwiegend diese Rechtsauffassung vertreten (vgl etwa Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht18 AÜG, Einleitung, Rn 38; Winter in Franzen/Gallner/Oetker, Erfurter Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht18 [richtig: 2. Auflage; Anm des Rezensenten] Art 2 RL 2001/23/EG, Rn 12; Powietzka/Christ, Betriebsübergang für Leiharbeitnehmer im Entlehnbetrieb? ZESAR 2013, 313 [315, 318]; Raab, Betriebsübergang und Leiharbeit – Rechtsfolgen der Übernahme des Entleiherbetriebs für die dort beschäftigten Leiharbeitnehmer, EuZA 2011, 537 ff; Willemsen, Erosion des Arbeitgeberbegriffs nach der Albron-Entscheidung des EuGH? NJW 22/2011, 1546 ff mwN).

5. Im Schrifttum wurde richtig erkannt, dass der EuGH das besondere Element des Sachverhalts in237 der Rs Albron darin sah, dass der dort betroffene AN Roest, der bei einem Unternehmer arbeitsvertraglich beschäftigt war, ständig an einen anderen Unternehmer abgestellt worden war. Die wesentliche Bedeutung dieser ständigen Abstellung ist nicht nur daran zu erkennen, dass der EuGH diesen Umstand gleich an mehreren Stellen seiner E hervorhob (Rn 20, 26, 32, 41). Der Aspekt gewinnt noch zusätzliches Gewicht dadurch, weil das niederländische Gericht im Rahmen seiner beiden formulierten Fragen an den EuGH gar nicht auf die ständige Überlassung des AN besonders abgestellt hatte, sondern offenbar vor allem das Vorliegen eines Konzerns und die Konzentration aller AN bei einer einzigen Personalgesellschaft (erste Frage), allenfalls auch bei mehreren Konzernunternehmen (zweite Frage), als wesentlich ansah (Rn 19).

5.1 Aus der Beantwortung durch den EuGH ist aber zu erkennen, dass eben nicht schon das bloße Vorliegen eines Konzerns bzw die Konzentration aller AN bei einem Konzernunternehmen dafür ausschlaggebend sind, in der Frage des Betriebsübergangs ausnahmsweise (Rn 24: arg „nicht unter allen Umständen“) nicht auf den vertraglichen, sondern auf den nichtvertraglichen AG abzustellen. Der EuGH gibt seiner Antwort aber durchaus auch eine allgemeine Ausrichtung, weil er zunächst klarstellt, dass in der Beurteilung des Betriebsübergangs zwischen Arbeitsvertrag und Arbeitsverhältnis keine Subsidiarität (Rn 25) bzw kein systematischer Vorrang besteht (Rn 29). Würden aber neben den vertraglichen stets auch die nichtvertraglichen AN übergehen, hätte es nicht der mehrfachen Betonung der ständigen Abstellung eines AN vom vertraglichen an einen nichtvertraglichen AG bedurft. Das bloße Vorliegen eines Konzerns ist sichtlich nicht ausschlaggebend, eine gewisse Bedeutung hat die Konzentration aller AN bei einer einzigen Konzerngesellschaft. Dies aber erkennbar nicht als tragender rechtlicher Aspekt, sondern vielmehr als eine Besonderheit des Sachverhalts, bei der eben häufiger als sonst auch ständige Überlassungen vom vertraglichen an einen nichtvertraglichen AG anzutreffen sind.

5.2 Mit der Betonung der Abhängigkeit von der ständigen Überlassung – der AN Roest wurde in der Rs Albron während seiner gesamten Beschäftigungsdauer von rund 20 Jahren von seinem arbeitsvertraglichen AG ständig an ein anderes Unternehmen abgestellt – machte der EuGH bei aller fehlenden Subsidiarität des bloßen Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitsvertrag klar, dass im Regelfall die nichtvertraglichen AN, die nicht ständig, also bloß vorübergehend abgestellt sind, vom Betriebsübergang auf Seite des Beschäftigers nicht erfasst werden, also dort beschäftigt bleiben, wo sie auch vor dem Übergang vertraglich beschäftigt waren.

5.3 Ob nun die Nebenintervenientin und die A-KG Teil eines Konzerns sind, kann daher auf sich beruhen. Ausschlaggebend ist, dass der seit 1983 bei der Nebenintervenientin (bzw ihren Rechtsvorgängern) angestellte Kl im Jahr 2014 nach 31 Jahren Beschäftigung für rund zehn Monate bis zum Übergang an die A-KG für ein bestimmtes Projekt abgestellt war. Dass es sich dabei um eine ständige Abstellung gehandelt hätte, wurde auch gar nicht behauptet.

