111Höhe der Lehrlingsentschädigung bei Wiederholung eines Berufsschuljahres
Höhe der Lehrlingsentschädigung bei Wiederholung eines Berufsschuljahres
Der Kl war vom 1.9.2014 bis 31.12.2017 als Elektrotechniker- Lehrling beim Bekl beschäftigt. Vereinbart war eine Lehrzeit vom 1.9.2014 bis 28.2.2018. Auf das Lehrverhältnis war der KollV für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe (in der Folge: KollV) anwendbar.
Der Kl schloss die zweite Schulstufe der Berufsschule, deren Block am 13.5.2016 endete, zunächst infolge nicht genügender Leistungen nicht positiv ab und musste daher diese Schulstufe wiederholen. Erst am 12.5.2017 schloss er dann das zweite Berufsschuljahr positiv ab. Bei Beendigung des Lehrverhältnisses zum Bekl am 31.12.2017 befand sich der Kl im vierten Lehrjahr bzw in der dritten Schulstufe.
Der Bekl zahlte dem Kl für die Zeit von September 2015 (Beginn des zweiten Lehrjahres) bis Mai 2017 die nach dem KollV für das zweite Lehrjahr gebührende und ab 1.6.2017 bis zum Ende des Lehrverhältnisses am 31.12.2017 die für das dritte Lehrjahr gebührende Lehrlingsentschädigung.
Der Kl begehrt vom Bekl die Differenz an Lehrlingsentschädigung, die daraus resultiert, dass der Bekl, obwohl der Kl am 1.9.2017 in das vierte Lehrjahr eingetreten sei, weiterhin nur die Lehrlingsentschädigung für das dritte Lehrjahr (und nicht jene für das vierte Lehrjahr) bezahlt habe. Der Bekl wandte ein, dass sich der Kl bei Ende des Lehrverhältnisses zwar im vierten Lehrjahr, aber noch immer im dritten Berufsschuljahr befunden habe. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem das Berufsschuljahr wieder mit dem Lehrjahr korrespondiere, gebühre die Entlohnung für das entsprechende Lehrjahr.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Die Revision wurde zugelassen, weil der Auslegung der hier entscheidenden Kollektivvertragsbestimmung erhebliche Bedeutung zukomme. Nach dem OGH ist die Revision zulässig, aber nicht berechtigt.
Der maßgebliche Art IX Abs 6 KollV beinhaltet die monatlichen Mindestsätze der Lehrlingsentschädigung für das 1., 2., 3. und 4. Lehrjahr und sieht vor: „Lehrlingen, die aufgrund nicht genügender Leistungen (nicht aber wegen Krankheit bzw. Unfall) nicht berechtigt sind, in die nächst höhere Schulstufe aufzusteigen, gebührt im darauf folgenden Lehrjahr nur die Lehrlingsentschädigung in Höhe des abgelaufenen Lehrjahres. Schafft ein Lehrling in dem auf das vorgesehene Berufsschuljahr folgenden Lehrjahr die Aufstiegsprüfung für das mit dem Lehrjahr korrespondierende Berufsschuljahr, gebührt ihm ab der auf den erfolgreichen Prüfungsabschluss folgenden Lohnperiode
204wieder die der Dauer der Lehrzeit entsprechende Lehrlingsentschädigung.“
Zu klären war nun, welche Lehrlingsentschädigung dem Kl ab Beginn des vierten Lehrjahres (1.9.2017) bis zur Beendigung des Lehrverhältnisses (31.12.2017) gebührte, in der sich der Kl zwar (schon) im vierten Lehrjahr, aber nach erfolgreicher Wiederholung der zweiten Schulstufe (noch) im dritten Berufsschuljahr befand.
Art IX Abs 6 KollV beruht auf dem Prinzip, dass der Lehrling grundsätzlich die Lehrlingsentschädigung erhält, die seinem jeweiligen Lehrjahr entspricht. Solange der Lehrling die Berufsschuljahre wie vorgesehen erfolgreich absolviert, ist das Berufsschuljahr für die Höhe der Lehrlingsentschädigung ohne Bedeutung. Schließt ein Lehrling jedoch ein Berufsschuljahr nicht wie vorgesehen positiv ab, gebührt ihm zunächst nur die Lehrlingsentschädigung in der bisherigen Höhe weiter. Erst wenn der Lehrling in dem auf das vorgesehene Berufsschuljahr folgenden Lehrjahr die Aufstiegsprüfung für das mit dem Lehrjahr korrespondierende Berufsschuljahr geschafft hat, gebührt ihm (ab der auf den erfolgreichen Prüfungsabschluss folgenden Lohnperiode) wieder die der Dauer der Lehrzeit entsprechende Lehrlingsentschädigung. Unter Aufstiegsprüfung ist erkennbar ganz allgemein der erfolgreiche Abschluss eines Berufsschuljahres mit der Berechtigung, in das nächst höhere Berufsschuljahr aufzusteigen, zu verstehen.
Im vorliegenden Fall hat der Kl die Berechtigung, in die dritte Schulstufe aufzusteigen, durch den positiven Abschluss des (wiederholten) zweiten Schuljahres am 12.5.2017 erlangt. Ab Juni 2017 gebührte dem Kl daher wieder die der Dauer der Lehrzeit entsprechende Lehrlingsentschädigung, demnach von Juni 2017 bis August 2017 die für das dritte Lehrjahr vorgesehene und ab September 2017 die für das vierte Lehrjahr vorgesehene Lehrlingsentschädigung.