6. Zusammengefasst liegt im vorliegenden Fall ein der Rs Albron vergleichbarer Sachverhalt einer ständigen Überlassung eines AN nicht vor, weshalb das zwischen dem Kl und der Nebenintervenientin bestandene Arbeitsverhältnis vom Betriebsteilübergang am 1.7.2015 von der A-KG auf die Bekl nicht umfasst war. Die Feststellungsklage wurde daher von den Vorinstanzen zu Recht abgewiesen. [...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Der vorliegenden E ist wohl zuzustimmen. Das Höchstgericht ist wahrscheinlich schon angesichts des zugrunde liegenden Sachverhalts, jedenfalls aber mangels entsprechender Vorbringen nicht in die Situation gekommen, sich besondere Gedanken über die Berücksichtigung der Inhalte der E des EuGH in der Rs Albron (EuGHC-242/09, Albron Catering, ECLI:EU:C:2010:625 = DRdA 2011, 316 [Heilegger] = EuZA 2011, 537 [Raab]) im österreichischen Recht machen zu müssen. Obzwar der OGH diese Inhalte und die im Allgemeinen bei Betriebsübergängen in Bezug auf überlassene AN gegebene Rechtslage klar und ausführlich belegt herausgearbeitet hat, soll im Folgenden zunächst auf die Kernpunkte der Rs Albron eingegangen werden (siehe 2.). Sind die zentralen Aussagen ermittelt, so können sie interpretiert und ihre Konsequenzen im von der BetriebsübergangsRL statuierten System festgehalten werden (siehe 3.). Schließlich soll die Einordnung einer allfälligen österreichischen Albron-Konstellation ins AVRAG erörtert werden (siehe 4.).

2.
Zu den Kernpunkten der Entscheidung des EuGH in der Rs Albron Catering

Der OGH hat dies überzeugend auf den Punkt gebracht: Der EuGH will einer Ausnahme vom Prinzip, wonach in eine übergangsbetroffene wirtschaftliche Einheit hineinüberlassene AN nicht vom Ex-lege-Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber erfasst werden, nur in einer sehr speziellen Konstellation nahetreten.

Laut Sachverhalt der Albron-E bediente sich der Heineken-Konzern in den Niederlanden einer Tochtergesellschaft, welche als „Anstellungsgesellschaft“ fungierte und ua den betroffenen AN einer anderen Tochtergesellschaft, der „Betriebsgesellschaft“, zur Dienstleistung abstellte. Dieser AN stand während seiner gesamten Dienstzeit von ca 20 Jahren immer im Arbeitsvertrag zu dieser Anstellungsgesellschaft und war immer an dieselbe Betriebsgesellschaft überlassen. Schließlich kam es zu einem Übergang der Tätigkeit der Betriebsgesellschaft – diese war mit der Lieferung von Mahlzeiten an Beschäftigte des Heineken-Konzerns befasst – auf ein anderes, dem Konzern nicht angehörendes Unternehmen,238Albron Catering. Dieses Unternehmen erledigte also ab einem gewissen Zeitpunkt die Lieferung der Mahlzeiten und beschäftigte dabei auch den Kl weiter, allerdings nicht zu den davor im Heineken-Konzern geltenden Bedingungen. Der Kl begehrte deshalb eine dem Betriebsübergangsrecht entsprechende Behandlung.

Das vorlegende niederländische Gericht sah nun ein Problem darin, dass der Veräußerer im zugrunde liegenden Sachverhalt „formell“ nicht der AG der betroffenen AN war. Es fragte daher, ob die formelle AG-Eigenschaft für den Eintritt der Rechtsfolgen des Art 3 Abs 1 Satz 1 Betriebsübergangs-RL 2001/23/EG erforderlich ist oder ob dies im zu beurteilenden Fall einer konzerninternen Betriebsgesellschaft, die von einer anderen Konzerngesellschaft AN zugewiesen bekommt, anders zu sehen ist. Letzteres könnte, so das Vorlagegericht, vor allem aus teleologischen Erwägungen angezeigt sein: Laut ihrem 3. Erwägungsgrund diene die RL dem Schutz der AN und der Wahrung ihrer Ansprüche bei Inhaberwechsel.

Der EuGH unterschied zunächst zwischen dem „nichtvertraglichen“ und dem „vertraglichen AG“. Sodann ging der Gerichtshof auf Art 2 Abs 1 BetriebsübergangsRL ein, in dessen lit a der „Veräußerer“ als jede (natürliche oder juristische) Person umschrieben wird, die aufgrund eines Betriebsübergangs „als Inhaber ausscheidet“ (während der vom EuGH hier nicht mehr erwähnte „Erwerber“ nach lit b jene Person ist, die als Inhaber „eintritt“). In Interpretation der zitierten Normpassage (unter Berücksichtigung anderer Sprachfassungen der RL; vgl Raab, EuZA 2011, 546) hielt der EuGH fest, dass „Veräußerer“ ist, wer aufgrund eines Betriebsübergangs „die Arbeitgebereigenschaft verliert“. Der nichtvertragliche AG habe durch die Einstellung der übertragenen Tätigkeit seine Eigenschaft verloren (EuGH Rs Albron Catering, Rn 21 f). Bei der Prüfung, ob er damit „Veräußerer“ sein kann, geht der Gerichtshof sodann auf die in der RL verwendeten Begriffe „Arbeitsvertrag“ und „Arbeitsverhältnis“ ein und kommt zum Befund, dass – wie der OGH ausführlich darstellt – auch ein „Arbeitsverhältnis“ iS einer „nichtvertraglichen“ AG-AN-Beziehung für die BetriebsübergangsRL ausreichend sein kann. „In einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens“ sei somit auch „der nichtvertragliche AG, an den die AN ständig überstellt sind“, der „Veräußerer“ (EuGH Rs Albron Catering, Rn 24-26).

Aus dieser Urteilspassage sowie aus dem sonstigen Kontext des Urteils geht hervor, dass es dem EuGH weniger um Umstände wie jenen, dass der vertragliche und der nichtvertragliche AG Unternehmen eines Konzerns sind, oder jenen, dass Ersterer eine „Personalgesellschaft“ ist, geht. Im Mittelpunkt steht vielmehr die „ständige Abstellung“ des AN vom „vertraglichen“ auf den „nichtvertraglichen“ AG (so auch der OGH und die von ihm zitierte Literatur; zur Frage, wann eine derartige „ständige Abstellung“ vorliegt, siehe 3.1.). Dann ist auch der nichtvertragliche AG als Veräußerer anzusehen, von dem die AN ex lege auf den Erwerber (zu diesem siehe 3.2.) übergehen.

3.
Reichweite und Konsequenzen der Entscheidung in der Rs Albron Catering

Der EuGH spricht in der Rs Albron Catering bei der Interpretation der von der BetriebsübergangsRL verwendeten Begriffe „Arbeitsvertrag“ und „Arbeitsverhältnis“ – von denen er dann zur Veräußerereigenschaft des nichtvertraglichen AG (siehe 2.) kommt – mehrfach von der Gleichwertigkeit der beiden; sie stünden nicht in einem Subsidiaritätsverhältnis (EuGH Rs Albron Catering, Rn 22 ff). ME will das der Gerichtshof im Allgemeinen so sehen; eine derartige Sichtweise ist auch von Wortlaut, Systematik und Teleologie der RL naheliegend und nachvollziehbar. In der speziellen Konstellation der Arbeitskräfteüberlassung besteht jedoch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis: IdR ist der nichtvertragliche AG, also der Beschäftiger, nicht Veräußerer iSd RL, ausnahmsweise ist er es aber schon, und zwar dann, wenn eine „ständige Abstellung“ gegeben ist. Oder mit anderen Worten: IdR kommt es im gegebenen Zusammenhang für die Anwendbarkeit der BetriebsübergangsRL auf den Arbeitsvertrag an, nur ausnahmsweise bei ständiger Abstellung reicht ein Arbeitsverhältnis iS einer arbeitsrechtlichen Beziehung zum nichtvertraglichen AG (= Beschäftiger).

Die Kernfrage ist also, wann von einer „ständigen Abstellung“ die Rede sein kann (siehe 3.1.).

3.1.
Wann liegt eine „ständige Abstellung“ vor?

Im Albron-Fall wurde der betroffene AN seinerzeit von der Anstellungs- oder Personalgesellschaft aufgenommen und während der gesamten Zeit vor Betriebsübergang (ca 20 Jahre lang) zu ein und derselben Betriebsgesellschaft abgestellt. Diese Konstellation erfüllt laut EuGH die Anforderungen an eine „ständige Abstellung“.

Im Sachverhalt der hier zu besprechenden E hingegen dauerte die Arbeitsbeziehung ca 31 Jahre, eine Abstellung erfolgte nur während rund zehn Monaten bis zum Übergang an die A-KG für ein bestimmtes Projekt. Hier wurde laut OGH nicht einmal behauptet, dass dies eine „ständige Abstellung“ sei (womit dieses Thema im Prozess letztlich auch nicht ausreichend vertieft wurde; siehe unten). Das Höchstgericht formuliert zudem einen Gegensatzbegriff zur „ständigen Abstellung“ und hält fest, dass AN, die „nicht ständig, also bloß vorübergehend abgestellt“ sind, laut Albron-E nicht vom Betriebsübergang beim Beschäftiger erfasst seien.

ME ist es notwendig, von gängigen Begriffen im Bereich des Arbeitskräfteüberlassungsrechts, wie beispielsweise „atypische Überlassung“ oder „Payroll-Modell“, Abstand zu halten und das Problem vorrangig als ein solches des Betriebsübergangsrechts aufzufassen. Man wird also „ständige Abstellung“ als Wortfolge unter Berücksichtigung der Teleologie der BetriebsübergangsRL zu interpretieren haben. Letztlich geht es dabei vor allem um das Wort „ständig“ (in anderen Übersetzungen des Urteils: „permanent“); dass nämlich eine „Abstellung“ bzw „Überlassung“ von AN im Raum239 steht, ist ja vorausgesetzt und nicht weiter interpretationsbedürftig.

Als Ansatzpunkt für die teleologische Interpretation wird auch vom EuGH der Erwägungsgrund 3 der BetriebsübergangsRL 2001/23/EG herangezogen (EuGH Rs Albron Catering, Rn 30; zum Vorlagegericht vgl schon 2.). Nach diesem „sind Bestimmungen notwendig, die die AN bei einem Inhaberwechsel schützen und insb die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten“. „In einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens“, so der EuGH in der angesprochenen Rn 30 des Urteils, könne dieser Begriff – gemeint offensichtlich „Inhaberwechsel“ bzw eigentlich „Inhaber“ – „den nichtvertraglichen AG bezeichnen, der für die Durchführung der übertragenen Tätigkeit verantwortlich ist“. Diese teleologische Argumentation ist für sich genommen nicht besonders aussagekräftig (Willemsen, Erosion des Arbeitgeberbegriffs nach der Albron-Entscheidung des EuGH? Betriebsübergang bei gespaltener Arbeitgeberposition, NJW 2011, 1546 [1548] spricht von einem „diffusen Schutzzweckargument“). Es sei einem Gerichtshof, der Fälle zu lösen hat und an einem in sich widerspruchsfreien System zum jeweiligen Rechtsgebiet arbeitet, aber zugestanden, nicht bei jeder Gelegenheit umfassend an die Wurzeln eines bestimmten Schutzrechts erinnern zu müssen. Versucht man nun allgemeinere Zweckerwägungen auf die gegenständliche Konstellation hin zu formulieren, so kann gesagt werden, dass das Betriebsübergangsrecht bewirken soll, dass ein AN trotz aller Rechtsträgerwechsel („vertragliche Übertragung“, „Verschmelzung“ in den Worten der RL) seinen Arbeitsplatz in der übergehenden wirtschaftlichen Einheit wie gehabt behalten soll. Der AN soll mit seinem Arbeitsvertrag bzw Arbeitsverhältnis also trotz Rechtsträgerwechsel an den übergehenden, aber weiterbestehenden Ressourcen, in welche sein Arbeitsplatz eingebettet ist, „kleben bleiben“. Damit er aber einen Arbeitsplatz behalten kann, muss er auch einen solchen in der übergehenden wirtschaftlichen Einheit haben. Im Falle „klassischer“ Arbeitskräfteüberlassung ist der Arbeitsplatz jedoch beim Überlasser und nicht in der vom Übergang betroffenen wirtschaftlichen Einheit des Beschäftigers. Dieser Arbeitsplatz beim Überlasser ist nur insofern ungewöhnlich, als er darin besteht, bei Gelegenheit Arbeitseinsätze bei Beschäftigern zu absolvieren (strukturell ähnlich also jenem des Montagetechnikers, der sich von der Zentrale wegbegibt, um bei den Kundschaften einen Montageauftrag nach dem anderen zu absolvieren). Besteht aber ein derartiger Arbeitsplatz beim „formellen“ bzw „vertraglichen AG“ Überlasser nicht, sondern kann ein solcher nur beim Beschäftiger ermittelt werden, dann kann den erwähnten Anliegen des Betriebsübergangsrechts nur mehr dadurch Rechnung getragen werden, dass man den Beschäftiger als „Veräußerer“ qualifiziert (ähnlich Raab, EuZA 2011, 549).

Damit korrespondiert auch der Hinweis einiger Interpreten der Albron-E auf die bei Personalgesellschaften in Konzernen bestehende Missbrauchs- bzw Umgehungsgefahr (zB Willemsen, NJW 2011, 1546; Köck, Individualarbeitsrecht im Konzern, ZAS 2014/11, 61 [66]): Derartige Konstruktionen könnten verwendet werden, um das Betriebsübergangsrecht auszuhebeln.

Damit kann auf die Wortfolge „ständige Abstellung“ zurückgekommen werden: „Ständig“ bedeutet weniger eine physikalische Dauer, sondern ein Konzept der Arbeitskräfteüberlassung, bei dem keine Perspektive in Richtung einer Option, zum Überlasser zurückzukommen bzw von diesem zu einem anderen Beschäftiger überlassen zu werden, besteht. Es gibt objektiv und ex ante betrachtet nur diese eine Überlassung, nach oder anstelle dieser gibt es nichts (in diese Richtung auch Willemsen, NJW 2011, 1546 und diesem folgend Köck, ZAS 2014/11, 66).

Versteht man die Albron-E in dieser Weise, so zeigt sich, dass die praktischen Ausgestaltungen nicht nur bei konzerninternen Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen, sondern auch im Falle von Arbeitskräfteüberlassung in der Variante des „Payrolling“ häufig eine „ständige Abstellung“ darstellen werden, aber nicht müssen. Genauso ist nicht ausgeschlossen, dass zunächst keine oder eine „klassische“ Arbeitskräfteüberlassung zu verschiedenen Beschäftigern vorliegt, dass sich das Szenario aber ab irgendeinem Zeitpunkt zu einer „ständigen Abstellung“ wandelt. Derartiges könnte auch im der zu besprechenden E zugrunde liegenden Sachverhalt passiert sein, was aber – wie schon angesprochen – im Prozess nicht in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt wurde.

3.2.
Wer ist Erwerber und was übernimmt er?

Im Falle der Arbeitskräfteüberlassung ist die AG-Stellung gespalten. In der Albron-E wurde dies ausgehend von der BetriebsübergangsRL so zum Ausdruck gebracht, dass der Überlasser als „formeller“ oder „vertraglicher AG“ und der Beschäftiger als „nichtvertraglicher AG“ bezeichnet wurde. In der Albron-Konstellation wurde dieser nichtvertragliche Teil-AG als „Veräußerer“ iSd RL qualifiziert, wodurch es nun zum Ex-lege-Übergang des Arbeitsverhältnisses von ihm weg kommt. Bei ihm war aber nur ein Teil des Arbeitsverhältnisses, nämlich einfach gesagt der „nichtvertragliche“ Teil. Es stellt sich damit die Frage, ob die Doppelgleisigkeit „vertraglicher AG“ – „nichtvertraglicher AG“ nach Betriebsübergang fortgeführt wird oder ob die Spaltung des Leiharbeitsverhältnisses mit dem Betriebsübergang ihr Ende findet.

In der Albron-E beschäftigt sich der EuGH nur mit dem Begriff des Veräußerers, die Frage, was Erwerber bedeutet, wird nicht ausdrücklich angesprochen (dazu schon 2.). Natürlich ist klar, dass das Unternehmen Albron Catering der Erwerber ist. Nicht so eindeutig ist hingegen, in welche Rechte und Pflichten dieser Erwerber eintritt. Beim Veräußerer war ja nur der „nichtvertragliche“ Teil des Arbeitsverhältnisses angesiedelt, der vertragliche Teil war bei einer anderen Person, dem Überlasser. Implizit gibt der EuGH wohl durch das Beiseitelassen dieses Problems zu erkennen, dass er auf der Erwerberebene keine Notwendigkeit einer240 Unterscheidung zwischen vertraglichem und nichtvertraglichem AG sieht, womit dort nicht mehr von einer Spaltung des Arbeitsverhältnisses wie bei Arbeitskräfteüberlassung auszugehen ist.

Dieser Befund wird durch eine Rückbesinnung auf den Schutzzweck der BetriebsübergangsRL (dazu schon 3.1.) bestätigt. Das Betriebsübergangsrecht kann in der Albron-Konstellation nur effektiv werden, wenn das gesamte, nunmehr also einheitliche Arbeitsverhältnis ex lege zum Erwerber transferiert wird. Der vertragliche AG aus der Zeit vor Betriebsübergang hätte ja nun gar keinen Bezug mehr zu diesem Arbeitsverhältnis und müsste die Rechtsbeziehung kündigen (vgl auch Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen zur Rs C-242/09, Albron Catering, Rn 47; Heilegger, DRdA 2011, 318).

Es wird somit der Erwerber (einziger) AG des gesamten Arbeitsverhältnisses des übergegangenen AN (so zB auch Powietzka/Christ, Betriebsübergang für Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb? ZESAR 2013, 313 [316]; Bauer/von Medem, § 613 a BGB: Übergang von Leiharbeitsverhältnissen bei Übertragung des Entleiherbetriebs? NZA 2011, 20 [22]; Raab, EuZA 2011, 550 f; zweifelnd Gruber, Betriebsübergang mit „Konzern-Leiharbeitern“, ASoK 2011, 434 [435]; krit Willemsen, NJW 2011, 1548 f). Dies ist bemerkenswert, weil zum einen ein Arbeitsvertrag zum Erwerber transportiert wird, der nicht vom Veräußerer kommt, und zum anderen dieser Arbeitsvertrag Inhalte hat, auf die sich der Erwerber möglicherweise nicht mehr berufen kann. Den ersteren Umstand hat der EuGH zweifellos gesehen und hingenommen, um dem Schutzzweck der BetriebsübergangsRL zum Durchbruch zu verhelfen. ME ist dies von der Rechtsfolgenbestimmung her passend, auch die Konstruktion des Ex-lege-Eintritts in die Arbeitsverhältnisse ermöglicht eine derartige Vorgangsweise (siehe auch Raab, EuZA 2011, 551 gegen Willemsen, NJW 2011, 1548). Die beiden „alten“ AG haben in ihrem Interesse eine spezielle Konstruktion der Spaltung des Arbeitsverhältnisses gewählt, welche durch den Betriebsübergang ihren Sinn verliert. Dem AN ist nur geholfen, wenn diese Spaltung überwunden und ein „vereintes“ Arbeitsverhältnis beim Erwerber weitergeführt wird.

Problematisch sind jene Teile des transportierten Arbeitsvertrags zum seinerzeitigen Überlasser, in denen es um die Überlassung als solche geht. Im Allgemeinen gehen sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag bzw Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über (vgl Art 3 Abs 1 BetriebsübergangsRL). ME ist das aber im gegebenen Zusammenhang anders (ebenso Bauer/von Medem, NZA 2011, 22; ihnen folgend Powietzka/Christ, ZESAR 2013, 316): Durch den Zusammenfall der beiden gespaltenen Teile des Arbeitsverhältnisses beim Erwerber entsteht ein Arbeitsverhältnis bzw Arbeitsvertrag aus diesen beiden Teilen, sofern sich diese miteinander in Einklang bringen lassen. Bei der Zusammensetzung dieses einheitlichen Arbeitsverhältnisses sind die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Überlassung obsolet.

4.
Die Rs Albron und das österreichische Recht

Schließlich ist noch die Frage zu erörtern, ob eine allfällige Albron-Konstellation im österreichischen Recht, namentlich im AVRAG, iSd Vorgaben der gegenständlichen EuGH-E bewältigt werden kann. ME ist das ohne weiteres der Fall. Gem § 1 Abs 1 AVRAG gilt dieses Gesetz für Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen. Nach hA geht das AVRAG damit im Allgemeinen vom AN-Begriff des Arbeitsvertragsrechts aus. Für einige Materien im AVRAG wird aber von diesem Begriff im strengen Sinn abgegangen und andere AN-Begriffe berücksichtigt (so zB jener des Betriebsverfassungsrechts im Zusammenhang mit den §§ 8-10 AVRAG; vgl Holzer/Reissner, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz2 [2006] § 1 Rz 3). § 1 Abs 1 AVRAG steht also einer unionsrechtskonformen Interpretation des Gesetzes im Hinblick auf die Einbeziehung der Albron-Konstellation nicht im Weg. Dasselbe gilt für § 3 Abs 1 AVRAG, der offen von übergehenden „Arbeitsverhältnissen“ spricht und daher vom Wortlaut her eine Überbindung eines vor Betriebsübergang gespaltenen Arbeitsverhältnisses mit einem vertraglichen und einem nichtvertraglichen AG auf einen einzigen anderen Inhaber ermöglicht.241